Sonntag
9. Mai 1926
Alus der Film- Welt
Die Filme der Woche.
„ Die Geschichte des Prinzen Achmed."
Die Propagandavorstellung, die heute vor acht Tagen in der Boltsbühne stattfand, hat ihren Zwed überraschend gut erfüllt. Das Publikum war von dem Silhouettenfilm, den Lotte Reini ger mit einer Reihe von Künstlern zusammen geschaffen hat. enthusiasmiert. Der Silhouettenfilm, der hier so rasch Bewunderer fand, ist nicht neu. Wir haben bereits prächtige Beispiele auch für ben Märchenfilm, gar nicht von den amerikanischen und anderen Tridfilmen zu reden. Aber noch nie ist ein Silhouettenfilm, der ein ganzes Filmprogramm erfüllt, und gleichzeitig von jo hoher fünstlerischer Bedeutung ist, geschaffen worden. Es ist ein Triumph der Kunst und der Technit. Mit bewundernswertem Fleiß, der doch die Frische der Einfälle und die Ueberzeugungskraft der künstlerischen Linie nicht erstickt hat, ist hier ein vorbildliches Werk geschaffen, das wenn nicht anderes, so doch das eine überzeugend beweist, daß der Film den Umkreis seiner Möglichkeiten noch keineswegs erschöpft hat. Es mag nur beiläufig erwähnt werden, daß man jahrelang an diesem Film gearbeitet hat, daß 250 000 Einzelbildchen aufgenommen wurden, von denen schließlich 100 000 im Film Verwendung fanden, und daß im allgemeinen für einen Bildstreifen, der in zwei Sefunden vorüber eilt, 52 Einzelaufnahmen nötig sind. Wenn man bedenkt, daß jede der agierenden Figuren in allen ihren Gelenken beweglich sein muß, daß getreu der Vorlage aus Tausend und einer Nacht die merkwürdigsten Fabel- und Wunderwesen auftreten, und die dunklen Silhouetten sich abheben von einen malerisch gestalteten Hintergrunde, der seltsame Landschaften, dräuende Wolken, sturmgepeitschte Meere wiedergibt, so kann man sich ungefähr eine Vorstellung davon maden, welch ein Wunderwerf hier geleistet ist. Aber auf das Technische kommt es ja nicht an, die Hauptsache ist, daß der Geist des Märchens hier in der filmischen Bilderfolae aufs glücklichste neu geboren ist und daß die Welt orientalischer Wunder, fabelhafter Verwandlungen, traumhafter Vorgänge mit den Mitteln einer an türkischen und javanischen Vorbildern geschulten Silhouettenfunst neu geschaffen ist. Wir sind hier im Bereiche des absoluten Films, der sich an teine realistischen Vorbilder anlehnt, sondern auch in seiner Formenwelt schöpferisch vorgeht. Dieser absolute Film hat seine eigenen Geseze, und es ist ein Vorzug des Brinzen Achmed", daß in ihm diese Geseze voll erfaßt find. Nur sollte man mit Titeln noch viel zurüdhaltender sein, der Märchenfilm müßte fich selber erzählen.
Die fünstlerische Wirkung des Films liegt in feinem Rhythmus beschlossen. Aber auch die rein ornamentalen Wirkungen find außer ordentlich. Das Wesen der Silhouette mit ihren bald scharfen, bald weichen Umriffen und den schnörkelhaften Ausladungen ist vortreff lich verstanden. Die Erfindung vieler Figuren ist überraschend gut gelungen, die Kurve der Charakteristik schwingt vom Zartesten bis zum Brotesten aus, aber in allem ist Anmut und Grazie, Ein orientalisches Rofofo erfüllt die ganze Zauberwelt. Neben den im Bordergrund stehenden Bersonen des Märchens, dem Liebespaar, dem Kalifen, dem Zauberer und der Here, bewegt sich eine ungezählte Schar von dienenden Zauberwesen, die manchmal in dichtem Schwarm das Bild erfüllen und wie Schneeflocken durcheinander wirbeln. Nur eines ist zu bedenken, ob nicht eine allzu lange Ausdehnung des Films schließlich ermüdet und abstumpft. Denn wir bleiben in einer rein artistischen Formwelt, in der die tieferen Erregungen der Menschenseele nur leise mitklingen.
Wie kaum ein anderer Film verlangt dieser Märchenfilm die aus gleichem Geist und gleichem Rhythmus herausgeborene Begleit mufit. Wir verdanken fie Wolfgang Better. Seine durchPomponierte Mufit, der Kurt Singer in dem Programmheft nachrühmt, daß sie nicht illustrierend, sondern charakterisierend felbständig und doch gebunden ist, schmiegt sich der Bilderfolge so fongenial an, daß sie mit ihr zusammen wie ein völlig verbundenes Ganzes wirft. D.
„ Ein König im Exil." ( Gloria- Palast.)
Es ist ein modernes, amerikanisches Märchen von einem König in Illyrien , der sehr ungern König ist und nur die Krone weiter trägt, weil seine Frau und sein Bruder immer wieder von dem hohen Wert der Dynastie reden. Schließlich reißt den Illyriern die Ge duld, sie machen Revolution, und Boris flieht nach Paris . Nach verschiedenen Unannehmlichkeiten fann er endlich zu seiner größten Freude abdanken. Seine Frau ist unterdessen auch vernünftig geworden, und beide leben nun zufrieden als Privatleute. Der Film ist nach Alphonse Daudets Roman Könige im Eril" gearbeitet, hat aber mit dem Roman nur den Titel gemeinsam. Den Ameri
fanern sind die Aufregungen in Julyrien nichts weiter als Kleinstadtbagatellen. Ein kleines Land mit einem noch fleineren König nimmt fich wichtig, ein Sturm im Wasserglas und im Grunde eine sehr humoristische Sache. Bei Daudet sind die Menschen von Tragik umwittert, man spricht dort auch von Verantwortlichkeit, hier im Film wird der Angelegenheit das Pathos genommen, die Menschen find ins Groteske getrieben; das Drama hat sich in eine Posse verwandelt. Von den pomphaften Aufzügen, von der Operndekoration der königlichen Gemächer bis zu den nur finster blickenden Revolutionären ist alles faritiert, richtiges handfestes Theaterfürstentum. Der schwedische Regisseur Sjöström, sonst nur bekannt als Gestalter seelenvoller Borgänge, baut den Film mit prachtvoller Delikatesse auf. Die Ironie drängt sich nicht hervor, sie zeigt sich in fleinen Zwischenszenen, in unscheinbaren Bewegungen, einem Gefichtsausbrud, Sjöström retardiert die Handlung, gibt Einschnitte, Intermezzi, beherrscht bis ins kleinste das Schauspielermaterial. Alice Terrys Starrheit stört hier nicht, die Revolutionäre find Typen, die einem Balkandländchen entsprungen sind, und dem fürstlichen Bruder mit dem Katerbärtchen und der dynastischen Ueberzeugung fehlt nur noch das Hakenkreuz zur Vollendung seiner Toilette. An erster Stelle aber steht Lewis Stone als König voll souveräner Ironie, Lebemann und lächelnder Weiser, ein Schauspieler, der in seiner überlegenen Haltung an Ivan Mosjoufin er innert. Das Publikum blieb hier genau so falt wie vor Monaten dem„ Mathias Pascal" gegenüber. Vielleicht will man Ausge[ prochenes: Kitsch, Posse oder Drama, aber nicht die Uebergänge, das Wandelbare, vielleicht ist man aber auch im republikanischen Deutschland über eine Ironisierung des Königtums verärgert. F. S.
多
Das
Tagesgespräch
Banzerfreuzer Botemtin
läuft ab heute in folgenden Kino- Theatern: Apollo Theater, SW, Friedrichstraße 216 Alhambra, W, Kurfürstendamm 68 Be- Ba- Lichtspiele, Wilmersdorf , Berlinerstr.163-164 Concordia Palast, O, Andreasstraße 64 Eldorado- Lichtspiele, D, Lichtenberger Str.16 Filmpalast Börse, C, Rosenthaler Str. 40-41 Sofiäger Lichtspiele, G, Safenheide 52-53 Knesebec Palast, Neukölln , Knesebeckstr. 48-49 Luifen Theater, GO Reichenberger Straße 84 L.N.P.Lichtspiele, Wilmersdorf , Nitolsburger Plaz Mila Lichtspiele, N, Schönhauser Allee 80 Scala Lichtipiele, N. Schönhauser Allee 130 Schwarzer Adler, O, Frankfurter Allee 99 Tam- Lichtspiele, SO, Moritzplatz Welt Kino, NW, Alt- Moabit 99-100
Ab Dienstag, den 11. Mai
Alfa, Nollendorfplatz Alhambra, Müllerstraße Metropala st, Chausseestraße Lichtspiele, Baumschulenweg Noads Lichtspiele, Brunnenstraße Wien Berlin , Neukölln , Sermannstraße Filmpalast Puhlmann, Schönhauser Allee 148
Bellage des Vorwärts
, Die Kleine Annemarie."
( Capitol.)
Mary Bidford, die mit ihrem Batten Douglas Fairbanks des Mädels aus dem Volte, der halbwüchsigen Range, die trotz all ihrer Premiere selber beiwohnte, ist die wunderbarste Darstellerin ihrer losen Streiche das Herz auf dem rechten Fled hat. Unter all den amerikanischen weiblichen Stars ist sie wohl der urwüchligste mit dem neuen Film erobert sie sich alle Herzen, wenn er auch nur und liebenswerteste, und kein anderes Land hat ihresgleichen. Auch der kleinen und großen Leute des New Yorker Eastsideviertels, das ein Film ist und weiter nichts. Er gibt lose Bilder aus dem Leben der deutsche Bearbeiter uns als New Yorker Wedding vorstellt. Bolizisten, im Kreise der Straßenjungen. Die Jugend, die Ber Hier tummelt sich die kleine Annemarie, die Tochter eines braven treter aus allen Rassen zählt: Juden, Neger, Chinesen usw., führt wahrhaft heroische Heldenkämpfe auf, in die merkwürdigerweise Anführerin, ist im höchsten Augenblick das bravste Hausmütterchen, feine Polizei sich einmischt. Annemarie, eben noch die streitbare das ihren Vater und Bruder aufs beste betreut. Wie kann sich der Racer verstellen, als die Streiche ihrer Bande ans Licht kommen, aber wie fann fie auch für alle eintreten, als es gilt, Farbe zu be tennen! Ein entzückender Klamaut ist die Zirkusvorstellung, die die zum Schadenersatz verurteilte Jugend East- Sides veranstaltet. Aber dann kommt eine schwere Prüfung. Annemaries Bater wird von einem Nichtsnug erschossen, und ihr Bruder nimmt Rache an Annemaries älteren Freund Joe, den sie insgeheim liebt, weil er ihm als der Täter bezeichnet wurde. In ihrer Liebe hellsichtig, hat Annemarie nicht daran geglaubt, und sie fommt gerade noch zurecht, um dem schwerverwundeten Joe das Leben zu retten, weil sie ihr junges Blut zur Transfusion hergibt. Nun flärt sich alles auf, der wahre Täter wird gefaßt, und Annemarie wird eines Tages ihren geliebten Joe triumphierend aus dem Krankenhaus abholen. Es ist wohl beispiellos, daß eine erwachsene Frau so den Typ des heranreifenden Mädchens zu gestalten vermag wie Mary Pickford . Das ist schon mehr als Virtuosität, das ist schauspielerisches Genie. Im übrigen hat der Regisseur Beaudine es verstanden, um den Mittelpunkt eine Fülle charakteristische Jugendgestalten zu gruppieren und auch die Rollen der Erwachsenen ausgezeichnet zu besetzen. Er ist ein Regisseur der Einfälle, der auch in die kleinste Szene noch einen eigenen Zug zu bringen weiß und das Alltagsleben nach allen Seiten 46 hin ausschöpft. Was für eine wunderbare Szene ist es, wenn Annemarie ihren heimkehrenden Bater erwartet, dessen Geburtstaas tisch sie dekoriert hat, und mun unter dem Tisch fizzt, um sein erstauntes Geficht zu sehen, wenn er hereintritt. Aber dann kommt ein anderer Polizist, den sie zunächst nicht erkennt, weil sie nur seine Beine sieht, und der bringt dann die Nachricht von seiner schweren Verwundung. Die Kerzen, die eben noch so hell brannten, werden bis auf eine ausgelöscht. An Tränen und Rührung ver. trägt der amerikanische Geschmad offenbar mehr als wir, wir würden diese Szene nicht so ausdehnen, aber im Ganzen ist auch dieser Film, wenn auch nicht die beste, so doch eine gute Folie für Mary Pickford . D.
„ Wenn Meer und Himmel sich berühren." ( Primus- Palast.)
Wir betrachten es schon als ein fast unvermeidliches Schicksal, uns während der Sommerzeit uralte Amerikaner ansehen zu müssen. Daher war es lebhaft zu begrüßen, daß endlich einmal eine Warner Bros.- Produktion aus dem Jahre 1926 vorgeführt wurde. Das ge schah bei allergrößter Aufmachung. Auf der Filmleinwand sah man die Menschen im fleidsamen Biedermeierkostüm, und aus dem Orchester erklang zündende moderne Musik. Das nur vorweg. Das Manuskript wurde nach einem Roman verfaßt, der von der Zeit handelt, als noch recht viel Wagemut dazu gehörte, auf den Walfischfang zu ziehen. Auch Berrn geht hinaus, nach schwerem Abschied von seiner Braut Esther. Sein Stiefbruder ist sein Rivale; um es ihm an Mut gleichzutun, läßt auch er sich anheuern für denselben Walfischfänger. Als der blaue Tiger, ein Walfisch, das Boot angreift, stößt der Bruder Berry über Bord. Der Wal beißt ihm ein Bein ab. Dieses Unglück trifft den kraftstrogenden Menschen furchtbar hart; und der Bruder ver steht in ihm den Glauben zu ermeden, daß Esther ihn nicht mehr liebe. Nun durchquert Berry ruhelos die Meere, zuletzt als Kapitän auf eigenem Schiff, ein Teufel in Menschengestalt. Er will thn erlegen, den blauen Tiger. Ein Wahrsager bedeutet ihm:„ Wenn Meer und Himmel sich berühren, wirst du ihm begegnen, deinem Feind." Eine Wasserhose ist in Sicht, er hält darauf zu. Der Stiefbruder wird als Schiffbrüchiger von Berrys Mannschaft gerettet. Der weiß um die Schurkentat, nach graufigem Kampf wirft er den
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