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Beginn der Rathausarbeiten.

Am Dienstag nächster Woche nimmt die Berliner   Stadtver­ordnetenversammlung nach zweimonatiger Ferienunterbrechung ihre Sizungen wieder laufend auf. Die Hauptarbeiten des Monats September werden in der Beratung neuer finan zieller Maßnahmen und in der Erledigung der Erfaz wahl für den Magistrat bestehen.

Im Haushaltsausschuß wurde gestern die Deckung der während der Ferien beschlossenen Notstandsarbeiten besprochen. Da aber nicht nur für die Notstandsarbeiten, sondern auch für die Unterstützung der Erwerbslosen   beträchtliche weitere Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, beabsichtigt der Kämmerer Mitte September der Stadtverordnetenversammlung einen neuen Nachtrags: etat vorzulegen. Mit Rücksicht darauf hielt der Haushaltsausschuß es für besser, die Beratung über die städtischen Finanzen bis zur Borlegung dieses Nachtragsetats zu vertagen. Die Behandlung der bekannten Magistratsvorlage über die Errichtung einer Fruchthalle auf dem Westhafengelände wurde ebenfalls ausgefeßt, weil man das Ergebnis verschiedener Verhandlungen mit den beteiligten Interessen­ten abwarten will. Außerhalb der Tagesordnung ersuchte der Haus­haltsausschuß den Magistrat das Projekt über die Anlage eines großen Volksbabes Humboldt Bad" in Reinickendorf   im Zusammen­hang mit der Eisfabrik Mudrack so zu fördern, daß die Stadtver­ordnetenversammlung noch im September ihre Entschließungen treffen kann.

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Die Ergänzungswahlen für den Magistrat follen mit größter Beschleunigung bearbeitet werden. Die sozial­demokratische Fraktion hat noch einmal beschlossen, zunächst unbe­dingten Anspruch auf die Nachfolgerschaft für den ausgeschiedenen Stadtrat Genossen Schüning zu erheben. Sie schlägt für diese Magistratsstelle das bisher unbefoldete Magistratsmitglied Ge­noffen Schlichting vor. Im übrigen wurde der Fraktionsvor­stand beauftragt, über die gesamten Wahlfragen sofort die Ver­handlungen mit den übrigen Parteien aufzunehmen. Alle Namen, die in diesem Zusammenhang, namentlich in der bürgerlichen Presse genannt worden sind, sind vorläufig bloß Kombinationen und ent­behren jeder Unterlage. Erst nach den Verhandlungen unferes Fraktionsvorstandes mit den anderen Parteien wird man ungefähr übersehen können, welche Möglichkeiten sich für die Ergänzungswahlen zum Magistrat ergeben.

Gegner hatte den Erfolg, daß von den 60 Mann erst eingeschriebenen| 30 Mann aus Furcht vor Arbeitsverluft ihren Eintritt zurücknahmen. Die Wut der Grundbesizere, die es nie an feindlicher Gesinnung gegen den republikanischen Staat haben fehlen lassen, wirft sich in allen möglichen Provokationen aus. Allabendlich erschallt im Dorf das Lied der Hakenkreuzler vor den Türen der Reichsbannerleute. Es gibt hier eine Gruppe, in der jeder einzelne sich durch Grölen des Hakenkreuzliedes einen gnädigen Blick vom Herrn Major verdienen möchte. Am Sonntag wurden zwei Arbeiter, die zum Kriegerverein Hackelberge gehören, zum Gutsbesizer Lange gerufen, um über ihre Spionagetätigkeit Bericht zu erstatten. Die Folgen dieser Besprechung sind schon zu erkennen. Es soll eine Gruppe des Wehrwolf gegründet werden. Zu der wird jeder Arbeiter gepreßt, wenn er nicht seine Stellung verlieren will. Den Führern sind gute Bosten und Unterstützung versprochen. Selbstverständlich ist auch Geld für diese Sache da, obwohl sonst das Gut feine Einkommen­ft euer abmirit. Die Werber für den Wehrwolf haben selbst Drts­fremden gegenüber geäußert, daß bei Nachlassen der Landarbeit unter den Freunden der Republik   aufgeräumt wird.

Kabelbrand in der Zoffener Straße.

Kurzschluß im Umformerwerk.

Das Umformerwert 3offener Straße empfängt von den Groß stationen in Rummelsburg   den für die Versorgung des Südwestens und eines Teiles des Südens Berlins   nötigen Strom und leitet ihn in die einzelnen Verteilerneze, die die Straßen durchziehen.

Gestern wurden im Keller des Gebäudes neue Schaltungen vor genommen, wobei eine Anzahl von Monteuren beschäftigt waren. Gegen 2% Uhr entstand aus einem noch nicht völlig aufgeklärten Grund Kurzschluß. In wenigen Sefunden brannten sämtliche von der Straße in das Verteilerwerf einmündende Hauptkabel, und die in den Kellerräumen arbeitenden Monteure konnten sich nur mit Mühe und Not retten, da dichter Qualm die Räume in ganz furzer Zeit erfüllte. Wenige Minuten später waren die Urban- und die Hafenwache zur Stelle, doch fonnte die Wehr nur unter großen Schwierigkeiten an den Brandherd gelangen. Die Isolation der dem starken Qualm auch eine so ungeheuere Hize, daß die Feuer Rabel, die aus teergetränktem Material besteht, entwickelte neben halbstündigen Bemühungen gelang es dann, den Brand selbst zu wehrleute nur mit Rauchschutzapparaten vorgehen konnten. Nach löschen. Durch das Ausfallen der Hauptkabel waren jedoch die zahl­fosen zu dem Werk in der Zossener Straße gehörenden Straßen­züge ohne Licht, und an eine Reparatur war zunächst nicht zu denten. Man mußte sich deshalb damit begnügen, sogenannte Ring schaltungen vorzunehmen, d. h., die einzelnen Untergruppen wurden nacheinander an andere Verteilerstationen angeschlossen. Diese Ar­beit zog sich bis in die Abendstunden hin. Die Straßenbahn hatte im gesamten Südwesten eine Berkehrsstörung von rund 30 Minuten. Zahlreiche Betriebe, die auf elektrischen Strom eingestellt sind, mußten vorzeitig schließen, da aus möglich war.

Fünf Millionen Mark für Berliner Wohnungen. Aus dem 200- Millionen- Fonds des Reichsarbeitsministeriums ist der Stadt Berlin   über den Preußischen Staat ein Kredit von 5. Millionen Reichsmart zur Förderung des Wohnungsbaues angeboten worden. In seiner Sizung vom 1. September d. J. hat der Magistrat das Angebot angenommen. Das Darlehen ist mit 6% Prozent zu verzinsen und am 31. März 1929 zurückzuzahlen. Der Betrag wird der Wohnungsfürsorgegesellschaft Bertechnischen Gründen die Stromversorgung auf Stunden hinaus un Iin m. b. H. zur Verwaltung und zur Weiterleitung für den Woh­nungsbau überwiesen, die damit ungefähr 750 Wohnungen finan­zieren kann.

Die neue Aktion ist bereits lebhaft in der Deffentlichkeit erörtert worden. Es haben sich dabei gewisse unrichtige Vorstellungen er­geben. Zu ihrer Beurteilung ist daher folgendes zu bemerken: Bon einer Erweiterung" des Wohnungsbauprogramms für die Stadt Berlin   durch die Aktion kann in feiner Weise die Rede sein, weil das Darlehn in der Wirkung lediglich eine Bevor­schussung darstellt und bis 1929 aus dem Hauszinssteuerauf­fommen der folgenden beiden Rechnungsjahre abgedeckt werden muß. Eine wirkliche Erweiterung des Bauprogramms fönnte sich nur aus Zuwendungen aus dem bei dem Preußischen Ministerium für Volks­wohlfahrt verwalteten sogenannten Wohnungsfürsorgefonds( Aus­gleichsfonds) ergeben, auf die in diesem Jahre die Stadt Berlin   mit Bestimmtheit rechnen zu können glaubt. Das für den Wohnungsbau verfügbare Aufkommen der Hauszinssteuer wird in diesem Jahre für Berlin   rund 140 Millionen Mark betragen, wovon jedoch der Betrag von 50 Millionen Mark an den bezeichneten Wohnungsfürsorgefonds abzuführen ist. Unter diesen Umständen kann es keinem 3weifel unterliegen, daß die berechtigten Wünsche der Stadt Berlin  , in An­betracht der ganz besonders dringlichen Wohnungsverhältnisse ent­sprechende Zuwendungen aus dem Wohnungsfürsorgefonds zu er halten, anders als in den Borjahren Berücksichtigung finden müssen. Bei der Wohnungsfürsorgegesellschaft liegen Darlehns anträge über 2000. Wohnungen vor, die bereits von allen Instanzen genehmigt sind, die aber bisher mangels ausreichender Mittel nicht berücksichtigt werden konnten. Auf diese Anträge wird nun naturgemäß in erster Linie und ausschließlich zurückgegriffen, so daß davon wenigstens Mittel für 750 Wohnungen verfügbar gemacht werden können. Neue Anträge können aus diesem Grunde nicht untergebracht werden und sind daher bis auf weiteres aussichtslos. Die Ziffern sprechen für sich: außer den vielen Hunderten von An­trägen, die aus Mangel an Mitteln bereits zurückgegeben werden mußten oder überhaupt nicht angenommen werden konnten, ver­bleiben noch immer Anträge, die aus Mangel an Mitteln bereits zurüdgegeben werden mußten oder überhaupt nicht angenommen werden konnten, verbleiben noch immer Anträge über 1250 Woh mungen, die sofort in Angriff genommen werden könnten, wenn der Stadt Berlin   nun endlich ihren Bedürfnissen entsprechend Mittel zur Berfügung gestellt würden.

Eine neue Jugendherberge im Spreewald. Der Berliner   Jugend und auch manchem Erwachsenen, der stille Freude an der Natur erleben will, ist ein neues Wander- und Aus­flugsziel geschaffen. 3 mei Stunden Bahnfahrt bis Lübbenau  , der Gurkenstadt, dann vom Bahnhof gleich rechts ab in einer halben Stunde Fußwanderung, da sieht man still im Grün der Bäume und Spreewaldwiesen Boblig, ein Dorf von 600 Ein­mohnern liegen und zwar links der Landstraße Lübbenau  - Betschau Rottbus zwischen der Kottbusser und Kamenzer Bahnstrecke. Hier hat der Kreis Calau  ( Landrat Genosse Karl Freter) und der Jugendherbergsverband, Zweigausschuß Brandenburg, eine Muster herberge geschaffen, einen Neubau im schmucken Spreewaldstil aber noch modernen Grundfäßen und den praktischen Erfahrungen des Wanderlebens. Sie enthält in fünfzehn Einzelzim= mern mit Zentralheizung 112 Betten, die nötigen Neben­räume, je einen Tagesraum für Mädchen und Jungen, eine große Herbergsküche, im Keller Baderäume und einen Bootsschuppen, außer dem natürlich die Wohnung der Herbergseltern. Nahe der Herberge fließt das braune Spreewasser. Boblig hat direkte Wasserverbindung nach Lübbenau  , Lehde  , Altzeuche, Burg, den alten Spreewaltstätten. Fährboote gibt's die Menge; sie fahren vom Dorfe aus durch die tiefe Garofchoa oder die Boblizer Kahnfahrt alle Wasserwege, die teils der großen Menge unbekannt und darum für den Naturfreund um so schöner sind. Auf der strohgedeckten Scheune vor der Herberge nistet noch ein Storchenpaar. Auch die Arbeiterjugend Groß- Berlins wird hoffentlich diese Stätte finden, im Sommer fürs Wandern zu Wasser und Land, im Winter für Eislauf und Wintersport. Bom 4. September ab steht die Herberge dem frohen Wandervolk offen.

Terror gegen das Reichsbanner.

Immer noch häufen sich die Klagen, daß auf dem Lande, in nächster Nähe der Reichshauptstadt, unsere Genossen Arbeit und Wohnung verlieren, wenn sie sich im Reichsbanner betätigen. Ein besonders frasser Fall wird uns aus Brunow   bei euenburg

berichtet:

Als in den Gutsdörfern Brunow   und Leuenburg die Absicht der Gründung von Reichsbannergruppen befannt wurde, fegte sofort eine lebhafte Gegenagitation ein. Sie nahm ihren Aus­gang von den Gutsbefizern. Jedem Angehörigen wurde Ent. laffung angedroht, menn er es wagen sollte, der Ortsgruppe bei zutreten. Man glaubte damit schon von vornherein eine Gründung unmöglich zu machen. Die Bombe platte, als die Gründung mit einem Beftand von 30 Mann vollzogen wurde, Die Arbeit der

FUNK

WINKEL

Der Chor der Funkstunde singt unter Leitung Prof. Hugo Rüdels Palestrina  , Bach, Mozart   und Schubert. Ergreifend sind diese Chöre in ihrer verinnerlichten Melodit und ihrer Einfachheit troß der manchmal verschlungenen Stimmführung Es fehlt die herbe Architektonik, der asketische Geist der Gregorianischen Kirchen­gefänge. Sie sind doch von dieser Welt. Mozarts herrliches Ave verum" fönnte auch in einer Oper stehen, und selbst Palestrina   ist ein Sohn dieser Erde. Und wie schön singt der Chor der Funk­stunde, wie nuanciert Rüdel die einzelnen Stimmen, mit welchem Ausdruck wird gesungen, wie weiß Rüdel zu steigern, wie rhythmisch ist hier alles empfunden. Ganz leicht und unbeschwert fingt der Chor Blechs Lied von den beiden Hasen, mit verhüllter Sentimen­talität Mendelssohn- Bartholdy   und mit ganz starkem Ausdruck Schuberts Sanctus. Zwischenein spielt Hansi Freudberg eine Arabeske von Schumann, vielleicht mur nicht belebt genug, und Ben Gensel zeigt seine Beherrschung der Orgel bei einer chroma tischen Fantasie Bachs. Im ganzen ein Konzert von Format, von guter Zusammenfeßung. Am Nachmittag Weber, Schubert, Guiliani. Edith Ba chs Stimme flingt noch nicht frei, die Tiefe ist flach, auch an Ausdruck fehlt es. Hans Mahlfe und Bruno Heinze ( Gitarre) spielen virtuos ein vergessenes Menuett des ehemals hoch­geschätzten Gitarrekomponisten und künstlers Guiliani, das uns heute nicht mehr viel bietet. Weber dagegen hat seine Wirkung nicht verloren. Am Abend begann Dr. Kurt Singer seinen intereffanten und tiefgehenden Vortragszyklus Das musikalische interessanten und tiefgehenden Vortragszyklus Das musikalische Erleben".

Das Rundfunkprogramm.

Freitag, den 3. September.

Außer dem üblichen Tagesprogramm:

11 Uhr vorm.: Anläßlich der Eröffnung der Dritten großen Deutschen   Funkaussellung Uebertragung der Eröffnungsfeier aus dem Haus der Funkindustrie, 1. Ludwig van Beethoven  : Ouver­türe Leonore Nr. 3. Gespielt vom Großen Berliner   Funkorchester unter Leitung von Bruno Seidler- Winkler  . Einweihung des Ber­ liner   Funkturms. 2. Prolog von Hans Brennert  . Gesprochen von Dr. Adolf Schick, Direktor des Berliner   Messeamts. Alfred Braun  . 3. Ansprachen der Herren: Oberbürgermeister Böß, 4. Ludwig van Beethoven  : Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre. Kosleckscher Bläserbund unter Leitung von Professor Theodor Grawert  . Er­öffnung der Großen Deutschen   Funkausstellung 1926. 5. An­sprachen der Herren: Rundfunkkommissar des Reichspost­ministeriums. Staatssekretär a. D. Dr. Bredow- Dr. Erwin Michel. 6. Richard Wagner  : Chor aus Die Meistersinger von Nürnberg  ", Berliner   Funkorchester und dem verstärkten Funkchor unter Wachet auf. es nahet gen den Tag", ausgeführt vom Großen Leitung von Professor Hugo Rüdel  . 7. Vogel: Symphonia Seria. Kosleckscher Bläserbund. 4 Uhr nachm.: Zehn Minuten für die Frau( Frau Drewitz  : Was bringt die Küche im September"). 4.30-6 Uhr abends: Nachmittagskonzert der Berliner   Funkkapelle. Leitung: Konzertmeister Ferdy Kauffman.( Bei gutem Wetter schläge fürs Haus. Theater- und Filmdienst. 6.30 Uhr abends: Uebertragung aus dem Hause der Funkindustrie. Anschließend: Rat­Major d. D. Georg Schnarke: Leben und Treiben in der jungen Reichsmarine". 7.30 Uhr abends: Hans- Bredow- Schule( Hoch­schulkurse). Abteilung Geschichte. Dr. Albert Brackmann  : Grund­züge der europäischen   Geschichte( Das europäische Universal­reich des Mittelalters)". 8 Uhr abends: Wilhelm Klatte  : Ein­leitender Vortrag zu dem Orchesterkonzert. 8.30 Uhr abends: dorf: Sinfonie C- Dur. 2. Stamitz: Orchestertrio op. 1, Nr. 3, 200 Jahre Orchestermusik. I. Dr. Bruno Seidler- Winkler  . 1. Ditters­F- Dur. Allegro molto- Larghetto- Menuett- Gigue. 3. Haydn  : Violinkonzert C- Dur. Allegro moderato Adagio Presto( Maurits v. d. Berg, Violine; am Cembalo: Anna Linde; Berliner   Funkorchester. Anschließend: Dritte Bekanntgabe der richten, Theater- und Filmdienst. neuesten Tagesnachrichten, Zeitansage, Wetterdienst, Sportnach­Königswusterhausen, Freitag, den 3. September.

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Finale:

11 Uhr vorm.: Uebertragung aus Berlin  . 1.10-1.40 Uhr nachm.: Karl Graef: Die Kunst des Sprechens für Schüler. 8-3.30 Uhr nachm.: C. M. Alfieri und v. Eyseren: Spanisch. 3.30-4 Uhr nachm.: Dr. Max Linde  : Das alte China  . 4-4.30 Uhr nachm.: Dr. Max Linde  : China   und die Mächte. 4.30-5 Uhr nachm.: Mitteilungen des Zentralinstitutes. 5-5.30 Uhr nachm.: Geh. Rat Strauß: Ver­dauung. 7.80-7.55 Uhr abends: Ministerialrat Dr. Ostermann: Das Heiratszeugnis. 7.55--8.20 Uhr abends: Professor Dr. Kuhn, Gießen  : Ueber Rassenhygiene.&.30 Uhr abends: Uebertragung aus Berlin  .

Hilfe für die freien Berufe.

Der Magistrat stelt 10 000 Mark zur Verfügung. In letzter Zeit ist die Zahl der beschäftigungslosen geistigen Arbeiter erschreckend gestiegen. Augen­blicklich sind beim Landesarbeitsamt 976 männliche und 73 weibliche Personen eingeschrieben worden, die sich vergeblich um Arbeit be­worben haben. Da es sich hier nur um Angehörige der freien Be­rufe handelt, die nicht unter die Erwerbslosenfürsorge fallen, ist eine finanzielle Hilfe dringend notwendig. Bekanntlich hat sich schon vor einiger Zeit der Magistrat Berlin   entschlossen, eine einmalige Hilfe von 10 000 m. für die notleidenden Angehörigen freier Berufe auszuwerfen. Dieser städtischen Hilfe haben sich wohlhabende Privatpersonen angeschlossen, die aus eigenen Mitteln den Notleidenden zu Hilfe fommen wollen. Der Unterausschuß, der von der Stadtverordnetenversammlung zur Beratung dieser An­gelegenheit eingesetzt worden ist, hat dem Magistrat empfohlen, den ausgesetzten Betrag dem Landesarbeitsamt zur Verfügung zu stellen. Es fommen 527 Angehörige der freien Berufe für diese Not­standsaktien des Magistrats in Betracht, da die übrigen den Künstlerberufen angehören und von der Schöneberger Künstlerhilfe unterstützt werden. Es handelt sich bei den anderen Unterstützungs­bedürftigen um 34 Lehrer, 56 Juristen, 132 Studierende, 5 Aerzte, 3 3ahnärzte, 2 Tierärzte, 8 Diplomingenieure, 98 Bolkswirte, 28 Brivatgelehrte, 48 Chemiker, 38 Apotheker und 75 Angehörige anderer freier Berufe. Fünfzig Notleidende sind bereits in den Bibliotheken beschäftigt worden. Hoffentlich schreitet der Magistrat auf diesem Wege fort und lindert damit die Not der Vertreter der geistigen Berufe.

Als sie ihr Geld zählten..

Betagte Kassenboten sind von jeher beliebte Opfer geschickter Diebe gewesen. In der letzten Zeit sind wieder zwei alte Leute um erhebliche Summen bestohlen worden. Der 62 Jahre alte Bote einer Lichtenberger Firma hatte auf der Reichsbank 11000 mart er hoben und setzte sich im Vorraum nieder, um das Geld, das bank­mäßig gebündelt war, zu zählen. Als er später in der Großen Frankfurter Straße einen zweiten Auftrag erledigen wollte, mußte mit 20 Scheinen zu je 50 Mart gestohlen hatte. Der alte er zu seinem Schrecken feststellen, daß ihm ein Dieb ein Bäckchen einem 64jährigen Kassenboten, der im Bostamt W. 9 in der Link­Mann hatte den Diebstahl nicht bemerkt. Aehnlich erging es straße Geld wechseln sollte. Auf der Treppe zum ersten Stock stiet ihn ein junger Mann, der es anscheinend sehr eilig hatte, an. Da er sich höflich entschuldigte, so dachte der betagte Raffenbote an nichts Arges. Erst als er am Schalter sein Geld aufzählen wollte, stellte er fest, daß ein Batet mit 500 M., das aus 10 Scheinen zu je 50 M. bestand, fehlte. 3meifellos hat der eilige Herr" das Anstoßen fünft­lich herbeigeführt und bei dieser Gelegenheit das Geld gestohlen.

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Das Spiel mit Streichhölzern.

Durch das Spiel mit Streichhölzern ist das zweijährige Töchter­chen eines Ingenieurs R. aus der Charlottenstraße zu Spandau   ums Leben gekommen. Während der Vater sich im Dienst befand und die Mutter eine Besorgung machte, waren die beiden fleinen Mädchen im Alter von 4 und 2 Jahren allein in der Wohnung. Das ältere Kind ging nach der Küche, holte sich vom Geschirrahmen eine Schachtel Zündhölzer und strich im Schlafzimmer einige davon an. Dabei geriet ein Vorhang in Brand. Das zweijährige Mädchen, das vor den Flammen Angst bekam, versteckte sich hinter der brennen­den Gardine und trug schmere Brandwunden an den Armen, dem Rücken und den Beinen davon. Das Kind wurde nach dem Krankenhaus gebracht, wo es seinen Berlegungen erlegen ist. Der Zimmerbrand wurde von der Spandauer   Feuerwehr ohne Mühe gelöscht.

Bezirkssängerfest.

Der 6. Bezirk des Deutschen Arbeiterfängerbundes veranstaltete am Sonntag im Etablissement 3um Spandauer Berg" sein diesjähriges Bezirkssängerfest, das infolge des guten Wetters und des vielseitigen Programms glänzend besucht war. Neben den Frauen-, Männer- und gemischten Chören trat wohl hier zum ersten­mal die jezt etwas stärker einsehende Jugendchorbemegung in die Erscheinung. Allein im 6. Bezirk bestehen vier Jugendchöre. Trotzdem diese Chöre noch jung sind, sind sie gesanglich schon gut durchgebildet.

Typographia. Am Sonnabend, den 4. September, nachmittags 4 Uhr, findet im Krematorium Wilmersdorf, Berliner Str. 101-103, die Einäscherung der Gattin unseres Kollegen und Ehrenmitgliedes Philipp Scheidemann   statt. Es ist Ehrenpflicht der Typo­graphia", der Verstorbenen den Scheidegruß zu fingen und wird er­wartet, daß jeder Sänger, der es möglich machen fann, zur Stelle ist. Der Vorstand.

Die Kommuniffen veranstalteten am Donnerstag abend anläßlich eines Internationalen Jugendtages" der kommunistischen   Jugend mehrere Straßenkundgebungen, die sämtlich einen recht schwachen Besuch aufwiesen und ohne Zwischenfall verlaufen sind. Die Züge der Roten Frontkämpfer und der Kommunistischen Jugend, die Plakate mit sich führten, wurden von Polizeimannschaften begleitet, die diesmal schärfere Kontrolle ausübten, um eventuell dem neuesten Polizeierlaß Geltung zu verschaffen. Auf dem Winterfeldtpla maren mehrere Hundert Menschen versammelt. Die Kundgebung begann mit sehr reichlicher Verspätung erst gegen 7 Uhr, nach An­sprachen gingen die Demonstranten in fleineren Zügen nach Hause. Auf dem Kaiser Friedrich Play in der Hasenheide war Besuch unerheblich, nach 7 Uhr mar hier alles beendet.

Die Rundgebungen in dem Humboldthain und Friedrichshain  verliefen vollkommen ruhig. Die Beteiligung auf beiden Plätzen war nicht groß. Die Polizei hatte auf den Anmarschstraßen mit Ka rabinern bewaffnete Doppelposten aufgestellt, die eventuell auf­reizende" Plakate beschlagnahmen sollten.

Bon einem Laftkraftwagen totgefahren. Gestern nachmittag er. eignete fich an der Ede Gubener und Warschauer Straße ein schwerer Straßenunfall. Die vierjährige Helene Liege aus der Gubener Straße 30 wurde beim Ueberschreiten des Fahrdammes von einem Last fraft magen erfaßt und über. fahren. Bereits auf dem Wege zur nächsten Rettungsstelle trat der Tod ein. Die Schuldfrage ist noch nicht geflärt.

Den 18. August, abends 7 Uhr, an der Oberbaumbrüde Zeugen gesucht! Zeugen, die gesehen haben, wie am Mittwoch, ein Radfahrer von der Straßenbahn, Linie 154, überfahren und dabei getötet wurde, werden gebeten, ihre Adresse an Wilhelm Lojat, Beymestraße 8, umgehend abzugeben. Unkosten werden erstattet.

Billige Fischtage. Durch große Heringsfänge veranlaßt, findet am Freitag, den 3. und Sonnabend, den 4. September ein billiger Berkauf von frischen und geräucherten Bücklingen statt. Das Pfund wird mit 45 Pf. abgegeben. Die Verkaufsstellen sind durch Plakate fenntlich gemacht, und befinden sich in den Ladengeschäften, in den Markthallen und auf den Wochenmärkten.

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Ein Jugendspielfeft in Wilmersdorf  . Die Freie Turnerschaft fpielfest auf dem Platz des Bezirks Wilmersdorf in der Württembergischen Groß Berlin veranstaltet am fommenden Sonntag ein Jugend. Ede Zähringer Straße, unweit Fehrbelliner Plaz. Es finden Fausts, Hand und Fußballspiele aller Jugendmannschaften statt. Die Veranstaltung bes ginnt um 1 Uhr. Eintrittspreis für Erwachsene 20 Pf., Jugendliche 10 f. Arbeitslose gegen Ausweis frei.

Schweres Automobilunglüd in Oberschlesien  . Auf der Fahrt von Gleiwig nach Hindenburg   fuhr ein Automobil der Oberschlesischen Meguin- Gesellschaft bei Mathesdorf gegen einen eifernen Maft der Straßenbahn und ging dabei völlig in Trümmer. Der Chauffeur und ein Insasse waren sofort tot. Eine dritte Person wurde schwer verletzt.

Gattenmord. Im Berlauf einer ehelichen Auseinandersetzung erschlug in der Nacht zum Donnerstag der 53 Jahre alte Strecken wärter Semmler in Toltewig bei Dresden   feine 52jährige Ehefrau mit einem Holztnüppel.