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Mittwoch, den 6. September 1922
5. Jahrg, Nummer 324
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Die Einigungsgrundlage
Das Sehnen des sozialistischen Proletariats nach Einigung geht seiner Erfüllung entgegen. Das Attentat der Reaktion auf die Republik hat die beiden sozia listischen Parteien zu gemeinsamem Kampfe zusam mengeführt. Aus der aktuellen Kampfgemeinschaft erwuchs das Verlangen nach dauerndem Zusammenschluß. Die Reaktion erwies sich wieder einmal als ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und doch das Gute schafft". Jetzt liegt das von den Parteivorständen der beiden sozialdemokratischen Parteien gemeinsam ausgearbeitete„ Aktionsprogramm der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei Deutschland 3" vor. Die Mitgliedschaften beider Parteien und die Parteitage in Augsburg und Gera werden zu ihm Stellung nehmen, der Ginigungsparteitag in Nürnberg wird darüber das letzte Wort haben.
Aktionsprogramm
der
Der Gang der geschichtlichen Entwicklung zeigt, daß der Kapitalismns der Welt Friede, Arbeit und Brot nicht zu geben vermag. Immer zwingender wird die Erkenntnis, daß die Menschheit nur durch den Sozialismus zu Freiheit und Wohlfahrt gelangen kann.
In dem Streben, alle Kräfte des Proletariats zur Er: ringung der politischen Macht, zur Beseitigung der Klassen: herrschaft und zur Verwirklichung des Sozialismus einheit: lich im Klassenkampf zusammenzufassen, stellt die Vereinigte Sozialdemokratische Partei Deutschlands , ausgehend von den Grundsägen des wissenschaftlichen Sozialismus, folgende Kampfziele in den Vordergrund:
Das Aktionsprogramm zeigt die Gemeinsamkeit der Anschauungen, die erfreulicherweise jetzt wieder in beiden Parteien herrscht. Es geht aus von den Grundsäzen des wissenschaftlichen Sozialismus und will alle proletarischen Kräfte im Klassenkampf zusammenfassen zur Eroberung der politischen Macht, zur Beseitigung der Klassenherrschaft und Verwirklichung des Sozialismus. Von dieser Grundlage aus sind die nächsten und dringendsten Forderungen für die Aktionen auf den wichtigsten Kampfgebieten aufgestellt. Sie beginnen logisch mit den Forderungen zum Schue der Republik , den Kampfzielen, die den Anlaß zur Verwirklichung der Vereinigung bilden. Dabei ist ausgesprochen, daß die Sozialdemokratie die demofratische Republik nicht als das Endziel staatlicher Ge- ganisch gegliederten Einheitsstaat meinschaft, sondern als den günstigsten Kampfboden für die Verwirklichung des Sozialismus betrachtet. Daran anschließend folgen die Forderungen, die dem Kampf gegen die selassen justiz dienen.
Von den politischen Forderungen geht das Aftionsprogramm dann über zu den Fragen der Finanz- und Wirtschaftspolitik. Es verlangt eine grundlegende umfassende Finanzreform, die auf dem Prinzip den Quellenbesteuerung und der Lastenverteilung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aufgebaut ist. Die Forderung der Sachwerterfassung ist in der Formulierung einer unmittelbaren Beteiligung des Reichs an den Erträgen der kapitalistischen Unternehmungen erhoben. Zahlreiche weitere Einzelbestimmungen im Sinne der bekannten zehn Forde rungen der Gewerkschaften reihen sich dieser finanzwirtschaftlichen Hauptforderung an. Wirtschaftspolitisch stellt das Aktionsprogramm in den Vordergrund die gerade jest wieder so aktuelle Versor gung der Bevölkerung mit Lebensmit= teln und die Förderung des gemeinnüßigen Wohnungsbau es und schließlich die Soziali sierung der Schlüsselindustrien, vor allem des Bergbaues.
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In logischer Verknüpfung folgen darauf die sozialpolitischen Forderungen, die vor allem dem Schuh der menschlichen Arbeitskraft gelten. Dabei steht im Vordergrunde die Abwehr aller Angriffe auf den Acht st un dentag, die Sicherung des Roalitions- und Streifrechts, die Beseitigung der Technischen Nothilfe nach den Beschlüssen des Leipziger Gewerkschaftskongresses, die Fürsorge für Bedürftige, Arbeitsunfähige und Arbeitslose sowie der Ausbau des wirtschaftlichen Rätesystems. Forderungen auf dem Gebiete des Volksgesund= heits-, Erziehungs=
schließen sich an.
und Schulwesens
In der Erkenntnis, daß die demokratische Republik für den Kampf des arbeitenden Volkes den weitesten Spielraum, die sicherste Grundlage und den Ausgangspunkt für die Verwirklichung des Sozialismus bietet, fordert die Vereinigte Sozialdemokratische Partei Deutschlands den schärfsten und rücksichtslosesten Kampf gegen alle Bestrebungen zur Wie: derherstellung der Monarchie, Ausgestaltung der Reichswehr zu einer zuverlässigen Verteidigungswasse der Republit, Festigung der Reichseinheit, Ausbau der Republik zum or:
Diefe Politik erfordert in den Ländern die Reinigung des Polizei: und Beamtenkörpers von den Anhängern der Monarchie. Umfassende Demokratisierung der gesamten Ver waltung, Selbstverwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbände, Bekämpfung der partikularistisch - reaktionären Be strebungen,
II. Rampf gegen die Klassenjustiz Umgestaltung des gesamten Rechtswesens nach soziali: stischen Grundsäßen. Zusammensetzung der Richterkollegien aus allen Voltsschichten. Entscheidende Mitwirkung gewähl= ter Laienrichter in allen Zweigen der Justiz. Abschaffung der Todesstrafe. Beseitigung aller gesetzlichen Bestimmungen, dem Manne gegenüber benachteiligen.
die die Frau in öffentlicher und privatrechtlicher Beziehung
III. Finanz- und Wirtschaftspolitik Grundlegende umfassende Finanzreform, die auf dem Prinzip der Quellenbesteuerung und der Lastenverteilung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aufgebaut ist.
Unmittelbare Beteiligung des Reiches an den Erträgen der kapitalistischen Unternehmungen. Erbrecht des Reiches bei entfernten Verwandtschaftsgraden. Pflichtteil des Reiches, abgestuft nach der Zahl der Erben. Verhinderung von Steuerhinterziehung und Kapitalflucht. Schärffte Besteue= rung der Spekulationsgewinne, insbesondere der Gratisaktien und Bezugsrechte, Erhöhung der Ausfuhrabgaben bis
zur völligen Erfassung der Valutagewinne, verschärfte Er
fassung der Auslanddevisen mittelst wirksamer Kontrolle durch die Außenhandelsstellen.
Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit
Lebensmitteln, insbesondere mit Brot, Kartoffeln, Fleisch,
Milch und Zuder unter Mitwirkung und Förderung der Genoffenschaften. Förderung des gemeinnüßigen Wohnungsbaus. Bekämpfung des Baustoffwuchers.
Kontrolle der privatwirtschaftlichen Monopole. Sozialisie rung der Schlüsselindustrien, insbesondere des Bergbaus.
IV. Sozialpolitik
Schutz der Arbeitskraft durch Ausbau der sozialen Gefeß:
gebung. Abwehr aller Angriffe auf den Achtstundentag. Her absehung der Arbeitszeit in gefährlichen und gesundheitsMänner und Verbot der Nachtarbeit für Frauen und
schädlichen Betrieben. Einschränkung der Nachtarbeit für
Jugendliche, Verbot jeder Erwerbsarbeit für schulpflichtige Kinder, Sicherung der Koalitionsfreiheit und des Streits rechts. Ausbau der staatsbürgerlichen und wirtschaftlichen Rechte der Beamten. Ersatz der technischen Nothilfe durch Einrichtungen, welche die Notstandsarbeiten in lebenswich tigen Betrieben durch Selbstdisziplin der Arbeiter unter Mits wirkung der Gewerkschaften sichern. Ausreichende Fürsorge für bedürftige, arbeitsunfähige und arbeitslose Mitglieder der Gesellschaft. Schaffung eines einheitlichen Arbeitsrechts. Ausgestaltung des wirtschaftlichen Rätesystems zu einer Vers tretung der sozial- und wirtschaftspolitischen Interessen der Arbeiter, Angestellten und Beamten.
der
Ers
V. Volksgesundheit und Volkserziehung Vergesellschaftung des Gesundheitswesens, ziehungs- und Bildungseinrichtungen. Einheitsschule mit weltlichem Charakter, Erklärung der Religion zur Privats sache. Ausgestaltung der Schule nach sozialistisch- pädago gischen Grundsäßen. Verbindung der Erziehung mit der materiellen Produktion.
VI. Infernationale Politik
Kapitalismus und Klassenherrschaft der Besitzenden haben den Weltkrieg entfesselt und nach seiner Beendigung sich volls tommen unfähig erwiesen, einen wirklichen Frieden herbei= zuführen. Ein solcher Friede kann nur aus dem Geist des internationalen Sozialismus geschaffen werden. Die Ver= einigte Sozialdemokratische Partei Dentschlands fordert die Fortseßung einer Außenpolitik der Verständigung und des Wiederaufbaues unter Berücksichtigung der Leistungsfähig= feit Deutschlands . Sie erkennt in dem Wiederaufbau der zer störten Gebiete Nordfrankreichs und Belgiens eine moralische Pflicht Deutschlands sowie das unerläßliche Mittel, durch diese Wiederherstellung die Völkerbeziehungen zu bessern. Sie gibt aber der Ueberzeugung Ausdruck, daß die fortschreitende Zerrüttung der deutschen Staats: und Volkswirtschaft sowie der furchtbare Währungsverfall ausreichende Erleichterungen der Reparationslasten zu einer zwingenden wirtschaftlichen Notwendigkeit machen.
Der Krieg des Imperialismus und seine Fortsetzung in den Friedensverträgen haben eine schwere Weltkrise erzeugt: in den Siegerstaaten Arbeitslosigkeit, Produktionsstodung, Unverkäuflichkeit der Rohstoffe und Fabrikate; in den be siegten Ländern: Sinken der Kaufkraft der Löhne, Verschlech= terung der Lage der arbeitenden Klassen, Expropriation des Mittelstandes, Zwang zur Schlenderkonkurrenz.
Krieg, Wirtschaftskrise und Friedensvertrag haben die arbeitenden Klassen aller Länder zu Besiegten des Imperia= lismus gemacht. Der Kampf gegen die imperialistische Politik für die Abänderung der Friedensverträge, für die Ueberwindung der Macht- und Gewaltpolitik durch eine internationale Rechtsorganisation erfordert den Zusammenschluß des Weltproletariats zu einer einheitlichen gefestigten Kampfgemeinschaft.
Die Kampfziele unseres Aktionsprogramms erheischen die
höchste Kraftentfaltung des Proletariats, die Stärkung all seiner politischen, gewerkschaftlichen und genossenschaftlichen Organisationen, die volle Geschlossenheit und Einheit seiner
Aktion. Die Partei ruft deshalb alle Arbeiter, Angestellten und Beamten auf, die Einheit zu verwirklichen. Pflicht aller Parteiangehörigen ist es, in den Gewerkschaftsorganisationen allen Zersplitterungs- und Spaltungsbestrebungen mit größter Energie entgegenzutreten. Die Forderungen unseres Programms müssen zur Grundlage des gemeinsamen Kamp
ses aller vom sozialistischen Geist erfüllten Organisationen werden. Mit erhöhter Siegeszuversicht, mit gestählter Kraft
wird sich dann die historische Sendung der arbeitenden Klasse vollenden: die Verwirklichung der sozialistischen Gesellschaft!
Den Schluß des Aktionsprogramms bilden die Fragen der internationalen Politik. Dabei wird wieder angeknüpft an den Einleitungssatz. Kapitalismus und Klassenherrschaft werden für den Beltkrieg und die ihm folgenden chaotischen Zustände verantwortlich gemacht. Sie werden für un= fähig erklärt, einen wirklichen Frieden herbeizuführen, der nur aus dem Geiste des internationalen Sozialismus geschaffen werden kann. Es wird gefordert, daß die Außenpolitik der Verständi= gung und des Wiederaufbaues fortgesetzt wird unter Berücksichtigung der deutschen Leistungsfähigkeit. Der Wiederaufbau Nordfrankreichs und Belgiens wird als moralische Pflicht Deutschlands und als ein Mittel zur Besserung der Völkerbeziehungen bezeichnet. Unter Hinweis auf die fortschreitende Zerrüttung der deutschen Wirtschaft und Währung werden austionslasten begründet. Des weiteren wird unter Bezugnahme auf die durch Kapitalismus und Krieg Verpflichtung, insbesondere allen Zersplitte=| manche Einzelheiten aufzählen, die aufgenommen wer=
reichende
Erleichterungen
der Repara=
hervorgerufene Weltkrise mit ihren verheerenden Wirkungen für Sieger und Besiegte der Kampf gegen den Imperialismus proflamiert und zu seiner Durchführung der internationale Zu= sammenschluß des Weltproletariats ge
fordert.
Das Aktionsprogramm klingt aus in einen Auf= ruf zur Zusammenfassung aller Kräfte des Proletariats in seinen politischen, gewerkschaft
nungs- und Spaltungsbestrebungen in den Gewerkschaften energisch entgegenzutreten und einer Aufforderung, die aufgestellten Forderungen zur Grundlage des gemeinsamen Kampfes aller vom sozialistischen Geist erfüllten Organisationen zu machen.
Diese gedrängte Uebersicht über das Aktionss programm zeigt, daß es alle wesentlichen Kampfziele des sozialistischen Proletariats sehr glücklich ver