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Ein Dichterspiegel.

Arno Holz  : Die Blechschmiede."( Berlin   1924, 3..

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Diez Nachfolger.)

Hans W. Fischer  :

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Arno Holz  , eine Einführung in fein Bert." Ebenda,

Der romantische Glaube, daß ein Gott dem Dichter im Traum gebe, zu fingen, was er leide, hat sich längst als holder Wahn er­n lefen. Bezaubernde Stimmungen, ergreifende Strophen können vielleicht ab und zu solch begnadeter Unbewußtheit" entwachſen, Söhenwerte der Kunft gewiß niemals. Zu denen gehört Klarheit es Weges und des Zieles, strenge Arbeit an sich und am Werke, Auseinandersetzung mit der Zeit und mit eigenen Zweifein, un­crmüdlicher, bewußtester Kampf um Form und Gehalt.

zum Zentrum befennen sich 281 Blätter., Rechnet man nun noch auf der anderen Seite die ehrlich und verstedt tommunistischen Zeitungen hinzu, so ergibt sich ein Gesamtbild von 80( 1) verschiedenen Gruppen. Sofort erhebt sich die Frage, wer ist schuld an dieser fata­Strophalen Zersplitterung, an der die deutsche Arbeiterschaft in feiner Hinsicht ein Interesse haben tann? In gar keiner Hinsicht, da die eben doch nur scheinbare Zersplitterung auf der bürgerlichen Seite einer betrogenen Leserschaft zwar vieles, nichts aber dem einzig und allein zu befämpfenden Kapitalismus schaden fann. Sichert sich doch der schwerindustrielle Kapitalismus durch seine Hugenbergs stets noch, was er will. Alle rechtsbürgerlichen Blätter, gleichgültig, ob sie sich nun auf vorläufig absehbare oder unabsehbare Zeit auf den ihnen unbequemen Boden der gegebenen Tatsachen stellen, find häufig ver­schieden in der Schattierung, ähnlich meist in der letzten Tendenz, fämtlich einander gleich in ihrer zersetzenden, verheßenden und, was das Schlimmste ist, in ihrer verdummenden Wirkung.

Wenn wir Mittebenden in Arno Holz   endlich den über ragenden und bahnbrechenden Künstler erfannt haben, so liegt der Noch einmal: Wer ist schuld? Nun, einmal find es natürlich die, Grund dafür gerade in der zäh erfämpften Uebereinstimmung zwi- die von jeher gewohnt sind, andere für sich denken zu laffen; andere fche formendem Willen und formendem Können, in der hinreißenden und wenn es eine Hoffchranze ist in der Lokal- Anzeiger" Einheit von quellender Schöpferfraft und wachsamstem Kunstver Redaktion. Schuld ist das behäbige Bürgertum, das, wenn's weit stande, im schwererrungenen Sieg über die voefieverlossene Wirt fommt, am Stammtisch einmal über Reformen" diskutiert, das aber lichkeit, und der dichterische Rechenschaftsbericht über diesen nie aus- von den Sozis die in totaler Berkennung der nationalen Belange" fegenden Streit der eigenen und der Weltkräfte liegt uns in der Umschichtung und Umgestaltung der Wirtschaft erstreben, nichts Blechschmiede" vor. Darum ist sie ein Produkt der üppigsten wissen will. Schuld find aber auch jene zahllosen, die ihrer ganzen Phantasie und der hellsten kritischsten Bewußtheit, deshalb läßt sie sozialen Lage nach zum Proletariat gehören, aber doch schon in fich in fein Schema einfangen, auf teine Inhaltsangabe reduzieren, folchem Maße verhalbbürgerlicht sind, daß sie die farblose und ober­als gigantisches Gefäß aller Bisionen, Ideen und Zweifel des Dich- flächliche Generalanzeigerpreise lesen, die gerade deshalb so ge­ters, aller Irrtümer Eitelkeiten, Betrügereien und Hoffnungen der fährlich ist, weil man ihr nicht sofort die antiproletarische Einstellung Beit mußte sie eine ebenso tiefe wie sturile Grotesfe werden. anmerft. Mit dem Worte Volksgemeinschaft" gehen alle diefe Nach richtenblätter hausieren, die Phraje flingt großartig und verpflichtet zu nichts. Boltsgemeinschaft freier Eintritt! Die Besucher wer den sich wundern!( Ach nein, die wenigsten merken etwas. Und wundern tut fich taum einer.)

Mit Arno Holz   ist auch die Blechschmiede" in organischem Wachstum herangereift, aus dem schmalen Buch von 1902 find die beidet an tausend Seiten starken Bände der endgiltigen Ausgabe geworden, weil der Reichtum der inneren Erfahrungen und Kämpfe ben ursprünglichen Rahmen der Literaturfatire und Selbstbespiege fung gefprengt hat und alle Qualen der Einsamkeit und des Bar­Panntseins, das Ringen um Gott   und die Welt, der Hohn gegen ein in Lob- und Geldgier verjumpftes Geschlecht ihren Niederschlag darin gefunden haben. Nicht vielleicht, daß Holz in das geduldige Gefäß einer romantischen Literaturfomödie alles, was ihn beschäftigte oder drückte, mahllos hineingepreßt hätte; ſondern er ließ die Reime, die von Anbeginn an da waren, sich zu voller leppigkeit und Größe entfalten, indem er sie mit den besten Kräften eigenen Trachtens und Sinnens nährte, und so, wurde die Blechschmiede", wenn auch in heiterem Gewande, eine tiefernste Auseinandersetzung über Wesen

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Mann wird es beffer? Wann gerbrechen die Böiter aus Ethos die Schwerter, wann finden sie sich in Brüderlichkeit? Wann be­kommen die endlich Kleider, welche heute frieren, wann sättigt man die, die täglich jetzt hungern? Wann ist das deutsche Wesen so, daß man sich seiner für die Volksgemeinschaft" typischen Aeußerungen nicht mehr zu schämen braucht?

Besiegt die Dummheit, befieat die eigene Dummheit, die welche die eigenen Metzger sich wählt! Dann endlich seid ihr auf dem Wege, der zur Sonne, zur Freiheit uns führt!

Traumfymbole, Die Traumdeutung, die der große Psycho­analytiker Freud   begründete, hat uns ganz neue Aufschlüsse über Dies geheimnisvolle Reich des Unbewußten gewährt, mit dem sich die Menschen von jeher so viel beschäftigt. Nach Freud erscheinen in den Träumen die Wünsche, die uns im wirklichen Leben nicht verwirklicht werden, und zwar erscheinen sie nicht als reale Dinge, sondern in Symbolen. Ein englischer Psychologe Robert Graves   erläutert in seinem soeben erschienenen Buch Die Bedeutung der Träume", solche Wenn wir z. B. von Sinnbilder, wie sie im Traume erscheinen. einem Manne namens Schmidt träumen, so tritt dieser nicht in der uns bekannten Erscheinung auf, sondern wir sehen vielleicht einen Hufschmied, der ein Pferd beschlägt oder wir denken im Traum an einen Mann namens Müller und sehen eine Mühle vor uns. Aber nicht nur der Name dient im Traum als Sinnbild, sondern auch der Beruf. Mir beschäftigen uns im Traum mit einem Ingenieur und sehen eine Maschine, die an seine Stelle getreten. Oder: eine Persönlichkeit mit einer sehr großen Nase besucht uns im Traum, und wir erblicken statt ihrer einen Elefanten. Die Nase hat sich in einen Rüssel verwandelt. So haben die Träume gar manches mit den Karifaturen gemein, die wir in Wizblättern sehen; es ist eine symbolisch ausgedeutete und verzerrte Welt. Auch die Sinnbilder, die häufig in Gespräch gebraucht werden, werden uns im Traum in ihrer buchstäblichen Bedeutung vorgeführt. Der Träumende steht in Wirklichkeit mit einem Herrn Braun in Geschäftsbeziehung;' er hält ihn für nicht ganz ehrlich, und nun sieht er im Traum einen Indianer, der ihn einseift, wie wenn er ihn rasieren wollte. Der braune Indianer steht an Stelle des Herrn Braun, und seine wunder­fiche Tätigkeit bedeutet, daß Braun den Träumenden gehörig ein­seifen möchte, wie wir sprichwörtlich für betrügen fagen. Wenn jemand träumt, daß er seine Großmutter geheiratet habe, lo läht sich das dahin deuten, daß er eine viel ältere Frau liebt. Wenn er sich im Traum für Goethe hält, so heißt das, daß er dichierischen Ehrgeiz befigt. Die schwierige Frage, warum wir träumen, fucht Graves u. a. damit zu erflären, daß er annimmt, wir hörten im Schlaf leise Geräusche, wie z. B. das Knarren der Möbel, das Sausen des Windes, das Rascheln von Mäusen usw., die sehr verstärkt im Traum auftreten und gewisse Borstellungsfolgen auslösen.

Bon den höchsten Tieren der Erde. Erstaunliche Einzelheiten aus der Tiermelt des höchsten Gipfels der Erde teilte der Natur­forscher der legten Everesterpedition Major R. W. Hingston in in einem Bortrag vor der Londoner Geographischen Gesellschaft mit. Wir fanden Spuren von einem dauernden tierischen Dasein noch weit über der Schneelinie des Himlaja und 4000 Fuß oberhalb fleine des legten Pflanzenwuchses," sagte er. Das waren

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und Form der Distung und des Lebens und mit gutem Grunde Aus dem Reich der Mitternachtssonne. Spinnen, und sie sind die am höchsten lebenden Tiere

nennt fie Seine, Rabelais  , Cervantes  , Swift und Aristophanes   als ibre Alvorderen". Da merden Geethe und seine Epigonen, werden die Münchener, Naturalisten, Symboliften und Stefan George fritisch gezauſt, Zeitschriften- und Theaterbetrieb, Gesellschaft und Staat präsentieren sich in ihrer erbärmlichen Blöße, das Erfenntnisstreben der Philoſephen und der Entwicklungsgedanke lösen grotest- gewaltige Bifionen aus, Arno Holzens eigenes Ich geistert als" Autor", als Herr Anfang Zwanzig"," Herr Mitte Dreißig" und in noch manch anderer Gestalt durch die Szenen, um andere und sich selbst zu richten, und wo sich das Werk zum größten Ernste verdichtet, dort gipfelt es in dem Kernjaz einer neuen, menschengeborenen Religion:

" Gott   ist nicht, Goit wird!"

Wie der Gehalt, so funfein auch Aufbau und Sprachform von unerschöpflichem Reichtum: Aus der Zirbeldrüße des Dichters", in der fich der Kampf der Liberarischen Meinungen und Eitelfeiten ab­spielt, geht es zu einer auch Goethe an infernalischer Phantastik und fosmischer Seherkraft übertreffenden modernen Walpurgisnacht", von hier auf die Insel der Seligen" als auf den Schauplatz aller irdischen Genüsse, dann an die Wässer Babylons", denen der Dichter die bittere Fülle feines Grams und der Enttäuschungen an­vertraut, und endlich zum Hochgericht". der Stätte der letzten lite­rarischen Hinrichtungen. In den Zwischenspielen" greift das Bublifum ein, dreitausend Gestalten aus allen Zeiten und Zonen mirbeln über die imaginäre Bühne, Idyll, Tragit, Inrische Ver­fenkung, Spaß und Hohn wechseln unaufhörlich. Dazu die souveräne Herrschaft über Bers, Wort und Saz, der bald knapp zusammen­gepreßt, bald zu Riefengebilden ausgedehnt wird, das Fangballspiel mit Reimen und Strophen, die niederrauschenden Ströme von Phantajusrhythmen: wahrlich, es ist ein in unzählbaren Flächen fayimmernder, Holzens Denten, Wollen und Können, vielfältig brechender, in seiner Röftlichkeit einzigartiger Spiegel eines Dichters! Als Dichterspiegel ist auch die Einführung in das Wert" Don Arno Holz   gedacht, die Hans W. Fischer  , der herausgeber der Diegschen Gesamtausgabe, soeben erscheinen läßt. Sie gibt nicht eine Darstellung des äußeren Lebens, die tatsächlich wenig Aufschluß bräche, sondern sie schildert die Entfaltung der künstlerischen Per­fönlichkeit mit achtunggebietender Folgerichtigkeit. Bom Buch der Zeit", von den Schriften des fonfequenten Realisten" und vom lephantafus" her führt Fischer zu den Gipfelwerken des Dichters: dem Daphnis", den Dramen Sozialaristokraten" und" Ignora­bimus" und der Blechschmiede", indem er die innere Notwendigkeit ihres Wachstums aus den Keimzellen der Frühwerke und die orga­nische Beitung und Ausgestaltung der leitenden Formprinzipien nachweist. So erfassen wir Holzens Gesamtwerf als genial bewußte Ausstrahlung eines zwingenden Eigengesetzes, der unserer Zeit über Geschäft und Betriebsamfeit entschwundene Begriff " Dichter" bekommt beispielgebende und große, ja vielleicht sogar überlebensgroße Gestalt. Dank diesem Ergebnis ermeitert fid) Fischers Einführung" aus der Schilderung eines Einzelnen, wenn cuch Führenden zur Biographie eines großen, imponierenden Enpus.

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In der Ausstattung der beiden Bücher, namentlich des wunder­voll auf Bütten und in Großquart gedruckten Fischerschen, geht der Dieg als Arbeiterverlag neue und vorbildliche Wege: Format, Papier, Sapspiegel und Einband fünden dem Leser durch ihre fchlichte Gebiegenheit, daß er hier Auserlesenstes in auserlesenem Gewande in die Hand bekommen, er wird am schönen Scheine der einen besseren Gegenstand, sie zu betätigen, als das monumentale Gesamtwert von Arno Holz  , gibt es heute wahrlich nicht.

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Alfred Kleinberg.

Die Statistik der Dummheit.

Von Erich Gottgetreu  .

Das nor menigen Wochen in aller Stille eröffnete Institut für Zeitungstunde" an der Universität Berlin hat in diesen Tagen eine interessante Arbeit ausgeführt: es hat die Angaben über die deut­schen Tageszeitungen im Rudolf Mosseschen Zeitungskatalog von 1925 statistisch festgelegt. Wer einmal wissen will, warum es den deutschen Proletariern noch immer so bredig geht, weshalb von wirt­lichem Kulturbewußtjein taum etwas in Deutschland   spürbar ist, und mie es fommt, daß die weite Welt noch immer mißtrauisch ist gegen jenes Wesen, an dem sie eigentlich doch genesen foll wer so wiß­begierig ist, der sehe ich einmal näher an, aus welchen Fattoren Die Zahl 3168 so viel Tageszeitungen gibt es in Deutschland  zufammengesetzt ist.

Sage mir, was du liest und ich sage dir, wer du bist. Sage mir, was das Volk der Dichter und Denter" liest, und ich sage dir, daß es von jenen, auf die sich seine Oberlehrer jo gern berufen, nicht eines Geistes Hauch verspürt. Die Statistik ist erschütternd!

Um nur einige Zahle zu nennen: es stehen nach den Angaben Der Berleger rund anderthalb Hundert Zeitungen der Sozialdemo­fratischen Bartei rechts gegenüber: 496 Blätter, bei denen die Ge­finnungslosigkeit ebenso einfach wie bedeutungsvoll durch einen Strich distret angedeutet wird, 1134 Blätter nennen sich parteilos, 108 bürgerlid), 33 rechtsstehend, 104 deutschnational, 227 national, was scheinbar besser flingt, 14 vaterländisch und 1 benamft sich valer ländisch- national" mer fann das schon anders sein als die Leip­ziger Neuesten Nachrichten"? Hinzu kommen noch sehr viele Splitter, ferner die mehr oder minder offiziellen Parteizeitungen Deutsch  boltsparteilich nennen fich intereffanterweise nur 48, demokratisch 95,

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Bon Joe Jerabed.

Ein Großteil des Eisenerzes, das im Ruhrgebiet   Verwendung findet, stammt aus dem nördlichen Schweden  , von den Erzbergen und lagern Gällivare, Kirunavare, Luoffavare; aber auch andere industrie treibende Länder, England, Belgien   und sogar Amerita führen diese Erze in großen Mengen ein.

Noch vor 20 Jahren mar der einzig mögliche Transportweg zur See besonders für die lenigenannten Länder sehr lang und umständlich, da die Schiffe nur im schwedischen Hafen Luleaa  ( sprich Quleo) laden fonnten und die ganze skandinavische Halbinsel( durch den Bottnischen Meerbusen  , dann die Ostsee  ) umfahren mußten, um die offene Nordsee zu gewinnen. Um nun einen fürzeren Trans­portweg zu bekommen, baute man eine Bahnlinie von den erwähn­nordnorwegischen Küste. Der Bahnbau gestaltete fich im hohen Nor ten Erzlagern auf fürzestem Wege nach der Nordsee  , also bis zur den überaus schwierig, denn je mehr man sich der Nordküfte nähert, besto gebirgiger wird die Gegend, die bereits arttischen Charakter trägt. Die längste Strede der Linie führt durch das Lappengebiet hohe Biadukte, durch zahlreiche Tunnels, in Mittelhöhe schroff ab­( nördlich des Polartreises), auf schwedischem Boden, dann aber über fallender Bergeshänge nach Norwegen   und mündet am Pfotenfjord, der tief in das Land einschneidet, einen natürlichen Hafen bildend. Diese nördlichste Bahn der Erde befördert nicht nur ungeheure Mengen an Eisenerzen, sondern ist auch für den Personen und Postverkehr von großer Bedeutung geworden, ganz abgesehen von den unvergleichlichen Naturschönheiten, die der Reisende be­jonders im Sommer zu sehen bekommt.

Im Jahre 1903 wurde die Bahn dem Verkehr übergeben und es fanden normale Dampflokomotiven englischer Konstruktion Ber­wendung, aber am 1. Mai 1923 murde die Bahn elektrifiziert, eine überraschende Tatsache, die zeigt, wie fehr die Technik auch im hohen Norden während und nach dem Kriege fortschreitet. Derzeit sind 127 Tonnen schwere Lokomotiven im Betriebe, die fast 20 000 Tonnen Erzladungen ziehen können. Interessant ist zu erwähnen, daß in der Zeit des Winters, insbesondere bei Schneefall, mindestens jede Stunde eine Lokomotive mit einem Schneepflug die Strede be fahren muß. Würde z. B. im Oktober ein auch nur halbtägiger Verkehrsstreit eintreten, dann könnte die Linie wegen der rasch sich ansammelnden hohen Schneeschicht bis zur Schneeschmelze im Früh jahr nicht befahren werden.

Der Ort, an dem das Erz aus den Waggons auf Schiffen verladen wird, heißt Narvit, eine Stadt mit etwa 12 000 Cin­wohnern, die erst im Jahre 1993 gegründet wurde und heute die be deutendste Stadt Nordnorwegens ist. Narvif ist nicht ohne Intereffe für das Ruhrgebiet  , zumal im gewissen Sinne eine wirtschaftliche zusammengehörigkeit besteht. Um diese zu erklären, brauche ich nur 34 bemerken, daß zur Zeit des passiven Widerstandes im Ruhrgebiet  zahlreiche Arbeiter in Narvik   wegen Arbeitsmangel entlassen werden mußten, denn von allen Ländern bezieht Deutschland   die größten Quantitäten an Erzen, die in fünf Klassen sortiert zur Berladung temmen: Klasse A mit 0,5 Proz. bis Klasse E mit 1,5 Proz. Phos phorgehalt.

Ünweit des Meeres breitet sich Narvik   auf einem mäßig breiten Bergesfuße aus und hat nur ein bis zwei Stockwerke hohe Bohn häuser, die von Holz gebaut find, mit Ausnahme der Schulen und des Seemannsheimes( Backsteinbau). So wie in jeder norwegischen Stadt heißt auch hier die Hauptstraße Kongensgate und die zweit­schönste und bedeutendste Dronningensgate, non der die Neben straßen nach amerikanischem Muster im rechten Winkel abzweigen. Mehrere Schiffs- und Handelsagenturen haben hier ihre Nieder­lassungen, und im Sommer find die vier großen Hotels famt den fleineren Penfionen außerstande, die zahlreichen fremdländischen Gäste unterzubringen.( Das Phänomen der Mitternachtssonne lact auch viele deutsche Touristen nach dieser Gegend, da sie infalge der hellen Nächte unsere Tagessonne scheint im Sommer über dem Polartreis auch des Nachts Bolartreis auch des Nachtsbeliebig langdauernde Bergpartien machen können.)

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Der Weltkrieg machte auch hier seinen Einfluß geltend, und die Lebensmittelkarten sind dem Norweger nicht erspart geblieben. Ein erbitterter Seekampf spielte sich in der Nordsee   auf der Höhe Narvits ab und manches norwegische Schiff, mit Erzladungen nach England bestimmt, wurde versenkt.

Unmittelbar neben dem Seemannsheim steht ein übermanns­hoher Steinsockel mit folgender Darstellung aus Bronze: Im Bordergrund ein im Sinfen begriffenes Schiff in der stürmischen Nordsee   und an den einzigen Mast flammert sich verzweifelt etn dem sicheren Tode gemeihter Matrose hilfesuchend an. Deutlich meist er, der Matrose, nach der Schiffsflagge, an der unschwer die norwegische Nationalität zu erfennen ist. Im Hintergrunde dieser Bronzedarstellung ist die Bedeutung des Ganzen: ein deutsches 11- Boot, welches das Schiff versentte, da dieses Konterbande, eine Erzladung nach England, führte. Als am 17. Mab( dem National feiertag der Norweger) 1923 dies Monument enthüllt wurde, stand ich in nächster Nähe des Festredners in peinlichster Erwartung einer bitteren Anklage gegen die Deutschen  . Aber nichts von alledem ge­chah: die Toten wurden als Kriegshelden geehrt, die anwesenden Leidtragenden getröstet, doch einen Haßgefang auf Deutsche gab

es nicht.

In den letzten Jahren haben sich erfreulicherweise unsere Be ziehungen zu dem Brudervolle im Norden noch gebeffert. Die freundliche Aufnahme der zahlreichen deutschen Sommergäste ist der beste Beweis dafür

der Erde. Sie leben auf Inseln von zerflüftetem Fels, rings um­geben von Schnee und Eis. Nirgends um sie herum gibt es ein Zeichen von irgendwelchem pflanzlichen und tierischen Leben, und fie fönnen nur existieren, indem sie sich gegenseitig fressen. Die Wildschafe und Berghafen fristen ihr Leben noch auf den öden zib­hängen in 17 000 Fuß Höhe. Es gibt einen fleinen Rotschwanz, der sein Nest in derselben unwirtlichen Höhe baut. Wir fanden Heu­schreden in 18 000 Fuß Höhe an der äußersten Grenze, bis zu der Bilanzen noch gedeihen. Dit sahen wir den gewaltigen ämne geier um den Berg in 20 000 Fuß Höhe kreisen. Auf Bienen, Motten und Schmetterlinge stießen wir noch in 21 000 Fuß Höhe, auf Spi nen bei 22 000 Fuß und Dohlen trafen wir sogar in der Riesen­Die Gebirgssäugetiere find, um fie gegen höhe von 27 000 Fuß. die furchtbaren Stürme zu schüßen, meiſt mit bichtem Haar bes fleidet. Das sieht man schon an den Herden der Hausziegen, die an den tieferen Abhängen des Everest weiden und denen das lange Haar wie ein Rock über die Beine herunterhängt. In 12000 Höhe sah ich Schweine, die mit dichtem braunen Haar beber waren, sehr verschieden von den mit ſpärlichen Borsten bedeckten Schmeinen der Ebene. Der Yat- Ochse hat über der Haut eine dichte Wollschicht, über die dann die Haare wie eine Schürze hetabhängen. Die Apollo- Schmetterlinge, die in den furchtbaren Stürmen auf den Bässen von 17 000 Fuß Höhe herumflattern, haben ganz feste und steife Flügel, die nicht so leicht wie bei unseren Schmetterlingen ob­gehen tönnen und ihre Körper haben ein Belzkleid. Bei der Suche nach Nahrung bilden manche Vögel eine Lebensgemeini haft mit Säugetieren. Dies ist z. B. bei der Dohle und dem Wildſchaf der Fall. Die Dohle sitzt auf dem Rüden de States and fuh: ich seine Infektennahrung im Haar des Tieres, das über dieje Bejrewrg ven läftigen Bewohnern sehr erf: cut ift."

Wenn im zivilisierten Europa   Spaziergänger oder Kinder Don Wie man sich im Urwald gegen den Biß giftiger Schlangen hilft. Kreuzottern gebissen werden, dann ist wohl meistens fachkundige Hilfe( Arzt, Sanitätsstation, Apotheke) nach kurzer Zeit zu erreichen. nur selten sind die Folgen des Bisses tödlich. Anders ist es im tropischen Urwald. Dort ist man im Augenblick des Unfalles oft einige Tagereisen weit von der nächsten Ansiedlung entfernt, hat überdies auch nicht immer geeignete Arzneien zur Hand. Indessen scheint die Natur seibst in jenen Gegenden dem Menschen wirksame Abwehrmittel zur Verfügung zu stellen. Von solcher Selbsthilfe erzählt Up de Graff in seinem interessanten Buch Bei den Kopf­jägern des Amazonas  ". Sein Reisebegleiter war von einer gefähr­lichen Schlange gebissen worden; schon zeigten sich die ersten An­zeichen raschen Kräfteverfalles. In dieser Not erinnerte unser Ge­währsmann fich eines drastischen Heilmittels, das in jenen Ländern nach den Mitteilungen der Eingeborenen schon oft Rettung gebracht hatte. Die Schlange log nicht ganz einen Kilometer entfernt; fein Freund hatte sie sofort nach dem Biß getötet. Up de Graff eilte hin, entnahm dem Tier die Gallenblafe und ließ fie den Patienten ver schlucken. Das betroffene Glied wurde oberhalb des Bisses ab­gebunden und eine glühende Kohle auf die Bißstelle gelegt, bis fie gründlich, ausgebrannt war. Bereits nach 48 Stunden war der Reisegefährte wieder wohlauf. Er hatte nichts Schlimmeres als Schwindel und Blutungen aus Mund und Nase auszustehen gehabt.

Wie tief kommen wir in die Erde hinein? Mit den modernen Bohrapparaten kommen wir natürlich sehr tief in die Erde hinein. Aber auch ohne Zuhilfenahme der menschlichen Technik führt uns die Natur stellenweise tief in das Innere der Erde. Bis dahin nahm man meistens an, daß die tiefste Schlucht der Erde, die man eher eine Höhle nennen müßte, die Höhle von Trebiciano bei Triest   mit ihren 329 Metern sei. Nunmehr ist es aber einer Gruppe italienischer Alpinisten gelungen, eine noch tiefere Schlucht aufzu spüren, die bis auf 360 Meter in die Tiefe geht. Sie liegt bei dem Dorfe Raspo in Istrien  . In sie hinein zu gelangen, foll freilich schwieriger sein als die schwierigste Hochgebirgstour..

Leben wir in einer Eiszeit? Die Eiszeit war, wie wir wissen, eigentlich eine Folge von mehreren Eiszeiten, unterbrochen von so­mides Klima. In der geographischen Gesellschaft von London   hat genannten Interglazial-, d. h. Zwischeneiszeiten. Diese hatten ein Anfang Januar d. 3. der Klimatologe Brooks einen Vortrag ge­halten, über den zunächst nur kurze Berichte vorliegen. Seine An­1800 v. Chr. zu sehen wäre, nicht, wie man fonft vermutete, ficht ist, daß die Höhe der letzten Zwischeneiszeit um das Jahr 5000 v. Chr., und zwar würde damals die mittlere Jahrestemperatur an der norwegischen Küste 4 Grad höher gewesen fein als heute! Er begründet das mit Untersuchungen der norwegischen Fjorde. Der Grund des Zu- und Abnehmens der Temperatur, aljo der Eiszeiten und der wärmeren Zwischenzeiten, liegt in der schwimmenden Eis­tappe des nördlichen Eismeeres, die entweder die Stärke und Größe der heutigen Zeit haben tann oder vielleicht auch periodisch ganz ver­schwindet, aus Ursachen, die wir noch nicht fennen. Es ist bezeich nend, daß die norwegischen Seefahrer, die ja in alten Zeiten einen dauernden Berkehr mit Island   hatten, Grönland   besuchten und sogar Amerifa entdeckten, in ihren Berichten wohl heftige Stürme er­wähnen, aber niemals Eis. Auch große asiatische Wanderungen im Norden, wie das lleberströmen der Eskimos nach Alaska   und weiter oftwärts, meisen auf eine eisfreie, wärmere Zeit hin. Erst im zwölf­ten Jahrhundert, meint Brooks, habe sich die Eiskappe der Polar­gegend neu gebildet, das Klima wurde fälter, die nördlichen Wan­derungen famen zum Stillstand, der Berkehr mit Grönland   und dem amerikanischen   Norden schlief ein. So wären wir also mitten in einer Eiszeit!