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Poincarés Ministerschaft gerettet.

Ermächtigungskompromis.

Darts, 7. Februar.( Eigener Drahtbericht.) In der Kammer ift es am Donnerstag in der Frage der von der Regierung verlangten Bollmachten zu einem Kompromiß gekommen. Mit Zustimmung Poincarés wurde das Ermächtigungsgesetz auf die Dauer von vier Monaten beschränkt und von der Kammer mit 333 gegen 205 Stim. men angenommen.

Stürmische Kammerdebatte.

leber ten Verlauf der Sigung berichtet BTB.: Verhandelt wurde folgender Abfaz 2 des Artitels I des Ersparungs- und Steuergefeges: Die Regierung wird ermächtigt, turch Berord­nungen, die nach vorheriger Zustimmung des Ministerrats Dom Staatsrat erlaffen werden, alle Verwaltungsreformen und verein fachungen vorzunehmen, die zur Durchführung von Ersparnissen er forderlich sind. Wenn die auf diese Weise getroffenen Maßnahmen Abänderungen der bestehenden Geseze notwendig machen, werden Die Verordnungen binnen sechs Monaten dem Parlament zur Kati­fizierung unterbreitet."

Abg. Engerand beantragt, die Berordnungsbefugnis bem Präsidenten der Republik zu übertragen, Berordnungen über die er höhten Ausgaben, die Steuern oder Beränderungen bestehender Steuern vorschen, sollen dem Parlament bei nächster Gelegenheit unterbreitet werden. Engerand erklärt, daß der Antrag nicht so ernst gemeint, vielmehr die Kopie eines von Caillaur ge­planten Gesetzentwurfes sei. Abg. Brousse greift die Radikalen, besonders Herriot an, der bei der Abstimmung gestern abend unter feinen Umständen sich der Stimme hätte enthalten dürfen. Den Radikalen liege nur baran, ans Ruder zu fommen, und sie scheuten sich nicht, zu diesem Zwed die bittere Bille einer Wahlverbindung mit den Sozia. listen zu schluden. Dieser Angriff auf die Radikalen ruft minuten­langen Lärm hervor. Brouffe fritisiert hierauf die Sozialisten. Nach ihm ergreift Herriot das Wort! Was die gestrige Stimment haltung der Radikalen anlange, so werde sich noch Gelegenheit finden, über den zweiten Absah des Art. 1 Beschluß zu fassen. Wenn Caillaur den von Engerand zitierten Entwurf dem Parlament hätte unterbreiten wollen, so scheue er, Herriot, sich nicht, zu erklären, daß die Radikalen ihn niemals unterzeichnet haben würden.

Abg. Cachin( Komm.) ergeht sich in heftigen Angriffen auf Boin­caré. Es entsteht ein

derarfiger Tumult, daß Poincaré  , der Herriot mit Borwürfen überhäuft, sich kein Gehör verschaffen kann.

Herriot erklärt, der Ministerpräsident antworte in den übelsten Ausbrüden, um diejenigen, die nicht seine Anhänger feien, zu ver­legen. Poincaré   erwidert, das Wort des Ministerpräsidenten fonne nicht verlegen; es sei tlar und aufrichtig. Herriot mirft darauf dem Abg. Brousse vor, er gebe fich zum Anwalt des nationalen Blods her, der für die augenblickliche Lage die schwerste Verantwortung trage. Herriot schließt mit der von Walded­Rousseau übernommenen Erflärung, daß die Regierung, wenn sie fich nicht mehr genügend unterfügt finde, nicht länger zögern dürfe, an das allgemeine Wahlrecht zu appellieren.

Ministerpräsident Poincaré  antwortet Herriot: Wenn etwas dem Ansehen des parlamentari. antwortet Herriot: Wenn etwas dem Ansehen des parlamentari­schen Systems Abbruch tue, dann solche Manöver, wie der gestern von den Rabitalen eingebrachte Antrag. Unter heftigem Lärm auf der äußersten Linken schwingt der Ministerpräsident ein Exemplar der Humanité", die heute vormittag zu einer fommunistischen Demonstration vor dem Rammergebäude aufgefordert hat, und ruft: " Die Humanité" appelliert nicht an die Kammer, sondern an die Bariser Bevölferumg."

Um 5 Uhr wird die Sigung wieder aufgenommen. Der So­zialist Moutet hält eine Berteidigungsrede für Caillaug, tie zu längeren Auseinandersehungen führt. Danach zieht Engerab auf Berlangen des Kammerpräsidenten feinen Abänderungsantrag zurüd. Der Borsitzende teilt darauf mit, daß die Kommission fol gende Fassung vorschlage:

Für die Dauer von vier Monaten nach Infraftjegung tes vorliegenden Gefeßes wird die Regierung ermächtigt, durch Berordnungen, die nach vorheriger Zustimmung des Minister rats vom Staatsrat erlaffen werden, sämtliche Verwaltungs­reformen und vereinfachungen vorzunehmen, die die Durchfüh rung dieser Ersparnisse erfordern."( Die Borlage mar ohne Be­fristung.)

Ba.

Ministerpräsident Boincaré ftellt die Bertrauensfrage. renne( Soz.) ftellt fest, daß durch dieses Gesez der Grundsaz der schließlich der angeführte Tert genehmigt und die Weiterberatung Defrete angenommen werde. Mit 333 gegen 205 Stimmen wird auf Freitag vormittag vertagt. schließlich der angeführte Tert genehmigt und die Weiterberatung

"

Die Gespenster von Versailles  . Geheimdokument oder nicht- Rheinbesehung jedenfalls. London  , 7. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Im Laufe des Tages hat das angebliche Lloyd- George- Interview mit der Nem Vort- Worldt" eine gewisse Klärung erfahren, manches dagegen bleibt nach wie vor dumfel, insbesondere die Frage, wie Lloyd George  felbst zu der Angelegenheit steht. Noch am Bormitteg war im Daily Stetch" eine Erklärung zu lefer, von der angenommen wurde, fie stamme von dem ehemaligen Bremierminister und in der Erklärung angegeben worder find, doch hot Blond George fein es hieß: Die Tatsachen stimmen im wesentlichen so, wie sie in der Interview gewährt." Heute abenb schreibt jedoch der liberale Redensart von einem Beheimabkommen" als absurd betrachtet " Star", er sei ermächtigt, zu erklären, daß Lloyd George   die und des, was nach Amerifa hinübergetabelt worden fei, tilde ledig­lich die tonfuse Biebergabe eines Brinatgesprächs". bar vor dem Erscheinen dieses angeblichen Interviews mit Lloyd Auffällig bleibt jedoch die Tatsache, daß Macdonalb unmittel George erfahren zu hober scheint, daß die französische   Regierung um Englands Erlaubnis gebeten hatte, gewisse Dokumente in einem neuen Gelbbuch zu veröffentlichen. Man erklärt dies zu fammentreffen in diplomatischen Kreifen damit, daß ein Beamter bes englischen Auswärtigen Amts cuf eigene Faust Lloyd George  

gefragt hatte, ob er gegen eine folche franzöfifche Beröffentlichung Einwer Dungen zu erheben hätte und daß er ihm bei dieser Ge legenheit die einzige Abschrift jener Dokumente übergeben hätte, die die franzöfifche Regierung nach London   mit der Bitte um Genehmigung der Veröffentlichungserlaubnis übermittelt hatte. Mocdonald. So wird weiter erzählt, hat inzwischen in einer recht trodenen Form Lloyd George   um sofortige Rückgabe jener Bürstenabzüge aufgefordert, und er hat weiter den Betschefter in Paris   Lord   Creme teauftragt, Boir coré über die persönlichen Umstände zu unterrichten, die zu dem Zwischenfall geführt haben.

Grobe Antwort auf die Pfalznote.

Paris  , 7. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Die von Poincaré  gezeichnete Antwort auf die letzte deutsche Pfalznote erinnert daran, baß die französische   Regierung bereits mit einer Note vom 2. Februar die von der deutschen Regierung gegen die franzöfifchen Offupations­behörden erhobene Anklage, daß diese die pfälzischen Separatisten unterstützt hätten, zurückgewiesen habe. Das Schreiben Poincarés spricht von deutschen Verleumdungen, deren Haltlosigkeit bie franzöfifche Regierung bereits früher dargetan habe, und behauptet, daß die angeführten neuen Tatsachen, für die auch nicht der Schatten eines Beweises erbracht sei, nicht minder tendenziös feien als die früheren. Aus diesem Grunde lehne sie ab, auf die unmotivierten Klagen zu antworten. Auf die Forderung, in der Pfalz   einen den geltenden Verträgen und Gesezen entsprechenden Zustand wiederher zustellen, erklärt Poincaré   unter Bezugnahme auf frühere Noten, daß die französische   Regierung, die den Buchstaben des Friedensver­trages aufs gewissenhafteste respettiere, nach wie vor entschlossen sei, in die innerdeutschen Streitigkeiten(!) sich nicht einzumischen und daß sie es demgemäß ablehne, mit der deutschen   Regierung in einen Meinungsaustausch über deutsche innerpolitische Fragen einzutreten. Poincaré  , der sich den Anschein gibt, als tenne er den Bericht des Generalfonfuls Clive nicht, geht über die Tatsache, daß der offizielle Beauftragte einer mit Frankreich   verbündeten Regie­Tagesordnung über. Er zeigt damit aufs neue, daß die Politik ber rung die deutschen   Anklagen pollinhaltlich bestätigt hat, zur gegenwärtigen franzöfifchen Regierung nur einen Grundsay hai  : Macht geht var Recht.

Halleluja! Nach einer Times"-Meldung aus Jerusalem   ist die Standard Dil- Company in Ost- Hebron auf Petroleum   gestoßen.

Die Steuerverordnung im Ausschuß.

Alle Parteien dagegen.

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Das

Der Fünfzehnerausschuß des Reichstags trat am Reichsfinanzminister Dr. Luther Donnerstagnachmittag um 4 Uhr zur Beratung der dritten verbreitete sich über die Gründe, die zur Aufstellung der dritten Steuernotverordnung zusammen. An der Beratung nahmen Steuernotverordnung geführt haben. Für die Länder und Ge­teil Reichsfinanzminister Luther, Reichsjustizminister Ém meinden müßten weitere Einnahmequellen erschlossen minger und Reichswirtschaftsminister Hamm. Nach ein werden; denn mit dem im Haushaltsplan 1924 vorgesehenen Ueber­gehender Geschäftsordnungsdebatte wurde beschlossen, die Ar. weisungsbetrage und dem Aufkommen aus den bestehenden Landes­fifel 1 und 3 der Verordnung, die die Frage der Aufwer steuern tönnten Länder und Gemeinden nicht auskommen. einzige, was den Fehlbetrag zu decken vermöge, sei eine besondere tung von Forderungen an Private und an öffentliche Körper Art der Ausnutzung der Steuern vom Grundvermären dergestalt, schaften betreffen, nicht zu beraten und die Regierung zu er daß dadurch der Raum ausgenutzt werde, der in unserer Wirtschaft fuchen, die Regelung dieser Materie auf dem Wege der durch die künstliche Niederhaltung der Mieten ent­ordentlichen Gesezgebung herbeizuführen. Es ſtanden ist. Diese Steuer werde das ganze deutsche Volt treffen, die wurde ferner beschlossen, die Beratung der übrigen Teile der Mieter sowohl als auch die Wirtschaft. Verordnung, die die Besteuerung der Geldentwertungs geminne, die Mietsteuer, den Finanzausgleich und die Bergab folgende Erklärung ab: Nach dem Ermächtigungsgesetz Dom Reichsjustizminister Dr. Emminger einfachung der Steuerrechtspflege betreffen, am Freitag zu& Dezember 1923 find die auf Grund dieses Geseges erlassenen Ber. beginnen. ordnungen der Reichsregierung aufzuheben, wenn der Reichstag oder Da der Ausschuß es vorläufig abgelehnt hat, zur Aufmer der Reichsrat dies verlangen. Dieses Recht des Reichstages ist zeit­tungsfrage Stellung zu nehmen, fragt es fich, was die Relich unbeschränft; es findet also auch mit dem Ablauf der der Reichs. gierung nunmehr tun wird. Nach dem Wortlaut des Er- regierung im Ermächtigungsgefeh erteilten Ermächtigung tein Ende. mächtigungsgefeges braucht sie den Fünfzehnerausschuß nur Der Reichstag   ist deshalb auch nach dem 15. Februard. J. anzuhören". Das hat sie formell getan. Möglich, daß fie nun mindestens drei Tagen liegen muß- und zwar unabhängig vom berechtigt, in zwei Lesungen, zwischen denen ein Zeitraum pon von ihrem Recht, die Berordnung auf eigene Berant Reichsrat, die Aufhebung zu verlangen. Das Aufhebungsverlangen wortung zu erlassen, Gebrauch macht. Sie seht sich damit tann sich jedoch nur gegen eine Verordnung als Ganzes allerdings der Gefahr eines Konflittes mit dem Reichstag richten. Wünscht der Reichstag   die Abänderung oder Aufhebung Der Präsident entschließt sich furz nach 25 Uhr, die Sigung auf aus, der nach den Bestimmungen des Ermächtigungsgefeges nur einzelner Teile einer Berordnung, so ist hierfür nicht das be­die Verordnung wieder aufheben tann. sondere Verfahren, wie es das Ermächtigungsgefch vorschreibt, son­dern ausschließlich der in der Berfassung vorgeschriebene gewöhnliche Weg der Gesetzgebung, insbesonder der Weg des Initiativantrages, gegeben.

Die Zeitung, die Poincaré   darauf beiseite legt, tommt zufällig auf die Aktentasche des Kriegsministers Maginot zu liegen, der fie ergreift, zufammentnüllt und mit einer Gefte des Etels unter Die Abgeordneten mirit. Das Zentrum flatscht Beifall, während die Kommunisten und die Sozialisten in ungeheure ut geraten. But Abg. Ernest Lafond( Komm.) wirft darauf das zu einem Knäuel zufammengeballte Blatt nach der Richtung der Regierungsbant. Er trifft den Abg. Daria c. Aus der Mitte wird darauf verlangt, daß der Präsident über Lafond die Zenfur verhänge.( Ausschließen. Neb  .) Der Lärm wird so groß, daß der Borfigende sich nicht durch zusehen vermag.

Kriegsminister Maginot weist den Kommunisten von weitem drohend seinen Stiefelabjak.

zuheben.

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Der

Seele Körperkultur. Die Elterngruppe für freie Rörpertultur fendet uns folgenden Aufruf: Wir wissen, daß wir noch wenige find. Zu unseren Gegnern gehört leider nicht nur die gesamte politische und fulturelle Reaktion, zu ihnen gefellen sich auch manche, die sich in anderen Dingen von überlieferten Bedingungen freigemacht haben. Sie erkennen zwar die hohen gefundheitlichen, fozialen und fitilichen Werte der freien Körperbildung, vermögen aber nicht einzusehen, daß der Mensch erst dann wahrhaft frei ist, wenn er seinen hüllenlosen Leib und den des antern als Selbstverständlich- Natürliches hinnehmen tann. Mensch, den wir wollen, soll nicht wie bisher einseitig Gehirn oder Musleimensch sein! Wir wollen die Einheit von Körper und Seele. Wir rufen Gleichgesinnte zur Mitarbeit auf! Wir rufen fachliche Gegner auf den Plan! Wir bitten alle fortschrittlich Gesinnten, auch menn fie uns zurzeit noch nicht folgen können, für freie Entwicklung unserer Arbeit einzutrefen. Unterschriften als Zustimmungs­erklärungen find an Herrn Teßmann, W., Stephanstr. 31, zu fenden. Es ist natürlich unmöglich, alle Sympathieerflärungen zu veröffentlichen, jedoch sind sie für den Kampf notwendig." Die Boltsbühne Norden" brochte Bernhard Shaws präch tige Komödie Helsen  " unter der Epielleitung Otto Kirchners heraus. Die Helden" werden immer aftuell fein, folange es Sol daten auf der Welt gibt und solange die Phrasen vom Heldentum und falschverstandenen Patrictismus Menschenhirne gefongenneh men. Der schwierigen Rolle des Hauptmenns Bluntschli wurde G. A. Semler vollkommen gerecht Erich Otto   verstand es, den Diener Nicola, Bulgariens   vernünftigsten Mann", gut zu verkörpern. Auch Majo Hart als Louta möge ihres guten Epiels wegen erwähnt werden. Afice Altmann hell war als Raina Bettoff nur zeitweilig auf der Höhe. Sie spielte das vom Phrasen. nebel befangene Mädchen oft mit zu storter Betonung und wirfte dadurch nicht immer glüdlich. Ernst Dernburg   und Alfred Braun   verkörperten die bulgarischen Barademajore.

2. Wettrennen durch die Sahara  . Eine interessante Bettfahrt durch die Sahara   haben drei Renault  - Kraftwagen mit 6 gewöhnlichen Rädern und drei Citroën- Kraftwagen mit Tanträdern zurückgelegt. Die Citroën  - Wagen blieben Sieger und erreichten die Endstation, dos Fort Bourrem am Niger  , 6 Stunden früher. Beide Reisegesell. schaften legten die Entfernung von 2000 Kilometer zwischen Colomb Bechar an der Grenze von Algier   und dem Niger   in 6 Tagen zurüd. Die erste Automobilreise durch die Sahara  , die vor einem Jahr un ternommen wurde, hatte 21 Tage gebauert. Die Sahara   ist nun für den Autoverkehr erschlossen.

Die Berliner   Seze' flon bat wegen ihrer Heinen Ausstellungsräume in threr legten Generalversammlung befchloffen, ihre Jahresausftellung au teilen. Bährend im Frühjahr nur ein Teil ihrer Mitglieder und Gäste ihre Werke zeigen werben, foll die andere Hälfte der Mitglieder mit anderen Gästen in der Herbst ausstellung zu Worte lommen. In den Vorstand für das Jahr 1924 wurden folgende Stünler gewählt: Broj Corinth, Fritid, sadel, b. König,& Dppler, Spiro, Steinhardt, of end.

Ueber Colloidchemie und Biologie" tirb Professor Dr. Freundlich am Sonnabend, den 9 d. M., abends 8%, Uhr, im Fellfaal ber Railer Wilhelm Gesellschaft im Schloß( Eingang gegenüber der Breiten Straße  ) sprechen. Gintritt frei, jedoch nur gegen arten, die in beschränktem Umfange in der Geschäftsstelle, Berlin   O 2, Schloß, erhältlich find."

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Auf die Entschließung der Regierung wird vielleicht das Ergebnis der Beratungen des Ausschusses zu den weiteren Abschnitten der Borlage von Einfluß sein. Es ist nicht ausge schloffen, daß der bereits veröffentlichte Borschlag der Demo. fraten, den Ländern und Gemeinden das Recht zur Er­hebung eines Zuschlages zur Vermögenssteuer zu erteilen, an die Stelle der ganzen übrigen Steuervorschläge der Regierung tritt. Die Regierung würde dann, abgesehen von dem Ab­schnitt über den Finanzausgleich, der taum große Aenderun gen erfahren dürfte, vor einer völlig veränderten Borlage stehen.

Rach längerer Aussprache faßte der Ausschuß den bereits ge* meldeten Beschluß.

Der nunmehrige Borschlag des Borsigenden, durch Vermittlung des Reichstagspräsidenten zur Vorbereitung für die Pienarber. handfunden die Artikel I und II der dritten Steuernotverord­nung dem Rechtsausschusse zu überweisen. fand nicht die 3uftimmung der Regierung. Der Vorsitzende erkläre darauf ohne Widerspruch der Regierung, daß sich vielleicht im Laufe der Beratungen ein Weg finden merde, um auch die Aufwertungs­frage alsbalb noch in einem Reichstagsausschuß zu behandeln. Darauf wurde ein zu Beginn der Beratung eingebrachter Antrag, die Berordnung auch im übrigen auf den Weg der ordentlichen Gesez­rebung zu verweisen, zurückgezogen und die Weiterberatung Berordnung wurde auf Freitag vertagt.

Die sozialdemokratische Fraktion hat sich be­reits am 17. Januar für die Erledigung der dritten Steuer notverodnung auf dem Wege der ordentlichen Gefeßgebung ausgesprochen. Obwohl sie in vollem Maße die Gründe würber digt, die für eine schnelle Entscheidung sprechen, insbesondere in Hinsicht auf die Herbeiführung der dauernden Stabilität der Währung und der Belebung der Wirtschaft, konnte sie doch nicht zulassen, daß mit Hilfe des Ermächtigungsgesetzes die uniozialfte aller Steuern, die Mietsteuer, eingeführt wird. Da inzwischen auch in anderen Parteien eine Gegen bewegung gegen die Mietsteuer entstanden ist, fann mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß sich im Fünfzehnerausschuß eine Mehrheit für diese Steuer nicht findet. Bemerkenswert ist, daß sowohl in der Frage der Aufwertung als auch in der Frage der Mietsteuer selbst zwischen den Regierungsparteien und der Regierung sich eine deutlich sichtbare Kluft aufge­tan hat.

Für den Fall, daß der Ausschuß die Beratung der Regie rungsvorlage zur Aufwertungsfrage in bejahendem Sinne in Angriff genommen hätte, hatten die sozialdemokratischen Ber. treter folgende Anträge gestellt:

1. Die Aufwertung foll erfolgen bei allen privaten An­Sprüchen, die nicht nach dem 1. Juli 1922( statt wie von der Regierung vorgeschlagen 31. Dezember 1923) erfüllt sind. 2. Es sollen auch aufgewertet werden Guthaben bei öffent. lichen Sparfaffen, Ansprüche aus Lebensversicherungsver trägen und auf Grund eines Arbeitsvertrages oder Beamten verhältniffes gestellten Sicherheiten. 3. Die Berzinsung und Tilgung der Anleihen des Reiches, der Länder und Gemeinden foll nicht bis zur Erledigung fämtlicher Reparationsverpflich tungen", sondern nur bis zum 1. Januar 1929 einge. stellt werden, d. h. bis zu dem Termin, an dem die Zahlungs­pflicht für die aufgewerteten privaten Ansprüche nach dem Re gierungsentwurf eintritt. 4. Erlaß eines Sperrgesetes, durch das alle Rechtsstreitigkeiten bis zum Zustandekommen eines ordentlichen Gesetzes auf Antrag ausgefeßt werden.

Kompromißverhandlungen.

Zu dem Beschluß des Fünfzehnerausschusses über die dritte Eteuernotverordnung in bezug auf die Ueberweisung der Auf­wertungsfrage und der Behandlung der öffentlichen Anleihen on die ordentliche Gesetzgebung erfährt B28. aus parlamentarischen Kreifen, daß die Regierung enticlofien sei, auf jeden all die Notverordnung zu erlassen, daß aber noch versucht werden soll, im Wege von Stompromis berhandlungen au einer Einigung zu gelangen.

Die Stellungnahme der Volkspartei.

Die Reichstagsfraktion der Deutschen Bolfsparici trat am Donnerstagmittag unter dem Borsiz des Abg. Dr. Scholz zu

einer Sigung zusammen, die sich mit der dritten Steuerr.otverord­nung beschäftigte. In der Fraktionssizung wurde der Bereitwillig­teit Ausbrud gegeben, dem Reiche die Mittel zu geben, die es brauche, da das Schicksal des Reiches im wesentlichen von der Er. baltung einer festen Währung abhänge. Die Fratiion verur. teilt aber auf das entfchiedenste den Weg, der in der dritten Steuernotverordnung beschritten wird. Insbesondere war man der Meinung, daß die hypothetenaufwertung nur auf dem Wege des Gesetzes, richt der Verordnung erfolgen dürfe. Ferner wurde gewünscht, daß die Mietsteuer dirett zu einer Steuer­quelle des Reiches statt der Länder und Gemeinden gemacht werde. Die Frattion will sich aber nicht auf eine ablehnende Kritik beschränken. Es sollen vielmehr pofitive Borfläge aus. gearbeitet werden. Zu diesem Zwecke wurde ein Ausschuß eingefeßt.

Meinungsverschiedenheit im Reichsrat.

Die Ausschüsse des Seichsrats iegten am Donnerstag bor.

mittag in Gegenwart des Reichsfinan minifters Dr. Luther die Beratung der dritten Steuerno: verordnung fort. Die Regelung des Steuerausgleichs zwischen dem Reich, den Ländern und Ge meinden nahm den breitesten Raum in den Eröterungen ein und Im Fünfzehnerausschus des Reichstages murbe bie rief lebhafte Meinungsberichiebenheiten hervor. [ dritte Steuernotverordnung behandelt.

Der amtliche Bericht meldet:

A

Es wurden zahlreiche Abänderungsanträge eingebracht.