sprenger, Herr Steg« rwald auf der einen, die Ankssoziallsten nuf der anderen Seite, ermuntert. Es ist notwendig, daß jetzt die aktiven Elemente der Mitte aus ihrer Reserve heraustreten. Es geht jetzt nicht um die Partei, sondern um die äußere Selbstbehauptung, den inneren Frieden und den Reichsbestand. Wie sich aus dem an anderer Stelle»viedergegebenen S6)rciben des Vorsitzenden der volksparteilichen Fraktion, Abg. Scholz, ergibt, handelt es sich bei den„Forderungen" nicht um Beschlüsse, sondern nur um persönliche Anregungen! In der Form nicht so kräftig, aber in der Sache nicht minder scharf urteilt das führende Zentrumsorgan „Germania " über die Krisenfabrikanten. Das Blatt erinnert daran, daß die d e u t s ch n a t i o n a l e Presse zuerst die Ge- rächte von einer Krise in der großen Koalition ausstreute und bezeichnet diese Stimmungsmache als ein„Glied in der Kette, die das schmerzstillende Halsband für die Regie- nmg der großen Koalition bilden sollte": Ist die Erkenntnis, daß die große Koalition regierungsunfähig sei, erst heut« gekommen imd wußten die Leute, die jetzt diese Auffassung vertreten, dos vor acht Wochen nicht? Sonnten sie die Sozialdemo- kralen so wenig, daß sie damals an eine Lösung der Ausgaben mit der Linken glaubten, während sie heute plötzlich von der Arbeiis- Unfähigkeit der Sozialdemokraten überzeugt sind? Oder war ihnen nicht bekannt, daß alle diese Aufgaben bevorstanden? In jedem Fall« stellen sie bei Bejahung dieser Fragen ihrer politischen Urteils- fähigkeit ein schlellstes Zeugnis aus. Aber wir haben nicht den Ein- druck, daß wirklich der Zweifel an der Arbeitsfähigkeit der großen Koa- ütion die Triebfeder ihrer heutigen Haltung ist. Das Schlagwort vom „Kampf gegen den Marxismus" ist auch auf sie nicht ohne Eindruck geblieben und die Entwicklung der letzten Tage hat alte .Hoffnungen bei ihnen neu ins Leben gerufen. Man ist sich hoffent- lich klar darüber, daß die Erfüllung der Forderung dieser oppositio- nellen Element« ein« vollständige Neuorientierung unserer gesamten Politik bedcuiet. Nicht nur innenpolitisch, sondern auch mit Rücksicht auf unsere Außenpolitik. Diese rein bürgerliche Regierung stände unter starkem deutschnationalen Einfluß ukd wäre außenpolitisch ein- fach aktionsunsähig. Innenpolitisch würde sie die Spaltung des deutschen Volkes in zwei Hälften, die sich einander wütend bekämpften, zur Folge haben. Wir hätten dann den sogenannten Bürger- block mit der Front gegen die Sozialdemokratie, die dann ihre ganze Kraft zur Förderung ihrer rein parteipolitischen Ziele anwenden könnte. Daß dieser Kampf zu einer inneren Ge- sundung führen sollte, daß bei dieser Auseinandersetzung die Frage der Produktions st eigerung befriedigend gelöst werden kann, das glaube, wer zu diesem Glauben den Mut hat. Die„Germania " fügt hinzu, es sei ausgeschlossen, daß das Zentrum eine solche Politik mitmachen könnte, ohne seine ganze Vergangenheit zu verleugnen. Es habe vier Jahre lang für die große Koalition gekämpft, ein Ministerium ist an der Unmöglichkeit, sie seinerzeit zu bilden, gestürzt, und jetzt soll wieder eine Regierung beseitigt werden, weil sie sich auf die große Koalition stützt. Sei ein größerer Widersinn denkbar? Eine solche Belastungsprobe könnte das Zentrum ein- fach nicht aushalten. Die Masse seiner Anhänger würde eine solche Politik nicht verstehen. Schließlich wendet sich die„Germania " gegen die Dar- stellung, als ob in einer Sitzung des christlichen„Deutschen Gewerkschaftsbundes" der Sturz der großen Koalition vor- bereitet sei. Zwar hätte dort die deutschnationale Richtung, besonders der unter Führung des Abg. Behrens stehende „Zentralverband der Landarbeiter", in dieser Richtung ge- wirkt: „Wir haben auck Grund zu der Annohme, daß die ersten Ver- öffentlichlingen dor„Deutschen Tageszeitung" auf diese Kreis« zurück- gehen. Wir wissen aber auch, daß in der Versammlung des Gewerk- schaftsbundes nicht die wahre Stimmung der Mit- glieder der christlichen Gewerkschaften zum Aus- druck gekommen ist, und es wird uns versichert, daß besonders die christlichen Gewerkschaften im Westen niemals«ine Politik m i t in a ch« n würden, mit der in der Berliner Sitzung des Gewerkschaftsbundes geliebäugelt worden ist."
Die Unternehmerkreise in den bürgerlichen Koasitions- Parteien pflegen sich in der Vertretung ihrer Interessen leicht zu verständigen. Die Arbeiterorganisationen, ob christlich, freigewerkschaftlich oder demokratisch orientiert, sollten sich daran ein Beispiel nehmen und für ihre gemeinsamen Interessen ebenso entschieden und gemeinsam auftreten.
Der Putsch von Küstrin . Weitere Verhaftungen auch in Döberitz . Wolfss Bureau meldet: Heber die Vorgänge in fiüstcin kann bis jetzl folgendes gesagt werden: Seil Rtitle letzter Woche fanden in der näheren und wetteren Umgebung Berlins Ansammlungen von jungen Leuten statt, die angaben, daß sie sich der Reichswehr zur Bcrsügung stellen wolllen. Der Blilitörbefehlshaber und die Polizeibehörden veran- iaßlen, daß sie, wo sie gestellt wurden, zerstreu! und wieder nach Hause geschickt wurden. Der Verdacht lag vor, daß diese Leuie unter Vorspiegelung nationaler Ziele von einer Stelle aus einheitlich angesetzt worden seien, um, zu militärischen Verbänden zusammengeslrll!, innerpolilischen Zivecken zu dienen. Der Wehrkreisbesehlshaber erließ deshalb in der Presse am 29. September ösfcnlliche Warnungen und bekundele seine Entschlossenheit, gegen jede Störung der Ruhe und Ordnung rücksichtslos vorzugehen. Als Führer der Bewegung wurde Major a. D. B u ch r u S e r ermittelt und es wurde am SO. September Haftbefehl gegen ihn erlassen. Major Buchruckcr hat offenbar erkannt, daß seine Pläne durchkreuzt werden sollten; er zog in der Rächt vom 30. September zum 1. Oktober soviele seiner Anhänger, als er erreichen konnte, in K ü st r i n zusammen. Sie verbarg?« sich zunächst in dem Zcughof, einem allen Festungswerk, in dem nur ein Trupp von Iivilarbeilern der Festung tag. der mit ihnen im Einver- ständnis handelte. Die Altstadt von Kusirin, von Oder und Warthe umschlossen und von allen Wällen umgeben, läßt sich leicht nach außen absperren, von militärischen Gebäuden enthält sie nur die Kommandantur. Die Garnisonen liegen jenseits der Warthe. Major Buchrncker scheint beabsichtigt zu haben, durch die Ueberrumxelung der Festung Gleichgesinnte im ganzen Reich zum Losschlagen zu oeranlassen und durch diese verzweislungetak sich selber zu retten. Aus welche Kreise er dabei rechnete, läßt sich noch nicht mit Sicherheit sagen. Im Morgengrauen des 1. Okiober lleß er die wichtigsten Punkie und Zugänge der Stadt besehen und begab sich selbst mit anderen Rädelsführern in die Kommandantur, um zu ver- handeln. Der Kommandant aber. Oberst Gndovlus, lleß sich nicht auf Verhandlungen ein, sondern handelte mit größler Energie. Die Führer ließ er ungehörk verhafken. Einen nachdrängenden Stoßtrupp nahm die Wache fest. Pionier- bataillon 3 und eine Schwadron der Fahrabteilung 3 wurden alac- mierl und herbeigerufen. Vor ihnen zogen sich die Aufständischen in den Z e u g h o f zurück, wo sie eingeschlossen wurden. Das Wehrkreiskommando 3 halte auf die erste Rachrlchl von den Ereignissen hin den Obersten vo» Esebeck und Truppen aller Waffen in Marsch gefetzt, um den Aufruhr nnler allen Umständen unterdrücken zu können. Dos Pionierbataillon, das keine schweren Waffen besitzt, mußte sich bis zu ihrer Ankunft auf die Absperrung beschränken. Es wies gegen Abend den Vorstoß eines fchivächcren Trupps Aufriihrec ab, die zum Teil in Autos von außerhalb gekommen waren, um die Eingeschlossenen zu entsetzen. Die Angreifenden halten hierbei einen Toten, zwei Schwer- und vier Leicht- verwundete. Räch dem Eintreffen der Verstärkungen ergaben sich die im Znighof Eingeschlossenen. 3m ganzen sind es 3Sl Mann, von denen man 13 als Rädelsführer ansehen kann. Dazu wurden noch 30 Mann festgenommen, die den Entsatzverfuch von außerhalb gemach! hatten, welchen Kreisen die Gefangenen angehören und welche polikifchea Ziele sie verfolgen,
wird sich lm einzelnen erst bei den Veruchwnugev feststellen lassen. die heute lm Laufe des Tages begonnen haben. Die Aburteilung der Festgenommenen wird durch ein außerordentliches Ge- richl in Sottbus erfolgen. Gleichzeitig mit diesen Ereignissen ist auch die nähere Umgebung Verlins von Reichswehr und Schnlzpsllzci streng überwacht worden, um olle anderen Ansammlungen zu oerhindern. Hierbei wurden elwa 200 Mann festgenommen, die sich in dem Döberitzer Gelände sammelten. Heute werden die Rachforschnngcn fortgesetzt. E» scheint jedoch, daß die Bewegung durch das tatkräfiige Zufassen des Obersten Gudovius in Küstrin und das schnelle Eingreifen der Truppe, von der jeder Offizier und Mann in vvllslem Maße seine Pflicht getan hat, Im keim erstickt worden ist. Letzter Gruß an öie München . 1. Ottober.(Eigener Drahtbericht.) Di« Vorstände der Sozialdemokratie Südbayerns haben unter dem heutigen Datum folgende Kundgebung an die SA.-O r t sg r u p p e n besch.'osien: „Die SA. ist hiermit für München und Südbayern aufgelöst und hat mit dem heutigen Tage zu bestehen aufgehört. Allen Führern und Mannschaften, die sich mit Tattraft und Treue für die Sache der Parte!, der gesamten Arbeiterbewegung, des ganzen Volkes eingesetzt haben, sei hiermit Dank und Anerkennung aus- gesprochen. Die Partei wird die für sie gebrachten Opfer nicht ver- gessen. Wir fügen uns dem Diktat, ohne von dem Standpunkt, der uns veranlaßt hat, in einer für das Polt sehr schweren Zeit die SA. zu gründen, auch nur einen Punkt preiszugeben. Mehr als eil/ ml hat die SA. Gelegenheit gehabt, in kritischen Situationen nii.st nur die Münchener und die bayerische Arbeiterschaft, sondern für das ganze deutsche Volk erfolgreich einzugreifen und namenloses. Unglück abzuwenden. Eine objektive Geschichtsschreibung wird ehrend der Männer gedenken, die einst bereit waren, ihr Leben für die Errungenschaften jahrzehntelanger Kämpfe einzusetzen. Wehr- los gemacht, heben wir unsere Organisation auf und belasten mit der Durchführung des Schutzes für unser« Einrichtungen und mit der vollen Verantwortung für diese jene Organe, die in der kritischsten Zeit zweierlei Recht und zweierlei Staatsbürger geschaffen haben. Roch steht der äußere Feind im Lande! Da zwingt uns das Verantwortlich kcitsgefühl, nicht durch zweckkosen Widerstand die Pläne jener fördern zu helfen, denen zur Erreichung ihrer selbst- süchtigen Ziele die Einheit und der Bestand der deutschen Repu» blik nebensächlich sind. Wir sind nur der Gewalt gewichen. Dauernder als diese ist die Ueberzeugung von der inneren Wahrheit und Richtigkeit unserer politischen Auffassung. Im Rahmen dieser werden wir als Mitglieder der großen sozial- demokratischen Partei Deutschlands , als Söhne des schaffenden deutschen Voltes wirken und lachen über jene, die da glauben, uns mit Waffengewalt zu Nachläufern ideenloser Schwätzer machen zu können. Der Glaub« an DemokratieundSozio. l i s m u s hat uns in unserer SA. oereint. Ihm sei auch in Zukunft unsere ganze Kraft gewidmet. Genossen der SA.! Angesichts der Sachlage muß die Partei die strengste Durchführung dieser An- Weisung verlangen." O Bei einer Denkmoleenthüllung in Schliers« hielt Luden-" bor ff ein« Ansprache, in der er für Kahr eintrat. Durch die Weigerung, den Führer des Kampfbundes„Reichsflagge", Heiß, dem Staatsgerichtshof auszuliefern, durch die Waffenbefchlagnahm« in der„Münchener Post" und die Auflösung der Auer-Gard« habe der Generalstaatskommissor bewiesen, daß er mit allen Vaterländischen den Kampf gegen die Reichszerstörer energisch aufnehme! Als erster legte sodann General Echter im Namen des„Königs" Rupprecht einen Kranz am Denkmol nieder. Wegen Verdachts der Teilnahme an der kürzlichen Schießerei im Brudermühl-Viertel wurde der Apotheker Bouisson verhaftet. Bouisson war Leiter der aufgehobenen sozial- demokratischen Schutzabteilungen, doch steht diese Tat- fache mit der Verhaftung nicht im Zusammenhang.
Kraft, /lusöruck, Zorm. K onzertumschau von Kurt Singer . Jede Rückkehr zur Kraft ist in einer Zeit der Verweichlichung, des Bnlancicrens, der verfeinerten Sensibilität als gesundes Symptom zu begrüßen. Aus dem Expressionismus zurückzufinden zu Brahms oder Reger kann Wohltat sein. Und wenn uns auch gerade die Baukunst R e g e r s, sein barocker Stil, sein« melodische Gebundenheit an die komplizierte Harmonik nicht zu Herzen geht, so kann die Pflege seiner Musik doch den Weg weisen zu Bach, dem größten Heilskllnstlcr in allen Krankheiten der Kunst. In vielen .Konzerten wird jetzt Regersche Kammermusik gespielt, die Regcrsche Gesellschaft hat sich auch in Berlin Freunde geschaffen, und auf Orgeln der Kirchen steht sein Name neben dem größten. Das ist zu l'-sachten. Was an Erkenntnis des historischen Wertes, des tech- vischen Phänomens, des Künstlers Reger noch fehlt, hat Guido B a g i c r in einer aufschlußreichen, klärenden, Wesentliches bringenden Biographie trefflich dargestellt(Deutsche Verlagsanstalt ). Ein Lernbuch, das hrmnifch nur dann preist, wenn das Besondere dazu zwingt: vor allem aber ein kenntnisreiches Buch, geschrieben von einem Mann, der neben der gesunden Dialektik auch über d!�. Fähigkeit verfügt, in die Rätset und Schwierigkeiten des Kontra- Punkts Einblicke zu geben. Dos letzte Wort behält natürlich die ästhetische und ofsektirc Wirkung des Regersche« Werkes selber. Da wird mancher immer noch anderer Meinung sein als der Heros. Das Bufch-Quartett spielt Reger- c>p. 54(A-Dur) geradezu hinreißend. Ein bequemes, verständliches, wirkungsvolles Stück, forsch und draufgängerisch, nicht frei von rustikalen Elementen. Die bizarr-sröhlichen Ecksätze haften, das Andante, schön gesungen, bleibt unoerarbeitet, harmonische Eigenheiten klingen mehr spröde als not- wendig, mehr plump und gewollt, als elegant und fördernd. Und über dem Ganzen schwebt der Geist Brahms , ein wenig über— eist, aber deutlich in seinem Melos erkennbar(C-Moll-Quartett). Immer- hin ist auch hier eine Straffheit und eine Lebenskraft, die ausbauend »'irken. Das tut eine Fantasiesonate von Reu hoff kaum, obgleich sie gut klingt und»inen schönen Fugenansatz hat. Kurt Rosen- Hauer bemüht sich um das Werk und zeigt auch in der Begleitung des Cellisten Armin Liebermann eindringliche Routine. Warum dieser junge Mann mit dem schönen Gesangston aber lauter andere Stücke spielt als die aus dem Programm vermerkten, ist nicht er- sichtlich. Schließlich weiß nicht jeder zwischen Schubert und Bizct zu unterscheiden. Der„M ä n n e r g e s a ng v e r e i n Berliner L i e d e r f r e u n d e", der dieses Programm verantwortete, leistet unter Göpels Führung Achtbares, in'Anbetracht seiner mittleren Stärke sogar Gutes. Das zeigte sich z. B. in Abts Bineta, dessen Refrain sauber und warm empfunden klang. Dem Sturm in Lach- ners„Allmacht" waren die Sänger dynamisch kaum gewachsen, und der Pilgerchor, an dem sich ja selbst Opernchöre die Kehlen verrenken, lag ihnen trotz der improvisierten Orgelbegleitung nicht gut. Doch lohnte es sich wohl, diese Sonntagssänger und ihre andächtige Zu- hörerschar einmal kennen zu lernen. An dem gleichen Tag tonnte auch dem Verbitterten eine Herzenssonne leuchten, als ein Konzert der„Volksbühne" Schuberts H-Moll-Sinfonie und Beethovens »Pastorale' ertlcmgm. K rasselt dirigierte die Philharmoniker
mit der an ihm bekannten Solidität der Technik und einer sicheren, wenn auch gelegentlich matten Tlusdrucksfähigkeit. Der Hörer wiegt sich im Nachsingen ewiger Melodik in einem Werk, das, in sich vollendet, zum ersten und einzigen Mal den romantischen Sänger des Liedes mit Erfolg dem Klassiker der Sinfonie nochstreben läßt. Unvollendet? Was ist die Form, selbst die geheiligteste, anderes als Ausdruck des Notwendigen? Hier, in der H-Moll-Sinfonie, ist, was an tragischem Erleben, an lächelnder Freude, an mystischem Jen- seitshorchen aufzufangen war, stark und schön und naiv in die Welt der Töne ausgenommen. Ein Mehr war nicht vonnöten. Und wer sich hier in die stille Einsamkeit des Menschen versenkt hatte mit einer lauteren Sehnsucht nach der Natur, dem wurde im Welten- räume der Pastorale Wunsch zur Erfüllung. Eine sonntäglich« Andacht. Der Rhapsode des freischwingenden melodischen Einfalls und der formal größere Idylliker des sinfonischen Gedankens reichten sich in liebender Stimmung die Hand. Bald nach diesen Werken des zu. innerst ruhenden Ausdrucks wiederum ein Werk der Kraft und der besonderen Formprägung: R e g e r s op. 81, Variationen über«in Bachsches Thema. Heinz I o l l e s bewältigt es mit seinen begabten Klaoierhändcn respekt- vollst, im Klang zwischen Austrumpfen und Schottieren, zwischen Ucppigkeit und Sparsamkeit wechselnd. Der Eindruck ist dennoch nicht groß. Der große Könner steht dem Künstler Reger Takt für Takt entgegen. Ob er ein Oboenthema aus einer Bachschen Kantate, ob eins der Beethovenschen Bagatellen oder sanfte Weisen Tele- inonns und Hillers zum Ausgang seines Werkes nahm: am Ende hört ihr vom Thema nichts mehr, es ist ganz und gar in Rogers Harmonik untergegangen. Klassische Variationen sind das nicht, und doch hat sich nirgends der Gestalter der logische Bauherr, der präzise Stimmführer genialer gezeigt als in den Abwandlungen fremder Melodie. Nur ist melodischer Ausdruck zu Generalbaß, Sang und Klang zu Kraft, Duft der Kcmtilcne zu eisern gehämmertem Rhythmus geworden. Die Phantasie ging auf Weiterbildung der Form, nicht auf Vertiefung des Gefühls. An Gefühl fehlt es auch den Damen H a r d y und Mc. C l« a r y. Di« Pianistin Cleary hat ein gutes Rüstzeug glatter Technik an englischer Programmusik bewährt(Base, Moercn), und das Heikelste gelingt mit absoluter Sicherheit. Doch was«riebt sie dabei? An ihrer kerzengraden Haltung und dem steifen Oberarm merkt man schon die Kuhle der Nation. Miette Hardy singt ähnlich, nur daß es noch monotoner wirkt, da dos Instrument ig menschlich begnadet sein soll. Sie lerne an Frau D u s e, die durch nnvergleichüche Kopstöne und eine immer tiefere seelische Anteilnahme mit Recht die Herzen warm macht, ob sie Wolf, Schubert oder Italiener singt. Oder an W ü l l n e r, der die Kraft seiner Sprache im Ausdruck löst, der menschlich ergreift, auch wenn das Formale Goethefchcr Berse einmal Fesseln an die persönliche Begeisterung legt.
die höhle öer Zleöermöuse. Bon einer Expedition zu der Sija-Häh!« im Garo-Gcbirg« in A s s a m berichtete auf der diesjährigen Versammlung der British Association der Zoologe Dr. Stanley Camp aus Kalkutta . Er hat diese bisher noch unerforschte Höhle die„Höhle der F l cd c r«
mause " getauft, weil diese Tier« in ungeheuren Mengen sich hier aufhalten. Die Höhle hat eine Länge von etwa Kilometer: ein Strom fließt hindurch, und Stücke von Gneis, die herumliegen, weisen auf die ungeheure Gewalt früherer Strömungen hin, die diese Höhl geschaffen haben. Camp war mit seinem Begleiter noch nicht weit eingedrungen, als er Tausend« von Mottcnlorven sah, die die Felsen bedeckten. Als sie 91X1 Fuß vorgedrungen waren, fanden sie einen R i e s e n f r o f ch, der an der Wand hing. Die Hauptbevölkerung aber bildeten die Fledermäuse, und die ganze Höhle war mit ihrem Guano bedeckt, von dem sich riesige Mengen Küschenschabe», Käfer, Molusken und andere Infekten nährten. Weiter drin in der Höhle waren die Wände so dicht mit Fiedermäusen bedeckt, daß man keinen freien Platz finden konnte, um auch nur eine Hand zwischen sie zu legen. Richtete man das Licht der Lampen auf sie, so flogen sie nicht fort, sondern„plumpsten herunter" und fielen ins Wasser, in dem sie mit ihren Flügeln schwammen. Am Abend stellten sich die Mitglieder der Expedition an dem Ausgang der Höhle auf, um die Fledermäuse herauskommen zu sehen, und länger als ein« Stunde flogen sie in unendlichen Scharen hervor. Unter den zahlreichen Tierarten, die sich in der Höhle befanden, hatten sich nur fünf oder sechs dem Leben in der Höhle angepaßt; darunter befand sich eine Frisch waff er- Garnele, deren Augen auf die Hälfte der normalen Größe verkleinert waren. Da dos Wasser kristallklar ist und keine Nahrung für Gar- nelen enthält, so litten sie sehr untft 5)ung«r und fraßen einander auf. Die Forscher waren erstaunt, eine Garnele außerhalb des Wassers zu finden, wo sie auf eurem Stein akrobatische Sprünge ausführte. Warum sie aus dem Wasser gekommen war und warum überhaupt die Garnelen sich in der Höhle, wo sie gar keine Lebens- bedingungen fanden, niedergelassen hatten, ließ sich nicht erkennen. Das Zeikungswefen in Sowjclrußland. Zum 1. August wurden, wie der Ost-Erpreß meldet, auf dem gesamten Gebiet Sowjetruß- lands C90 Zeitungen oder in Zeitungsfornr erscheinende Blätter re- gistriert, von denen 169 täglich erscheinen. Bon diesen entfallen auf Moskau 39, im europäischen Rußland erscheinen 327, in Sibirien und den autonomen Republiken 214. Die durchschnittliche tägliche Auflagehöhe sämtlicher Zeitungen betrug nach amtlichen Angaben zum 1. August 2 991 979 Exemplar«, van denen 657 659 auf Maskau entfallen. Ein« unabhängige Presse gibt es in Sowjetruß- land bekanntlich nicht und bis auf cienige Fachzeitungen werden die russischen Presseorgane von den Sowjetbehörden, den Partei- und Gewerkschaftsinstanzen herausgegeben. Unter diesen Umständen wird in Rußland , besonders von der sozialdemokratischen und sazialrcvo- lutionüren Partei, eine Reihe von illegalen Blättern heraus- gegeben, die jedoch wegen der Berfolgungen durch die Sowjetbe- Hörben ein« größere Verbreitung nicht finden können. Die Zahl der Zeitschriften betrug 565.__ Ein„englisches Pompeji -. Dos altrömische LegionS- laper V i r o c o n i u m, das an der Stelle der heutigen Stadt Kroxeter in ShropShtre lag, toll jetzt vollständig ausgegraben werden und man hofft damit ein.englisches Pomveji" zu schaffen. Die bisherigen Ausgrabungen lassen weitere bedeutende Entdeckungen erhoffen, die ein ziemlich lückenloses Bild einer römischen Laoercmftedlung geben werden.