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Reichsregierung und Reichseinheit.

Eine bedenkliche Praxis.

Der Reichsminister des Innern hat bestätigt, daß das von der preußischen Regierung ausgesprochene Ver­bot der Olympia   und des Wikingbundes zu Recht erfolgt ist. Er erkennt an, daß die beiden Verbände nicht nur Staatsfeindlichen Charakter haben, sondern auch gegen die Reichsgeseze verstoßen. Die logische Folge diefer Er­kenntnis ist die Ausdehnung des Verbots auf das Reich.

Reichsinnenminister Dr. Rülz aber scheint sich das Ge­setz des Handelns nicht von der Logif vorschreiben lassen zu wollen. Er läßt widerrufen, daß seine Stellungnahme die Ausdehnung des Verbots auf das Reich bedingt. Derartige Verbote seien in erster Linie Landessache. Die Reichs­regierung sei deshalb wegen dieser Verbände mit sämtlichen ,, Staaten" in Verbindung getreten.

dem Film wissen. Er hatte bereits zu Hause sein Gutachtenmanu­stript fertiggestellt, brachte es mit in die Sigung und verlas es dort Wort für Wort, nachdem der neue Potemkin- Film gelaufen war. Sein Urteil ſtand also festehe ihm überhaupt der neue Bild­streifen bekannt war, über den er es abgeben sollte. Allerdings er­flärte Hauptmann von Spec, daß er sich durch die Bossische Zei­tung" über den abgeänderten Potemkin- Film bereits informiert hätte; daß das genügte, um daraufhin ein Urteil zu formulieren, spricht ja gewiß für die Intelligenz des Herrn von Sped; nur scheint es fraglich, ob Sachverständigen urteile gerade von der Phan­tafie diftiert werden sollten.

Im Gegensatz zu Mühleisen und Sped erklärte Ober­regierungsrat Dr. Bandmann vom preußischen Innenministe­rium, daß gegen den Film, der in der ungekürzten Fassung bereits zu Tausenden von Malen aufgeführt worden sei, Beden Beamtenförper des Staates, vor allem für die Polizei. Außer in fen nicht beständen; weder ganz allgemein, noch für den einem Fall, in dem ein Stahlhelm mann die Leute im Kino aufgefordert habe, gegen den Film zu protestieren, sei es zu Stö rungen der öffentlichen Ordnung nicht gefommen. Eine Jugendliche, die ebenfalls angehört wurde, da für den Film auch die Zulassung von Jugendlichen beantragt war, gab an, daß der Potemkin- Film weber verrohend noch aufreizend Wie liegen denn die Dinge? Einzelne Länder sind eifrig Die Kammer zog sich dann zur Beratung zurüd. Bei der Ab­bemüht, ihre Machtstellung auf Kosten des Reiches zu erftimmung waren vier Beisiger für, einer gegen die Zulaffung des weitern. Das bayerische Beispiel macht Schule. Der Films. Der Potemkin- Film ist damit wieder freigegeben, auch für Fall Potemkin ist lehrreich in dieser Hinsicht. Hier hat Jugendliche. fich das Reich dem Willen einzelner Länder unterworfen. Es hat sich wider Willen und zu Ünrecht einem Druck gefügt.

Die Praxis, die der Reichsinnenminister verfolgt, ist be denklich. Er hat das Recht, die Auflösung staatsfeindlicher Verbände zu verlangen. Er hat die Pflicht, das zu tun, wenn einwandfrei festgestellt wird, daß Berstöße gegen die Reichsgesetze vorliegen. Die Autorität des Reiches erfordert das.

Auf die Dauer muß das ständige Zurückweichen der Reichsregierung vor den Länderregierungen und das ängst­liche Verstecken hinter den Kompetenzen der Länder in Fällen, die ein energisches Auftreten verlangen, der Autorität des Reiches empfindlichen Schaden zufügen. Es verleitet nicht nur große Länder, sondern auch gewisse Stellen im Reich zu einem Spiel, das gefährlich wird, wenn man ihm nicht rechtzeitig mit der nötigen Unzweideutigkeit entgegentritt.

Das Reichsinnenministerium erkennt an, daß Olympia   und Wikingbund gegen die Reichsgese te verstoßen. Es er­kennt an, daß die preußische Regierung die notwen­digen Konsequenzen daraus gezogen hat. Will es nicht auch die übrigen Landesregierungen darauf aufmerf­sam machen, daß es ihre Pflicht ist, den Reichsgesehen Genüge zu leiften? Eine unzweideutige Aufklärung iut not im Interesse des Reiches. Es wäre eine Blamage des Reiches, wenn es Breußen in dem Kampf um die Geltend­machung der Reichsgesetze isoliert ließe.

Der Potemkin" freigegeben.

In verkürzter Form.- Neue Entscheidung der Film­prüfstelle.

In sehr start verkürzter Form wurde der Po. temtin Film gestern wieder der Filmprüfstelle vorgelegt. Es ist viel Wesentliches fortgefallen. Im ersten Att ist das Bild ausgemerzt, in dem der Maat den Matrosen schlägt, überhaupt sind alle Szenen gestrichen worden, in denen Miß­handlungen der Mannschaft durch Offiziere ge­zeigt werden. Ja, sogar die Würmer, die auf dem verdor. benen Fleisch wimmeln, sind reduziert worden und damit die ganze Tätigkeit des fleinen Schiffsarztes; auch der Geistliche Ichlägt nicht mehr mit seinem Kreuz den Takt zu dem Kommando, nach dem die Soldaten auf ihre gefesselten Brüder schießen sollen. Selbst die Kosaken bekämpfen die Menschenmenge in Odessa   gewisser­maßen unblutig; die Salven der Rojaten auf die fliehende Boltsmenge sind abgeschnitten worden. Trogdem glaubte Oberregierungsrat Mühleisen, der auch diesmal wieder als Sach­verständiger des Reichsinnenministeriums fungierte, noch einen Schuß in dieser neuen Bildfolge zu entdecken!

Der als Sachverständige des Reichswehrministeriums erschienene Hauptmann Ritter von Sped wollte nichts, durchaus nichts von

Gesundheitsdienst am deutschen   Volke.

Von Dr. med. Norbert Marr.

wirte.

Die Entscheidung der Berliner   Filmprüfstelle ist eine halbe Korrektur des groben Fehlers, der von der Oberprüf­stelle begangen wurde. Nach den Streichungen, die das Filmwerk erdulden mußte, ist freilich der Sinn des Ganzen wesentlich verstümmelt worden. Wenn die schießende Soldatestabes 3arentums beseitigt wird, wenn die Mißhandlungen der Matrosen durch Offiziere gestrichen werden, dann wird die Em pörung der Meuternden ganz unverständlich. Deshalb ist das Jugeständnis, einzelne Teile dieses zusammenhängenden Bild­streifens zu fassieren, schon ein Entgegenkommen, das nur unter dem terroristischen Druck der völkischen Helfer in Re­gierungsstellen gewährt werden konnte.

Die Vertreter des Reichsinnenministeriums und des Reichswehrministers aber stecken derartig in den Netzen monarchistischer Auffassungen, daß sie jedes Auflehnen monarchistischer Auffassungen, daß sie jedes Auflehnen gegen eine, sei es auch 3 a ristische Billtür als eine Gefahr für die für die Republik   erklären möchten. Sind Leute mit solchen monarchistischen Anwandlungen berufen, als Sach­verständige in Filmsachen aufzutreten, während das Licht, spielgeje politische Erwägungen ausdrücklich ausschließt? Seit Bilheim II. sein berüchtigtes Wort sprach, der Soldat müßte auf Sein Verlangen auf Bater und Mutter schießen, halten es Bertreter der republikanischen Regierungsstellen noch für möglich, daß selbst das Auf­bäumen des russischen Boltes von 1905 gegen bie Rosaten­herrschaft von damals einer Auflehnung gegen die Regierung der demokratischen Republik gleichfäme!

Die Monarchisten in den Regierungsstellen wollen die Untertanengefinnung beim Bolte. Das deutsche Bolf von 1926 hat aber die monarchistischen Uebergriffe hin­länglich satt. Das sollten sie fich endlich merken!

Preußen und Freiherr v. Lünind. Die Anregung, den preußi­schen Beamten eine Teilnahme an den gesellschaftlichen Veranſtal tungen der rheinischen Landwirtschaftskammer und ihres Borsigenden, Freiherrn   v. Lunind, zu unterfagen, ging, wie uns mitgeteilt wird, nicht vom preußischen Landwirtschaftsminister aus. Es handelte sich vielmehr um einen Beschluß des Ge­samtministeriums, für dessen Durchführung natürlich auch das Landwirtschaftsministerium sorgt.

Der Reichspräsident hat den Ministerialrat in der Reichskanzlei, Dr. Offermann, zum Ministerialbirektor in der Reichstanzlei

ernannt.

ten und Kampf gegen jeden jozialen Fortschritt für den Betrachter

Andererseits hat diese ganze Standesordnung famt Ehrengerich. etwas Erheiterndes. Dieser aussichtslose Kampf ist fymbolisch wir waren schon im vergangenen Jahre gezwungen, das Pro- für den untergehenden Mittelstand. Diese Standesordnung erinnert an die Zunftordnungen des Mittelalters, die den durch das Auf­letariat auf die Gefahren hinzuweisen, die ihm aus der voltsfeind­lichen Einstellung eines großen Teiles der deutschen   Aerzteschaft kommen der Großbetriebe beschleunigten Untergang des Handwerts drohen. Wir teilten mit, daß Herr Dr. Bollmann- Berlin   in seinem verhindern sollten. Auch eine Herausnahme aus der Gewerbeord­Referat über den§ 218 sich gegen jebe Milberung dieses Schand- nung, die den Arzt mit Schankwirten und anderen Gewerben zu­fammen behandelte", wird diesen durch die Industrialisierung und gesetzes aussprach, und daß es für die deutsche Aerzteschaft keine Mechanisierung unseres gesamten Lebens bedingten Entwicklungs­foziale Indikation geben könne, d. h. daß jede Arbeiterfrau, auch prozeß nicht aufhalten. Diese Standesordnung der deutschen   Aerzte unter den ungünstigsten Verhältnissen, gezwungen sein müsse, ein zunft wird eine Episode sein auf dem Entwicklungsweg vom ärzt dammt ist, in diese kapitalistische Welt zu sehen. Bei einer soleh lichen Zwergbetrieb in den ärztlichen Großzbetrieb, wie wir ihn in Berlin   in den Ambulatorien schon vorgezeichnet sehen. reaktionären Einstellung der deutschen   Aerzte fann es uns nicht wunder nehmen, daß auch die neue Aerzteordnung, die vor einiger Zeit auf dem Eisenacher Aerztetag angenommen wurde, ein Produkt rückständigster: Geistes ist. Der Zweck dieser Standesordnung, die durch ihre Kautschutbestimmung jederzeit gegen die sozialistischen   Aerzte, ja, gegen jeden sozial eingestellten Arzt ver wendet werden kann, ist, die Aerzte zu einer Bhalang gegen die ge­famte Sozialversicherung zusammenzuschweißen. Daß für diese Standesordnung die Reichsverfassung keine Gültigkeit befigt, beweist der darin verlangte Koalitionszwang unter der Führung deutschnatio. naler Aerzte. Aber auch die Milderungen des§ 218, die durch das Bemühen der SPD  - Fraktion erreicht wurden, sollen illusorisch ge­macht werden, denn jeder Abortus soll einem Arzt erst auf Be­schluß eines Konsiliums von mehreren, von den einzelnen Bezirks verbänden benannten Aerzten gestattet werden. Belcher Kurs mit dieser Standesordnung eingeschlagen werden soll, verrät der bayes rische Bertreter Bergeat München, der bei den Beratungen in bezug auf die Regierung erklärte:" Die Kernfrage sei, ob wir uns träftig genug fühlen, einer unseren Wünschen zuwiderlaufenden ge feßlichen Gestaltung Widerstand zu leisten. Eine Blantopollmacht für eine Regierung mit dem heutigen Kurs sei gefährlich."

Die neuen Pläne der Carnegie- Stiftung. Bor seiner Abreise von Southampton   nach New Dort hat der Präsident der Carnegie- Stiftung und der Columbia- Universität in New York   Nicholas Murray Butler   über die neuen Pläne der Stiftung bemerkenswerte Mitteilungen gemacht. Danach wird die Stiftung ihre Tätigkeit in Europa   demnächst wesentlich erweitern. Die Arbeit der Stiftung wird von einem Verwaltungsausschuß ge­leitet, in dem sich Vertreter Deutschlands  , Frankreichs  , Eng­lands, Belgiens  , Desterreichs, der Schweiz  , Italiens   und Griechen lands befinden und der fein Bureau in dem Gebäude der Stiftung, Paris  , Boulevard St. Germain 173, hat. Der Leiter der Arbeit in Europa   ist Dr. Earle B. Babood. Es wird eine neue Bierteljahres zeitschrift geschaffen, die den Titel L'Esprit International" führt. Sie soll vom Januar 1927 ab erscheinen und in der Hauptfache das Material und die Schriftstücke bringen, die sich unmittelbar auf den 3weck der Carnegie- Stiftung beziehen. Dieser Zwed ist, allgemein gesprochen, die Förderung des internationalen guten Willens durch Selbstverständlich wandten sich die Aerztevertreter, die in ihrer Berbreitung von Kenntnissen und durch Beeinflussung der öffent Gesamtheit ein offizieller Träger des Gesundheitsdienstes am deutlichen Meinung. Außerdem wird die Zeitschrift wichtige internationale schen Bolte werden sollen", gegen die Fürsorgestellen als Behand. Attenstücke veröffentlichen, ebenso wie eine Bücherschau. Diese Fragen lungsstellen. Besonders der unseren Lesern bestens befannte Herr follen fachlich und ohne jede Bartellichkeit behandelt werden. Ferner Dr. Schener mußte wieder gegen die Berliner   Gesundheitsämter wird schon in diesem Jahre ein Zusammenwirken der Carnegie Sturm laufen, die in vorbildlicher Weise Fürsorge mit Behandlung Stiftung mit dem Institut für Internationales höheres Studium an verbinden. Solch' edlen Boltsfreunden ist der Zeitverlust bei einer der Universität Paris Blaß greifen. Die Borlesungen und Uebungen, Trennung von Beratung und Behandlung, den die Arbeiterschaft, die dieses Institut auf anderen als rein juristischen Gebieten ver von deren Steuergroschen die Fürsorgeeinrichtungen erhalten werden, anstaltet, werden in dem Lesesaal des Gebäudes der Carnegie- Stif erleiden, herzlich gleichgültig. tung abgehalten werden. Der Verwaltungsausschuß der Stiftung wird demnächst durch die Zuwahl eines angesehenen deutschen   Ge lehrten und Bublizisten erweitert werden, um bie freundliche Mit arbeiterschaft hervorzuheben, die die Carnegie- Stiftung durch führende Männer der öffentlichen Meinung in Deutschland   erfahren hat. In Berlin   wird ein Zusammenwirten zwischen der Stiftung und der Deutschen Hochschule für Politit herbeigeführt, indem bei der Hochschule ein Carnegie Lehrstuhl errichtet wird, der jedes Jahr abwechselnd mit einem deutschen   oder einem ausländischen Gelehrten besetzt wird. Der erste Inhaber des Lehrstuhls wird vor aussichtlich eine amerikanische oder eine englische Autorität für inter­nationale Beziehungen sein. Ferner schlägt die Stiftung vor, soweit wie möglich die Erweiterung der Beziehungen zwischen Gruppen

Den Schluß und die Krönung dieser Tagung bildete die Ein. weihung des Denkmals für die gefallenen Aerzte. Besonders sinnig ist die Inschrift auf dem Denkmal: Dulce et decorum est pro patria mori"," Süß und ehrenvoll ist's, für das Vaterland zu sterben. Daß das der Wahlspruch mancher deutschen   Aerzte während des Krieges war, ist der Arbeiterschaft im Andenten an die Gesunde betetommiffionen noch in befter Erinnerung. Auch die verschiedene Behandlung von Offizier und Mann in den Kriegslazaretten wird diesen Aerzten unvergessen bleiben.

Daß diese standestreue Aerzteschaft eine getreue Dienerin und Helferin der herrschenden Klasse ist und bleiben will, braucht nicht von neuem bewiesen zu werden,

Was ist ein Renegat"?

Sprachunterricht für deutsche Richter.

Wir erhalten die nachstehende Zuſchrift:

Der Präsident des Oberlandesgerichts Naumburg hat zut der Frage, wie das Wort Renegat" auszulegen fei, Stellung genommen, und er hat dem Landgerichtsdirektor Thorwest die Mitteilung zukommen lassen, daß der Sinn des Wortes Renegat" doch etwas anders auszulegen sei, als es seiner und des Herrn Landgerichtspräsidenten Auffassung entspricht, daß nämlich der Ausdruck vielfach im herabseßenden Sinne gebraucht werde".

Wenn man die entsprechenden Wörterbücher heranzieht, so tann man feststellen, daß der Ausdrud" Renegat" ausschließ­lich in herabsetzendem Sinne gebraucht wird; es ist wenigstens Hinweis aufzufinden, in dem Renegat" dieses stigmatisierenden dem Schreiber dieser Zeilen nicht gelungen, auch nur einen einzigen Charakters heute entbehrt.

" Renegat" ist derjenige, der seinen früheren Glauben abschwört, und zwar einer, der seinen alten Glauben verläßt aus minders wertigen Motiven, aus Motiven unlauterer Art. Die Tatsache des Glaubenswechsels ohne anrüchigen Beweg grund bezeichnet das Wort Konvertit"." Konvertit" ist derjenige, der zwar seinen früheren Glauben verlassen hat; aber dieses Wort sagt über die Motive des Wechsels nichts aus; es stellt die Tat­fache feft, ohne die Beweggründe einer Kritik zu unterziehen; gerade im Gegensatz zu Renegat", das zugleich die Unmoralität, die dem Wandel das treibende Motiv war, starf betont. Der Renegat ist ein Abtrünniger aus unmoralischen Beweggründen. Der Renegat ist ursprünglich der Glaubensabtrünnige, der die chriftliche Kirche verließ; und in den frühen Zeiten der Kirche war man gegen diefe Elemente milde ganz gewiß nicht gestimmt. Diesen Charatter, und ausschließlich diesen herab­eben den Charakter hat das Wort bis heute im Deutschen  

bewahrt.

Es ist übrigens aus dem Lateinischen dann auch in das Französische   und Englische hinübergegangen; und zwar wie in der deutschen Sprache bedeutet es im Englischen einen erbärmlichen Bicht"" A worthless or wicked fellow", und im Französischen nicht anders; wie etwa: Ah! maudit renégat, le plus méchant

du monde"; o verfluchter Abtrünniger, Abscheulichster der Welt. Hätte irgendein deutscher Richter seinen ursprünglichen religiösen Glauben oder seine politische Parteizugehörigkeit verlassen und sich einer anderen Religion oder einer anderen politischen Partei an­geschlossen, und man würde ihn aus diesem Grunde einen Rene gaten" benennen, dann wäre faum daran zu zweifeln, daß solcher Ausdrud als eine schwere Beleidigung geahndet werden würde. Der Herr Präsident des Oberlandesgerichts Naumburg, der eine andere Auffassung als möglich betrachtet, urteilt in diesem Falle

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herzgewinnend milde.

Aufklärung in Magdeburg  ? Kautionsschwindel und Verlockungsmord.

Magdeburg  , 28. Juli.  ( Eigener Drahtbericht.) Der Kriminal fommiffar Busdorf hat in der Magdeburger Mordsache Helling am letzten Tage seiner Untersuchung noch festgestellt, daß der gleiche Schröder, in dessen Keller die Leiche des ermordeten Helling gefunden wurde, im Magdeburger Generalanzeiger" In­ferate aufgegeben hat, in denen er Stellenangebote für ein Auskunftsbureau Fint suchte gegen Stellung einer Raution von 500 M. Außerdem wurde festgestellt, daß Schröder auf Inserate von Leuten, die Stellen suchten und Rautionen anboten, Stellen anbot und Beziehungen zu den Inserenten anzu­fnüpfen versuchte. Nach diesen Feststellungen dürfte es zweckmäßig sein, daß die Untersuchung der Vermutung nachgeht, daß der Mert an Helling nur noch als ein Verlodungsmord zu betrachten ist. Im übrigen werden wir zunächst abwarten, wie der Unter­suchungsrichter mit den beiden neu entsandten Berliner   Kriminal= beamten zusammenarbeiten" wird. Bielleicht werden in bezug auf die Verhafteten Haas und Fischer bald die notwendigen Konfe

quenzen gezogen.

ähnlicher Richtung in den verschiedenen Ländern fortzusetzen. Inter­nationale Konferenzen und Bersammlungen wirtschaftlicher, indu strieller, literarischer, wissenschaftlicher oder anderer Art follen ent­sprechend den Grundgedanken der Stiftung weiter gefördert werden. Im Zusammenhang mit diesen Bestrebungen werden demnächst 50 sorgfältig ausgewählte amerikanische   Professoren für internatio nales Recht und internationale Beziehungen nach Europa   fommen, um hier Studien über internationale Organisation und internatio­nale Affoziation vorzunehmen. Die Carnegie- Stiftung hat in jedem europäischen   Land führende Persönlichkeiten für die Mitarbeit ge­wonnen. Sie dient feinem politischen Ziel und strebt nicht die Durch­führung eines bestimmten Programms an, außer dem einer besseren Aufklärung der öffentlichen Meinung und einer Förderung des

guten Willens zwischen den Nationen.

Die gegenwärtigen Mitglieder des Berwaltungsausschusses in Europa   sind: die Herren Paul Appell, Honorat, Lichtenberger und Lechartier in Frankreich  ; A. G. Gardiner und Profeffor Gilbert Murray   in England; Senator Albert Nerince in Belgien  ; Dr. von Brittwig und Gaffron in Deutschland  ; Profeffor Joseph Redlich in Desterreich: N. C.   Fatio in der Schweiz  , Graf Sforza in Italien  und M. Bolitis in Griechenland  .

Die Akademie für internationales Recht, die von der Carnegie­Stiftung im Haag errichtet wurde und die jeden Sommer lechs wöchige Vorlesungen veranstaltet, wird diese Borlesungen fortseßen, ferner wird die Stiftung hervorragende Organe für internationales Recht unterstützen.

Eine Sammlung von Wäscherollen. Eine feltfame Sammlung hat ein Londoner   Geistlicher zusammengebracht, eine große Zahl von Wäschemangeln, von denen er glaubt, daß sie die einfachste Art der Kunstübung darstellen. Er hat weite Reifen in Nordeuropa   ge­macht und überall interessante Stücke, die die Kunstfertigkeit der Bauern bewelsen, gesammelt. In einer Reihe von Fällen waren es Stücke, die nicht nur zum Waschen dienten, sondern direkt als Hauszier verwendet wurden. In vielen find Familiendaten ein­geschnitzt, und so sind sie als gewichtige Chronit von der Mutter mit Stolz auf die Tochter vererbt worden. Unter den Stüden sieht man eine aus Dänemart mit dem Datum 1573, während später, im Jahre 1759, eine neue Inschrift eingeschnigt wurde und das Jahr 1820 eine Inschrift in Malerei hinzufügte. Diese ungewöhnliche Kunstfammlung soll jezt dem Londoner   Bublifum gezeigt werden.

Prof. Offo Madelung geftorben. Der bekannte Chirurg Prof. Dito B. Madelung, ein Nachkomme Mathias Claudius', ist in Göttingen   im Alter bon achtzia Rabren gestorben. Prof. Mabelung war während des deutsch  - franzöfifchen Strieges 70/71 Arzt im Kriegslagarett Diez  . Seit 1894 war er in Straßburg  , wo er während des Weltkrieges trok seines hoben Alters noch eine lebhafte Tätigkeit im dortigen Kriegslagarett entfaltete. nach Ausgang des Krieges wurde er aus dem Elfaß vertrieben und lebte feitbem in Göttingen  . Prof. Madelung hat sich sowohl als Chirurg wie auch

als Wissenschaftler einen Namen erworben.

Federal Trade Commission   ist das amerikanische   Nationalvermögen von Das reiche merita. Nach der letzten Statistit der amerikanischen 353 Milliarden Dollar im Jahre 1922 auf 550 Milliarden für 1926 ange­wachien. Auf den Kopf jedes Amerikaners tommt ein Bermögen von 5000 Dollar. Das jährliche Rationaleinkommen Amerikas   wächst schätzungs. weise von Jahr zu Jahr um ein Minimum von 10 Miliarden Dollar.