Wilhelm und die Krüger- Depesche.
Erbauliches über die faiserliche Katastrophenpolitik.
Diefes Angebot wurde, wie bem englischen Berichterstatter aus zuverlässiger Quelle versichert wird, von Frantreig zurüd. gewiesen, weil eine derartige Drientierung der französischen Politik einen offenen Bruch mit England bedeuten würde und das Comité des forges sich im Interesse der Sicherung füdeuropäischer Absatzgebiete für die französische Industrie dagegen ausgesprochen hatte.
Verfrühtes Triumphgeschref.
Ueber den Ausfall der Gemeindewahlen im sogenannten Der frühere Leiter der Presseabteilung des Auswärtigen Hamburger Landgebiet werden durch die bürgerlichen TeAmtes, Dr. Otto Hammann , unterfucht in einem Artikel legraphenagenturen dauernd falsche Berichte in die Welt hinausteleim Märzheft des Archios für Politik und Geschichte", an graphiert. Es wird von dem Zusammenbruch der sozialHand der jüngsten Aftenpublikationen des Auswärtigen demokratischen Herrschaft" gefaselt. Demgegenüber ist es gut, auf die Amtes, die Frage der intellektuellen Urheberschaft der Depesche Wie von gut unterrichteter italienischer Seite versichert Darstellung des Hamburger Echo" zu verweisen, das in feiner an den Burenpräsidenten Krüger, die bekanntlich die außen wird, soll sich Mussolini in den letzten Wochen wiederholt letzten Nummer über das Wahlergebnis folgenden Ueberblick gibt: politische Stellung Deutschlands an der Jahrhundertwende dahin geäußert haben, daß es ihm darauf ankomme, die ,, Bei der Bürgerschaftswahl im Jahre 1921 wurden abge ungeheuer verschlechtert hat. Gegenüber den Versuchen, die Stellungnahme Italiens bei den bevorstehenden geben im ganzen hamburgischen Landgebiet für die Sozial. Schuld des Erkaisers an der Absendung dieses unglückseligen Reparationsverhandlungen so teuer wie möglich demobrafie 12 267, für alle bürgerlichen Parteien Telegramms zu mildern, schreibt Hamntann: gegen Erlangung von territorialen oder fich aus den bisher vorliegenden Einzelrefultaten ein Ueberblick gezusammen 17 970 Stimmen. Diesmal wird sich, soweit wirtschaftlichen Sondervorteilen für 3ta winnen läßt, das Verhältnis der Stimmen etwas zugunsten der lien an Frankreich oder England zu verbürgerlichen Parteien verschoben haben, aber die Zahl der sozial laufen. Damit seht sich Mussolini in stritten Gegenfaz demokratischen Stimmen ist feineswegs allgemein zurücgegangen. zu feinen bisherigen Erklärungen, daß er vor allem darauf In Curhaven haben wir die bisherige Stärte nicht nur be hinarbeite, eine allgemeine Lösung der Reparationsfrage zu halten, sondern noch an Stimmen gewonnen, ebenso steht es fördern und eine vermittelnde Rolle zwischen Frankreich und in einer Anzahl von Landgemeinden, z. B. in Boltsdorf, wo England zu spielen, Nun wo die Politik der englischen Ar- wir ein Mandat gewonnen haben. Enttäuschend ist allerdings das beiterregierung den englisch - französischen Gegensatz zu über Ergebnis von Bergedorf , wo es nicht gelungen ist, den Fortbrücken fucht, enthüllt Mussolini den eigentlichen Charakter schritt der Rechtsparteien zu hindern. Das Ergebnis von Geest. seiner Reparationspolitit, die lediglich vom„ heiligen Egois- aufweist, kann nicht überraschen, weil die besonders traurigen Berhacht, das eine erhebliche Zunahme der fommunistischen Stimmen mus" der italienischen Nationalisten erfüllt ist. ſchen R hältnisse, die dort in der Arbeiterbevölkerung herrschen, ihren Ausbrud nun einmal in der Rabifalisierung der Stimmen finden. Berloren sind uns diese Stimmen nicht. Eine Gesundung der wirtfchaftlichen Lage wird von selbst einen großen Zeil der jekt tommunistisch wählenden Arbeiter zur Sozialdemokratie zurüdführen. sammenlegung und der Arbeit der Gemeindeparlamente Im übrigen ist zu sagen, daß der Wahlausfall an der 3u in unserem Lannebiet nicht allzuviel ändern wird. Ein Nüdman wird die Bertretung der sozialdemokratischen Wählerschaft auch fchlag wie in Mecklenburg ist jedenfalls nicht zu verzeichnen. weiter als eine Macht respektieren müssen und der Leim, mit dem die bürgerliche Einheitsfront kaum für den Wahlkampf zusammenzuhalten war, wird sehr bald wieber flüffig werden, wenn es erst an die praktische Tätigkeit herangeht. Wenn überall der Ansturm tun vermag, wie gestern im hamburgischen Landgebiet, dann haben unserer Gegner von rechts und lints uns nicht mehr Abbruch zu fie wahrlich feinen Grund zu lauten Giegesfeiern, denn was fie wirklich erreichen wollten, ist ihnen nicht gelungen."
Am Tage nach der Absendung teilte mir Holstein( Bortragender Rat im Auswärtigen Amt . Reb. d. B.) mit, auf die von ihm mit verstedtem Borwurf geäußerten Bebenten wegen der voraussichtlich schlechten Wirkung in England habe ihm der Staatssekretär( v. Mar: schall) erwidert:„ Wenn Siegar müßten, wie der taiser. liche Tept lautete, würden Sie milder denten!" Herner : Am Lage der Absendung ließ Marschall den damaligen Ber. treter der„ Times", einen fenntrtisreichen, hochangesehenen Journalisten Balentine Chirol, zu sich bitten, um ihn zu versöhnlicher Gin wirkung auf die Stimmung in England zu veranlassen. Chirol erfuhr auch von Marschall , daß der Beratung im Reichsfanglerpalais ein vom Kaiser vorbereiteter Depeschenentwurf zugrunde gelegen habe. Aus besonderer Quelle" hörte Chirol dann, daß der Origi. nalentwurf des Kaisers einen weit drohenderen Bafius enthalten habe, der auf Berlangen des Kanzlers weggelassen morden sei. Die besondere Quelle war wahrscheinlich Holstein, mit dem Chirol damals noch auf beftem Fuße stand. Endlich: Von dem
Ranzler von Bethmann Hollweg weiß ich. daß ihm Freiherr von Marschall zur Zeit seiner Berufung auf den Londoner Bot schafterposten in einem Gespräch über die Krüger- Depesche und ihre unglückliche Wirkung in England mitgeteilt hat, der vom Raiser ursprünglich gewünschte Glückwunsch sei viel schärfer gemejen als die abgesandte Depesche. Nach den Aeußerungen Marschalls wäre als die abgesandte Depesche. Nach den Neußerungen Marshalls wäre her Wortlaut der Krüger- Depesche also ein Kompromiß zwischen den kaiserlichen weitergehenden Intentionen und den vorsichtigeren
amtlichen Ansichten gewesen."
In seinen„ Ereignissen und Gestalten hat der Erkaiser versucht, die Schuld an der Krüger- Depesche auf den da maligen Staatssekretär des Aeußeren, v. Marschall , abzuwälzen, der ihn angeblich mit dem Depeschenentwurf überfallen habe. Herr Hammann fommt indes nach eingehender Prüfung der Frage zu dem Schluß, daß die Angaben Wil helms meniger glaubwürdig feien als die des Freiherrn v. Marschall . Es ist schon so, daß diefer größenwahnsinnige deutschen Weltstellung gewesen ist.
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Ein neuer Bezirkstag einberufen. Die Vermittlungsaktion des Parteivorstandse. Am Mittwoch abend fand in Ausführung des Beschlusses des Parteivorstandes vom 4. März eine Sigung des er Teilnahme von mehreren Mitgliedern des Parteivor weiterten Berliner Bezirtsvorstandes unter standes statt. Nach vierstündigen Berhandlungen wurde ein vom Genossen Dittmann eingebrachter und mit der dringenden Notwendigkeit einer schnellen Beendigung der Rich tungsstreitgkeiten innerhalb der Berliner Partei angesichts des nahe bevorstehenden schweren Wahlkampfes begründeter Antrag mit 36 gegen 19 Stimmen angenommen, der dahin geht:
1. einen neuen Berliner Bezirksparteitag mit denselben Delegierten wie am letzten Sonntag einzuberufen;
2. diesem Bezirkstag die en bloc- Annahme per Afflamation des ursprünglich vem erweiterten Bezirksvorstand am 27. Februar beschlossenen Verständigungsvorschlages für die Reichstagswahllisten von Berlin und Teltow - Beeston zu empfehlen.
Parchimer Fememoròprozeß am 12. März.
WEB. meldet aus Leipzig : In der Parchimer Mordsache ist vom Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik die Hauptverhandlung für den 12. März anberaumt worden. Angefiagt find die landwirtschaftlichen Arbeiter 55 B, 3a bet, Pfeiffer und Wiemeyer sowie der Kaufmann Jurisch wegen vorfäßlicher
Dilettant auf dem Raiferthrone ber Totengräber der fehenen Zuwahl zum engeren Bezirksvorstand wird hin- förperlicher Mißhandlung und gemeinschaftlicher vorfäßlicher und
Faschistische Außenpolitik.
Angesichts der immer wahrscheinlicher werdenden Ber ständigung in der Reparationsfrage, für die Macdonald durch jeine tlug abwägende Politif die Boraussetzungen zu schaffen sucht, hat Mussolini neuerdings einen Borstoß unter nommen, der die Außenpolitik des faschistischen Dittators in drastischer Weise tennzeichnet. Laut einer Meldung der Boffischen Zeitung" macht der Londoner „ Daily Herald" folgende Angaben über die italienisch- französischen Unterhand lungen in den letzten Wochen:
Mussolini habe zuerst nach dem Betanntwerden des englischen Marineprogramms im Mittelmeer , das er als eine Bedrohung der italienisch- spanischen Flottenvorherrschaft betrachtet, dem französi fchen Botschafter in Rom folgende Borschläge gemacht:
1. Frankreich tritt als dritter Staat in die italienisch. fpanische Marineentente ein.
2. Frankreich liefert der italienischen Stahlindu strie soviel Erze aus Lothringen , daß die Produktion Italiens dadurch auf eine Million Tonnen im Jahre gesteigert werden fann.
3. 3talien verpflichtet sich, den französischen Standpuntt bei den bevorstehenden Repara. tionsverpflichtungen nachdrücklich 8 น
treten."
per.
Von der im Kompromißvorschlag ursprünglich vorges gegen Abst and genommen.
Da sich unter der gestrigen Mehrheit von 36 Stimmen eine ganze Reihe von Genossen befindet, die zur oppofitionellen Richtung zählen, und da fich alle Genoffen, die für den Antrag Dittmann gestimmt haben, sich dazu verpflichtet haben, für feine Annahme auch vor dem neuen Bezirksparteitag einzutreten, ist wohl anzunehmen, daß der am letzten Sonntag zu Fall gebrachte Verständigungsvorschlag diesmal mit starter Mehrheit angenommen werden wird. Sollte dies wider Erwarten nicht der Fall sein, dann wäre der Parteivorstand gezwungen, um unübersehbaren Schaden an der Gesamtpartei zu verhüten, laut§ 16 Absatz 2 des Organisationsstatutes ein zugreifen und zu entscheiden.
Der neue Bezirksparteitag wird voraussichtlich bereits am Sonnabend, den 8. März, abends 7 Uhr, wenn möglich wieder im Plenarsizungsjaal des Reichstages zu fammentreten. Endgültige Mitteilungen darüber find in einer der nächsten Nummern des Vorwärts" zu erwarten. Die bisherigen Delegierten werden noch rechtzeitig vom Bezirks. verband ihre Legitimationen erhalten.
Elektrisierung der polnischen Eisenbahnen. Ein internationales Konsortium hat die Elektrifizierung des gesamten galizischen Eisenbahnnetes übernommen. In Jaworzno wird eine Zentralfraft station errichtet.
Gedenken, Danken und Gedanken Durchgeiſtigung der muſikaliſchen Inhalte offenbart schien. Es war
Konzertumschau von Kurt Singer .
Jedes Genie findet einmal feinen Heros. Das Jahr 1924 und das Jahr 1864 waren für die Mufit besonders glüchaft. Sme tana und Brudner und daneben unfere 60jährigen, Strauß an der Spize. Für Bruckner bereitet Ernst Kurth das stilkritische Wert vor, auf das age Welt mit Spannung sieht. Für die nach der Breite und Tiefe hin wohl kleinere, als Gründer einer Nationalmufit aber hochragende Urbegabung Smetana hat Ernst Rychnovsky die erste deutsche Biographie geschrieben( Deutsche Berlagsanstalt). Das deutsche Schrifttum erwirbt sich damit ein großes Berdienst. Da Emetanas Mufit in ihrer Fülle, Lebendig teit und Rassenhaftigkeit alle Empfänglichen padt, so ist diese herz hafte Beleuchtung von Leben und Schaffen eines nur in der Kunst Glücklichen auch für uns ein Gewinn. Das Wert ist mit besonderer Bertiefung in die Quellen von Smetanas Schicksal und Lebensweg geschrieben, wissend, stolz, begeistert und in fauberstem Stil. Briefe und Tagebücher ergänzen das bisher Bekannte, und auch die starten Beziehungen zur deutschen sinfonischen Dichtung werden flarer. Sonntag dirigiert Kleiber in der Kroll- Oper für die Boltsbühnen Mitglieder Smatanas Hauptwert Mein Baterland". Wer dort hört und erlebt, wird das Empfundene in dem genannten Wert flug aufgezeichnet, liebevoll anainfiert finden.
Gedächtnisfeiern mobilisieren die Schlaffheit unserer reproduzierenden Künstler, Literatur und Kritik fördern die öffentliche Be schäftigung mit den Meistern. So taucht der Name Strauß, Jhon halb tot gesagt, allenthalben wieder auf, zu deffen 60. Geburtstag ein vom Gesichtswinkel des modernen Mufiters gesehenes Gesamturdeil im Wert Walter Schrents großes verspricht. Und, als Ausgangspunkt einer neuen finfonischen Gestaltungsweit, immer wieder Mahler. Der Mahler- Apostel Klemperer wird ja bald feine Beite bei uns aufschlagen. Und Bilheim Furtwängler verschrieb sich ihm im letzten philharmonischen Konzert.
fannten. Die Gebärde entriet jeber Hemmung, der Ausdruck belebte fich immer wieder, wenn schon das Aeußerste an Kompression, an eine Defonomie der Zeichengebung, ein 3upaden, ein Griff nach dem Tempo des Herzschlags, daß Mufit, erdfernfte Mufit aus jeder Note tlang. Und wiederum, nach stilleren Sägen zarter Reflerion, ein Bersenten in die Breite, in das engstisch Verhaltene des Schluß bells, ein herrliches Sichtragenlassen von dem Weh und dem Leid tiefer Menschlichkeit. Das bringt nur ein reiner, großer Musiker von Begnadung zuwege. Schon bilden sich, von der Preffe gefördert, Cliquen um bestimmte Berliner Dirigenten. Außerhalb all dieser Exponenten bestimmter Richtung steht Furtwängler . Dieser Abend bewies es: er ist ein Universeller, ein Einziger, ein ganz Großer.
Ein würdiges Nachspiel zu dieser Feier war die Aufführung der Bachyfchen H- Moll- Meffe unter Och s. Dieser ewig junge Künft ler hat seinen alten Chor wieder in alter Schönheit und in einer Einstellung auf den Hymnus, die Technit, den Stil dieses Wunderwerts hochgebracht, er hat fogar ein junges Orchester über die nur Spielerische Gewandtheit hinaus erzogen. Unebenheiten fallen taum mehr auf. In Deutschland wird man kaum dergleichen fühnen Schwung und fenntnisreiche Partiturehrfurcht wieder finden, wie bei Ochs. Es naht die Stunde, wo er diesen Geist und dieses Sönnen auch dem Ausland offenbaren wird. Er nehme die Solisten Leonard, Philippi, Walter, Niffen mit über die Grenze( um fie uns stolz wieder zu schenken). Er wird Ehre einlegen.
Bu einem Wunderkind zog es uns hin, dessen BeethovenAehnlichkeit schon platatiert war. Beffer wurde nie ein infug widerlegt als durch das Konzert des sechsjährigen Pietro Maz ini. Ein Knirps mit netten Manieren und mit der Fähigkeit, Noten zu lesen, fleine Salonflüdchen von Chopin , Hummel, Beetho pen annähernd forrekt zu spielen. Selbstredend feine Fingertechnit, teine Attordspiclmöglichkeit bei diefen Händchen, lein bejeelter Ton beim Fehlen eines Pedals, fein Temperament bei diefen unerlebten 70 Monaten. Das soll ein Wunderkind sein? Er ist ein schlecht funktionierenben Apparat, eine Nummer fürs Barité oder für Raffee- Borträge bei alten Tanten. Schamlos von Eltern, folche befcheidene Fähigkeit auszuschlachten. Mein zweijähriger Junge fingt drei Lieder tonlich, tegtlid), rhythmisch vollkommen richtig. Ein Wunderkind? Ich schenke ihm ein Stedanpferd, lasse ihn aber nicht öffentlich auftreten.
überlegter Tötung.
Die Angeklagten gehörten zu Arbeitstrupps des Bereins für landwirtschaftliche Berufsausbildung, der als Fortsetzung der Arbeits. gemeinschaft Roßbach bezeichnet wird, auf den Gütern Herzberg und Neuhof bei Parchim und unterstanden nach dem Berbot und der Auflösung des Vereins den Organen der Deutschvöllischen Frei. heitspartei. Am 31. Mai 1923 ermordeten sie in bestialischer Weise ihren Kameraden 23 after Kadow, weil sie ihn für einen fommu nistischen Spizei hielten, der auch für die Franzosen tätig sein follte. Aufgedeckt wurde die Tat burch Enthüllungen des Ange flagten Jurich, die er einem Berliner Blatte machte. Sieben weitere Angeklagte, die als Gruppenführer, Abschnittsleute und dergleichen der Deutschvölkischen Freiheitspartei tätig waren, haben fich zu verantworten, weil sie durch Rat und Tat wiffentlich Bei. stand geleistet haben sollen, um die Täter der Bestrafung zu ent ziehen. Sämtliche Angeflagten befinden sich in Leipzig in Haft. Für die Verhandlung sind vier Tage in Aussicht genommen.
Der Abbau in Preußen. Der Ausschuß des preußischen Landtages ur leberwachung der Durchführung der preußischen Personalabbauberordnung bat am Mittwoch den Abgeordneten Dr. b. Campe( DVP .) zum Vorsitzenden und den Abgeordneten Grzesinity( Soz.) zum stellvertretenden Borfizenden gewählt. Nach eingehender Ansiprache wurde befaloffen, das Staatsministerium zu ersuchen, dem Ausschuß alle Ministerial erlaffe und alle Bestimmungen vorzulegen.
Studentenschaft und Republik .
Eins der Hauptargumente, auf das sich unsere Deutschnationalen und Monarchisten bei ihrer Gegnerschaft zur deutschen Republik be. rufen, ift ihre angebliche Tradition. Auch die deutsche Studenten. schaft von heute, deren größter Teil unleugbar antirepublitanisch und nationalistisch eingestellt ist, erklärt ihre Stellungnahme mit Vorliebe mit dieser Tradition.
Wie sieht nun die Tradition der deutschen Studentenschaft in Wirklichkeit aus? Eins hat zweifellos unsere akademische Jugend von heute mit der vor hundert Jahren gemeinsam: die Opposition gegen Staat und Regierung. Was heute etwa der Hochschulring deutscher Art" organisatorisch und gesinnungsmäßig bedeutet, das findet sein Borbild in den Anfängen der deutschen Burschenschaft . Aber während das Zeitalter der Reaktion, das durch den Namen Metternich charakterisiert wird, jede freiheitliche Geistesentwicklung und Gesinnung fnebelte, läßt die deutsche Republit allen geistigen Strömungen den denkbar roeitesten Spielraum. Der Urquell der Oppofition in der Reaktionszeit, die geistige Unterbrüdung, ist affo beute verfchwunden.
Bolitisch neigte die vormärzliche Burschenschaft start zur Republit. Aus ihren Kreisen vornehmlich stammt jene revolutionäre Lyrit, in der gesungen wurde:„ Bivat hoch die rote Republit!" Un ihrer freiheitlichen Ueberzeugung willen erlitt die akademische Ju gend des Bormärz Berfolgung, Einferferung und gesellschaftliche Aechtung. Mit ihrem antipartitularistischen Nationaldeutschtum ver. band sich dasselbe Weltbürgertum, wie es heute der richtig ver. jtandene Internationalismus der Sozialdemokratie darstellt. Mag auch der jugendliche Ueberschwang manchmal in Bhantaftit ausgeartet sein, wie auf dem Hambacher Fest von 1832 oder bei dem Frank furter Butsch auf eine Polizeiwache im Jahre 1833, to war es doch immer angetrieben von einm reinen, trohigen Idealismus. Auf den Barricaden der Märztage von 1848 stand der Student Schulter an Schulter mit dem Arbeiter. Und als damals die Bezeichnung, Burschen schaft " und die schwarzrotgoldenen Farben verboten waren, hielten die Brogreßverbindungen die Tradition hoch, bis 1862 das Berbot fiel. Die deutsche Republif ist immerhin der Anfang zur Berwirk lichung des alten Sehnsuchtstraumes der vormärzlichen Burschenfchaft. Aber die Studentenschaft von heute verleugnet diefen Traum. Ihr politisches Ziel ist die Wiederaufrichtung des einst so leiden. fchaftlich bekämpften autokratischen Obrigkeitsstaates; ihr foziales Biel ist die Berewigung und Berschärfung der Klaffengegensäge; ihr revolutionäres Temperament ift reaktionär geworden. Das ehemalige schwarzrotgolgende Jdeal ist ein merkwürdiger AnachronismusSchwarz- Weiß- Rot geworden. Gemeinsam ist der alten Burichenfchaft und dem Hochschulring deutscher Art" nur ihr Mangel an realpolitischem Berständnis. Aber nicht Fortsetzung, sondern Be fämpfung alter Tradition bedeutet diefer Hochschulring. Die deutsche Studentenschaft wird allmählich ihre historische Aufgabe in der Republit Träger geistigen, fulturellen, politischen und sozialen 3. B.
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Lange ist hier nichts von Furtwängler , bem immer noch Einzigartigen, erzählt worden. Mit Absicht. Er schien im Pro gramm fehr rüdgewandt, feierte Brahms mehr als Strawinsty, Schubert lieber als Modernes. Er war in feiner Richtung zu faffen. Gewiß hatte auch das seine Borzüge und löste Respett aus. Aber Furtwängler war zu Stärferem berufen als zum Süter philharmonisayer Tradition. Er hatte eine Spannfraft, eine Mufi. falität, eine umfassende Kenntnis und eine verhaltene Leidenschaft, Die explosiv werden mußte. Ihm mußten Aufgaben tommen, die aus dem Universellen etwas spezifisch Großartiges herausentwickelDas zeigte sich im sacre printemps. Es zeigte sich neu, wirklich durchbringend bei Mahler. Jetzt erst, scheint mir, hat Furtwängler seine Bedeutung uns ganz erschlossen, fett zum ersten mal hat er Feuer in die Herzen des Publitums gegossen. An dieser 3. Mahlerfchen Sinfonie wuchs ber große Mann. Es war ein fruntene Lied Mahlers gestaltete fie mit verständnisvoller Hine Fortschritts zu feinertennen und erfüllen.
ten.
jeftliches Singen in ihm, er bereitete, langsam beginnend, einen ersten Sah vor, wie wir ihn noch nicht gehört hatten. An den mannigfachen Höhepunkten und Einschnitten der Partitur wurde eine Gefühiswallung, eine Glut bemerkbar, die wir ahnten, nicht
"
Die großen Gänger ziehen die Menge ins Theater, wie in den Konzertsaal. Der eine sucht beim anderen noch zu lernen. Slezat scheint unverwüstlich, ein einschmeichelnder Tenor mit strahlenden Stimmitteln, doch immer noch fafcher Bokaiisation ( Behchlein" statt Bächlein"). Tauber hat fast zuviel spielerische Ueberlegenheit, er scheint Seitensprünge in feichteres Gebiet ( Operette?) nicht zu fcheuen. Doch ist sein Linferton, eine für ihn neue Rolle, hörenswert, besonders, wenn sich Best die Mühe gibt( mte jüngst), eine schwere Partitur durch und durch musikalisch und sicher zu dirigieren. Hilde Elger wächst an ihren Aufgaben. gabe und warmem, lebendigem Lon.
leber das letzte Konzert der Staatsoperntapelle unter Leitung von Friß Busch foll aus prinzipiellen Gründen bas nächstemal ausführlich gesprochen werden,
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