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sagen ein«StaWtlffcnmg der Entbetznmgen" ertrügllcher macht? Die Unternehmer, wie die von ihr abhängige Reichs- regierung verkennen vollständig die Tatsache, daß die Arbeit- nehmerschaft Deutschlands   heute ein viel ausgeprägte- res Selbstbewußtsein hat als vor dem Kriege. Die Arbeitnehmerschaft Deutschlands  , insbesondere die sozialistisch gesinnte, fühlt sich heute als Trägerin des Staates. Sic weiß genau, daß von ihrem republikanischen Willen die Existenz der Deutschen Republik abhängt. Diese Stellung gegenüber dem Staate ist eine grundlegend andere, als sie es vor dem Kriege war, wo die sozialistisch gesinnte Arbeiter- schast sich in mehr oder weniger offenem Gegensatze zum Staate befand. Auch die Stellung innerhalb des einzelnen Betriebes ist nicht mehr dieselbe wie vor dem Kriege. Allerdings bemühen sich die Unternehmer, und nicht ohne Erfolg, die Arbeitnehmer- schast in Gegensatz zu bringen zu den wirtschaftlichen Not- wendigkeiten. Durch die schematische Verlängerung der Arbeitszeit, durch die Niedrighaltung der Löhne wird den Arbeitern systematisch das Interesse an einer Steigerung der Produktion verleidet. Die Republik   hat durch das 23 e- triebsrätegesetz. durch die Schaffung des Reichs- wirtschaftsrates und die Bestimmung der Verfassung, daß solche Wirtschaftsräte auch bezirksweise errichtet werden sollen, beabsichtigt, den Arbeitnehmer an der Steigerung der Produktion zu interessieren. Der Arbeiter soll nicht nur poli- tisch, sondern auch wirtschaftlich Träger der Gesellschaft werden. Hier ist der Konflikt. Glaubt das Unternehmertum, glauben die bürgerlichen Parteien, die die Politik der Unternehmer unterstützen, daß die Arbeiterschaft sich jemals wieder zurückzwingen lassen wird in die Stellung des ausgestoßenen Paria? Wie kann man es für möglich. hallen, daß dieselbe Arbeiterschaft, die die Trägerin dieses Staates ist, wirtschaftlich sich mit der Stellung eines Hörigen begnügt? Am Ausgang der Inflationsperiode, aus dem das Unter- nehmertum mit aufgespeicherten Devisenbeständen und ver­stärktem Sachbcsitz hervorging, die Arbeiterschaft jedoch er- schöpft, deren Organisationen bis zur Kampfunfähigkeit aus- geblutet, da konnte natürlich von einer Gegenoffensive der Arbeiterschaft gegen die� Forderungen der Unternehmer keine Rede sein. Der Kampf, sollte er nicht mit einer schweren Niederlage der Arbeiterschaft enden, mußte vertagt werden. Das haben die Kommunisten bis heute noch nicht be- griffen, oder wenn sie es begriffen haben, dann ist es eine verlogene Demagogie von ihnen, wenn sie heute der Ver­einigten Sozialdemokratie die Zustimmung zum Ermöchti- gungsgefeß zum Vorwurf machen. Damals waren sie selbst heilsroh, daß das Ermächtigungsgesetz durchging. Aber was damals der Arbeiterschaft einfach unmöglich war, ist es heute nicht mehr. Wo die Arbeiterschaft in- folge der ungünstigen 2Zerhältnisse gezwungen gewesen ist, in der Frage der Arbeitszeit und der Löhne wesentliche Kon­zessionen zu machen und das war fast überall der Fall, besteht heute der entschlossene Wille, den Achtstunden- tag wiederherzustellen und die Löhne aus ein menschenwürdiges Niveau zu bringen. Die Arbeiterschaft verkennt keineswegs, daß sie hohe Löhne und eine verkürzte Arbeitszeit nur erringen und halten kann durch eine fortgesetzte Steigerung der Pro» d u k t i o n. Darüber hinaus wächst in der Arbeiterschaft die Erkenntnis, daß die Ueberwindung des Unternehmertums, der privatkapitalistischen Ausbeutung, nur dann möglich ist, wenn die Arbeiterschaft dem Unternehmertum auch g« i st i g überlegen ist. Die Kommunisten sündigen vielleicht am meisten dadurch, daß sie ihre Anhänger in der Illusion zu erhalten suchen, als könne man das Kopital mit Masch!- nengewehren überwinden. Man erreicht dadurch böchftens, wie in Sowjetrußland, den Zusammenbruch der Wirtschaft und ist dann genötigt, an die schlimmste kapitalistische Aus-
beutung, die durch das ausländische Kapital, zu appellieren, um die zusammengebrochene Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Aber gerade diese wachsende Erkenntnis der Arbeiter- schaft, dieses sich steigernde Kollektivbewußtsein läßt es ganz ausgeschlossen erscheinen, die Arbeiterschaft wieder in die Stellung des empörten Sklaven hinabzuzwingen. Wenn wir jetzt eintreten in eine Periode akuter Konflikte, dann sind dafür die Unternehmer verantwortlich, die mit ihrer Wirtschaftspolitik sich und Deutschland   zum Spott der Welt machen, dann sind verantwortlich dafür die Reichs- regierung und die sie stützenden bürgerlichen Par» t e i e n, die sich zum politischen Vollstrecker der Wirtschasts- Politik der Unternehmer machen. Es ist ein lächerlicher Widerspruch, wenn die Kommu- nisten, die der Sozialdemokratie an allen Uebeln der Well die Schuld geben womöglich auch an der Verspätung des
Den Kommunisten ins Stammbuch: .Die Areiheik wird viel lelchker durch die- jenigeu zerstört, die Mißbrauch mit ihr lreiben. als durch diejenigen, die sie bekämpfen." 3. Ramsay Macdonald   im.New Leader" vom 18. Apri! 1924.
Frühlings, die parlamentarisch e Taktik der Sozialdemokratie für die wirtschaflliche Zurückdrän. gung der Arbeiterschaft verantwortlich machen. Sie behaupten sonst immer, daß im Parlament gar nichts erreicht werden könne, hier auf einmal tun sie so, als ob die Sozialdemokraten durch die parlamentarische Aktion jede Schädigung der Arbei- ter hätten verhindern können, wenn sie bloß gewollt hätten. Das ist natürlich Unsinn. Die parlamentarische Aktion hat die Stellung der Arbeiter noch geHallen, als ihre wirtschaftlichen Fundamente schon brüchig geworden waren, schließlich wur> den eben diese wirtschaftlichen Verhältnisse übermächtig. Jeder Sozialdemokrat weiß, daß parlamentarische Stärke und g e- werkschastliche Kraft mit einander Hand in Hand- gehen müssen, wenn Erfolge fielt werden sollen. Die Kraft der Gewerksche ten beginnt sich wieder zu festtgen. Eine starke sozialdemokratische Frak- tion im Reichstag   wird ihre Tätigkeit wirkungsvoll er- ganzen können._ Bnotole ßrance als Sozialist. Mahnung an die Wähler beider Länder. Der große französische   Schriftsteller, dessen 80. Geburts­tag von der ganzen demokratischen Welt am 1k. d. M. ge- feiert wurde, ist auch stets ein anfeuernder Vorkämpfer republikanischer, pazifistischer und sozialistischer Ideen in seinem Lande gewesen. Aus den Pariser Blättern ,,Popu< laire" undOuotidien" entnehmen wir folgende Zitate aus seinen politischen Reden und Schriften der letzten Jahre: Der Sieg des Proletariats ist ein« Gewißheit. Es sind weniger die wilden Anstrengungen unserer Gegner als die Zer- wfirfnisse in unseren eigenen Reihen, die diesen Sieg hinauszuschieben drehen." Wer erkennt nicht, daß dos, was jene Leute mit dem Namen Nationalismus" undPatriotismus" schmücken, in Wirtlichkeit nur die Koalition der Mächte der Reaktion und der Unterdrückung in der ganzen Welt ist: die Internationale der Knechtung und der Gewalt. Dieser Internationale, Genossen, müssen wir die I n t« r n a ti 0> nale der Proletarier entgegensetzen, die Internationale der Freiheit, der harmonischen Arbeit und des Friedens!" In dem jetzigen Stadium unserer staatlichen Einrichtungen und Sitten ist das allgemeine Wahlrecht die einzige Garantie für unsere Rechte und unsere Freiheiten.
Und es bedürfte nur eines Wehens, eines Hauches der Lrüd> r- lichkeit, der sich über Stadt und Land ausbreiten würde, um aus diesem allgemeinen Wahlrecht ein Instrument der sozio l-en Gerechtigkeit zu machen." Genossen, Arbeiter, eure Aufgabe ist es, eure Geister und Herzen zu erheben, euer Denken, Lernen und Nachdenken dazu fähig zu machen, die den Tag der sozialen Gerechtigkeit und des Weltfriedens vorbereiten." Welch ein Jammer, wenn man die kindische Neigung vieler Leute für Gewehre und Trommeln beobachten muß. Begreifen sie denn nicht, daß der K r i« g. der die Herzen und Städte der Barbaren und Ignoranten schuf, selbst dem Sieger nur Elend und Not einbringt und daß er nur auch ein grauenhaftes und blödsinniges Verbrechen ist, seitdem die Völker miteinander durch die Gemeinschaft der Kunst, der Wissenschaft und der Wirtschaft vcr- bunden sind? Wahnwitzig« Europäer sind es, die daran denken, sich gegenseitig die Kehl  - durchzuschneiden, während eine einzige Kultur sie umschlingt und vereintl" Volksgenossen, ihr müsset ond werdet eure Stimme gegen die Nationalisten, für die wirklichen und überzeugten re- publikanischcn Kandidaten abgeben und nicht für jene traurigen und farblosen Gestalten, die zwischen Nationalismus ond Republik hall- los hin- und herpendeln. Ihr dürfet und werdet nicht eure Stimme in dem Sumpf eines sogenannten Liberalismus ersticken lassen, der alle Unterdrückungen duldet und zu allen Ungerechtigkeiten schweigt. Ihr werdet eure Stimme kühn und eittschlossen denen erteilen, die sich bemühen, die voll« soziale Gerechtigkeit zu errichten und den Weltfrieden durch die Einigkeit der Arbeite.:- schaft zu sichern." Darum, deutsche   Volksgenossen, aus den gleichen Gründen und für die gleichen Ziele wähll auch ihr am 4. Mai sozialdemokratisch!
Kein Einspruch Eooliüges! Allgemeine Beschränkung der Einwanderung nach Amerika  Im Gegensatz zu der vomVorwärts" veröffenttichten New- ycrker Meldung, daß Präsident Coolidge   gegen das Perbot der japanischen und chinesischen Einwanderung Einspruch erheben werde, erklären andere Newyorker Nachrichten das für unwahrscheinlich. Außenminister Hughes hat noch vor einiger Zeit ausgesprochen, die Japaner dürften keiner Sondergesctzgebung unterstellt werden. Trotzdem Hughes den Semrf-beschlnß mißbilligt, soll er angeblich in seinem Amt bleiben. Ein« Erklärung des japanischen Premierministers läßt erkennen, daß Japan   einen Konflikt nichs will und das Einwanderungsverbot wohl mit einem Protest hin- nehmen wird. Inzwischen hat der Senat sich mit 53 gegen 25 Stimmen dafür ausgesprochen, die Kontingente des neuen Ein- Wanderungsgesetzes auf ein Prozent der betreffenden Staatsangehöngen w de? Bevölkerung der Deremigten Staaten herabzusetzen. Tie Präsidentschaftskandidaten. Rem Jork. 17. April.  (Eigener Drahtbericht.) Der National- konvent der Demokratischen Partei Amerikas   hat beschlossen, als Kandidaten für die Präsidentenwahl Alfred Smith   von der New P orker Staatsregierung zu nominieren. Der Kandidat der Nepubli» kaner ist der gegenwärtige Präsident Coolidge.   Ein« sozia- listijche Nominatton liegt noch nicht vor Als republikanischer Vize- präsident-Kandidat wird General a. D. D a w e s genannt.
Frankreichs   nächstes öününis. Belgrad  . 18. April.  (MTB.) Das BlattNowosti" bestätigt die gestrige Nachricht desMatm". daß bei dem Besuch d-s ser- bischen Königspaares in Paris   End« Mai«in Bündnisvertrag zwischen Frankreich   und Südslowien geschlossen werden soll.__ Die griechische Volksabstimmung hat 758 742 Stimmen für und 325 322 Sümmsn gegen die Republik   ergeben.
Zwischen gestern unö morgen. Konzertumschau von Kurt Singer  . Einmal im Jahr bittet das PhilharmonifcheOrchester, dies« zentrale Künstlergemeinschaft Berlins  , deren Aufgaben und Arbeiten in einer Saison horrend, deren Einnahmen dennoch be- scheiden sind, ein einziges Mal bittet dieses Orchester feine un- zöhligen Freunde zu eigenen, zu Pensionszwecken, in die Phil- Harmonie. All die Tausend«, die bei keiner Sensatton fehlen, denen erst die Philharmoniker künstlerischen Anstrich geben, all die Hun- derte, die immer Geld haben, wenn es gesellschaftliche Eindrücke zu genießen gilt, alle, die dankbaren Herzens oder geschwollenen Ge- mütes unsere Philharmoniker preisen, all dies« fehlen natürlich im Pensivnskonzert. Ein halbvoller Saal: so war's bei Nikifch, so war's bei Ochs.. So dankbar ist nun einmal die Well Für uns andere war es eine rein« Freude, den jungen Altmeister des Chorgesanges wieder einmal an der Stätte musizieren zu sehen, an der er Iasjr- zehnte lang als der einzigste seines Faches Geltung hatte. Es ehrt die Philhannoniker, daß sie ihn und feinen Thor der staatlichen Hochschul« riefen, es ehrt ihn, daß er freudig und in bester Gebe- laune dem Ruf folgte. Eine herrliche Bach-Kantate und das Brahms- 'che Requiem(mit Frau Koesiier und Fritz Kaufmann   als Solisten) hinterließen feiertäglichen Eindruck. Selbst eine fürchterlich brüllende Orgel konnte die Stimmung nicht zerreißen. Ein n, u s i k h i st 0 r i s ch e s K 0 n z e r t im Bechftein-Saal ver- mittel: die Bekanntschaft mit englischen Liedern. Quartetten, Tänzen des 15. und 17. Jahrhunderts. Satz und SRelodie der Greaves, Bateson, Nicholson von kühler Klarheit und herber Einfalt, unbe- kannter Komponisten Tänze für Streichquintett, anmutige, beweg­liche, zarte Reigen. Alles sehr delikat von den Havemann» dar­gereicht, als ob sie ein« Bachsche Suite vortrügen. Earey, der Sänger, der im Kreis der enzliss singers gute Figur mochte, ist als Solist leblos, klangarm. Pureell, der Große, krönte den Abend. '.Hoch den Toten ein Lebender, dem ein ganzer Abend gewidmet ist: Wilhelm K e m p f f. Ein hochbegabter Pianist, im improvifatori- scheu Spiel ein Phänomen, hat er für viele Musik, die er hörte, spielte, durchdachte, ein gutes Gedächtnis. Das würde sich an dem Komponisten bitter rächen, hätte er nicht zum Ausoleich reiche Phantasie, wirkliche Lariatlonseinfälle und gefunden Gestaltungv- willen. Noch treibt ihn kein eigener Stil: in Klaoierpl>anensien neig! er zu Lisztfcher Diktion, zu Bach'ch.nn Figurenwerk, wobei vieles nur Klang bleibt, ohne Ausdrucksstarke zu gewinnen. Der gute vor- trag verdeckt das, das Lesen der Noten enthüllt es. Die Lieder sind ungleich an Wert. Allen ist gute Deklamation und tonmalensche Anpassung an den Text, ist geschickt« Arbeit nachzurühmen. Das Klavier ist solistisch üppig bedacht. Die Stimme ergeht sich frei, in romantischen Melodiezügen, nicht immer ohne olltäglichen Beiklang. 2llma K u n l a interpretierte das Gesangliche glücklich. Einem Talent, das reichen, noch nicht ganz gesammelten und von Schlacken gereinigten Schatz im Herzen wahrt, wurde Erfolg bereitet. Impressionen drängen sich an unser Gehirn, reizen unsere Nerven, täuschen uns Gemüt vor. In de» wichtigen Abendmusiken des Grotrian-Steinweg-Saale»(für die Erich Anders organi  » jatorijch mitverantwortlich ist) prallen dt« Gegensätze zwischen abend.
lichen Schatten von gestern und Morgenröte von demnächst aufein- ander. Hugo L« i ch t e n t r i t t ist formal ein Künstler. Was er sagt, trägt den Stempel des erlesenen Geschmacks. Wi« er es sagt,' das ist romantisch überhauchter Klassizismus. Sein« Sonate op. 17 fährt mit vollen Segeln in den Hafen des Erfolges. Am Klavier Eisner  , an der Geige Stefan Frenke!, ausgezeichnete Interpreten. Im inbrünstigen, tiefschürfenden Gesang der Frau Olga S ch a« f f e r- Eisner bekommen schön und charaktervoll empfundene Lieder Müller-Hartmanns so starken Eigenzug, daß man die Vaterschaft Hugo Wolfs(Freund"), das Liebäugeln mit Cornelius(Verborgen- heit) fast vergißt. Dann aber Alban Berg   e>p. 1. Eine Sonate? Nimmermehr. Aber gleichviel: wenn dieses Stück freier Improvi- satton sich nicht so endlds schal im Kreis herumdrehte, wenn von irgendeiner harmonischen oder rhythmischen Seite her nur einmal der klar« Versuch gemocht würde, Musik statt Arbeit zu geben! Wer mit solchem op. 1 beginnt und in seinen Lustbezirken stecken bleibt, der ist«in ewig Halbfertiger, mag er noch so sehr dem Stern Schön- berg nochjagen. Da ist Alois H a b a ein anderer Kerl. Sein op. S wimmelt zwar von Alltäglichkeiten; aber es pulst Blut in ihnen; spielerische Keckheit. Verwegenheit gar gleitet weder in Geschmack- losigkeit noch in Blasiertheit ab. Viel« Weg« führen nach Rom. Auch dieser hier ist einer. Habas Stimmung wird nicht um 31 Ton sinken, wenn man ihm oerrät, daß op. 8 ein Beginn, keine Erfüllung ist. Artur Schnabel  , dessen zweites Quartett die Havemann- Garde spielt, ist reizend, wo es in Klang zu malen scheint, auf- reizend da. wo es in straffer Zucht neu sein möchte. Die Musik hier noch als Kunst der Empfindungen und Gekühle anzuerkennen, dazu fehlt uns Mut und Glaube. Kaum zu erkennen, ob Schnabel mit der Feder oder mit dem Herzen komponiert. Wäre er jünger, man könnte glauben, daß er sich noch selber finden kann. Dielleicht aber niuß mon solche Werke lesen, statt sie zu hören. Dann kann Kunst- fertigkeit auch der bewundern, der auf Kunst gefaßt war. Hier steckt jedenfalls ein Problem, das im Artistischen fesselt. Bei Hubert P a- täky ist davon keine Rede. Er kaut das abgestandene Gemüse chinesischer Gedicht« mit den gleichen Mitteln, mit denselben Inter  - vollen, Tonreihen, Erfindungsnöten und Noten wieder wie un­zählige vor ihm. Nur seichter und weniger geschickt. Solche Lieder haben wir alle einmal verbrochen. Ein großer Sänger kann sie zum flüchtigen Erfolg bereiten. Gertrud Köhler-Noack ist solche Kraft oersagt. Eine bescheidene Stimme, zum Volkslied voroestimmt. Max Saal begleitete; sein« solisttichen Harsenoerträge waren die Erquickung des Abends. Frau Schäffer-Kutznitzky singt klüger, bewußter, ausgeglichener als je. Im Schubertfchen Lied er» füllt sich ihr künstlerisches Schicksal; imd hier mehr in den fraulich- sehnsüchtigen Gesängen, als etwa in dem schauspielhast pointierten Erlkönig". Elisabeth Schumann   wiegt sich aus ihrem leichten, kristallenen Sopran. Ihres Erfolges Ist sie sicher, weil schöne Sttm- men als Ding an sich wirken. Dovpelt, wenn eineIubals Harf' und Mirjams süßen Ton" zugleich in sich birgt und von sich gibt.
Walter Sirchhoff aasliert in der StaatSoper am Sonnabend den IS., alz  »Tristan, und am Sd. als«Jung Siegfried". Renaissaace-Iheattr. Heute Sonnabend 7 Uhr:.Die tote Etadtt- morgen Sonntag bis Sonntag, de» 27. April, täglich 8 Uhr s»Die tote Stadt  «.
Der dichter voa»Walümeisters Sraatfahrt'. Otto R 0 q u e t t e, der heut« vor IVO Jahren zu Krotoschrn geboren wurde, ist der Dichter der feinfühligen Lebensauffassung unS des unverdrossenen Lebensmutes, der sich in den zierlichen Versen seiner Lyrik am ansprechendsten zum Ausdruck dringt. Man kann das Grundwesen seiner poetischen Eigenart am zutreffendsten als sinnig" charakterisieren, ein Epitheton, das gleichzeitig die engen Grenzen seines Betätigungsfeldes umschreibt. Kraft und Leidenschaft waren ihm so wesensfremd« Dinge, wie Tiefe der Auffassung und Selbständigkeit der Gestaltung. In der Wertung des Publikums teilte Roquette   deshalb auch das Schicksal seines Alters und Dichter- teilte Roquette   deshalb auch dos Schicksal seines Alters- und Dichter- desMilza Slhaffy" geblieben ist, so lebt auch Roquette trotz seiner literarischen, sich über alle Schaffensgebiete erstreckenden Fruchtbar­keit nur als Dichter des Rhein  -, Wein- und Wandermärchens Waldmeisters Broutfahrt" fort. Die heitere, in gereim- ten vierfüßigen Jamben geschriebene Geschichte, die die von mannig- 'fachen Fährnissen unterbrochene Brautfahrt des Prinzen Waldmeister zur Prinzessin Rebenblüt schildert, vermag uns mit ihrer Rheinwein- stimmung und ihrem Rheurweinduft, der auch Roquette? lyrische Gedichte durchbricht, auch heute noch zu fesseln, wenngleich der alle- gorische Märchenton der Dichtung dem modernen vhr häufig genug unnatürlich und gezwungen klingt, was bei der 25 Jahre später erschienenen Fortsetzung.Rebenkranz zu Waldmeisters Silberner Hochzeit" noch ungleich schärfer hervorttltt. Roquette   hat im übrigen in dem RomanDas Buchstabierbuch der Leidenschaft" den Novellen Wer trägt die Schuld?" undEin Baum im Odenwald", vor allem aber in dem an die Goethesch« Faustdichtung anklingenden Märchen- dramaGevatter Tod" Wertbeständigeres und Ernsteres geschaffen alsWaldmeisters Brautfahrt", und er hat sich mit Recht beklagt, daß der Publikumserfolq seines Iugendwerkes seinen ernsteren Arbeiten aufdringlich im Licht gestanden hat. Anspruch auf bleiben- den Wert hat auch die fesselnde SelbstbiographieSiebzig Jahre". Dagegen sind seine im schwächlichen Epigonenstil gehaltenen Epen und die Mehrzahl seiner Erzätstungcn und Dramen mit Recht der Vergangenheit anheimgesallen. Erwähnt sei schließlich, daß der Dichter vonWaldmeisters Drautfahrt" auch den Text der von LIszt komponierten.Legende der heiligen Eli'cbeth' verfaßt hat. Otto Roquette   entstammt einer ursprünglich französischen   Fami- lie. Nachdem er In Heidelberg   und Halle Philosophie und Geschichte studiert hatte, wirkte er jahrelang als Lehrer an verschiedenen höhe« ren Lehranstalten und folnte im Jahre 1883 einem Ruf als Pro essor der deutschen Sprache und Literatur an die polytechnische Hochschule in Darmstadt  , wo er am IS. März 1838 starb. Volschewisttsches Osserkheatcr. Die russische kommunistische Iu- gendorganisation(Komsomol) hat für ihr« Agitationsbühnen«ine Reihe von religionsfeindlichen und antikirchlichen Stücken heraus- gegeben, welch», wie der Ost-Expreß mitteilt, zu Ostern in den Klubs der Organisation aufgeführt werden sollen. Es befindet sich darunter ein historisches Schauspiel, welches die Greuel der Inquisition bei den Hexenprozesien und die Verfolgung der Gelehrten älterer Zeit. wie Galiläi u. a., zeigt. In anderen Stöcken werden die Wunder» gläubigen verspottet, eine dritte Gruppe ist der politischere Saiir« gewidmet. Einige dieser Schauspiele enthalten Szenen, in welchen Debatten über die Entstehung der Religionen, ihr Wesen usw. statt» finden,