wUmmiW«» 9*9* Mf Stt Qnff«• BbiM«■ Wagen, Stapd von Kisten und Körben. Es riecht nach Obst, nach frischem und verdorbenem. Sehr früh beginnt hier die Arbeit. Wenn dann in den letzten Vormittagsswnden sich die Strohe leert, dann kommen die Armen und wühlen in den Dreckhausen nach dem, was die Händler als unbrauchbar weggeworfen haben. Des Nachmittags und Abends liegt die Straße fHH nnd verträumt da. Nur oben auf der Stadtbahn das ewig« Hin und Her.
der Grunewald den Erholungsuchenden. Aber keine Rennbahn für Automobilisten. Die Zkroftfahrzeugsteuer hat unlängst eine bedeutend« Erhöhung erftihren, durch die auch die Gemeindewegeabgaben abgegolten werden sollen. Kaum ist diese Steuer eingesührt und ehe die ersten Beträge über Reich und Staat den Gemeinden zugeflossen sind, äußern die Automobilisten ihre verschiedenen Wünsche. Straßen sollen sofort freigegeben werden. Andere müssen aus- gebessert werden, wieder andere, die bisher aus guten Gründen dem Automobilsport entzogen waren, sollen ihm ausgeliefert werden. Natürlich haben die Forderungen einen berechtigten Kern, wenn sich auch ihre Erfüllung nicht von heute auf morgen durchsetzen läßt. Vor allem richten sich die Beschwerden der Automobilisten gegen die Avus, für deren Benutzung zurzeit hohe Betröge erhoben werden, während unmittelbar daneben eine früher vernachlässigte Ehausse« entlangführt. Diese Chaussee kann natürlich dem Automobilverkehr frei- gegeben werden und soll es auch. Neben der Eisenbahn, die hier den Grunewald durchzieht und neben der Avus kann auch noch eine Chaussee liegen, ohne daß die Benutzung des Waldes für Erholunas- zwecke mehr als bisher beschränkt wird. Der Ausbau der Chaussee entlang der Avus ist in Aussicht genommen. Die Ausführung wird vielleicht verzögert durch die großen Umbauprojekte der Eisenbahn- Verwaltung, die eine Streckenkreuzung mit dieser Chaussee notwendig machen. In absehbarer Zeit wird aber hier ein anderer Weg nach Wannse« führen und die Forderungen der Automobilisten werden erfüllt sein. Ganz anders aber sind die Forderungen auf Freigab« der Havelchaussee zu beurteilen. Die Benutzung dieser Chaussee für de» Automobilsport wäre für die Fußgänger tm Grunewald mit sehr großen Belästigungen verknüpft. Solange der Betrieb»- stoff der Kraftwagen so schlecht ist wie bisher und solange sich ge- wisse Kraftfahrer nicht einmal in der Stadt dazu verstehen können, der Vorschrift des Polizeipräsidenten entsprechend, durchweg mit geschlossenem Auspuff zu sahnen, darf nicht davon die Rede sein, die Chausseen de» Grunewald » für Automobile freizugeben. Aber auch wenn diese Borau »- setzungen erfüllt sein sollten und wenn solche Fahrer größerer Rücksicht gegen da» wandernde Publikum sich be- fleißigen wollten wie bisher, so darf doch der Grunewald , die Erholungsstätte eine» großen Teiles der Bevölkerung, n i» m a l» dauernd den Automobilfahrern überlassen werden. Vielleicht wäre ein« Regelung derart möglich, daß die Haoelchaussee an bestimmten Tagen der Woche für den Automobil- verkehr freigegeben, an den übrigen Tagen aber gesperrt wird. Es darf daran ennnert werden, daß beispielsweise die Elbchauslee westtich Hamburg an allen Sonn- und Feiertagen für Automobile gesperrt ist. Die Havelchaussee zieht sich nahe dem Ufer hin, so daß eine Belästigung auch bei getrenntem Fuß- oängerpfade nicht zu oermeiden wäre, ganz abgesehen von dem störenden Geräusch. Daher ist zu verlangen, daß an der Sperrung üieser Chaussee für da» Automobil festgehallen wird.
�uch ein Siochemisches Institut! Aus der Praxis eines Spezialisten für Arauenleidev. Mit einem eigenartigen Institut, das unter der Flagg« der Bfochemie segelte, hatte sich da» Schöffengericht Char- lottenburg gelegentlich einer Anklage wegen Derbrechens gegen dÄ» so vielfach umstrittenen und jetzt bekannttich abgeänderten § 218 des Strafgesetzbuches zu beschäftigen. Fünf Personen saßen aus der Anklagebank: Zwei Mädchen, deren gemeinsamer neunzehnjähriger Geliebter, der beide in die peinliche Lage, vor Gericht erscheinen zu müssen, versetzt hatte, ein Kaufmann B. und schließlich der sich Elektrotherapeut nennend« Otto Iutrzenka; von diesem war der Kaufmann B. in die unerquick- liche Affäre hineingezogen worden, ohne daß sich B. viel dabei gedacht hatte. Als der Neunzehnjährige, dem das eine Mädchen angedroht hatte, sich wegen seines Zustandes das Leben zu nehmen, ihm sein Leid klagte, hatte er ihm eine zufällig in seinem Besitz befindliche Geschäftskarte des Elektrvtherapeutischen Instituts Iutrzenkas, Spezialist für Frauenleiden, übergeben. Das hatte genügt, ihm die Anklage wegeit Beihilfe zur Abtreibung«inzu- dringen: denn der junge Mann hatte daraufhin ein Mädchen in da» Institut geschickt, wo der Eingriff dann von dem Angeklagten Iutrzenka vorgenommen wurde. Der Kaufmann B. wurde jedoch von dieser Anklage freigseprochen. Iutrzenka hing sich in der Der- Handlung den Mantel des wohlausgebildeten Arztes um. Nach seinen Angaben hat er in Paris auf der Sorbonne Vorlesungen gehört und ist dort nach bestandenem Examen Assistent bei einem Frauenarzt gewesen, den er in seiner Abwesenheit vertrat. Später will er in London ein biochemisches Institut betrieben haben und in Frauenkliniken tätig gewesen sein. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland machte er dann in Charlottenburg ein ähnliches Institut auf. 100 Mark war hier, wie der Angeklagte sich ausdrückte, der Einheitspreis, gleichgültig--für welche Behandlung. Sonderbar muß es bei dieser Behandlung in dem nur aus einem Zimmer bestehenden Institut zugegangen sein. So wurden unter Beisein der Patienten unter allerlei Hokuspokus Medikamente gemengt und diese dann verabfolgt. Wie im übrigen die Tätigkeit dieses Spezialisten für Frauenleiden gewesen sein muß, ließ die Tatfache erkennen, daß die beiden Mädchen infolge seiner Eingriffe schwer krank die Klinik aufsuchen mußten, wodurch der Stein ins Rollen kam. Auch sonst scheint Iutrzenka ein eijjen- artiger Ehrenmann zu sein, da er versucht hatte, mit dem einen Mädchen, das den Einheitspreis bezahlte und nach dem Eingriff zwei Nächte in dem Institutszimmer, das auch als Schlafraum diente, zubringen mußte, in Beziehungen zu treten. Er wurde wegen gewerbsmäßiger Abtreibung zu 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus und 3 Iahren Ehrverlust verurteilt. Die Mädchen und ihr Bräutigam kamen mit drei Monaten Gefängnis und Bewährungsfrist davon.
Schwarz weihrole Säurefpriher. Wahre Tapferkeit ist nicht Sache der schwarzweißroten Helden» kompagnie. Die Iüngelchen vom Hitlerkreuz und Stahlhelmblech sind bekanntlich nur auf Revolver- und Totschlägerattacken 10: 1 dressiert. Weiterhin haben sie noch Routine im Schutze der DünkelheU republi- konische Fahnen zu klauen. Reicht» nicht so weit, so arbeitet man mit Säuren und Oelen um den ruchlosen Fahnenstosf unschäd-
m p anchern. Sa keä OMn, w 1« XrKafawf«. Mite Niederschönhausen, in der Uhlaadstrahe» I und Uhlandstraß« 26 haben die völkischen Flegel ihre niedrigen Instinkte an den schwarzrotgoldenen Fahnen ausgetobt, die in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag zur Feier des Weimarer Ver- sassungstages von republikanischen Bürgern ausgehängt waren. Die drei Fahnen wurden mit T e e r ö l, sowie scharfätzenden Essenzen derart besudelt, daß sie fast völlig vernichtet sind. Gegen die nationalistischen Burschen ist Strafanzeige erstattet.
Sie wollte mit öem kinü in öen Toö! Glückliches Ende eines Familienzwiste». Wegen gefährlicher Körperverletzung hatte sich vor dem Schöffen- gericht Berlin-Wedding eine Frau Anna P. zu verantworten, und es konnte während der Verhandlung zweifelhaft sein, ob ihre Tat auf eine gewisse Effekthascherei zurückzuführen sei oder ob ihr ein «rnster Wille zugrunde gelegen hatte. Frau P. leidet offenbar an außerordentlich starken seell- schen Störungen. Deshalb kam es im Laufe der Zeit in ihrer Ehe
Sozialistische �rbeiterjugenü Groß-öerlin Freitag, den 20. d. MtS., abends 7 llbr FunMonär-Verfammlung i» der Aula der Schule Mittenwalber Str. 86(Nähe HallescheS Tor) Thema: Unsere Herbst- und Winterarbeit Erscheinen aller Funktionäre ist Pflicht. — Mitgliedsbuch legitimiert.
mit einem Musiker wegen Nichtigketten zu erheblichen Zerwürfnissen, die schließlich so weit gingen, daß der Maim die ehelich« Wohnung verließ und sich wieder zu seinen Eltern begab. Die Frau machte nun verschiedentlich vergebliche Versuche, den Mann zur Rückkehr zu bewegen. Als auch die letzte Aussprach« fehlschlug, paPe die Frau noch ihrer Angabe die Berzweislung. Sie lauerte jetzt ihrem fünfjährigen Jungen, den sie inzwischen zu ihrem Mann gebracht hatte, auf, nahm ihn mit nach Haus und legte ihn hier ins Bett, da» sie unter die Gaslampe gerückt hatte: dann befestigte sie einen Gasschlauch an einem Gashahn, damit das Gas mehr nach unten strömte, drehte den Hahn auf und legte sich daneben. Stundenlang lag sie angeblich so, bis sie schließlich nach ihrer Schilderung taumelnd sich erhob und sah, wie das Kind sich wand und heftig erbrach. Nun packte sie die Reue über ihr Vorhaben. Sie dreht« deshalb den Gashahn zu und rief eine Nachbarin zu Hilfe, die dann für da, weitere sorgt«. Auf Anordnung des Arztes kam die Erkrankte in» Krankenhaus, wo sie vier Wochen verblieb, jedoch nicht wegen der nicht allzuschweren Gasvergiftung, von der sich auch das Kind bald erholt hatte, sondern wegen ihres s e e l i- scheu Zustandes, der eine Wiederholung von Selb st- Mordversuchen befürchten ließ. In dieser Zell söhnte sich auch die Angeklagte mit ihrem Mann wieder aus, so daß die Ehe heute wieder ganz glücklich ist. Da» Nachspiel zu dem Vorgänge bildete jedoch die vorliegende Anklage wegen Körper- Verletzung, begangen an dem Kinde. Vor Gericht spielte nun die Frage eine große Rolle, ob der ganze Vorgang, wie auf Grund verschiedener Umstände vermutet wurde, nur ein Bluff sein sollte, berechnet auf den Mann, um ihm einen größeren Schreck einzujagen und ihn dadurch zur Rückkehr zu bewegen, oder«inen ernsten Selb st Mordversuch darstellte. Das Gericht kam zur letzteren Ansicht, da es die Angaben der Angeklagten hierzu nicht als wider- legt ansah. Damit endete die Sache entgegen dem auf drei Monat« Gefängnis mtt Bewährungsfrist lautenden Antrage des Staats- anmalt» Mit«iner F reis P rechn n g von der Anklage der Körper- Verletzung. Frau P. habe, wie der Vorsitzende bei der Begründung ausführte, nicht den Vorsatz der Korperverletzung, sondern die Tötungsabsicht gegenüber dem Kinde gehabt. Don dem Versuch der Tötung habe sie jedoch freiwillig Abstand genommen. So läge ein Rückttitt vom Versuch vor, für den das Gesetz völlige Straffreiheit vorgesehen hätte._ Äne teure Autofahrt. Löse Aolgea einer Kneiperei. Ein Autodiebstahl, der sich vor den Augen des Autobesitzers ab- gespielt hatte, und deshalb eine» gewissen Humor» nicht entbehrte, brachte den Chauffeur W. und den Mechaniker F. vor da» Große Schöffengericht. Die beiden Angeklagten hatten eines Abends tüchtig g e- kneipt: in ihrer alkoyolseligen Stimmung verspürten sie dann angeblich den dringenden Wunsch, eine Vergnügungsfahrt mit einem Auto zu machen. Lediglich zu diesem Zwecke wollen st« eine Garage in der Transvaalstroße, die W. durch seinen Vater kannte, aufgesucht nnd hier ein Auto herausgeholt haben. Da die beiden betrunkenen Leute hierbei nicht sehr ruhig verfuhren, wurde ein Hausbewohner auf ihr Treiben aufmerksam, und als er sich ihnen näherte, bekam er auf seine Frag« die Antwort, daß sie den Besitzer des Autos vom Theater abholen wollten. Weil aber ge- wohnlich die Theater nicht erst um 2% Uhr morgens, wie die Uhr schon zeigte, geschlossen werden, schöpfte der Hausbewohner mit Recht Verdacht und teilte deshalb dem im zweiten Stockwerk des Hauses wohnenden Besitzer mit, daß sein Auto wahrscheinlich gerade gestohlen werden solle. Dieser ließ sich aber ungern in seiner nächt- lichen Ruhe stören, blickte nur flüchtig einmal zum Fenster hinaus und erschien erst nach einer Viertelstunde auf der Bildsläche. Da war der Wagen natürlich schon verschwunden. Der Besitzer hatte jedoch mehr Glück, als er bei seiner Bequemlichkeit verdiente. Die beiden Burschen waren nach Brandenburg gefahren, wo sie an einer Tankstelle haltmachten und sich mit neuem Brennstoff versorgten. Dann jedoch war ihr Rausch verflogen und sie haben den Wagen in einen in der Nähe gelegenen Wald gebracht und dort stehen gelassen. So konnte das Auto, dem rechtmäßigen Besitzer wieder zugestellt werden. Das Gericht oerurteilte die beiden Liebhaber von kostenlosen Autofahrten zu acht bzw. fünf Monaten Gefängnis und außerdem zu je 100 Mark Geldstrafe, weil sie ohne Führerschein gefahren waren. Da ausnahmsweise bei dieser be- trunkenen Geschichte niemand ernstlich geschädigt worden ist, so hätte das Gericht ausnahmsweise auch recht Milde walten lassen können. Die erkannten Straten sind wirklich sehr hart.
wegen Gleisbauarbeiten am Splllelmarkt mußten die dortigen Sttaßenbahnhaltestellen verlegt werden. Die Haltestelle in Richtung Leipziger - und Beuthstt. befindet sich an der Gertraudtenbrücke, die Haltestelle in Richtung Molkenmarkt in der Leipziger Straße und Beuthstr. am Spittelmarkt.
ver falsche Vohkfahetsbetmrf». Raubüberfall auf einen hilflosen Krüppel. Gestern vormittag wurde der öl Jahre alte Invalide Paul L i e b a u, der in dem Hause Bergmannstraße 18 tm dritten Stock aus dem Hofe eine Stube mit Küche innehat, in seiner Wohnung überfallen. Er teilt die Wohnung mit seiner Schwester, die den Tag über außerhalb des Hauses arbeitet. L. ist so stark verkrüppelt, daß er nicht gehen kann. Bei seinem Straßenhandel mit Streichhölzern und der- gleichen kann er sich nur rutschend vorwärts bewegen. Gestern vor- mittag erschien bei ihm ein Mann, der sich als Beamter des Wohlfahrtsamtes ausgab und ihm zu seiner großen Freude mitteilte, daß er wahrscheinlich eine erhebliche Unterstützung er- hatten werde. Zur Regelung dieser Angelegenheit müsse er seine Wohnung besichtigen und sich über die Einrichtung einige Notizen machen. Nachdem das in der Stube geschehen war, wollte der Krüppel dem vermeintlichen Beamten auch die Küche zeigen. Auf dem Gang dotthin aber schleuderte der Besucher dem hilflosen Men- schen plötzlich Pfeffer ins Gesicht. Glücklicherweise drang der Pfeffer nicht in die Augen ein, weil L. eine Brille trägt, die ihn schützte. Der Invalide rief jetzt um Hilfe, und der„Beamte' ergriff die Flucht. Alarmierte Hausbewohner sahen ihn auch noch davon- laufen. Trotz Verfolgung entkam er aber. Seinen Schirm und seinen Hut ließ er im Stich. Der Krüppel ist überzeugt, daß der falsche Beamte die Absicht gehabt habe, ihn umzubringen, um ihn seiner Habseligkeiten zu berauben. Der Uebeltäter ist etwa 50 Jahre alt, klein und schmächtig, hat graumeliertes Haar und trug einen blauen Jackettanzug und unter dem Arm eine abgegriffene Aktentasche. Mitteilungen zu seiner Ermittlung nehmen die Kri. minalinspektion des Polizeiamts Kreuzberg und das 112. Revier entgegen._ öarnvater feinen Verletzungen erlegen. Die Bluttat in der Landshuter Straße hat leider«inen tragischen Ausgang genommen. Der von vier Kugeln des Studenten Stern gettoffene Kaufmann Barnvater ist seinen Verletzungen erlegen. Der Student Kurt Stern , dem die Mutter das Betteten der Wohnung in ihrer Abwesenheit untersagt hatte, weil er sich ihr nicht unterordnen wollte, erklärte der Kriminalpolizei aus dem Polizeiamt Schöneberg , nachdem er sich zu einer Aussage bereit gefunden hatte, daß er in der Notwehr gehandelt habe. Barnvater, der ein Geschäft verwaltet, an dem Frau Stern betelltgt ist, habe ihn tätlich angegriffen, aus ihn eingeschlagen und ihn so schwer bedroht, daß er zur Schußwaffe habe greisen müssen.
Im GerichtsfaaU Der Arbeitslose. Er sitzt keinen Augenblick still. Sein Gesicht durchzuckt ständig eine ungewollte Grimasse des Lächelns. Wenn er spricht, klingt seine Stimme herausfordernd— als hätte die ganze Wett ihm unrecht getan, als wären alle Menschen schuld an seinem Unglück. Der Krieg hat sein Nervensystem zerrüttet. Er kann nicht an sich halten, wenn es in ihm kocht. Seit Monaten war er erwerbslos. Ebenso sein Vater. Zu Hause schrien vier.Stück" Kinder nach Brot, sie froren, denn es war damals Winter. Da ging er in das Bezirksamt und bat um eine Kohlenkarte. Er wurde von einem zum andern geschicki. Da platzte ihm die Geduld. Als er dann zum Stadtobersekretär zurückkam und dieser ihn barsch anfuhr, packte ihn die Wut, er schlug auf den Mann los, daß dieser sür einige Augenblicke bewußlos blieb. Darauf ergriff er die Flucht. Drei Tage später erschien er wieder, um seine Erwerbslosenumer- stützuna in Empfang zu nehmen. Er wurde erkannt und gestellt. Die milde Geldstrafe des äußerst einsichtigen Richters nimmt er nicht än. Er fühlt sich, immer noch.in seinem Recht. Der Student. Als gehe ihn die ganze Sache gar nichts an— so breitspurig steht er vor dem Richter. Sein Gesicht schwankt zwischen Verlegen. heit und Arroganz. Er sühlt sich.. denn im Zuhörerraum sitzen seine Kommilitonen. Als er mit auf der Brust verschränkten Armen seine Antworten gibt, herrscht ihn der Bor - sitzende an. eine bescheidenere Pose einzunehmen.— Eines Abends befand er sich nach gemeinsam� mit seinen Freunden reichlich ge- nossenem Alkohol in einer übermütigen Stimmung. Um ihr Lust zu machen, schlug er eine Scheibe ein. Auf der Wache benahm er sich renitent, wurde als„Blüte der Nation" saugrob gegen den wachthabenden Beamten, scheute sogar vor Tätlichkeiten nicht zurück und muhte schließlich in die Zelle eingesperrt werden. Die Geldstrafe der ersten Instanz schien ihm zu hoch. Es blieb bei der gleichen Höhe auch in der zweiten. Der Schwarzhörer. Diesmal war es eine alte Dame. Gräßlich, daß ihr das passieren muß, als Angeklagte vor Gericht erscheinen zu müssen— auf ihre alten Tag« auf der Anklagebank Platz nehmen zu müssen. Sie weint, diese hochgewachsene, breite Bürgerssrau, als stünde ihr weiß Gott was bevor. Sie hatte von-ihrer Kusine einen Radioapparat zum Geschenk erhalten und genoß nun Abend für Abend mit ihrem alten pensionierten Bruder das Funkprogramm: bis sie als Schwarzhörerin angezeigt wurde,— natürlich von den lieben Nachbarn. Das Radio wurde beschlagnahmt— leb' wohl Funkprogramm:— die Strafe lautete 3 Mark— in Raten zu zahlen. Die Verurteilte verläßt schluchzend den Gerichtssaal. Ja, ja, es ist schrecklich, vor Gericht erscheinen zu müssen. Die Rökigung. Drei ehrenwerte Damen — alle drei gut gekleidet, man sieht es Ihnen an, daß sie auch bessere Tage gesehen haben— stehen vor dem Richter und bemühen sich, ihm klar zu machen, daß sie nichts anderes als ihr Recht verfochten hätten, als sie s i ch d e r N ö t i g u n g zuschulden kommen ließen. Ist es auch nicht unerhört: Erhält ja eine Schneiderin Seide von ihnen, damit sie aus ihr Blusen nähe und liefert sie nicht ab, da sie für die frühere Lieferung noch nicht bezahlt erhalten hat. Was machen nun die drei Damen? Sie führen ein ganzes Theater auf. Sie lassen die Schneiderin mlt den Blusen in die Wohnung ihrer Bekannten kommen, unter dem Vorwande. daß diese ihr Arbeit geben wolle, fallen hier über sie her und nehmen ihr die Blusen fort. Der Richter in der zweiten Instanz redet ihnen zu, die Berufung zurückzunehmen, da eine Bestrafung doch unvermeidlich sei. Sie sehen es schließlich ein. Es bleibt bei der Beldstrase. Der Altkleiderhändler. Er wurde ertappt, als er mit einer Taschenlampe die Tür zu einem Keller beleuchtete. Vom Hausoerwalter gestellt, behauptete er, ein bescheidenes Plätzchen zu suchen, um austreten zu können. Ausweispapiere hatte er nicht bei sich. Er nennt aber einen jüdischen