.«s:,.- Unterhaltung unö AAissen«tl.
Schwäne im See. Von Fritz M ü ll i r> Parten tirchen. Vorstadtabend. Verrauschte Arbeit in den Lüften. Säuerlich« Sorgen verdämmern. Di« große Arbeitsmüdigkeit ist unterwegs mit dunklen Schwingen. Ein Fenster klirrt im dritten Stock« eine» Hinterhofs. Zwischen den Fensterflügeln dos stille Gesicht einer verhärmten Frau. Verhärmt, nicht unglücklich. Auch die Stimme nicht, die resolut«: „Mathias!* Mathias saß im zweiten Hinterhof in einer Ecke. Seine Knie stachen spitz in die Luft, trotzdem Mathias selber rund war. Zwischen Knien und Brust klemmte sich ein aufgeschlagenes Buch. In dem Buch schwamm eine Villa am See. Und im See schwammen Schwäne. Auf der Se«le Weiher leise Glückgedanken, stille Schwäne, Zieh'n ans Ufer Wellenkreise, Daß in» Auge tritt die Trän«. Schwanken Schilsrohrs Halm« leiten Oft vom Grund«in seltsam Klingen. Aber stumm die Schwäne gleiten. Denn sie sterben, wenn sie singen. „Ma— thi— a»!* Mathias hatte die Zeigefinger in den Ohren, noch starben seine Schwäne nicht. Immer weiter schwammen sie. Jetzt hielten sie. Das war die Traumgrenze. Die Traumgrenze ist keine Mauer, sondern ein unsichtbarer, ein magnetischer Strich im See. Würden sie hin. übergleiten können, hinüber zur weißen Mlla am See? Hinüber in die strahlende Wirklichkeit? Wirklichkeit? Ach, was, die weiße Villa am See war ja Wirk» lichbeit. Er hotte sie gesehen, hatte sie gegriffen. Neulich, als er den Frachtbrief über verpackte Lorbeerftauden vom Comersee in die Villenoorstadt tragen mußte.„Mathias, bringen Sie den Fracht- brref zum Konsul und sagen Sie. der Lorbeer käme Montag, und er habe tadellos die Reise au» Italien überstanden— laufen Sie, Sie sollten schon wieder da sein.. Atemlos und ehrfürchtig stand er mit dem Frachtbrief vor den gold'nen Gitterstäben. Kaum daß er auf den Glockenknopf zu drücken wagt«. Aber die Glocke ging nicht. Da schritt er mutig überm Kies aus. Bis dicht vor die strahlend weiß« Villa. War die wirklich echt, nicht nur ein Traumbild? Mit dem Frachtbrief fuhr er leise raschelnd an der Mauer nieder. Ja, sie war echt. So was gab es also. Und da drüben der kleine See, der silberlichtgekrouste? Und darauf die Schwäne? Schwäne, die nicht gemalt waren. Schwäne, die sich bewegten. Aus ihn, den Mathias, zubewegten. Der runde Bub erschauerte verlangend: „Wenn da» einmal mir geHörtel* Und dann strafft« es ihn mit einer unbekümmerten Kühnheit:„Das muh einmal mir gehörenl* „Was willst du, Jä�ge?* Es war der Gärtner. Spiegelglatt und ohne Zaudern lag auf seiner Seele Grund die Antwort:„Was ich will? Die Villa will ich, den See will ich, die Schwäne will ich.* Er hätte sie am schwanken Rohre seiner Luft» -röhre nur heraufzuleiten brauchen, diese Antwort. Doch sie sterben, wenn sie singen. Also stotterte er nur:„Frachtbrief— Herrn Konsul— Lorbeer au» Italien — tadellos— unser Rollsuhrwerk wird Montag vormittag...* Und dann hatte er den Lorbeerfrachtbrief dagelassen und die Schwäne mit See mitgenommen. Und gerade jetzt, im arbeitsmüden Abenddämmern, schwammen sie ihm wieder au» dem Geschichten» buch auf seinen Knien zu. Stumm und doch mit einer Frage: „Mathias, willst du uns verdienen? Wir wollen auf dich warten, Mathias—.* „Mathias!* rief die resolute Stimme aus dem dritten Stock über' den Hinterhof. Die Zeigefinger rutschten au» den Ohren, da» Buch vom Knie, die Schwäne rückwärts in das Traumland: „Ja. Mutter!* „Junge, heute hörst du wieder gar nicht— die Abendmilch ist noch nicht geholt, die Zeitung noch nicht ausgetragen, nicht ein» mal da» Holz ist klein gemacht!* „Ja, Mutter, ich will's schon klein machen...* Die Schwäne zogen durch seine drciiährige Lehrzeit In dem Speditionsgeschäft schimmernd vor ihm her. Er ihnen nach. Feder» leicht und spnder Müh' die Schwäne, er schwer schnaufend, um sein Lehrzeittaschengcld auf's Doppelt« zu steigern. Und dazwischen, an müden Feierabenden, wo er über einem Lernbuch— mit Ge» schichtenbüchern ergattert man sich keine Villa—«ingenickt ist, strich er leise raschelnd mit dem Lorbeerfrachtbrief an dem Traumge» mäuer abwärts:„Ist das auch echt, gibt es so was wirklich?* „Merkwürdig, was der gesunde, runde Bub für ein fahrige» Gestammel hat in seinen Träumen!* sagte seine Mutter. Indessen zogen die Schwäne durch seine Speditionsgehilsen» zdt. Immer gleich stumm, immer gleich fragend.„Rein,* sagten die anderen Gehilfen im Geschäft, wenn sie ihm auf der Straße nochschauten,„nein, sich mit der Arbeit so zu Hetzen!*—„Na, dafür Hot ihn der Alte doch wieder aufgebessert, den Streber!*—„Gleich» viel, was hat er nun von seinem Leben?*—„Was er hat. und was wir noch nicht haben, kann ich euch verraten:'n Bankkonto hat er schon,'n dicke»!* Das war nicht gelogen. Mathias hatte kein« Mutter mehr, aber ein Bankkonto. Das Bankkonto trug seinen Namen und ein« Kon» trollnummer. Aber unter dem offiziellen Rundschriftkopf de» Konto» war eine zweite Ueberschrift. Mit sympathetischer Tinte war sie geschrieben. Das ist Tinte, deren Schriftzüge jahrelang unsichtbar bleiben können. Bi» sie aus einmal sichtbar werden, leuchtend: Schwäne im See. Wenn auch der Bankbuchhalter davon kein« Ahnung hatte, es war doch so: Durch dieses Konto zogen Schwäne. In ihrem Kielwasser wirbelte es von unverdrossener Arbeit. Die Kreise die sie zogen, waren Geldstück«. Immer größer wurden diese Stück«. Einmal würden sie ans Ufer schlagen, hart aus harten Kies. Und aus dem Kies würde«ine Villa wachsen, eine schimmernd« ausgemünzte Villa... D»e Speditionsgeschäfte der Stadt rissen sich um den Gehilsen. „Unglaublich, wie bei diesem jungen Mann die Arbeit flitzt.* hieß e«.„Ja. er ist«in Phänomen, die vertracktesten Tarife hat der Mann im Handgelenk. Alle Fehler spürt er aus. Ein Schrecken ist er allen Frachtberechnern auf den Staatsbahnen.*—„Den Mann. wenn ich den bekonnnen könnte, der ist ja Gold wert. Glauben Sie. daß er sich in seiner jetzigen Stellung ausspannen läßt?' „Wenn Sie ihn zum Prokuristen machen...* Mathias wurde Speditionsproturist. Noch immer wuchs sein« Arbeitskraft. Seine Reklamationen wurden berühmt. Unbeugsam stand er vor den Bahngewaltigen:„Sie berechnen die Zement» frochtea st'ssch w.ich die Sätze für die großen Kohlensendunge»
lassen sich nicht halten. Laut Spezialtaris Zd, in Verbindung mit dem Ausnahmetarif vom 26. März 1883, den man ossenbar vergessen hat, offiziell aufzuheben...* Ein Bleistift zückte aus der Tasche. Ziffern hagelten aufs Papier... Der verärgert« Bahnge» waltige hatte das Blatt mit den Ziffern noch lange vor sich liegen. Gar zu gern« hätte er diesem Menschen einen Fehler nachgewiesen. Aber es stimmte alles. Unwiderlegbar waren diese harten Ziffern. Hart? Wenn der BahngewaUige da» zweite Gesicht besessen hätte. so würde er gesehen haben, daß zwischen diesen Zahlen weihe Schwäne zogen, bedachtsam mit gesenktem Kopfe wie die 1, mit schlank gebogenem Hals wie die 2. mit runden erstaunten Augen wie die 3, mit durchsteckten Köpfen wie die 4. untergetaucht mit zurück» winkenden Füßen wie die ö, breitgerundet wie die 6, stolz zurllckge» bogen wie die 7, sich oerschlingend wie die 8, auf Grund nach Nahrung suchend wie die 9, in sich rund zurückkehrend wie die Nullen ihrer Kreise... Und eben hob ein Schwan den Kops ganz hoch, schlug mit den Flügeln, spähte an das Ufer: Wuchs Mathias Schloß aus der Erde?(Schluß folgt.)
Der Kampf um öie Welteislehre. Von Willi L e y. Die Welteislehre, die vor ungefähr dreißig Jahren zwei Lieb» haberastronomen, dem Wiener Bergingenieur H. Hördiger und dem Lehrer Fauth aus Landstuhl in der Pfalz , begründet wurde, hat in letzter Zeit die heftige Gegnerschaft der Fachwissenschaft gefunden. Dies ist, außer, daß die Anhänger der Glazialkosmogonie in wenig schöner Art alle diejenigen, die nicht bedingungslos zu der Fahne des Welteises schwören, bekämpfen, vor allen Dingen daraus zurückzuführen, daß die Welteislehre, die mit leidlich plausiblen Ansichten begann, seil einigen Jahren Behauptungen aufstellt, die sich wie ein phantastischer Sioman der schlechtesten Sorte lesen. Zweifeln ist, wie gesogt, nicht erlaubt, Hörbiger und Fauth verlangen unbedingte Unterordnung unter ihre„Autorität*. Es ist klar, daß eine Kosmogonie, also eine Hypothese vom Werden der Well die bereit» dekannten Tatsachen der wissenschaftlichen For» schung als Grundlage haben muß. Das ist bei der Glazialkosmo» gonie jedoch nicht der Fall, wir werden später sehen, daß genau fest» ficlegte Gesetze der Mechanik und Optik sowohl, als auch sicher sest- tehende Beobachtungen über die Struktur des Planetensystems, als nichtig und vollkommen belanglos beiseite gelassen werden. Der Mitbegründer Fauth spricht in einem seiner Werke unverblümt von einer„Offenbarung*, die von den„Erfahrungen des Physik» saals abweiche* und„ohne zünftige Haarspalterei* die Welt» rätsel löse. Mit Offenbarungen, die von„den Erfahrungen des Physik» saals abweichen*, ist e» auf jeden Fall eine heikle Geschichte,— es ist, um einen Vergleich, der eo ispo hinken muß, zu gebrauchen, als wenn«in Forstmann, der zwecks Bekämpfung etwas über die Beologie des Nonnenschmetterlings wissen will, zur Wahrsagerin nach der Mulackstraße läuft und, auf deren Spruch bauend, seine Maßregeln zur Bekämpfung und Vernichtung des Schädlings ergreift.— Ein besondere» Kennzeichen der Propaganda der Glazial - kosmogonisten ist die spitzfindig« Rabulistik, für welch««in Beispiel gebracht sei. In einen» Buche des Herrn Max Valier , der auch im Welteise schwimmt, über die Oberthsche Rakete zu den Planeten» räumen findet sich im Anhang folgendes Inhaltsverzeichnis eine» glazialkosmogonistischen Werke» desselben Verfassers: „In einwandfreier, wissenschaftlich unwiderleglicher Weise wird da» Unzulängliche des bisherigen Weltbildes aufgezeigt. Nachdem lo der Blick des Lesers für die Lücken und Widersprüche der bis» herigen Lehrmeinungen geschärft ist, entwickelt der Verfasser ein hinreißende» Bild der In ihrer Geschlossenheit unerreichten Welt- eislehre, soweit die Himmelskunde in Frage kommt. Für jeden Sternfreund ist dieie» reiche Werk geradezu eine Offenbarung.* Man fleht allo, es wird nicht etwa behauptet, daß die Welteislehre selbst wissenschaftlich unwiderleglich sei,— es wird nur von Lücken im bisherigen Weltbild gesprochen, was übrigen» nie bestritten worden ist und wahrscheinlich auch kaum jemals anders werden wird. Der Leser, der das gedruckte Wort nicht sehr kritisch betrachtet, hört aber nur die„wissenschaftliche Unwiderleglichkeit* der Hörbigerschen Lehre heraus,— eine Wortoerdreherei, wie man sie von Winkeladvokaten und manchen Parlamentariern gewohnt ist. Wie steht es denn mit der unerreichten Geschlossenheit der Lehre? Du lieber Gott, sie beginnt mit Hagelschlag und den obli» gaten nassen Flüssen, leitet über Erdbeben und Lulkanausbrüchen zu den geologischen Formationen über und endet jenseits der Milch- straße. Die Offenbarung de» Welteises soll beim Anblick des Monde« gekommen sein. Run ist ja der Glanz unseres Trabanten besonders im Fernrohr und— dilettierende Astronomen beobachten diese Phase am liebsten— bei Bollmond recht groß, so daß man wirtlich auf den Gedanken kommen könnt«, daß die ganze Mondobersläche au, Ei» besteht, wie es Hörbiger lehrt, oder zum mindesten mit Si» oder Schnee überzogen ist. Leider muh man da gleich einen Strich durch die hübsche Theorie machen, denn wenn man den Glanz nach dem Schwärzungsgesetz der photographischen Platte mißt. zeigt sich, daß der Mond das Licht nur ungefähr so stark zurückwirst wie Lava oder Torf. Wenn man annehmen wollte, daß nur eine dünne dunkle Schicht(etwa kosmischer Staub) darüber lagere, so müßte infolge der hohen Licht» und Wärmeabsorption des dunklen Staube» an jedem Mondtag« eine große Eismenge schmelzen und gewaltige Veränderungen der Gebirge und Krater bewirten. Solche
Veränderungen großen Maßstabes sind aber noch nie beobachtet worden und werden auch gerade von Fauth energisch zurückgewiesen. . War die Glazialkosmogonie bis dahin nur ein für einen nicht mit den neuesten astronomischen Hilfsinstrumenten arbeitenden Sternfreund leicht möglicher und verzeihlicher Fehler, so beginnt jenseits des Mondes die freie Phantafie unumschränkt und despotisch zu walten. Zuerst: unser Mond sei nicht ein Kind der Erde, sondern ein vor l3ö<X) Jahren eingcsangencr Planetoid. Er werde unter dem Einflüsse eines widerstehenden Mediums im Weltraum der Erde allmählich immer näher kommen, wie seine Vorgänger unter dem Einfluß der gewaltigen Erdschwere zerbröckeln und dadurch(wie seine Vorgänger) eine geologische Schicht erzeugen. Der letzte Mond hätte dabei wohl die biblische Sintflut erzeugt. Ebenso stürzen nach und nach die Planeten in die Sonne. — Ein widerstehendes Mittel im Weltraum wird von vielen eingenommen und gesucht, ist auch durchaus wahrscheinlich, keinesfalls kann die Dichte aber so groß sein, daß sie schon nach wenigen tausend Jahren zu Planeten- zusammenstoßen führen kann. Die Dichte dieses Mediums— wir wollen es als Weltäther bezeichnen— muß ganz im Gegenteil unvorstellbar gering sein, denn selbst auf Entfernungen von 226 LG) Lichtjahren(bis zu den kugelförmigen Sternhaufen) zeigt sich weder Lichtbrechung noch Absorption. Nun tritt das Welteis auf den Plan. „Im Weltraum schweben Schwärme von Eiskörpern in großer Zahl. Treffen sie aus unser Zentralgestirn, so erzeugen sie die Sonnenslccken, kommen sie in die Nahe der Erde, so sehen wir sie im Sonnenlicht als Sternschnuppen ausleuchten, dringen Zie in die Erdatmosphäre«In, erzeugen sie Haoelschlog. Stürzt ein sehr großer Eiskörper in eine Sonne(Fixstern), so geschieht eine Ex- plosion, die zur Entstehunq eines Sonnensystems führt. Ein Neben- Produkt solcher Explosion ist die Milchstraße, die uns viel näher liegt, als die Astronomen annehmen und hauptsächlich au» Eisschleier- gewölk besteht.* Schön ist daran das lyrische Wort„Eisschleiergewölk*.. Ansonsten stimmt leider nichts. Es ist nun einmal Tatsache, daß 1. noch kein Astronom Eistörper im Weltraum gesehen hat, 2. auch in der Milchstrahe von Auge und Platt« nur Fixsterne verschiedener Arten und Helligkeitsklassen geschaut wurden, 3. die Sonnenflecken wahrscheinlich Wirbelstürme in der Sonnen- atmosphäre sind, die sich als magnetische Gewitter und Nordlicht bis zur Erde auswirken, 4. die Meteoriten nachweislich durch Reibung an der Lufthülle erglühen, S. der Hagel äußerst irdischen Ur- sprunges ist.-• Dies alles ist den„Eismännern* schon oft klar ausgezeigt worden, die Eislehre ist aber ebenso plastisch, wie Ei» selbst unter hohem Druck und schmiegt sich neuen Tatsachen, die man schließlich anerkennen muß, kolloidmähig an. Selbstverständlich, man kann durch Eis alles leidlich erklären,— auch der Weltäther, der alle Wellen fortpflanzen muh, ist ja nur hypothetisch—, ober solange das Welteis nicht nachgewiesen ist, kann die„Erklärung*, die Un> bekanntes mit Unbekanntem erklärt, nicht akzeptiert werden. Die gesamte Wcltcislehre steht also außerhalb der Wissenschaft- lichen Diskussion, trotzdem hat sie durch die Bestimißtheit, mit der sie austritt, in Laienkreisen starten Anhang gefunden. Leider muß man auch sehen, daß große Tageszeitungen, die Wert auf gediegenen Inhalt legen sollten, sich nicht scheuen, dieser astronomisch-geologisch» meteorologischen Kurpfuscherei ihre Spalten zu öffnen.
Der Entdecker der Sonnenflecke. Man führt die vielen Katastrophen in diesem Jahr«, die Erd- beben, Orkane, das andauernde Regenwetter, die Ueberschwemmun- gen und was sonst daran erinnert, daß wir keinen sicheren Boden unter unseren Füßen haben, auf die sogenannten, Sonnensiecke zu- rück, die gegenwärtig wieder einmal stark in die Erscheinung treten. Da im Mittelalter last die ganze Gelehrsamkeit in den Händen der Geistlichkeit lag, darf es uns nicht wundern, wenn wir als den Entdecker der Sonnenflecke einen Jesuitenpater, Christoph Scheiner , kennen lernen, der ein vielseitiger, hochbegabter und bedeutender Gelehrtcr.war. Er wurde am 2. Juli 1572 in Wald bei Mindelheim geboren und studiert« außer Theologie Mathematik und Physik. Wie den meisten Jesuiten war auch ihm im Interesse des Ordens ein ruheloses Wanderleben bcschieden. Wir finden ihn als Lehrer am akademischen Gymnasium in Dillingen a. d. Donau , als Professor in Ingolstadt , Innsbruck und Freiburg i. B., am Jesuiten - Kollegium in Neisse in Schlesien , wieder in Innsbruck , dann acht Jahre lang in Rom. in Wien und schließlich wieder in Neisse . wo er 1650 als Rektor verstarb.— Eine gemeinverständliche Biographie Pater Scheinerz hat uns A. v. Braunmübl(Bayerische Bibliothek. Bamberg. 18gl. 24. Bändchen. S2 S.) beschert. Da» kleine Buch ist wahrscheinlich längst vergriffen und fristet wohl nur in«inigen Bibliotheken ein beschaulich-oerstaubtes Dasein, ohne gelesen zu werden.— Man hat behauptet, daß schon vor Scheiner die Sonnen» flecken entdeckt worden seien: da» mag zutreffen, aber jedenfalls war unser Jesuitenpater der erste, der die Svnnenstecke gründlich studierte, was ihm dadurch möglich wurde, daß er da» Fernrohr wesentlich ver- besserte. Unser Forscher konnte als erster zeigen, daß die Flecke und Fackeln sich selbständig, von der Achsendrehung der Sonn« unab-, hängig, bewegen. Scheiner war es auch, der die erst« Kart« der Mondberge zeichnet«. � Daß Manner von der Bedeutung Scheiners m den weitesten Kreisen, selbst der naturwissenschastlich Gebildeten völlig unbekannt sind, ist ein Beweis dafür, daß herzlich wenig Gewicht auf die Ge- schichte der Wissenschaften in unseren Schulen und Hochschulen ge- legt wird. Dr. W.