LerwSsserung der Aktienkapitalien muß durch Gesetz verhindert werden. Au- kapitalistischem Solidarttätsgefühl sordert die Entente den Ersatz der ZKproz. Ausfuhrobgabe an die Exporteure. Das ist eine überslüssipe Einmischung, mit dem Ziel, die deutsche Ausfuhr zu erschweren und konkurrenzunfähig zu machen. Die Folge wäre, daß das Reich um so leistungsunfähiger wird, je leistungs- fähiger die Volkswirtschaft wäre. In dieser Frage muß die Regie- rung eine durchgreifende Regelung erzielen. Roch vor einem Jahr erklärte Str es em an n: Ob die Sozialdemokratie an der Regierung teilnimmt, entscheiden wir.(Hört, hört! links.) Heute sagt er, die Z e n t r u m s p o r t e i hätte die Entscheidung darüber. Damit kennzeichnet er die Lage richtig. Die Zentrumspartei hat eine große Verantwortung. Herr Stresemann hat sich auch auf ein Gutachten des Auslandes bezogen, das angeblich auf die Mitarbeit der Deutschen Volkspartei großen Wert legt. Wenn ich im Tone der voltsparteilichen Blätter reden wollte, so würde ich sagen: Stresemann hat sich damit als Entente-Agent erwiesen. Die Sozialdemokratie betrachtet das Kabinett Wirth auch unter außenpolitischen Gesichts- punkten. Bisher fehlt ein Nachweis, daß die Kreise der Rechten zu Opfern bereit sind, die Reden von der Einmütigkeit sind ja sehr schön, aber es wäre besser gewesen, wenn man sich früher danach gerichtet hätte. Wir Sozialdemokraten haben während des Krieges einem uns tödlich oerhaßten System alle Mittel bewilligt, haben. � das Opfer der Einheit unserer Partei gebracht, haben uns später den lOproz. Lohnabzug und andere Härten gefallen lassen um des Wohles des deutschen Voltes willen. Die Herren von der Deutschen Volkspartei aber haben gute G e- s ch ö f t c gemacht. Herr Stresemann hat die F r i e d e n s- r c j o l u t i o n befürwortet und im letzten Moment es mit der Angst bekommen, genau so hat er es beim Ultimatum gemacht. Und auf uns, die wir den Mut zur Verantwortung und Konsequenz hatten, wird von seiner Presse jetzt jeder Schimpf gehäuft. Jetzt ober ist für die, die niemals den Mut zur Verantwortung aufbrachten, kein Raum in der Regierung. Die Regierung muß von denen geführt werden, die den Mut zur Verantwortung hatten. Wir Sozialdemokraten haben zum Kabinett Wirth das Ver- trauen, daß es eine Politik führt zum Wohle der breiten Massen. Kommunisten und Deutschnationale wollen aufs neue das Schicksal berausfordern und alles auf eine Karte setzen. Jeder kommunistische KnirpS stellt sich heute in Versammlungen hin und sagt:„Ich habe es gewagt!" Das Wort Huttens lautet aber:.Ich hob's gewagt mit Sinnen!" Das können nun Kommunisten und Deutschnatio- nale nicht von sich behaupten. Die Herren von der Rechten wollten eben, wie sie sagen,.lieber in Schönheit sterben", als ehrlos weiter- leben, und Dichter, wie Max B c w e r, beschimpfen das deutsche Volk als ehrlos. Solche Phrasenhelden lacht dos deutsche Volk nur aus. Das deutsche Volt ist entschlossen, den Weg zu gehen, der nicht zum Untergang, sondern zu neuem Leben führt. Ich lasie es dahingestellt sein, ob Deutschland , wenn es entscheidend gesiegt hätte, auf dem Wege der Großmut und Mäßigung schon weiter wäre, als jetzt Frankreich. (Sehr richtig! links.— Pfuirufe rechts.) Ein solcher Geist, wie er kürzlich in der Versammlung des Nationaloerbandes Deutscher Offiziere zum Ausdruck kam, läßt nicht darauf schließen. Dort sagte ein Oberfeuerwerksmaat Nissen: Keiner der Engländer, die zum Kriegsoerbrecherprozeß noch Leipzig fuhren, hätte Leipzig lebend erreichen dürfen. Wir fordern von der R e i ch s r e g i e r u ng sofortige Maßnahmen gegen diese politische Bodenvergistung. Die Anzeichen der Besserung in Frankreich überschätzen wir nicht: es ist ja das Frankreich der Bourgeoisie. Aber diese Bourgeoisie beginnt jetzt wenigstens zu rechnen. Das ist immer noch besser, äls das revanchedürftiqe Kleinbürgertum. Die Welt würde sich ändern, wenn Frankreich sich entschließen würde, die Sanktionen zurückzunehmen und Oberschlesien Gerechtig- keit widerfahren zu lassen. Wir sind gewiß für gule Beziehungen zu Etigland, aber die die Ruhe Europas liegt letzten Endes doch bei dem guten Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland . Dos Wirt- fchaftsabkommen mit Rußland begrüßen wir und wünschen seine loyal« Ausführung ohne gegenseitige Einmischung in innere Ange- legenheiten. Ein Europa , das arbeitet und sich untereinander achtet, das ist unser Ziel und muß auch das Ziel jeder deutschen Regierung sein.(Lebhafter Beifall b. d. Soz.) Abg. Becker- Arnsberg (Zentr.): Zur Erfüllung unserer Der- pflichtungen müssen in erster Linie die besitzenden Klassen heran- gezogen werden. Konjunkturgewinne müssen kräftig besteuert werden. Abg. Edler von Braun(Dnall.): Wir sind von den Erklärungen des Reichskanzlers bitter enttäuscht. Dos Diktat von Paris hätte abgelehnt werden müssen. Wir glauben nicht an eine Erfüllung des Ultimatums, deshalb haben wir die Unterschrift abgelehnt.
Tagore in Serlln. Die Berliner Universität wollte Rabindranath Tagore festlich empfangen. Um die Mittagsstunde, die für den Vortrag des indischen Dichters bestimmt war, erstürmten die Studenten mit gewaltiger Ungeduld den Saal der Aula. Rektor und Professoren sahen mit Schrecken, daß die Neugier der Jugend nicht zu dämmen n)ar. Es drohte ein wilder Tumult, der zum Gruße des Heroldes der Einkehr und Weisheit schlecht gepaßt hätte. Da beschwor der Rektor die Kommilitonen, nicht weiter durch unbelehrbaren Eigensinn die Würde der Universität zu gefährden. Der Obmann der Studenten sprach im Sinne der Magnificenz. Man würde mit Sicherheit?- polizei die Aula räumen, wenn das bittende Wort oersagte. Das Auf und Nieder der Erregung dauerte minutenlang. Schließlich öffneten grüne Polizisten den schmalen Weg, den Tagore brauchte, um seinen Ehrenplatz zu erreichen. Er ist ein mittelgroßer, hagerer Mann. Den' schmalen bron- zierten Kopf umwellt das reiche, sorgfältig gepflegte Silberhaar. Sanft ist das Gesicht, der lange, orientalisch hängende, aber west- ländisch ausgezogene Schnurrbart und die Masse des wohlgeschnitte- nen Vollbartes vollenden das Bild eines rüstigen Greises. Obwohl der lange graue Seidenkaftan des öfttichen Priesters Tagores Leib bis zum Boden verhüllt, fehlt ihm das Abseitige und Seltsame des Propheten. Der Priesterrock scheint seine Amtstracht, es scheint aber auch, daß er sich nicht beengt oder beeinträchtigt im europäischen Bürgerrock fühlen würde. Man sucht seine Augen. Unter tiefen Liddeckeln sind sie versteckt. Während der Rektor den indischen Gast begrüßt, sitzt der ehrfurchtsvoll Angeredete, nur mit sich selber be- schäftigt, da. Er merkt es kaum, daß die feierlichen Wort« ihm gelten. Er blättert in dem Schreibmaschinenheft, aus dem er bald die Abhandlung vorlesen soll, die von den Idealen seiner Heimat handelt. Ja. er liest einen gründlich vorbereiteten Aufsatz mit Thesen und scharf überlegten Abschnitten. Er denkt nicht daran, aus In- spiration oder orphischer Stimmung eine Feuerred« heruoszu- sprühen. Mit einer überraschend hellen Stimme spricht der dunkle Mann. Bald verfällt er in eine gewisse Eintönigkeit, da er behut- sam an jedem aufgeschriebenen Satze festhält. Keine erklärende oder betonende Geste kommt der gelehrten Abhandlung zu ijilfe. Nur wenn er die sanskritischen Urworte seines Landes gebraucht, hebt er einen zarten Singsang an. Nur dann wird er Rhapsode, der sich auch von dem Schreibmaschinenheft loslöst. Dann liebt er es. hernach bei der Uebersetzung die englische Sprache, die seinem Mund eine fremde Sprache ist. mit Gleichklangwort zu schmücken. Vom Singsang, der beinah ins Falsett hinausklimmt, gleitet er leicht in den europäischen Tonfall zurück, und er sagt:„Der Himalaya ist heilig, die Berge und Flüsse sind heilig, die Bestten und Vogel sin> heilig, der Mensch ist heilig. Das Lachen der Tiere und Menschen ist heilig."....__________________________
Reichsminister für Wiederaufbau Dr. Rathenau: Der Entschluß, mich an diese Stell« zu begeben, ist mir nicht leicht geworden, er wurde mir aber erleichtert durch die Erwägung, daß das Arbeitsgebiet kein politisches ist. Mein Arbeitsgebiet soll sich auch nicht verquicken mit Begriffen, die wir unter„Kriegs- Wirtschaft" verstehen.(Unruhe rechts.) Ich bin kein Anhänger der Kriegswirtschaft noch der Zwangswirtschaft. Ich bin nicht der Schöpfer der sogenannten Kriegswirtschaft�(Aha rechts.), sondern ich bin der Schöpfer und Organisator der Kriegs- rohstoffabteilung des Königlich Preußischen Kriegsministe- riums.(Bewegung.) Diejenigen, die damals die Verantwortung trugen, haben mir bezeugt, daß ohne diese Organisation der Krieg überhaupt nicht zu führen gewesen wäre. Große wirtschaftliche Re- formen dürfen erst dann eingeführt werden, wenn dos Bewußssein des Volkes sich auf diese Reform im voraus eingestellt hat. Positiv hat mich der Gedanke zum Eintritt in das Kabinett bestimmt, daß es vom Reichskanzler gestern als«in Kabinett der Versöhnlichkeit bezeichnet wurde. Es ist endlich an der Zeit, die Wege zu finden, die uns mit der Weit wieder zusammenbringen. Ich habe auch die Ueberzeugung, daß Frankreich den Wiederaufbau will. Ich habe mich überzeugt, daß Frankreichs Wille zum Wiederaufbau ernst ist. Ich holt« die Forde- rungen für erfüllbar, wenn wir wollen. Es ist nur die Frage, wie weit man sich in Not begeben kann, um sie zu erfüllen.(Zuruf rechts: Sie sind absolut unerfüllbar!) Eine absolute Unerfüllbar- k e i t.g i b t e s n i ch t. Es handelt sich nur darum, wie tief man ein Volk in Not geraten lassen kann. Die zwei Milliarden Hab« ich niemals als unerfüllbar bezeichnet, die Unerfüllbarkeit liegt in der Härte des Index, und diese Härte kann gemildert werden. Wer sich nicht dazu aufjchwingt, vor einer sehr schweren Leistung sich zu sagen, „ich will es unter allen Umständen", der wird immer nur mit halbem Willen an die Aufgab« herantreten. Nach unseren Leistungen wird sich das Vertrauen bemessen, das wir in der Welt wieder gewinnen müssen. Die Welt besteht nicht nur aus Chauvin! st en, sondern enthält auch objektive Menschen, Millionen von Augen richten sich in diesem Augenblick auf Deutschland und fragen: Was wird Deutsch - land machen, wird es ein Land der Erfüllung harter Schuld werden, oder nicht? Ich halte es für nötig, eine Ausgabe zu erfüllen, die schlechthin eine Weltaufgabe ist. Diese Aufgabe enthält nichts Trennendes für unsere Parteien, Berufe und Stände. Zu dieser Auf- gäbe sind schlechchin alle in Deutschland aufgerufen. Wir brauchen die Mitwirkung des Arbeiters, des Industriellen, des Landwirts und des alten deutschen Handwerks. Nicht für den Mann erbitte ich Ihre Mithilfe, sondern für das Werk. DasWerkmußsein!(Beifall.) Reichskanzler Dr. Dlrth: Der Abg. von Braun hat mir eine schwere Pflichtverletzung vorgeworfen, weil ich die Einwendungen der bayerischen Regierung gegen die Auflösung der Einwohnerwehren bei den Alliierten nicht unterstützt hätte. Er ist über den Lauf der Dinge nicht unter- richtet. Wir haben loyal die Erfüllung des Ultimatums versprochen. Vom ersten Tage meiner Amtsführung an war es meine Ausgab«, unter Wahrung der süddeutschen Eigenart zu wirken. Herr v. Broun sollte weni->ttens wissen, daß«in Unterschied zwischen Einwohner- wehr und O r g e s ch besteht. Wir haben die abweichende Auf- fassung der bayerischen Regierung hinsichtlich der Einwohnerwehr den Alliierten zur Kcntnnis gegeben, insbesondere das Gutachten des Obersten Landesgerichts München . In Bayern bestand die Meinung, als ob in England eine andere Auffassung bestände bezüglich der Einwohnerwehr als in Frankreich . Ich habe mich in�iefer Frage in mündlichen Besprechungen mit Vertretern der Alliierten bemüht. lGroße Unruh« rechts.) Die englische Regierung hat der bayerischen Regierung mitgeteilt, daß sie zur Vermeidung des automatischen Ein. greifens von Sanktionen, unzweideutig erNären müsse, daß sie alle wehren auflösen werde. Der französische und italienische Vertreter in München sind angewiesen, sich diesem Schritte anzuschließen. Hört, hört!). Wenn man das I a gegeben hat, dann muß man auch den Inhalt des Ultimatums ausführen. Ich lasse mich durch keine Worte dahin reizen, die Lyelltät unserer Erklärung in irgendeinem Punkte abzuschwächen.(Beifall.) Vom Berliner Polizeipräsidenten wird mir mitgeteilt, daß gegen den Redner Nissen, dessen Rede bei der S t a g e r r a t f e i e r von einem Vorredner erwähnt wurde, ein S t r a f v e r s o h r e n wegen Hochverrats eingeleitet ist. Bei dem angeblichen Trans- port von Bayern nach Oberschlesien handett es sich einfach um die bayerische Wachkompagnie in Berlin . Wir haben unsere Pflicht getan bei der Freikorpsbildung, die eine schwere poli-
Das war der Kern der Lehre, die er in der Berliner Universität verkünden wollte. In seinem indischen Weisheitstum, in den religiös-philosophischen Schriften der Antike und in den Phantasien des Kalidasa nicht minder werde die Einheit der Menschheit gesucht, gedeutet und gesungen. Nicht der zerrissene Mensch mit seiner Leidenschaft werde erzogen, sondern der einheitliche, der die Welt beherrscht, weil er sich selber beherrscht. Di« Leidenschast unterliegt, weil sie gar nicht erst bis an den Menschen gelangen darf. Alle» Beispiel, das indisches Dichten und Denken vor die ungelehrten und erwartenden Menschen bringe, richte sich noch diesem Sinn und Uebersinn. Dann drängten sich Professoren der Universität, Minister, Diplo- maten und Inder, die. weißen Ueberwurf und braunen Turban trugen, um den gefeierten Mann. Obgleich er nicht übergroß war, beugte er sich zu jedem, der von ihm Antwort erbat. Und man sah seine Augen wieder nicht. Man hörte aber auch seine Stimme kaum. Denn in der Zwiesprache redet er fast wie ein Verloschener, ganz sachte, ganz zärtlich..... Der Platz zwischen dem Opernhaus und der alten Bibliothek war schwarz von Menschen. Die Zeitungsfrauen verließen ihren nahrhaften Posten und staunten. Die Studenten und alles werk- tätige Volk, das gerade um diese Mittagsstund« auf die Straße durfte, warteten auf den Mann, den sie für ein kostbares Geheimnis hielten. Könnten sie das Geheimnis ein wenig lüften, so würden sie auch unter dieser schönen, begnadeten Stirn eine Welt verwirren- der Gedanken entdecken, die sehr vorsichtig, sehr kritisch und vielleicht sogar sehr entschieden von einem guten Europäer des Jahres 1321 zurückgewiesen werden müssen. Doch es war Festtag für Tagore und ein andermal von diesen gefährlichen Dingen! Max Hochdorf .
Christian Morgensterns soziale» Bekenntnis. Im Maiheft des .Neuen Merkur" werden Iugendbriefe Christian Morgensterns aus den Jabren 1890/31 veröftenrlicht, die bereits den ganzen späteren Morgenstern erkennen lassen. Besonders schön ist eine Stell«, in der er ein soziales Bekenntnis ablegt, das auch unseren Tagen voranleuchten sollte. Er schreibt:.... eine Empfindung ist«?, die die letzten Tage in meiner Brust mächtiger denn je geweckt und oenäbrt haben, die sie klarer gemacht und gefestigt haben. Es ist die Empfindung der ungeheuren Pssicht der Liebe, die jeder einzelne von uns gegen seinen Nächsten und zumeist gegen die für uns arbeitende leidende Klasse hat. Aber nicht nur der Liebe in Wort� und Schrift, sondern in lebendiger Tat. E» ist mir ein Verständnis gekommen von dem unsagbaren himmelschreienden Elend, das uns— und zumal in der Großstadt — in jeder Stunde umgibt, und ich habe gefühlt, wie nichtswürdig unser aller Verhallen ist, das fiöb zwischen Verachtung des Volkes, träger Ge- nußsucht und lauem Wohltun bewegt— ohne auch nur eine Spur wahrhaftiger, kraftvoller Liebe aufzuweisen, wie es Bruder zu Bruder haben soll. Ja. eS ist wahr, was der Verfasser einer dies- bezügliche« Schrift sagt, nicht durch Gesetze und Waff« sei die
tische Gefahr für Deutschland war, man soll aber nicht jeden Militärtransport zum Gegenstand einer Diskussion machen. Abg. henke(11. Soz.): Die Regierungserklärung hat uns iu den wichtigsten Punkten enttäuscht Gerade von den brennendsten Pro- blemen der S ch a n d- und K l a s s e n j u st i z hat der Reichs- kanzlet kein Wort gesprochen. In Bayern herrschen heute die Leute, die den Belagerungszustand gegen die Arbeiierschafi mißbrauchen, welche Zeitungs- und Versammlungsverbote erlassen. Das sind dieselben Leute, die weder von Republik noch Demo- kratie etwas wissen wollen, sondern vielmehr das Wieder er- wachen der Monarchie erwarten. Das ist„süddeutsche" Art von den Sorten um Herrn Kohr. Es ist eine heilige Pflicht der Regierung, der nationalistischen Hetze zwischen den Arbeitern in Oberschlesien entgegenzutreten. Die Arbeiterschaft darf sich durch nichts zur In- aktivität verleiten lassen, sie muß stets ihr scharfes Auge auf ihre Todfeinde richten, sie muß auch die Reichsregierung scharf im Auge behalten. Die Steuerkraft ist ungeheuer gesunken und bei den Ar- beitern und Beamten schon auf das äußerste angespannt. Don der Regierung oerlangen wir Aufhebung der Sonderverordnun- gen. Die Sozialdemokraten sind mehr wie eine andere Partei im Hause verpflichtet, dem Amnestiegesetz zuzustimmen. Wir werden abwarten, was die Regierung von ihren Versprechungen hält. Wird' sie es nicht an Energie fehlen lassen und auch auf unsere Forderungen eingehen, dann wertzen wir sie evtl. unterstützen. Das Haus vertagt sich auf Freitag 1 Uhr: Anfragen, I n t e r- pellation Stresemann , Weiterberatung. Schluß 6)4 Uhr.
�mnestieantrag der Sozialdemokraten. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat beschlossen, folgenden Antrag zu stellen: Der Reichstag wolle beschließen, den Reichskanzler zu er- suchen, die Urteile der Sondergerichte unter dem Gesichtspunkt möglicher Begnadigung nachprüfen zu lassen und dem Reichspräsidenten bloße Mitläufer der Aufruhrbewe- gung in weitem Umfang zur Begnadigung zu empfehlen.
DleUrteilsbegrünöung imProzeß Neumann. In der Begründung des Urteils, durch das der Angeklagte Neumann wegen Mißhandlung und Beleidigung von Untergebenen zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt wurde, wird darauf hinge- wiesen, daß der Angeklagte zu weit gegongen sei. Die Anwendung von Gewalt den Engländern gegenüber, die am 2. April ihren Be- schluß, die Arbeit zu oerweigern, ausführten, fei nicht als Ueber- schreitung seiner Befugnisse anzusehen. Strafbar sei dagegen der Fall K i r t b r i d e: ebenfalls fei in der Mißhandlung des Zeugen F l o r e n c e eine strafbare Mißhandlung zu erblicken. Un- berechtigt war gleichfalls die Bearbeitung des Zeugen Smart mit der Waffe. Die Begrüßung der Gefangenen, die nach Verbüßung der Arreftstrofe zurückkamen, durste nicht in Mißhandlung aus- arten. Den Gefangenen Sommersgill habe der Angeklagte derartig geschlagen, daß er an den Folgen der Mißhandlungen mehrere Tage zu leiden hatte. Der Angeklagte Hobe zwar den Ausdruck„Schweine" mehrfach gebraucht, jedoch könne nur in einem dieser Fälle eine strafbare Beleidigung als erwiesen erachtet werden. Bei Bemes-sung der Strafe wurde berücksichtigt, daß das Motiv des Angeklagten kein ehrloses war. Der Gerichts- Hof hat beschlossen, den Haftbefehl auszuheben, da kein Flucht- verdacht vorliegt. Infolge der vollen Anrechnung der Unter- suchungshaft von vier Monaten hat Neumann noch zwei Monate Gefängnis zu oerbüßen. 0 Die Hauptperhandlung im Prozeß gegen den Kapitänleutnant a. D. Karl N e u m a n n, Kommandant des U-Bootes 67, wegen Versenkung eines Lazarettschiffes wird am Sonnabend vormittag 9 Uhr vor dem Reichsgericht beginnen. Die Verteidigung-des Angeklagten liegt in den Händen des Leipziger Rechtsanwalts Dr. Hahnemann. Eine Zeugenvernehmung ist nicht in Aussicht genommen.
soziale Frag« zu lösen, sondern durch Liebe, durch die innere Gleich st ellnng aller Stände. Unsere„Gebildeten" müssen den Dünkel aufgeben, der sie glauben macht, sie seien mehr und höhere Wesen als der gemeine Mann. Sie müssen den sittlichen Kern der Sozialdemokratie anerkennen, der in dem Erwachen des MenschenbewußtseinS liegt... Ich aber werde mein ganzes Leben dieser Aufgabe widmen und sollten pekuniäre Rücksichten mich auf das Studium der Rationolökonomib ,(d. h.„Volkswirtschaftslehre") verzichten lassen müpen, so gibt'S wohl noch andere Wege, das Evangelium der tätigen Liebe zu üben und zu lehren." Und Christian Morgenstern hat Wort gehalten. Seine Worte wurden Taten, wie denn überhaupt des Dichters Worte seine und seiner Zeit größte Taten find. wiedergefundene Gemälde Rembrandk«. Kaum weniger als 100 bisher unbekannte Gemälde Renibrandts hat der Spürsinn von Forschern und Kunsthändlern im letzten Jahrzehnt wieder zum Vorschein gebracht. Das Gemäldewerk des Meisters, bisher etwa S<X1 Bilder, ist also erheblich erweitert worden. Nach den Ver- össentlichungcn des letzten Jahres zu schließen, ist dieser Rembrandt - Duell dabei noch immer nicht versiegt. Für alles, was seit 1309 wieder ans Licht trat, hat fetzt einer der besten Nembrandt-Kenner, Dr. Wilhelm R. Valentiner, vor dem Kriege Direktor des New Dorker Metropolitan-MuseumS, einen Nachtragsband(bei der Deutschen VerlagSanstalt) herausgegeben. Valerttiner vereinigt da nicht nur in 520 Abbildungen alles, was schi» bisher in den letzten Jahren veröffentlicht worden war. fandet n bringt auch eine ganze Reihe von überhaupt bisher der Rembrandt -Forichung cnt- gangenen Werken, ein Sechstel meist von zweifelloser Echtheit, während ein Anhang die ftaglichen Bilder zusammenfaßt. Natür« lich ist unter diesen 120 Bildern auch manche» Nebenwerk eines überreichen Lebens. Weit zahlreicher aber sind die Meisterwerke, die das Bild Rembrandts , wie wir es kennen, aufs würdigste ergänzen. Im Residenz-Theater wird im Rahmen des Sommerspielplans .Ab dafür" gegeben. Eine dreiaktige Zeitschnurre von Toni Impekoven und Karl Maihern,(Spielleitung Karl Kahlmann). Ein Professor, der seine Schieberepoche bereits hinter sich hat, eröffnet einen Spielllub, der— Professoren haben immer Pech— bald ausgehoben wird. Er wird mit seinem ganzen Freundeskreis ver- haftet und abgeführt, später aber durch die„Rotgardisten" befreit. Das anipruchslofe Stück fand beim Publikum den üblichen warmen Sommerbeifall. Erwähnt feien Wilhelm Bendow , Elfe Ehfer, Max Adalbert (als prachtvoller Gerichtsvollzieher) und Elfe Wafa.
«uSstelluag. Im Juni zeigt das Graphische Kabinett I. B. Neumann, Berlin W 50, Kurjurstendamm 232, Gemälde von Martin P a a tz. „Ter Tturm". Potsdamer Str. 134a. Die Iuniausitellung bringt exvreisionisliiche Gemälde von Rudolf Bauer und expressionistische Pastelle Vau Bjera Biller. Die Ausstellung der Dokumentensammlung Darmstädter zur Geschichte der Naturwissenichasten in der Staatsbiblioihek ist noch einmal Sonntags� geöstnel am 5. Juni. Um 11 Uhr ist eine Führung mit Vorirag von Dr.«chujier iür die Volkshochschulen. Auch andere Besucher, nament- ich auch auS arbeitenden Kreisen, sind dazu willkommen. Deutscher Monistenbund, Klofterswaße. Sonntag, 5. Juni, vorm. 11 Uhr: Vortrag von G. F. Mcolai„Gott vor dem Forum der Rai'tt» vijjenjchajl'« her Stadthall«, KlosterjUahe.