So wird der grundsägliche Unterschied zwischen der sozial demokratischen Politik und dem fommunistischen Treiben flar. Die Sozialdemokratie tritt für die Immunität der Abgeordneten ein, weil sie die parlamentarische Demokratie als verfassungsmäßige Grundlage aufrechterhalten will. Die Kom munisten, die auf die parlamentarische Demokratie pfeifen, wollen die Immunität dazu mißbrauchen, um den Parlamentarismus selber unmöglich zu machen.
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schon vor der Präsidentenwahl zu beschließen, das wußten| führern Lerufen fann. Es folgt der Namensaufruf. So oft die Kommunisten sehr genau. Sie wollten nicht die Frei- ein fommunistischer Abgeordneter aufgerufen wird, der inhaftiert lassung, sondern den Skandal, und darum ließen sie über die ist, beginnt der Lärm von neuem, und als endlich der Name Frage, ob über die Freilassung am Dienstag oder am Mitt- Ludendorff fällt, erlebte das Haus eine weitere Fortsetzung Auch als woch beschlossen werden sollte, die erste Sigung des Reichs- des kommunistischen Speftafels um fünf Minuten. Severing aufgerufen wird, gibt es Speftatel. 3urufe mie tags auffliegen. Bluthund" und andere kommunistische Fachausbrüde mußte fich der Mann gefallen lassen, der seit Jahrzehnten das Beste für die Arbeiterschaft erstrebt. Kommunisten aber können ihn ebensowenig beleidigen wie den Genossen Sollmann, dem der Lausbub Scholem etwas anderes ift er nicht bei der Verlesung seines Ramens zurief: Bist Du noch nicht bei den Böllischen gelandet?" Anschließend läßt der Präsident die zahlenmäßige An. wesenheit feststellen. Anwesend sind 449 Mitglieder, die fehlenden find zum Teil entschuldigt. Während die Anwesenheit durch den Präsidenten festgestellt wird, begibt sich der von Moskau mit der Führung der kommunistischen Spettafelaktionen betraute Abg. Raß wieder auf die Rednertribüne. Er verlangt das Wort zur Geschäftsordnungsdebatte, um die Befreiung fämtlicher politischer Gefangenen zu beantragen und darauf aufmerksam zu machen, daß sich in dem Gebäude des Reichstags Schußpolizei, mit allen möglichen Mordwerkzeugen bewaffnet, aufhalte. Erst provoziert man also die Anwesenheit der Polizei, um dann gegen sie zu protestieren.
So bleiben nur drei Möglichkeiten übrig. Die erste ist. daß sich die Mittel der Geschäftsordnung als star? genug erweisen, um die Arbeitsfähigkeit des Reichstags herzustellen und die Kommunisten zur Bernunft zu bringen. Die zweite ist, daß der Reichstag aufgelöst wird und daß die Arbeiter noch einmal vor die Frage gestellt werden, ob sie Lause jungen oder Arbeitervertreter in den Reichstag schicken wollen. Hilft auch das nicht, dann ist der Parlamen: torismus für Deutschland vorläufig erledigt, und dann kommt die Diktatur! Aber wessen Diktatur? Ganz gewiß nicht die von Werner Scholem und Ruth Fischer , sondern eine ganz andere, bei der die Kommunisten ihr blaues Bun
der erleben werden.
Der Tag, an dem der zweite Reichstag der Deutschent Republik eröffnet wurde, war ein schwarzer Tag für die deutsche Arbeiterklasse. Die Scham brennt einem auf der Stirn, wenn man denkt, daß es Arbeiter waren, die eine solche Horde hirnloser Standalmacher zu ihren Bertretern gewählt haben. Diese Schande wieder auszulöschen, muß das Ziel aller sein, die die Ehre der deutschen Arbeiter bewegung wiederherstellen, ihre Zukunft aus den Händen unwürdiger, gewissenloser Vertreter befreien mollen.
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Schon vor Beginn der konstituierenden Sigung des neuen Reichstags waren sämtliche Tribünen überfüllt. In der Diplo matenloge sah man den englischen Botschafter, den amerika nischen Vertreter in Berlin , Mitglieder der französischen und italienischen Botschaft und Angehörige der belgischen bzw. tschechoslowafischen Gesandtschaft. Leer war die Regierungsbant, die Minister hatten in Saaie auf ihren Abgeordnetenbänken Platz ge
nommen.
Als der Afterspräsident Genosse Bod- Gotha um 3 Uhr 20 Min. Die Sigung eröffnen wollte, begann tereits der Lärm der Kommunisten. Getreu dem Befehl Don Moskau rief Herr Katz, rühmlich bekannt durch seine Flegeleien im preußischen Landtag: Heraus mit den poütischen Gefangenen! Sein hysterischer Schrei war das Eignal für die anderen Moskauer Söldlinge, in den Krach einzustimmen und unter Benugung von Triller pfeifen fast fünf Minuten lang jede Geschäftsführung unmöglich zu machen. Rufe Ser bürgerlichen Abgeordneten: eraus mit dieser Gesellschaft! gingen zeitweise in dem kommunistischen Radau unter. Selbst der wiederholte Hinweis einiger Reichstagsmitglieder, daß in Moskau tausend und aber tausend Arbeiter schon jahrelang ohne Grund hinter Gefängnismauern schmachten, veranlaßte die ,, Revolutionäre " nicht zum Schweigen. Sie wollen Radau und den Anlaß zu diesem Spettafel mußten in der Eröffnungssigung des Reichstags die politischen Gefangenen geben.
Während der Lärm durch Rufe von links nach rechts und rechts nach fints andauert, besteigt der Kommunist Rag die Tribüne. Stürmisch fordert die Mehrheit des Hauses seine Entfernung, ohne daß er sich darum fümmert. Er versucht vielmehr gegen den Willen des Präsidenten, einen tommunistischen Antrag auf Haft entlassung zu verlesen und verlangt dann dessen sofortige Beratung. Als er geendet hatte, ohne Beachtung gefunden zu haben, trat wenigstens soweit wieder Ruhe ein, daß der, Präsident die Sigung für eröffnet erklären und die Abg. Philipp( Dnatl.), Frau Teusch ( 3.), Frau Agnes( Soz.) und Eichhorn( Komm.) zu Schrift.
Die Wunder des Dorfes.
Von Alfred Fritsche.
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Mit gutem Recht erklärte Genosse Dittmann im Anschluß an die Aeußerungen von Kaz, daß sich der Reichstag erst fon ft it uieren müsse, ehe er in seine sachlichen Beratungen eintreten könne. Sobald aber der Vorstand und die ständigen Ausschüsse gewählt feien, würde die Sozialdemokratie dafür stim men, daß die Strafverfahren sowohl zugunsten Kriebels wie zugunsten der kommunistischen Gefangenen eingestellt würden.
Diese Erklärung veranlaßte den Kommunisten Schol em zu einer Entgegnung, der Abg. Fehrenbach sofort widersprach. Endlich bestand Aussicht, dem Spektakel durch Vertagung ein Ende zu machen. Der Alterspräsident hatte bereits erklärt, daß er die nächste Sizung auf Mittwoch vormittag 11 Uhr zur Wahl des Borstandes und Beratung der schleunigen Anträge anberaume, als der deutschvölkische Abg. Graefe nochmals das Wort verlangte, um festzustellen, daß sich seine Auffassung mit derjenigen der Kommunisten decke. Ihm folgte Koenen, der die Erregung der Kommunisten über die politischen Gefangenen zum Ausdruck brachte und gewiffer maßen das vorher erfolgte Auftreten anderer Kommunisten forri
gierte.
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Die fommunistische Frattion hat zu der Wahl des Präsidenten des Reichstags Stellung genommen und beschlossen, für diesen Poften den Abg. Thälmann Hamburg vorzuschlagan und für den Boften eines Vizepräsidenten den Abg. Kaz und als Schriftführer die Abgg. Urbahns und Eichhorn. Die Deutsch nationalen schlagen den Abg. Wallraf
vor.
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Genosse Auer München, der sowohl in den Bayerischen Landtag wie in den Reichstag gewählt ist, hat das Reichstagsmandat niedergelegt. An feine Stelle tritt die Genoffin B fülff, die bereits der Eröffnungsfihung des Reichstages beiwohnte.
Das Auslandsecho.
London , 27. Mai. ( Eigener Drahtbericht.) Die Demission der Regierung Marg hat in amtlichen Londoner Kreisen großes Erstaunen hervorgerufen. Man betrachtete den Rüdiritt allgemein als Rapitulation vor den Deutschnationalen bzw. Borspiel zum Bürgerblod. Ausdrücklich wird deshalb darauf hingewiesen, daß jede Regierung unter Beteiligung der Deutschnationalen nicht nur in Frankreich , sondern auch in England auf das stärkste Mißtrauen stoßen wird. Praktisch würde das eine außergewöhnliche Verschlechterung der deutschen Position bei den kommenden Berhandlungen bedeuten. Selbst die nachträgliche Annahme des Sachverständigengutachtens durch die Deutschnationalen fönne nichts daran ändern, da niemand an den aufrichtigen Willen der Deutschnationalen zur Durchführung des Gutachtens glauben könne.
Paris , 27. Mai. ( Eigener Drahtbericht.) Der Rücktritt des Kabinetts Marg hat hier um so größere Ueberraschung hervorgerufen, als er nach dem Scheitern der Berhandlungen mit den Nationalisten nicht erwartet worden war. Man nimmt hier allgemein an, daß der Versuch der Nationalisten, eine Regierung zu bilden, scheitern und daß dann Dr. Marg mit der Neubildung des Stabinetts beauftragt werden wird. Es wird erwartet, daß er die Gelegenheit benutzen wird, die reaktionären Elemente, wie den Minister des Innern Jarres und den Finanzminister Luther , auszufchiffen.
New York , 26. Mai.„ New York World", führendes demofratisches Blatt, schreibt in einem Leitartikel unter der Spigmarfe Das veranlaßte den Kommunisten Thaelmann zu der aus Benn Herriot an der Spike Frankreichs steht": es sei hohe drücklichen Feststellung, die Geschäftsordnung des bürgerlichen Barla 3eit für Deutschland , Frankreich auf dem Wege zum finanments gelte nicht für den Kommunisten. Er schloß mit dem Ruf: ziellen Frieden zu folgen. Die Nationalisten sprächen von Tirpizz Die Gefangenen, fie leben hoch!" Seine Fraktion stimmte breimal als Kanzler, aber es sei nicht wahrscheinlich, daß etwas derartiges in diesen Ruf ein, läßt anschließend die Kommunistische eintreten werde. Für jeden Deutschen , der den Vorteil einer interInternationale hochleben und beginnt im Chor die Internationalen Anleihe genießen wolle, sei es wohl ziemlich einleuchtend, nationale zu singen. Der Präsident schwingt unaufhörlich die Glocke. daß die bloße Erwähnung des bärtigen Helden der UnterseebootMitten in den Gesang hinein ertönen schrille Pfiffe. Die Völkischen offensive als Kanzlerkandidaten reine Torheit sei. Die ,, New York beginnen" Deutschland , Deutschland über alles" zu Gun" schreibt: es fann nicht in Frage gezogen werden, daß die fingen, dem sich die Deutschnationalen und die Bolfsparteiler an wichtigste Pflicht für Deutschland ist, heute einen Kanzler zu wählen, der wie der gegenwärtige Kanzler, den Dames- Plan schließen, während die übrigen Abgeordneten den Saal verlassen. Als die bürgerlichen Abgeordneten mit ihrem Gesang fertig waren, wenigstens im Prinzip annimmt. Wenn Kanzler Marg im Amte stimmten die Kommunisten nochmals in den letzten Refrain der Inter - bleibt, wird er mit Herriot in erfolgversprechenderer Weise als Tirpitz nationale ein. Inzwischen hatte der Alterspräfident bereits feinen verhandeln fönnen. Man beobachtet mit Interesse die BemühunPlay verlassen. Um 4% Uhr nahm schließlich der Spektakel ein Ende. gen Macdonalds und Herriots um eine Annäherung an Berlin und fragt sich, wie sie enden werden. Wenn diese Bemühungen und intoleranten der förichten, anmaßenden 3urudweisung begegnen, die von den deutschen Nationalisten zu erwarten ist, dann ist Deutschland zum Tode verurteilt. Menn fie auf der anderen Seite dem ernsten Bemühen eines deutschen Kanzlers zur Ausführung des Dawes- Planes begegnen, dann wird Deutschland auch da Freunde finden, wo es bisher noch feine solchen erwarten fann.
9110390
Die Präsidentenfrage.
Die Sozialdemokratische, Reichstagsfrattion hat beschlossen, als stärkste republikanische Fraktion des Reichstags, den Abg. Löbe als Präsidenten des Reichstags vorzuschlagen.
Die demokratischen Abgeordneten haben in einer Besprechung zu der Wahl des Reichstagepräsidenten noch feine Stellung genommen, sie haben aber festgestellt, daß am 12. Dezember 1922 die Deutschnationalen durch den Abg. Schulz Bromberg erklärt haben, daß die stärkste Fraktion nach der neuen Geschäfts. ordnung nicht den Anspruch darauf habe, den Reichstagspräsidenten zu stellen, sowie, daß der Präsident Löbe damals diese Ansicht bestätigt habe.
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die Wunder des Dorfes: in den Lüften das blikende, pfeilschnelle Schwalbenoolt und unten auf der Straße ein holpernder Jauche wagen, der von zwei Kühen gemächlich gezogen wird. Schritt für Schritt, Holter die Bolter, kommst du heute nicht, kommst du morgen. Das Bügle tommt nur jeden Tag einmal, aber wenn es fommt und oben, als Kissen einen dampfenden Misthaufen, thront eine so um die Mittagsstunde herum macht es einen gehörigen stramme Bauerndirne mit festen Brüsten und aufgeworfenen Lippen: Krach, damit Meister Lampe weiß, daß er jetzt vom Bahndamm Stolz. Ich grüße. Sie lächelt. Ich frage. Sie sagt Brrrr!" und herunter muß, um nicht vorzeitig in die Küche eines Bauern zu antwortet: man unterscheidet Kuh und Kalb und eine Färse ist eine tommen. Also: das Zügle stört den Frieden in einem Umkreis von Kut, die noch nicht gefalbt hat. Danke! Lindströms Kriegserinne drei Meilen und die Lokomotive dampft und schnaubt, als wenn sie rungen habe ich gelesen und eine Färse ist eine Kuh, bie noch nicht mit allen drei Wagen direkt in die Hölle, wollte und will doch gefalbt hat. Jetzt ist mir alles viel flarer. Der Jauchewagen ist mit nur hübsch artig auf der Bahnstation halten, die so klein ist, daß famt der Schönen von den gehörnten Zugtieren um eine Ecke man fie, richtig zerlegt, in einem soliden Reifetoffer gut und gerne gequält worden und dafür reitet ein Brinz über das Pflaster. Ein unterbringen fann. Die Leute, die in dem Zügle figen, steigen aus rich- t- ger Bring!!! Das Dorf gehörte" einem Ihm". Nun ist und laufen wie ein erscheuchter Hühnert aufen nach allen Richfungen das vorbei. Das Schloß besitzt er noch. Es ist nicht flein auseinander. Eine Fahrkartentontrolle gibt es nicht, die Idylle ist sehr groß. Rote Haare hat er auch. Nämlich der Prinz. Neben beginnt.. dem Schloß und seinen roten Haaren befigt der Brinz u. a. eine Zwei Mühlen stehen auf einem Hügel und empfangen im fau- ,, 1000jährige Eiche", von der sein Gärtner Ansichtskarten verkauft fenden Flügelschoß den Wind und mahlen das Korn. Felder rings und für zwei Zigaretten erklärt, daß eine Eiche höchstens 5-600 um und vom nahen Wald herüber meht Kiefernduft. Die Brust Jahre alt wird. Wenigstens im Flecken L. atmet ihn tief ein und mit ihm den ersten Tropfen aller Wunder und Schönheiten, die für einen Großstädter ein Dorf hat. Es geht vorbei an der Kirche, an deren grauer Mauer ein paar schwarze Kreuze stehen, vom ersten Frühlingsgrün umspült. Aber dann: dann kommt ,, Alli", der Dorfföter, herangetollt und begrüßt im Namen des Gemeindevorstandes den ankommenden Fremden. Alli" ist ein schwarzhaariges, vergnügtes Biet, an deffen Erschaffung sich mehr als ein Gott beteiligt haben muß und das im übrigen beweist, daß das Wedeln eines Hundeschwanzes eine Kunst ist, die bisher von teinem Säugetier( auch vom Menschen nicht) erreicht worden ist. Aehnliche Gebantengänge müssen auch den Wirt vom Gasthaus " Zur Sonne" heimgesucht haben; denn er steht aufrecht, den mit einer weißen Weste bezogenen Bauch weit vorgestreckt, in der Tür, und wedelt mit einer Serviette. Borbei!- vorüber an der Schmiede, aus deren Dunkel das Feuer leuchtet und vor deren Tor Schmied gesellen im schwelenden Dampfe stehen und einem Ackergaul die Hufeisen anmessen. Der Schmiede folgt ein Garten und hinter dem Garten liegen die Aecker. Hafer und Roggen. Ein grünes Meer, weit in die Ferne hineinschießend, den Himmelsrand betastend. Die Ferne blaut, Hügel sind hineingehoben, en Haje hoppelt mit blendender Blume über die Furchen, feitwärts zieht ein Pflug über das Feld, die Pferde mit nickenden Häuptern, der pfeifende Bauernjunge hinterdrein. Hüh― hott...!
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Und dort, wo neben dem Hafer noch junge Saat im Boden steckt, da baumelt an einem Galgen eine tote Krähe. Ihr Leichnam soll die Lebenden verscheuchen, die drüben, im Wafferbruch, plumpfig auf den Weiden hocken. Krah! Krah!
Tirili! Gesang in der Höhe, zu der das Auge hinaufblickt und nichts sieht, als das Blau des Himmels. Aber das Herz weiß, wie alles bestellt ist, und fifpelt heimlich einen Vers:
Du meinst, der Himmel singt... Und Lerchen sind es, die dort oben Den Anbeginn des Frühlings loben. Ueber dem Wasser blizen die Schwalben. Dunkelblau und weiß fort find fle! Ein emiger, eilender, unsteter Reigen. Das find
In den Gärten stehen die Obstbäume im weißen Schimmer. Rote Abendsonne liebroft die erbrochenen Knospen. Eine Nachtigall übt. Das Räuzchen schreit. Die Nacht sinkt hernieder. Am sternenbefäten Himmel strahlt der Abendstern im überirdischen Glanze. Darunter die Sichel des zunehmenden Mondes. Das find die Wunder eines Dorfes.
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Eröffnungsklamaut.
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Schon eine halbe Stunde vor Beginn der Eröffnungsfigung des neuen Reichstages erscheint in dem noch ganz leeren Saal auf der äußersten Linfen als Borbote kommender Ereignisse, als Sturm. vogel, wenn man will, ein Schwarzhembler mit der Pfeife im Mund, die er alsbald auch in Brand seßt. Rauchen im Reichstagsfaal welche fühne Neuerung! Aber ach, das Feuerzeug ging nicht und der Sturmvogel muß bürgerliche Streichhölzer benutzen, die er vorsichtigerweise auch bei sich hat. Es zeigt sich nachher, daß seine Taschen noch föstlicheren Inhalt bergen, denn bei einem der erften Klamautafte bläft er plöglich auf einer ganz wohlflingenden Sirene. Viel zu früh wahrscheinlich, denn es erwies sich, daß dies der musikalische Clou war nicht die kleinste Trommel, nicht die sanfteste Bauke hatten die Gäumigen mitgebracht. Dies dürfte noch
vorbehalten bleiben.
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Unser Mann aber ist darum nicht verlegen. Die massivsten Schimpfwörter fliegen aus feiner Ede herbei und die kunstgerechten Bfiffe auf zwei Fingern scheinen gleichfalls dem Gehege seiner Zähne
zu entspringen.
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Die übrigen Aeußerstlinten mägen verzeihen, daß uns dieser eine besonders auffiel ihre Lüchtigkeit sei darum nicht geschmälert. Und sie können ja auch noch lernen. Es fällt fein Lärmmeister vom Himmel. Scheint doch sie selbst, Elfriede Ruth Gohlke- Fischer- Fried länder- Eisler, noch nicht ganz prinzipienfest zu sein. Denn als ihr Name Frau Gohlfe" gerufen wird, meldet sie sich zwar nicht mit dem hier", das für bourgeoise und menfchemistische Betenner des schoflen bürgerlichen Parlamentarismus paffen mag aber fie
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Jur Frage der Regierungsbildung in Bayern bezeichnen die Münchener Neuesten Nachrichten" es als feststehend, daß der bisherige Ministerpräsident Dr. n. Knilling für die Uebernahme der neuen Regierung nicht mehr in Frage fomme. Er sei überhaupt entschloffen, sich von der Politik vollständig zurückzuziehen.
antwortet schlicht und ergreifend mit der Gegenfrage:„ Ich heiße Ruth Fischer ; aber was mach' ich mir daraus?" Worauf stürmisches Händeklaischen der Wehrkameraden ertönt. So ging's mit Grazie und Abwechslung bis zum Schlußchor der Internationale" und dem Sängerkrieg mit der Rechten. Und heute vieber luftig!
Ein neues Tuberkulosemittel.
Die Kopenhagener Mitteilungen über ein neues Heilmittel gegen die Tuberkulose, das von dem Physiologen Professor Möllgard angegeben worden ist, werden jegt durch einige neue Einzelheiten ergänzt. Professor Möllgard selbst schweigt nach wie vor über feine Versuche, bis sie abgeschlossen fein werben, hat aber nicht verhindern tönnen, daß einige Einzelheiten durchgesichert sind.
Möllgard hat sein Aurocidin", wie er es nemnt, auf Grund theoretischer Erwägungen aufgebaut und dabei so günstige Ergebnisse erzielt, daß es bei der flinischen Anwendung des Präparates nicht nötig war, auch nur das Geringste an der Zusammensetzung zu ändern. Schwierigkeiten bereitete anfangs nur die Dosierung. Es handelt sich um ein Goldfalz, dessen Injektion also eine starte Metallvergiftung hervorruft. Diese Vergiftung vernichtet auch den Luberfelbazillus, ob das aber auf die Art geschieht, daß die Krankheitscrreger unmittelbar abgetötet werden, oder ob das Mittel nur ein tödliches Togin auslöst, ist noch unbekannt. Tierversuche scheinen jedoch nur darauf zu deuten, daß der zweite Fall vorliegt.
Die klinischen Bersuche sollen vollständige Heilung im Anfangs stadium und bedeutende Besserung bei vorgeschrittener Krankheit ergeben haben. Auch Fälle von Nierentuberkulose usw. sollen günstig beeinflußt worden sein. Wenn sich auch nicht alle Hoffnungen eifüllen sollten, die mon in dänischen Aerztekreisen an das Mittel fnüpft, fo scheint es sich doch jedenfalls um ein neues, wertvolles Hilfsmittel im Kampf gegen die Tuberkulose zu handeln.
Die Wiederbevölkerung der Meere. Die beständige Abnahme der Erträge in der Fischerei ist ein schweres Problem, das in den letzten Jahren unter den verschiedensten Gesichtspunkten studiert worden ist. Erst fürzlich kamen wieder Meldungen aus England, wie außerordentlich die Zahl der Fische zurückgegangen ist, und man muß befürchten, daß es immer weniger Fische im Meer geben wird, wenn nicht die Wiederbevölkerung gelingt. Maßnahmen werden in allen Ländern Europas mit Küstenland, in Großbritannien und Amerita ergriffen und erwogen. In gewissen Gebieten ist das Fischen wegen der Kleinheit der dort vorhandenen Fische verboten, und jede Uebertretung wird schwer bestraft. Aber trotzdem wird noch eine große Verschwendung mit den Bewohnern des Ozeans getrieben. Alljährlich werden Tausende von Tonnen Fische ans Band gebracht, die wegen ihrer Kleinheit wertlos find, die liegen bleiben, verfaulen und dann billig als Dünger vertauft werden. Würde man sich beim Fischen nur auf ausgewachsene Tiere be schränken, so würde man nicht nur beffere Ware für die Fischmärkte liefern, sondern auch die Meere nicht von Tieren entblößen, die im reifen Zustande durch ihr Laichgeschäft den Vorrat an Fischen bes trächtlich vermehrt hätten. Jedes Jahr werden neue Erhebungen und Statistiken über die Bevölkerung der Wassertiefen gemacht,