Liebtnecht-Zeier in Serlm. Die sozialdemokratische Partei ehrt den Soldaten der Revolution.
Der Bezirksverbond Groß-Berlin der SPD. veranstaltete gestern abend im„Schweizergarten" am Königswr eine würdige Feier des IM. Geburtstages von Wilehelm Liebknecht. Parteigenössische Funktionäre füllten den Saal schon längst vor Beginn. Rote Fahnen, geschmackvoll angeordnet, schmückten das Podium festlich. Auf schwarzrotgoldenem Hinter- grund hing ein lebendig gemaltes Schwarz-weiß-Bild des Führers. Der Männerchor Fichte-Georginia sang, geleitet von seinem Chor» meister Wilhelm Knöchel . Lieder von Büttner und Lendvai. Die Gedenkrede hielt Genosse Friedrich Stampfer : Mein erstes Wort sei ein Gruß an die unter Ihnen, die mit dem Helden der Jahrhundertfeier noch durch persönliche Erinnerung verbunden sind, die seine Kämpfe mitgekämpft haben und am 12. August 19M hinter seinem Sarge hergeschritten sind, nicht nur, um einen großen Toten zu beklagen, sondern mehr noch, um vor der Welt Zeugnis davon abzulegen, daß sein Werk über seinen Tod hinaus blieb und wuchs. Das Jahrhundert, das uns von dem Geburtstag Liebknechts trennt, war eines der größten der menschlichen Geschichte, reich an stürmischer Bewegtheit und gran- diosem Zusammenprall der Ideen und der Massen. Drei Viertel dieses Jahrhunderts hat Wilhelm Liebknecht erlebt. Er gehört zu den großen geschichtlichen Persönlichkeiten seiner Zeil. Jenes Gießen, wo er geboren war, lag damals 2 Tagereisen von Berlin entfernt, im„A u s l a n d". Die Technik steckte noch in den Kinderschuhen. Das Landvolk bildete die erdrückende Mehrheit der Bevölkerung, aber schon begann das Manufakturwesen größere Arbeitermassen zusammenzufassen. So ist Liebknechts Geburtszeit auch die Geburtszeit des deutschen Proletariats. Auf den zersplitterten Ländern Deutschlands lastet« der Druck der heiligen Allianz. Aber in die rheinische Lande hallen die Flammen der großen französischen Revolution stärker hineingeschlagen als in das übrige Deutschland . Und die Universität war damals ein revolutionärer Faktor. So war es an sich nichts Außer- gewöhnliches, daß der Student Liebknecht ein Soldat der Revolution wurde. Das Außergewöhnliche besteht darin, daß er es b l i e b. Die meisten studentischen Kämpfer von 48 fanden sich bald in ein gemächliches Philisterdasein zurück. Andere scheiterten und gingen unter. Rur wenige blieben stärk. Sie fanden ihre Stärke dadurch, daß si«"ihren llebergang vom Bürgertum zum revolutionären Proletariat fanden. Liebknecht / der sich schon als Student mit den Lehren des utopischen Sozialismus beschäftigt hatte, flüchtete nach London und kam dort in den Kreis des damals 32jährigen Karl Marx . Erst 1862 konnte er nach Deutschland zurückkehren. Er war immer zu sehr ein Eigener und Eigenartiger, um im engeren Sinne des Wortes ein Marxist werden zu können. Marx hatte mit sast übermenschlicher Willensanstrengung den Strom seiner revolutio- nären Leidenschaft in das Bett streng wissenschaftlichen.Denkens hineingezmungen. Das gleiche gelang Liebknecht nicht. Im Kampfe zwischen Geist und Herz siegte in ihm oft das Herz. Gerade da- durch aber wurde er vor einer G'fahr bewahrt, der manche Epi- gonen von Karl Marx verfallen sind, der Gefahr einer kaltschnäu- zigen R e v o tut i on s m a t h« m a t i k, die da glaubt, die großen gejelllchastlichen Umwälzungen berechnen zu können, wie Astronomen den Gang der Gestirne, und die sich dabei um den lebenden Menschen wenig kümmert. Man tonn'"\ nicht nur mit dem Verstände Sozialist sein, man muß es auch mit dem Herzen sein. Und weil es Lieb- tnecht so sehr auch mit dem Herzen war. konnte er der groß« Apostel der Masten werden, der er geworden ist. Liebknecht liebt« das Frankreich der Revolution und das Eng- land, das ihm Asyl geboten halle. Er haßte aus ganzer Seele den zaristischen Osten. Er liebte das deutsche Aolk, aber er sah seinen Todfeind im reaktionären Preußen. Als groß- deutscher Republikaner sand er sich mit Bebel, geriet aber in Gegensatz zu den Laslalleanern, die die preußisch« Lösung der deutsche Frage als den allein möglichen Fortschritt angenommen hatten und nun versuchten, aus der preußischen Regierung sozial- politische Zugeständnisse für Preußen herauszuschlagen. Das Jahr 1870 brachte den ersten Bruderstreit um die Be- willigung von Kriegskrediten. Aber Bebel und Liebknecht erwiesen hier den weiteren Blick: sie vollzogen den Schnitt zwischen der Arbeiterbewegung und dem Bürgertum, das bald darauf zu Bismarcks Füßen lag, nicht bloß theoretisch, sondern äuch praktisch. Deswegen bleibt doch nicht weniger wahr, daß die Gründung des deutschen Kaiserreichs mit dem allgemeinen gleichen Reichstagswahlrecht ein Fortschrill war.
Dieser Keim der Demokratie wurde von Liebknecht und Bebel sorgsam gepflegt. Aber wie weit war man unter den, herrschenden System der Reaktion noch von der ganzen Demokratie entfernt! Liebknecht hat da einmal in der Bar- zweiflung die Auffassung vertreten, daß das allgemeine Wahlrecht wenig nütze und daßderSiegnurinderStraßenschlacht gewonnen werden könne. Er hat aber diesen Irrtum bald wieder korrigiert. Und was das Entscheidende ist, er wollte die Schlacht schlagen nicht gegen die DemokraNe, sondern für sie. Wie ja Bebel und Liebknecht nie in ihrem Leben der Gedanke ge- kommen ist, der Sieg des Sozialismus könne gewonnen werden ohne die Demokratie oder gar gegen sie. Der Leipziger Hochmrratsprozeß wühlte die Masten tief auf. Aber bald darauf kam der große Schlag des Sozialistengesetzes. dieses größten politischen Justizmordes, begangen an einer ganzen Partei, ausgeführt durch die Aechtung einer edlen Ge- sinnung. Die Sozialdemokratische Partei , die beschuldigt worden war, die Attentate Hödels und Nobllings angestiftet zu haben, halle weder an Allentale noch an Putsche gedacht. War doch der Marxismus im Gegensatz zum Putschis» m u s entstanden. Stand er doch im Kampf gegen den Aber- glauben, daß die Verzweiflung der Massen und der Wille entschlossener Führer genügen, um eine Revolution zu beliebiger Zeit ins Leben zu rufen. Wovon Bebel und Liebknecht überzeugt waren, das war etwas ganz anderes. Das war die Gewißheit, daß sich eine Umwälzung im Schöße der Gesellschaft vor- bereitete, für die es galt, die Masten reif zu machen. Daher der berühmte Ruf Liebknechts„Wissen ist Macht, Macht ist Wissen". Im Kampf mit geistigen Waffen, mit dem Buch, der Broschüre, der Zeitung, dem Stimmzettel in der Hand wuchs die Partei. Das Sozialistengesetz fiel, es starb an seiner inneren Ohnmacht und noch zu Lebzeiten Liebknechts, tm Jahre 1898, wurde die Sozialdemokratie mit 2,1 Millionen Stimmen die g r ö ß t e Partei Deutschlands . So hatte Liebknecht Gewaltiges erreicht, als er sich zum ewigen Schlafe hinlegte. Und dann? Was ist dann geworden? Diese Frage läßt sich jetzt nicht erschöpfen. Man kann aber auch an ihr nicht vorübergehen. Es kamen die Kämpfe und das Preußenwahlrecht. Es kam der große Krieg und mit ihm neuer Bruder st reit. Es kam der Zusammenbruch von 1918, und es kam die R e p u b l i k. Es kam die Spaltung der Partei, aber auch wieder die Einigung und mit ihr neuer Aufstieg. Es kamen die Tage, an denen 12Vz Millionen Männer und Frauen durch Unterschrift ihre Treue zur Repu- b l i k besiegelten. Noch harren die großen sozialen Probleme ihrer Lösung, noch harrscht tiefe Not. Aber in allen Kämpfen ist die Sozialdemokratische Partei die weitaus stärkste Part« geblieben. Ihr und keiner anderen haben die Millionenmassen des arbeitenden Volkes die Führung auf dem Weg in die Zukunft anvertraut. Ihren größten Triumph vielleicht hat die Partei erlebt, als die Kommuni st en den Ruf nach dem Volksbegehren und dem Volksentscheid erhoben. Denn das war eine prinzipielle Kapitulation, eine Waffenstreckung vor den Grundsätzen der sozialdemokratischen Politik. Es war eine Anerkennung der Tatsache, daß die brutale Gewalt, die nach Wilhelm Liebknecht st eis reaktiv- n ä r gewesen ist, nichts zu schaffen vermag und daß der Sozialismus auf dem Boden der Demokratie, des allgemeinen Stimmrechtes seine Siege suchen muß. so wie wir es stets gepredigt hatten. Der törichte Streit um die Frage, auf welchem Wege das Pro- letariat die politische Macht erringen wird, sollte nach diesem Vor- gang ein für alle Male erledigt und begraben sein. Ein ganz neues Problem tut sich dafür auf: das Problem, wie wir mit den Mitteln des demokratischen allgemeinen Stimmrechtes den Kapitalismus schlagen und deu Sozialismus zum Siege führen können. Neuland liegt vor uns, das der Pflüge harrt. Wir wollen es betreten im unerschütterlichen Glauben an eine neue Zeit, in der die Völker nebeneinander leben werden, ohne einander zu morden und die Menschen miteinander leben werden, ohne einander zu unter- drücken und auszubeuten. Dem, der uns den Weg gezeigt, gill unser ehrfürchtiges Gedenken! Sein Trutzeisen st irngei st. sein mutiger Wille, das für die Arbeiterklasse als richtig Erkannt« gegen jedermann zu verfechten, ollen Verfolgungen und Schmähungen, woher sie auch kommen mögen, zum Trotz, soll uns auf unserem Wege zum Siege begleiten! Nachdem der stürmische Beifall der Tausende verklungen war, sang das Chor Uthmanns„Heiliges Feuer" und„Tord Foleson", schließlich die.Internationale", in die die Versamnilung begeistert einstimmt» So haben die Fuktionäre der sozialdemokratischen Be- triebe Andenken ihrer großen Toten gefeiert.
Die Gelöer üer Kriegsopfer. Völkische Schwindler vor Gericht. Dresden , 30. März.(Eigener D�ahtbericht.) Am Dienstag hat vor dem Dresdener Schössengericht der sogenannte„V o l k s o p s e r"- Prozeß begonnen. Angeklagt sind: Geschäftsführer Dr. Meiß- n e r. Buchhalter Hauptmann a. D. L ö f s l e r, Kassierer G r ü n d- l e r und die Prioatsekretärin L a n g g u t h. Meißner und Löfsler verwendeten wiederholl Gelder des sächsischen Volksopfers, die für Kriegsopfer bestimmt waren, für sich und ihre Familien. Ende Februar 192ö gab Meißner 6000 M. Volksopsergeld als persönliches Darlehen dem„Wirtschaftlichen Nachrichtendien st" des Verbandes sächsischer Industrieller in Dresden . Weiter wurden verschiedene Rechnungen für den„Nationalen Klub' in Dresden in einer Gesamthöhe von rund 27 000 M. bezahlt. Dem Dresdener Vaterländischen Filmdien st wurden 21 000 M. als Darlehen und Geschenk zugewendet, der I u n g d e u t s ch e Orden erhielt von Meißner 3000 M. als Geschenk, die Liga zum Schutze der deutschen Kultur 300 M. als Darlehen, der W e r w o l f 3100 M-. der Stahlhelm etwa 300 M., der Hochschulring deutscher Art 700 M. als Geschenke. In ähnlicher Weise wurden Gelder der Deutschen Nothilfe in Berlin verwendet. Im April 1925 ließ der Hausangeklagte an eine Prostituierte in einem Dresdener Bordell den am voraufgegangenen Tag mit Löfsler schuldig gebliebenen Betrag von 230 M. aus der Kaste des Voltsopfers auszahlen. Auch sonst führten Meißner und Löfsler eine Lebens- weise, die'zu ihren Einkünften nicht im Verhältnis stand. Ihre Ausgaben wurden zu einem großen TeU aus den Mitteln des Volts- vpfers, ohne jede Berechtigung, gedeckt. Die Anklage gegen sie lautet auf Untreue und Unterschlagung. Im Lause der Vernehmung übte Meißner scharfe Kritik an seinem ehemaligen Brotgeber, dem„Verband sächsischer In- dustrieller". Er war im übrigen nicht nur Schatzmeister des „Sächsischen Dolksopfer", sondern auch zweiter Vorsitzender der Dresdener Ortsgruppe der Deutschen Volkspartei , und obwohl Dr. Meißner niemals Offizier war und nie einen Kriegs- orden besaß, hat er sich in seinen Kreisen Rittmeister nennen und seinen Hohenzollernhausorden bestaunen lassen. Als ihm Dresden nicht mehr sicher genug erschien, flüchtete er nach Innsbruck . Dort besuchte ihn sein Rechtsanwalt Dr. Gülde und verschaffte ihm einen Paß zur weiteren Flucht, obwohl sein Mandant gemeine Unter- schlagungen begangen Halle.
Gegenstück zu Kottbus . Auch einmal völkische Rohlinge verurteilt. Erfurt , 30. März.(Eigener Drahlberitt.) Am Tienktag wurde gegen die drei Wilingbündler. die am 13. März auf dem alten israelitischen Friedhof etwa hundert Grabsteine umstürzten und be- schädigten, verhandelt. Das Urteil gegen die beiden Haupt- täter Laudin und Bartholoms lautete auf zwei Jahre sechs Monate Gefängnis und drei Jahre Ehrverlust, gegen S e i d e n st ü ck e r, der alS der Verführer angesehen wurde, auf «in Jahr sechs Monate Gefängnis. Aus der Beweis- aufnähme ging hervor, daß die Wikinger unter dem Einfluß ibreS Bunde« und der antisemitischer Hetzzeitungen standen und dem Judentum„eins auswischen' wollten. In, Verlauf der Verhandlung ergab sich, daß Bartholomä , der dem Wickingbund als der Fortsetzung der OC. seit 4 Iahren ange- hört, das Bubenstück mit Laudien schon 8 Tage vor der T a t besprochen hatte. Seidenstücker wurde für den Plan gewonnen. weil man ihm das Ehrenzeichen der Brigade Ehrh a rh t versprach. „Nationaler Bund für Wehr und Hilfe." Leipzig , 30. März.(Eigener Drahtberlcht.) Vor dem Leipziger Schöffengericht hatten sich der Hauptmann a. D. und jetzige Ver- lagsinhaber C l o d i u s. die frühere Pensionsinhaberin H o t t« k und deren Angestellte Nickel. wegen Körperverletzung und Hausfriedensbruch zu verantworten. Am 16. Juli 1925 wurden der Kaufmann Seeliger und besten Ehefau in ihrer Pension von den Angeklagten schwer mißhandelt. Der Kaufmann Seeliger sollte von den Angeklagten, die Mitglieder des„Nationalen Bundes für Wehr und Hilfe" waren, aus der Wohnung herausgedrängt werden. Als da» nicht gelang, überfielen sie das Ehepaar in der Wohnung, fesselten dem Mann die Hände auf dem Rücken und schlugen ihn mit Fäusten und Hunde- peitschen ins Gesicht; Frau Seeliger wurde, trotzdem sie hoch- schwanger war, an die Wand gestoßen und blutig g e- schlagen. Clodius wurde in Ermangelung von Beweisen freigesprochen. Das Urteil gegen Frau Hottek lautete auf zwei Monate und gegen Nickel auf drei Monate G c fä n g n i s. Die übrigen Mitglieder des„Rationglen Bundes für Wehr und Hilfe' kamen mit Geldstrafen davon.
Iuöen raus! Jllustratkon zum deutschnationale« Parteibeschluß. Aus Bitterfeld wird uns berichtet: Als Hauptschristleiter des dsutschnationalen„B i tt er f eld e r Tageblatts" trieb dort längere Zeit ein Mann mst dem kern- deutschen Namen Dr. N e m<* n y i sein Wesen. Seine Hauptfpeziali- tät waren pöbelhafte und verleumderische Angriffe gegen den sozial!- stischen Landrat des Kreises, den zu stürzen Herr Dr Nemänyi sich in den Kopf gesetzt hall«. Jetzt hat sich durch eine amtliche ungarisch« Auskunft herausgestellt, daß Herr NemSnyi ein magyarisierter Neu- mann ist, Sohn eines Photographen Neumann und einer geborenen Freitag, persönlich achtbarer— aber jüdischer Eltern—, und daß Neumanns Geburt bei einer israelitischen Kultusge- meinde registriert wurde. Im übrigen hat dieser Herr sich den Doktortitel selber zugelegt, dito einige Kriegsauszeichnungen, mit denen er zu renommieren pflegte. In Ungarn war er schon vor dem Kriege erheblich vorbestraft, in der ungarischen Rätezeit schloß er sich den Kommunisten an, wurde von der Reaktion verurteilt, aber von Sowjetrußland als Austauschgefangener ausgelöst. Nunmehr wandte sich der wandlungsfähige Herr nach Deutschland , um dort als deutschnationaler Redakteuer sein Glück und außerdem noch einig« dunkle Geschäfte zu machen, die ihn im September 1925 in München aus die Anklagebank brachten und mll seiner Verurteilung wegen eines fortgesetzten Vergehens des Betruges in Tateinheit mll falscher Anschuldigung und verleumderischer Beleidigung endeten. Das Gericht ließ es bei einer milden Strafe bewenden, weil es Herrn Nemänyi den Schwindel von seinen kriegerischen Verdiensten glaubte. Dieser angenehme Mllbürger ist nunmehr von der preußstchen Regierung aus dem preußischen Staatsgebiet ausgewiesen worden. Er hat einstweilen ein Asyl in Thüringen gefun- den. wo ein« deutschnationale Regierung offenbar keinen Anstoß au den vielselligen Qualitäten des Herrn Nemtnyi nimmt,, t___
Saperns Verwaltungsreform. Proteststurm auf Regierung und Landtag. München . 30. März.(Eigener' Drahtbericht.) Di- jüngsten Landtagsbeschlüsse auf Senkung der Landessteuer, Ueberbürdung dj» Schullasten auf die Gemeinden und Vereinfachung d»r Staatsverwaltung haben, wie vorauszusehen war, zu einem wahren Trommelfeuer von Protesten und Be- sch werden auf Regierung und Landtag geführt. Am ent- schiedensten protestiert Augsburg gegen die geplante Aushebung der schwäbischen Kreisregierung. In täglichen Prestelundgebungen wird gegen den Münchener Zentralismus gewettert, der keine Rück- ficht auf die Tradition Augsburgs und die Eigenart des schwäbischen Stammes(!) nehme. Don fast allen baye- rischen Handelskammern liegen Telegramme vor, die sich gegen die geplante Aufhebung der Handelskammern wenden. Eine. Eingabe des Städtebundes lehnt jede weitere Schmälerung der kommunalen Einnahmen und jede Neubelastung, die zum Zu- jammenbruch der Gemeindehaushalte führen müste, entschieden ab. Die Vorstandschaft des Städtebundes wird am Mittwoch abend in einer außerordenllichcn Sitzung zu der Angelegenheit Stellung nehmen._ Lehrerbilüung in Saüen. Annahme des Gesetzes im Landtag. Karlsruhe . 30. März.(Eigener Drabtberickll.) Ter Badische Landtag hat am Dienstag abend in zweiter Lesung nach stunden» langen stürmischen Verhandlungen und Ablehnung aller Ab» änderungSanlräge der Opposilion mit 4l gegen IV Stimmen bei 6 Enthaltungen das LehrerbildungSgesetz angenommen. Dafür stimmten gei-dlosien Zentrum und Sozialdemokratie dagegen Demokraten, Deutsche Volkspartei und Kommunisten.,
Rur . Nach einem Bericht de» Kirchenamtes sind im Jahre 1925 in den Vereinigten Staaten nur 17 Reger gelyncht worden.
/// Sinowjew kaltgestellt? $£ Einer Leningrader Meldung der OE.-Korrespondenz zufolge Hot Sinowjew sein« Stellung als Chef der Regierung in Leningrad eingebüßt. Das Plenum der Leningrader Gouvernementsexekutive hat ein neues Präsidium gewähll und dabei ist Smowjew hinausgewählt und an seiner Stelle K o m a r o w zum Vor- sitzenden gewähll worden. Wie immer in ähnlichen Fällen wirb auch diese Kabinettskrise in einer der wichtigsten Bezirksregisruirgen des Sowjetbundes von den Blättern nur ganz kurz registriert und nicht kommentiert, doch bedeutet diese Neuwahl die bisher nur aufge- schoben« und nun ohne besonderes Aufsehen durchgeführte Maß- regelung Sinowjews, als Folge seines Auftretens als Oppositions- führer. Sein Nachfolger Komarow ist einer seiner Gegner: er ge- hörte im Dezember zu der in den Parteikongreß entsandten Lenin - grader Delegation, stellt« sich aber im Gegensatz zu den meisten Leningradern nicht auf den Boden der Opposition, sondern schloß sich der Parteimehrhell an. Die Früchte dieses politischen Wohlverhallens erntet er nun. Er ist ferner, ebenfalls an Stelle Sinowjews, zum Vorsitzenden des Sowjets der Stadt Leningrad «rwähll worden. Diese Maßnahmen sind aus die Direktiven des Zentralkomitees der KP. zurückzuführen. Hatte doch schon gleich nach Schluß des Kongresses einer der prominentesten Kommunisten, der Generalsekretär der ZentralkontrolUommission Jaroslawski. darauf hingewiesen, daß man Sinowjews Energie in der Komintern . auch weiterhin oerwenden wolle, seinen persönlichen Einfluß in Leningrad aber werde ausschallen wüsseu.