ganze Ueberstunde, die auf andere Tage im Jahr« vertellt ist. Ms wesentlich» Merkmal ist noch anzuführen, daß die englische A r b e i t's w o ch e, d. h. die verkürzte Arbeitszeit am Sonnabend. die die Sonntagsruhe um einen halben Tag verlängert, im all- gemeinen in Frankreich durchgeführt ist. Daher kommt es, daß in gewissen Fabriken gewöhnlich 9 und manchmal 9'A Stunden während der ersten fünf Wochentage gearbeitet wird, woraus man im Ausland die Schlußfolgerung zieht, daß der Achtstundentag in Frankreich nicht durchgeführt ist. In Wirklichkeit hat der fron- zösisch« Arbeiter im Durchschnitt während des ganzes Jahres eine Arbeitszeit von 48 Stunden wöchentlich. Man muh sich Rechenschaft ablegen, welche ungeheure T r a g w « i t« dies« Reform in Frankreich hotte. Der französisch« Arbeitsminister G o d a r d war berechtigt, ihr« Ergebnisse zu rüh- men. Vor dem Krieg war die Arbeitszeit im Durchschnitt in Frank- reich länger als in Deutschland . Di« seitdem durchgesührt« Ver- kürzung ist sehr bedeutend. Die Ausnahmen, die das französisch« Gesetz vorsieht, sind mit dem Wortlaut und dem Geist des Ab- komMens von Washington wohl in Uebereinstimmung zu bringen. Ist denn das Abkommen von Washington im übrigen nicht dem Wortlaut des französischen Gesetzes nachgebildet worden? Die französisch« Regierung ist überzeugt, das Abkommen ratifizieren zu können, ohne verpflichtet zu fein, die bestehende Gesetzgebung ab- ändern zu müssen. Das Jnternotional« Arbeitsamt ist nicht be- auftragt, das Abkommen auszulegen, und sein Verwaltungsrat hat das immer strikt« abgelehnt, um so weniger darf es der Direktor. Aber in dem Maße, in dem ich berufen bin, Auskünfte zu geben, glaub« ich sagen zu können, daß es genügen würde, wenn ein Staat sich die französische Auslegung zu eigen macht, um ohne Unannehmlichkeiten für ihn das Abkommen von Washing- ton ratifizieren zu können. Im übrigen ist dies eine Angelegenheit der vertragschließenden Parteien. Unter diesen Umständen glaube ich nicht, daß es für die rati- fizierenden Staaten von großem Nutzen ist, fortgesetzt den Artikel 14 des Abkommens anzuziehen, um ihre Rechte wahrzunehmen. Obwohl man mir, ich weiß nicht warum, die Baterschaft dieser Doktrin zuschreibt, glaube ich nicht, daß der Artikel 14 in den meisten Fällen der Ausführung des Abkommens in Wirkung tritt. Nach meiner Auffassung könnt« sich die deutsche Regierung weit zweckmäßiger auf ander« Artikel des Abkommens, besonders auf den Artikel S(bezieht sich auf Arbeiten, die ihrem Wesen nach regelmäßig vorübergehende'Unterbrechungen erfahren� berufen, um die Möglichkeit zu haben, Ausnahmen m Fällen außer- ordentlicher Arbeits Häufung festzusetzen. Wir sind noch nicht am Ziel«, schloß der Direktor des Arbeits- amtes seine Ausführungen, aber ich glaube sagen zu können, daß nur uns ihm erheblich genähert haben, und ich hoff« bestimmt. daß dieses Ziel auch erreicht wird. Jetzt hat der Deutschs Reichstag das Wort, dem die Reichs- regierung, nach der Erklärung des Reichsarbeitsministers, die Ratifizierung des Walhingtoner Abkommens wohl sofort bei seinem bevorstehenden Wiederzusammentritt vorschlagen wird.
Ein Interview mit üem yenker. Tie Toten schweigen, die Mörder reden. Einen Monat nach Ausbruch des Georgischen Aufstandes ist der Moskauer Korrespondent des„Berliner Tageslattes" Herr Paul Scheffer , in Tiflis erschienen und berichtet nun über den Charakter und die Ursachen des Aufstandes. Das Be- ginnen ist löblich, aber der Wert dieses Berichtes, der in großer Aufmachung im„Berliner Tageblatt" erschienen ist, wird da- durch gekennzeichnet, daß er sich ausschließlich auf die Angaben der derzeitigen Herrscher Georgiens stützt, die mit dem blutigsten Mittel den Aufstand niedergeworfen haben und nun zu der Blutjustiz noch die infamste Verleumdung hinzu- fügen. Herr Scheffer hat bereits vor kurzem unliebsames Auf- sehen erregt, indem er sich in der Frage des Eintritts Deutsch- lands in den Bölkerbund zum Sprachrohr des russischen
Außenkommisiariats machte. Jetzt hat er sich selbst über- troffen, indem er kritiklos die Jnfonnationen übernimmt, die ihm O r g j e n i k i d s e, der Leiter der bolschewistischen Strafexpeditionen, und M o g i l e w s k i, der Chef der kaukasischen T s ch e k a, mitgeteilt haben. Diese Jnfor- mationen der bolschewistischen Henker erscheinen ihm wertvoll genug, um sie dem deutschen Publikum als objektives Tatsachenmaterial zu unterbreiten und auf Grund ihrer den georgischen Aufstand als ein Unternehmen zu kenn- zeichnen, das von westeuropäischen sozialistischen Kreisen im Bunde mit ausgesprochenen Imperialisten in Szene gesetzt worden sei. Diese Version, die seit Wochen in der Sowjetpresse wieder- gekäut wird, wird nun, gestützt auf die Autorität des Henkers Orgjenikidse, auch im„Berliner Tageblatt" vertreten, das sich auf diese Weise zum Sprachrohr der kommunistischen Tscheka in Georgien gemacht hat. Wenn etwas in diesem Berichte von Interesse ist, so ist es die zynische Erklärung des Leiters der Tscheka , Mogilewski, daß unmittelbar nach Ausbruch des Auf- standes 44 schon seit längerem in Tiflis gefangen gehaltene „Schuldige" erschossen wurden und daß insgesamt etwa 320 Erschießungen infolge des Aufstandes stattfanden. Bisher sind bekanntlich diese Massenhinrichtungen von der kommu- nistischen Presse geleugnet worden. Jetzt werden sie vom Chef der kaukasischen Tscheka ostiziell zugegeben, der unter Hinweis darauf, daß im Publikum ganz andere Zahlen verbreitet seien, zynisch erklärte:„Umso besser!" Dieses Geständnis der bolschewistischen Henker wird nicht dadurch gemildert, daß sie fortgesetzt versuchen, die seit langem ge- fangen gehaltenen Führer der georgischen So- zialdemokratie, die von ihnen erschossen wurden, als die Schuldigen an dem Aufstande hinzustellen. Wir haben bereits auf Grund sowjetamtlichen Materials den Beweis erbracht, daß gerade die ermordeten fozialdemokra» tischen Führer entschiedene Gegner des Aufstandes waren und selbst vom Gefängnis aus ihre Anhänger warnten, sich an einer Aufstandsbewegung zu beteiligen. Wenn jetzt von bol» schewistischer Seite das Gegenteil behauptet wird, so kann das nur als vergeblicher Versuch der Mörder gewertet werden, die ungeheure Blutschuld von sich abzuwälzen. Zur Kennzeichnung der Berichterstattung des Herrn Scheffer sei noch hinzugefügt, daß sein Hauptgewährsmann Orgjenikidse seit der Okkupation Georgiens eine solche Gewalt- Herrschaft dort ausübt, daß selbst Lenin in seinen Briefen an T r o tz k i vom Dezember 1922 verlangte, daß Orgjenikidse „exemplarisch bestraft" und aus Georgien entfernt werde. Dies ist nicht geschehen, vielmehr hat dieser Bluthund jetzt die Möglichkeit erlangt, sich an den gefangenen Mitgliedem des georgischen sozialdemokratischen Zentralkomitees dafür zu rächen, daß sie ihn im Jahre 1907 wegen Beteiligung an Banditenüberfällen aus der Partei ausschlössen. Bon solchem Schlage sind die Gewährsmänner des Herrn Scheffer, deren Informationen ihn zu dem Urteil verleitet haben, daß der Aufstand in Georgien auf einem„merkwürdigen Bündnis zwischen Geschästsimperialismus und Sozialismus" beruhe.
tzelst den russischen Gefangenen! Appell an die Demokratie Westenropas und an die Sowjetregierung. Aus den russischen Kerkern dringt ein Verzweiflungs- und Hilfeschrei itsch Westeuropa herüber, der nicht angehört ver- hallen darf, ivenn nicht das Wort Menschlichkeit«in leerer Wohn sein soll. Auf den Solowetzk-Jnseln im Weißen Meer , im Be- zirke des nördlichen Polarkreises, sind nun schon im zweiten Jahre mehr als 490 russische Sozialisten interniert, die furchtbar unter dem lnörLcrisckjen Klima, der mangelhaften Ernährung und der brutalen Behandlung leiden. Nach den an di« Auslandsdelegation der Sozial- demokratischen Partei Rußlands gelangten Nachrichten sind 43 Proz. der Gefangenen an Skorbut und Tuberkulös« erkrcmft,
3 Gefangen« wahnsinnig geworden, 8 Gefangene Ende vorigen Jahres aus dem nichtigsten Anlaß von der Wache erschossen worden! Die Zustände in den überfüllten Kerkerräumen, einem alten, ehemaligen Kloster, waren bereits vor Monaten so fürchterlich ge- worden, daß die Gefangenen erklärten:„Wir werden diesen zweiten Winter nicht überleben" und— vergebens!— in den Hungerstreik«intraten. Bergebens auch erhoben sie die flehentliche Forderung, irgendwo andershin transportiert zu werden, um nicht in d>:m dumpfen, eisigen Kerker bleiben zu müssen. Die bolschewistische Regierung hat vielmehr seitdem weitere Nach- schübe politischer Gefangener nach den Solowetzk-Jnseln und den noch weiter nördlich liegenden Anserfki-Inseln geschickt, die dorr dem gleichen Schicksal des langsamen Berhungerns und Erfrieren, preisgegeben sind. Wir Unterzeichneten sind der Meinung, daß dies« Art der Int er. nierung und Behandlung politischer Gefangener— gleichviel, wa» ihnen die russische Regierung zur Last legen mag— gegen alle Gebot« der Menschlichkeit und der politischen Moral verstößt und deshalb den schärfsten Einspruch aller derer finden muß, die es für ihr« Pflicht halten, gegen di« Barbarei ihres Zeitalters anzukämpfen. Wir übergeben deshalb diese skandalös« Behandlung politischer Gefangener dem Urteil der Oeffentlichkeit u»sd richten, zugleich im Namen aller GleichgesinMen, die dringlich« Aufforderung an die Sowjetregierung, schleunigst dafür zu sorgen, daß die Opfer einer solchen Barbarei noch einem geeigneteren Ort verbracht und emer Verpflegung und Behandlung teilhaftig werden, di« eines Kulturstaates würdig sind. Ferner bitten wir, ohne jeden Verzug eine Sammlung vorzunehmen, die es ermöglicht, für die Kranken und Eniträfteten so rasch wie möglich Lebensmittel und Kleidungssrücke zu beschaffen. Die Beiträge nimmt entgegen: Dr. Paul Hertz, M. d. R., Chor- lottenburg. Neue Kantstr. 3 Wir hoffen dringend, daß dieser doppelte Appell an di« Sowstt- regierung und di- Freunde der Menschlichkeit in Westeuropa nicht ohne Erfolg bleiben wird! Gez. Eduard Bernstein . M. d. R., Hellmut v. Gerlach, Paul Hertz. M. d. R., Karl K a u t s k y, Dr Rudolf H i l- f e r d i n g, M. d. R., Paul L ö b«. M. d. R., Heinrich S t r ö- bei, M. d. R., Prof. Dr. Walter Echücking, M. d. R., Chefredakteur St ivin, Prag , Dr. K. e. Freiherr v. Echoen- aich, Dr. Hugo Preuß. Reichsminister a. D., M. d. 2., Paul ki) i r s ch, Staotsnn nister a. D„ F. Wachhorst de W e n te, M V. L., Gras Harry Keßler , Prof. Dr. Ludwig Q u i d d e. Otto Nuschke , M. d. L.. H. Golap, Generalsekretär des Internationalen Verbandes der Fnedensgesellschcrstm, Schweiz , Arno Holz .
Potsdam als nationales Heiligtum. Volksparteilichcr Vorstoß. Di« ooltsparteilichen Abgeordneten Buchorn, Hollmann und Held haben im preutzsschen Landtag folgende Kleine Anfrage eingebracht: „Das Austreten des französischen.Pazifisten Bäsch hat aus weit- Kreise, des preußisch-deutschen Volkes wie eine..Heraus- forde rimg gewirkt, denn Potsdam ist mehr als jede andere SWdk «in« Art nationales Heiligtum, von dem Preußen» Aufstiieg in die Welt begonnen hat. Dort in dieser Zell , da die Geister von hüben und drüben begreiflicherweise noch gegenein- ander stehen, einen Franzosen sprechen zu lassen, bezeugt einen bedauerlichen Mangel an Verständnis aller an dieser Deranstal- tung Beteiligten für die seelische Einstellung unseres Volkes. Ist das Staatsminifterium dazu bereil, in Zukunft dafür Sorge zu tragen, daß das preußisch-d-utsche Nationalempfinden durch derartige Herausforderungen nicht unnötig wieder verletzt wird?" hoffentlich erteilt das Preußisch« Staatsministerium diesen Nolksparteilern, die nichts Eiligeres zu tun hatten, als ihren deutschnationalen Gesinnungsfreunden den Rang abzulaufen, um- gehend die gebührende Antwort: daß auch Potsdam kein Anrecht darauf hat, ausschließliches Paradefeld der Haken- kreuzler und Stahlhelmer zu fem.
lklternsunöen. Von Dr. K. Weitzel. Man macht so seine Beobachtungen. Wenn ich früh zum Dienst gehe, führt mich mein Weg durch städtische Anlagen und über einen schmuckplatz, in dessen Mitte«in Sandhaufen für unsere Kinoer thront. Früh reckt dieser sein« künstlerisch geformte Spitze stolz in die Lust. Mittags, wenn ich zum zweitenmal vorübertomme, ist der Sandhaufen meist bedenklich in die Breit« gegangen. Die ganz Kleinen, di« noch nicht Schulpflichtigen, haben ihm vormittags ja schon mehrere Stunden zugesetzt. Es ist aber eine wahre Lust, wenn man sieht, mit welcher Ausdauer und Einbildungstrast die kleine Welt hier spielt. Daher setze ich mich gern für ein halbe» Stündchen hin. Wie oft schon konnte ich von meinem Plätzchen aus beobachten, daß sich eine Mutter mit Ueberredungskünsten. mit guten oder bösen Worten immer wieder bemühte, ihr Kind vom Spiel weg. zubringen und zum ijeimgehen zu bewegen, wenn die Stund « geschlagen hatte! Ich könnte eine Art Stufenleiter von Szenen zusammenstellen, die sich dabei abzuspielen pflegen, vom stummen Gehorsam cm bis zu einer an Rüpelei grenzenden Widersetzlich- keit. Auf die oft erörterte Frage des kindlichen Gehorsams sei hier nicht tiefer«ingegangen, sondern nur auf eine Kleinigkeit hinge- wiesen: Vater und Mutter haben verspielt, wenn sich das Kind gewöhnt, auf eine gegebene Anordnung hin mit den Eltern zu „verhandeln". Die beste Regel ist: Gib nicht zu viel An- ordnungen. äußere d'.ch kurz und bündig, überlege dir vorher genau, ob dein Befehl berechtigt ist, sage es-dann e i n mal, sag« es auch zweimal, öfter nicht! Dafür dringe auf sofortige vorbehaltlose Ausführung! Hat man das Kind von früh an in diese Richtung geleitet, so wird ihm der Gehorsam gegen die Eltern bald das Selbstverständliche sein, und es ist zwischen Kind und Eltern«ine Reibungssläche vermieden, welche die Eintracht in so vielen, be- sonders kinderreichen Familien empfindlich zu stören pflegt. Ein anderes Bild!--- Kommt da neulich ein Väter mit seinem Söhnchen quer über den Platz gegangen! Das Bürschchen ist kaum drei Jahre alt und bemüht sich au» Leibeskräften, inst dem vorwärtshastenden Vater S ch r i t t z u h a l t e n, der in seiner Gedankenlosigkeit gar nicht sieht, wie sich der Klein« abquält, wie er trippelt und rennt, nur um mitzukommen. So eine Schindereil denke ich bei mir. Wie wenig wird von den Eltern doch in dieser Hinsicht auf die Kleinen Rücksicht genommen, deren Körper und Lunge hier eine ungeheure Arbeit leisten muß! Eine eigentlich selbswerständliche Forderung ist die. daß man als Erwachsener auf den Jnteressentrei» de, Kinde« so weit und so oft als möglich eingeht. Da kann man aber auf Straßen ügd Plötzen, besonders Sonntags, fein blaues Wunder erleben! Zwar werden die Kinder mitgenommen, aber wenn sie nicht gerade Spielgefährten haben, hat kaum jemand für das, was s i e von den Dingen in der Welt sehen, Interesse. Da unterhält sich der Daier mit der Mutter, mit dem Onkel, mit der Tante: das Kind bleibt mit seinem Interessenkreis unbeachtet oder wird gar„angeschnauzt", wenn e, wagt, dt« Unterhaltung der Großen mit seinen Fragen. Beobachtungen und Eindrücken zu stören!
Wenn ich nachmittags zwischen 5 und 6 Uhr nochmals mein Plätzchen aufsuche, kommt regelmäßig«in Herr, anscheinend ein wohlhabender Kaufmann, mit seinem etwa fünfjährigen Jungen. Er läßt das Kind nicht von der Hand, noch niemals' habe ich es herumspringen sehen. Beide sehen sehr korrekt aus, Vater wie Sohn. Alles an ihnen ist„wie geleckt". Ich denke nur: Armes Kind! Was soll aus dir je werden? Ihr Eltern, gebt«uern Kindern Kameraden! Jedes Geschöpf sucht doch Gemein- schaft mit seinesgleichen und wird erst dann seiner selbst ganz frohl Erst im Verkehr mit Menschen gleichen Allers und gleicher Eni- wicklungsstufe kann das Kind in natürlicher Weise aus sich heraus wachsen und gedeihen und jene Frische, jene Ursvrünglichteit und innere Lebensflllle behalten, die das Schönst« am Menschen ist und allein ein« wirkliche Persönlichkeit zu erzeugen oermag. So selbst- verständlich das ist, so bös« steht? da noch in manchen Elternköpsen aus. Wie richtig hatte doch demgegenüber ein einfacher Mann au» dem Volke, der am Sonntag vormittag mit seinem Kleinen über den Platz kam. seine Baterstellung erfaßt! Trotz des Sonntags» anzugs machte der Junge beim Vater„Huckepack", jauchzte in di« Welt hinaus und strahlt« übers ganze Gesicht, als der Vater ihn herunterholle und mit einem solennen Kuß aus den Boden setzte. Au? innerstem Gefühl heraus tat der Mann mit seiner Zärtlichkeit etwas, wonach sich Kinder auch vom Dater, nicht nur von der Mutter, hin und wieder sehnen. Zärtlichkeit! In jedem Wesen lebt ein« geheim« Sehn- suckst danach! Schenkt sie euern Kindern, schenkt ihnen Liebe und Wärme in Form der Zärtlichkeit, sonst werden sie ebenso hart, ver- bissen, mit sich zerfallen, wie ihr Eltern es oft seid! Freilich soll Zärtlichkeit mtt Maß angewandt werden und mcht in Sühlichkeit und fortwährende Tätschele! ausarten. Daß man überhaupt in der Angleichung an kindliche Art auch des Guten zu viel tun kann, das zeigte mir ein Vater, der sich ein- mal mit seinem vierjährigen, frisch in di« Welt blickenden Knirvs neben mir niederließ. Auf olle Fragen des Kleinen ging er liebe. voll ein, aber er tat da« in einer Sprachform. d. jv in einer g e- macht-kindlichen Sprache, die für einen Ecn- oder Zwei- jährigen gepaßt hätte. Zweifellos hatte der gutmütige Herr sich seinerzeit ganz auf den„Jargon" des Ein- oder Zweijährigen ein- gestellt, aber eins vergessen, was Eltern überhaupt niemals ver- gessen sollten, daß nämlich aus Kindern Leute werden. Guter Wille,«in wenig Nachdenken und die Beobachtung de« Naheliegenden und Selbstverständlichen: die Vereinigung dieser drei Dinge erspart den Eltern iedes pädagogische Snstem. �ber auch viel Aerger: unseren Kindern kann sie nur zum Segen werden.
A. R. 3 fährt nach Amerika . Von Fritz Müller, Chemnitz . Der Zahlenmensch:...und dann beträgt die grähte Breitenausdehnung des Luftschiffes 28 Meter. Es könnt« also nur in folgenden Straßen unserer Stadt(Schlußruf«).... Der Schieber: Schade, daß wir kein« Zeppelin« mehr bauen dürfen! So«in Ding zu verschieben, das wäre Sache!! Der Toschendieb: Aber heute habe ich Geschäft« gemacht! Alle Welt guckt ja in die Luft und niemand achtet auf sein« Taschen!
Dan den 12 Minuten, di« Z. R. 3 zu sehen war, kann ich mW- bestens 12 Monate leben! Der Deutsch völkisch«: Kein einziges Hakenkreuz war an dem Luftschiff angebracht! Kein Flieger brachte soviel völkischen Sinn auf, dem Zepp— das klingt übrigens recht hebräisch!— nachzustiegen und«in paar Hakenkreuze dranzumalen! Der Zählkellner: Erst ging das Geschäft so tyn. Auf einmal kam das Luftschiff. Da rücke alles ab und nur em Drittel der Leute kam zurück und bezahlte di« Zeche. Da sieht man. daß nicht Politik— bei den Wahlversammlungen gibt«s keine Zech- pKller!— sondern Luftschistahrt den Charakter verdirbt! Der Herr Oberstudienrat: Also, Jungens, wenn ihr groß seid, ist es eure helligste Pflicht, dieses stolze Luftschiff, das der Schmachfried« uns geraubt hat, zurückzuholen. Drum laßt uns da« schön« Lied singen: Siegreich woll'n wir....(Zuruf: Der Zeppelin fliegt doch nicht nach Frankreich !).... Der Schüler: Ich wette um sonst was, daß wir morgen vom Zeppelin sprechen und einen Aussatz darüber schreiben müssen! Der Kommuni st:(Telegramm) Frau Golk«, Berlin , Reichstag . Anfrage, ob wir anläßlich Durchfahrt von Z. R. 2 Hoch! oder Nieder! rufen sollen. Ein Friedensfreund: So fliege denn glücklich hinüber, du stolzes Luftschiff! Verkünde aber auf deinem Weg« nicht nur, was deutscher Erfindergeist und was deutscher Fleiß vermag, sondern helfe auch di« Bänder von Volk zu Boll, von Erdteil zu Erd- teil wieder knüpfen, we der unselige Weltkrieg zerrissen hat!
Der schlecht gekleidete Herriot . Kleider machen Leute— vielleicht in der Wellgeschichte, sicherlich aber in den Augen de» Schneider- meistere. Es ist somit verständlich, wenn die in Hannooer«rschei» nende Wochenschrift„Der Schneidermeister" die Kleidung de« sran- zösischen Ministerpräsidenten— nach einer vielverbreiteten photo» graphisch:» Aufnahm«— vom Standpunkt des Maßschneiders aus einer klitischcn Prüfung unterzieht. Das Ergebnis ist fatal. Der Anzug zeigt so viele Sitzfehler,„daß man ihn für Konfektion halten kann. Jni einzelnen werden di« Weste mit ihren vielen Falten, die falsch geschnlltcn« Hose— ohne Bügelfalte— und das falsch balan- eierte und offenbar ohne Roßhaar verarbeitet« Sakko durchgenommen. H>:rriot macht also dem Lande der Eleganz keine Ehre. Aber„Der Schneidermeister" weiß ein« Entschuldigung: er ist«in überhasteter Poliliker, der lediglich seinen großen Ideen lebt und darüber sein Äeußeres ven'ach'ässigt. Trotzdem loll er nicht Vorbild fein, denn den Vertretern eines Kulturvolkes steht es wohl an. sich nicht nur gut zu bekleiden, sondern» sich richtig und geschmackvoll anzuziehen. In anerkennender Weise wird dabei der Reichspräsident zitiert, der sich befleißigt, stets gut gekleidet in der Oeffentlichkeit zu erscheinen. ver unsterbliche Hund. Daß der Mensch unsterblich sei, ist ein etwas naiver Wunsch des sich als Krone imd Endzweck der Welt- gefchichte betrachlenden Menschen Aber daß er da» gleiche Vor- recht auch seinem Hunde zugesteht, ist doch etwa» mehr al» naiv. Di« Frage:„Lebt der Hund nach dem Tode fort?" die die englisch « Zeitschrist„Dog World" an einig« hervorragende Männer England» richtet, hat eine Reihe von Antworten ausgelöst, die sich von der schroffsten Ablehnung dieses Gedankens bis zu semer freudigen Be,