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Sonntag

4. April 1926

Aus der Film- Welt

Gegen den Nachwuchs.

Schönheitsfonkurrenzen, Tanz, Kabarett, zwischendurch werden Filmstars entdeckt, so aus dem Handgelent, ehrenhalber und aus Reflame find mehr oder minder begabte Schauspieler erschienen, andere Unberufene assistieren und dann tänzeln die kleinen Mäd­chen über das Podium, alles, was gern zum Film möchte und mit der fleinsten Rolle zufrieden wäre und mit der Gegenleistung nicht geizen würde und bestimmt nicht hineingehört, wandert vorüber und da unter Ungeeigneten eine auch die Geeignetste sein muß, wird ausgewählt, bann gibt es ein Diplom, in dem die Begabung beschei: nigt wird und im besten Falle meldet sich eine kleine 9- Gesellschaft und gibt vo, zu engagieren.

Brebeaufnahmen werden gemacht, foftet eine Kleinigkeit, wieder im besten Fall: wird für möglich befunden, man einigt sich über die Gage, da die Starafpirantin sich das Berühmtwerden gern auch etras foften läßt, zahlt sie eventuell noch zu, der Film wird endlich gedreht und zum Schluß wird er nirgends gespielt: es hat Geld geloftet und Nerven und Zeit und wenn man sich einmal vor genommen hat, Filmstar zu werden, findet man schwer den Weg zur Schreibmaschine zurüd. Oder Zeitungsannoncen, sogenannte Filmschulen, Ober­regiffeure", zu 99 Broz. Schwindelunternehmungen: in vier Wochen garantiert berühmt, tostet wieder eine Kleinigkeit, immer der sprin gende Bunft, die Beziehungen des Managers bleiben aus, die En­gagements fommen nicht und wenn sie schon da sind, erkennt man mit Schreden, daß es noch nichts, noch gar nichts heißt, im größten Film Statistin gewesen zu sein, daß mehr dazu gehört, als hübsch auszusehen und selbst als Talent zu haben, daß man mehr wollen muß, als Auto fahren und Autogramme verteilen und Kollegen resp. Kolleginnen ärgern. Daß man besessen sein muß von der Idee, daß man Energie aufwenden muß, Ellbogen gebrauchen, daß man hungern muß, um wochenlange Arbeitslosigkeit auszuhalten, um gulegt vielleicht doch nichts zu werden.

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Soviel opfern darf man nur, wenn man ohne Illusionen ist. Wenn man durch den Baritätischen Stellennachweis" gegangen ist und weiß, daß von den 1700 Mitgliedern, unter denen könner find, täglich wenns hoch fommt, im Durchschnitt 50 arbeiten, daß die Glücklicheren im Monat 60 m. verdienen.

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Bei alledem ist nichts notwendiger als der Nachwuchs: für die 100jährigen werden neue Gesichter gebraucht, die jüngste Kunst ar. beitet mit den ältesten Menschen, was der Film morgen sein wird, ob er sich entwideln fann, wird darauf ankommen, ob mir heute junge Schauspieler entdeden.

Aber nicht durch mehr oder minder Schwindelfirmen, nicht auf Tanzvergnügungen so nebenbei, nicht einmal durch streng reelle Meine Firmen: die besten und bedeutendsten Regisseure, Produzenten, Operateure find gerade gut genug, sich dieser Aufgabe zu widmen.

Solange die großproduzierenden Firmen nichts unternehmen, fann nichts geschehen. Das Gewerbe des Entdedens ist genügend diskreditiert.

Gegen den Nachwuchs, für den Nachwuchs.

Hans Lefebre.

Die Filme der Woche.

Karl XII  . ( Piccadilly.)

Der historische Film hat immer noch nicht ausgetobt, und immer noch bewegt er sich in den Kreifen der getrönten Häupter und Schlachtenlenter. Jetzt ist Schweden   an der Reihe. John W. Brunius   hat den schwedischen Napoleon  " in einem Doppelfilm bearbeitet, und da wir Deutschen   ein den Schweden   stammverwandtes Bolt und offenbar berufen sind, die monarchischen und friegerischen Traditionen aller Bölfer zu pflegen, so wird auch diefer Film bei uns gespielt. Das Leben Karl XII.  , der mit 15 Jahren auf den Thron tam und sich bald darauf in eine Art Weltkrieg mit den vielen Fein­den Schwedens  : Dänemart, Bolen, Rußland   verwickelt sah, ist zum allergrößten Teil in auswärtigen Kriegen verlaufen. Der Film zeigt nur die äußeren Begebenheiten, ein Schlacht- und Belagerungs­bild reiht sich an das andere, aber die großen Zusammenhänge der famedischen Bolitit, die damals nordisce Beitmachtpolitif mar, werden taum fichtbar. Nun find diese Schlachten gewiß lebendig aufgezogen, aber auch der engagierteste Kriegsfreund wird durch Die Anhäufung ermüdet werden. Narva  , Lemberg  , Leipzig  , Poltawa  , Frederikstad sind die Stationen dieses abenteuerlichen Zuges der Schweden   durch halb Europa  . Es gibt ein paar amüsante und eine erschütternde Episode darunter: Karls XII. Flucht vor der schönen Gräfin Königsmard und das Bild der in Rußlands   Schneewüste er­frorenen und vereisten Soldaten. Interessanter als die Kriegsge­mälde sind die wenigen fulturgeschichtlichen Bilder aus dem Masa­fchloß in Stockholm  , die den Lod von Karls Borgänger und den Brand des Schlosses vorführen. Die Kehrseite von Karls friegeri. schem Ruhm, bie 3errüttung des Landes und die Berarmung der Bevölkerung, werden immer noch retouchiert in Szenen aus dem Leben der Gutsbewohner von Berga gezeigt. Die Söhne des Guts besitzers tommen in den Kriegen um, ber einzige Helmgebliebene zieht aus, um die Not des Landes an dem triegstollen König zu rächen, aber er erschießt nur den legten Bruder und wird melch patrioti sche Legende von dem Blick des Königs so gebannt, daß er seine

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Mission aufgibt. Gösta Etman schuf in seinem Karl XII.   eine merkwürdige Gestalt, hoch aufgeschossen mit großen, fragenden Augen, vor nichts zurückschredend und sich achtlos allen Kugeln aus­segend, ein schlichter Soldatenkönig mitten unter seinen Leuten, der, fern von aller Kultur, sein Leben im Feldlager verbringt und schließ lich einer feindlichen Kugel erliegt. Sowie er eine Frau sieht, wird er schüchtern und befangen. Desmegen prallen alle Intrigen der Gräfin Königsmard an ihm ab. Die Gestalten Peters von Rußland und August des Starten sind einigermaßen farrifaturistisch behandelt. Bon den übrigen Darstellern ragt August Lindberg   hervor, die die stolze und fraftvolle Majorin Ufclou, die Gutsbefißerin von Berga, högst charakteristisch verbrpert. Es scheint, daß bei der Pressevorführung ganze Teile, die den Aufenthalt in der Türkei   be­handeln, fortgeblieben find.

Unser täglich Brot."

( Piccadilly.)

D.

Die Beritas Film- Gesellschaft bemüht sich redlich, ihren Filmen schuf sie diesmal ein Wert, das menschliches Berstehen predigen einen fozialen Einschlag zu geben. Bei Ablehnung jeder Tendenz möchte. Es erzählt daher von dem Fabrikanten, der seine Billa  verpfändet, um die Löhne der Arbeiter zu bezahlen, und von den Arbeitern, die wegen Teilentlassungen streiken. Die Frauen gehen in die Kirche und bitten um das tägliche Brot, die Arbeiterschaft beendet den Streit siegreich, doch auch der Fabrikant ist nicht unter legen, denn neue Aufträge gebrauchen eben neue Hände und schaffen Handlung ist menschlich begreiflich. Natürlich fehlt auch die Liebes­allen Brot. Man hat gewollt jede Schärfe vermieden und jede geschichte nicht und die junge Lehrerin bekommt ihren Betriebs­affiftenten, worüber man sich herzlich freut. Die Arbeitsbilder find zum größten Teil in den Deutschen   Werken in Spandau   aufge. Sie sind nicht nur interessant, sie sind Verkünder der Wahrheit, Zeugen von den Mühen und Plagen der Arbeiter. wohl geeignet, denkenwollende Menschen zum Nachtsinnen anzuregen. Conft. J. Davids Regie erzielte einpräglame Bitwirkungen. Ge­fpielt wurde sehr gut und Hans Mierendorff  , Baul Hart. mann, Frik Kampers, Imogene Robertson  , Baul Reh topf, Dina Gralla  , Leonora Bergère und Elfa Temarn. sie schöpften ihre Rollen so aus, daß der Premiere ein großer Er­e. b. folg zuteil wurde.

nommen.

DER GROSSE PREMIEREN- ERFOLG!

Unser täglich Brot

Der aktuellste deutsche Film der Zeit USH Regie: Const. J. David

Hauptdarsteller: Mlerendorff, Kampers, Hartmann, Imogeno Roberison, Dina Gralla  , Elza Tomary

Greenbaum- Produktion im Verleih Veritas- Film­Ges. m. b. H.

Täglich über die Osterfeiertage im

PICCADILLY

Charlottenburg, Bismarckstr. 93/94 Untergrundbahnhof Bismarckstraße

Volkstüml. Preise ab M. 1.­

Bis zum Beginn der ersten Vorstellung 90 Pf. Beginn wochent. 630 nachm.

An den Sonn- und Feiertagen 33° nachm.

Bellage des Vorwärts

Die letzten Tage von Pompeji."

( Primuspalast.)

Eine italienische Landstadt zur Zeit der ersten römischen Kaiser mit dem bekannten regen Leben unter italienischer Filmregie. Römer bewegen sich mit Mussolini- Posen, schöne Schauspielerinnen lassen ihr Profil bewundern; eine reiche Griechin wird von einem finsteren und intriganten Isispriester gelicht, der ihren Geliebten Arena mit dem Löwen  , vorher Gladiatorenspiele mit blutigem Aus­des Mordes beschuldigt, den er selber verübt hat. Kampf in der Zerstörung der Stadt. Um diefer Szenen willen ist der Film ge­gang, und dann die Katastrophe: der Ausbruch des Besuvs und die turbelt worden. Noch immer wirkt das Zusammenstürzen der Häuserkulissen, die Dampfentmidlung, die fliehende und mahn finnige Masse, trotzdem dies alles von Griffith, Lubitsch und Wegener bis zur legten Möglichkeit abgewandelt worden ist und der Regiffeur Amletto Palermi nichts Bedeutendes hinzuzufügen weiß. Bor ungefähr fünfzehn Jahren spielte man zum ersten Male Die legten Lage von Pompeji  ", der Film war damals primitiv und find Aber wenn auch heute die technischen Mängel beseitigt find, einer lich, das untergehende Pompeji   entbehrte nicht unfreiwilliger Romil. ist geblieben: Die Bernachlässigung der schauspielerischen Leiſhing. die Disharmonie im Ensemblespiel. Der Schauspieler wird als reid bekorierte Statue behandelt, er macht schöne Gesten, sitzt gute Etellungen, er erinnert immer an einen bel canto Sänger. Die Jone der Rina de Ligvora beschränkt sich auf die Statuarische Pose, der Ausdruck der Leidenschaften stammt bei ihr aus der anzupassen, und alles wäre sehr schön und einheitlich, wenn dieser klassischen Tragödie, Balonys Glautos versucht sich diesem Stil Etil nicht an Coegles Geftaltungskraft zerbrechen mürde. Bernhard Geehte spteft den Isispriester Arbaces. Schon in der Maste ist er weder Römer noch Aegypter. Er ist nicht der intrigante bei tügerische Priester des Bulverschen Romans, fondern ein Mystiker und der Nachkomme einer uralten Kultur, ein Gewaltmensch, über legen, flug, unbeugsam und Sieger im Untergang. Die Gefte, spar fam verwendet, ist von stärkster Ausdruckskraft, eine Gestaltung, vor der selbst Maria Cordas blinde Eflavin Nydia troy aller virtuosen Technik verblaßt. Balermi findet zwischen diesen Stilen feinen Ausgleich. Anders ist die szenische Aufmachung. Hier gibt Palermi gut gesehene Bilder. Interieurs pompejanischer Häuser gelingen am besten, weniger vollendet sind die Bilder des Marftes und der Straßen. Aber die regietechnische Leistung wächst im Laufe der Handlung. Palermi strafft die Handlung zum Schluß hin, setzt starke, dramatische Atzenie. Ausgezeichnet die Zirkusszene und der Beginn des Erdbebens; von mitreißender Wirkung das auf Arbaces anftürmende Bolf, dann die Katastrophe selbst. Neben Herge brachtem steht Neues: die Nachtaufnahme des brennenden Pompeji  , der glühende Aschenregen dazu bildlich einprägjam, Intermezzi in den Boltsszenen, die in schnellem Lempo abrollen. F. S.

Fünf- the- Tee in der Aderstraße." ( Marmorhaus.)

Für eine spekulative Filmprobuftion ist es bereits Tradition geworden, die Stoffe des Amusements, mehr oder minder Inrijo­fozial verbrämt, aus dem grauen Dasein des sogenannten vierten und fünften Standes herauszufijchen. Experimente diefer gefühl nollen Art find gewiß ganz nett: die Notwendigkeit jedoch, die der Straße Berlin  - W- Wvorzuführen, scheint wenig einleuchtend. Int übrigen ist dieser Film, zu dem Alfred Shirokauer und Reinhold Schünzel   das Manuscript fertigten, alles andere als schlecht. Etwas volksliedhaft- sentimental mit einen guten Schuß Milieudraftit, gibt er dem Regisseur( Paul Ludwig Stein  ) Gelegenheit zu fein zije­lierten und farbig belebten Szenen. Ist auch der Inhalt einiger maßen fümmerlich, so spricht doch, unterstützt durch eine vorzügliche Darstellung, aus dem Ganzen ein guter Humor.

Die Witwe Kaluba, eine sinnige Frau, hat neben ihrem After­mieter Baule Kopp, feines Zeichens Hochformer Abkühlungsunter­nehmer und humoriger Trottel, eine Tochter namens Trube. Tr. d- chen erobert und fnist im Friflerfalon des Adlon" Männerherzen. Dort lernt sie Lep Sikurius, den   Gent auf Abbruch, fennen, mit dem fich allerhand anfpinnt. Dann aber schneit Mag   Knorr aus  USA. in die Szene und bricht erbarmungslos in die geschäftlichen Spetulationen von Gifurius Vater und Sohn ein.   Gent Leo fucht Maes Millionen zu heiraten, indessen diese selbst auf Grund groß­väterlicher Vertettungen mit der Aderstraße in Beziehung tritt. Daß Trudchen zurück zu ihrem erften Freund, dem fanften Franz, ber Gifurius nicht zu den Dollars und Baule Kopp in verjonnener Trauer nicht in das Herz der Goldfee gelangt, scheint felbstver ständlich. Den Mann mit der verträumten Alder, halb Kind, halb Philosoph, spielte Reinhold   Schünzel. Es war eine Darstellung liebevollster Kleinarbeit, überraschend reich an eindringlichen Mo­menten, Zug um Bug ein dezentes, innerlich startes Spiel. Roja Baletti, als Mitme Kaluba, war von einer munberbar schlichten Erdhaftigkeit, mährend das Tödterchen Trude Maria Sam. radet troß aller Schmifsigtett doch nicht so recht darsteüte, was es nun eigentlich sollte. Den Lebejüngling legte Angelo   Ferrari in die richtige Bügelfallte, während sich für das distinguierte Ohrfeigen­gesicht des Vaters Heinrich   Schroth in die Schranken schlug. Den fagenhaften Gaft as   USA. verförperte Imogen Robertson, zeit weise wirklich hübsch und von recht startem Reiz, wenn auch im Spiel manchmal noch etwas blag. K. K. B.

Versäumen Sie nicht

während der Osterfeiertage sich den neu eröffneten  

Germania- Palast Frankfurter  

Allee 314

größtes u. modernstes Kino- Varieté   Berlins( 2000 Sitzplätze) anzusehen. Zur Aufführung gelangt der große Aafe- Film

Familie Schimek

Hauptrolle Xenia   Desni, Max   Hansen, Margar Kupfer, Hermann   Picha

und die große Varieté- Schau

Täglich 3 Vorstellungen 500 700 9.00 Einlass und Kasseneröffnung eine Stunde vor Beginn 1

Sonntags 300 500 700 9.00