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Abendausgabe

Nr. 558 43. Jahrgang

= Vorwärts=

Ausgabe B Nr. 276

Bezugsbedingungen und Anzeigenpreise

find in der Morgenausgabe angegeben

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Volksblaff

26. November 1926

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Mexiko gegen den Oelimperialismus.

Der negitanische Staatssekretär des Auswärtigen, Saenz, et­klärte, daß der nächste Schritt nunmehr von Washington  ausgehen mije. 33 Senatoren haben dem Präsidenten Caules   eine Zustimmungsundgebung zu seiner Politit übermittelt.

Wenn

Die Durchführung der anti- amerikanischen Bodengeſetze angekündigt. New York  , 26. November.( TU) Jn Megito- City veröffent-| amerikanischen Kolonie in Berlin   veranstalteten Effen, daß die von lichen die Blätter eine amfliche Erklärung, die besagt, daß die Del- Europa   den Bereinigten Staaten geschuldeten Kriegsschulb. und Landgeseke vom 1. Januar ab streng durch beträge in Wirklichkeit von den Amerikanern bezahlt geführt werden sollen. Die Deltompagnien werden gewarnt, würden, die Reisen nach Europa   unternehmen. Diese Reisenden neue Konzessionen zu gewähren. laffen jährlich etwa eine milliarde Dollar in Europa  . Außerdem ift Amerita bereit, sich bei der Bezahlung der Kriegs­schulden mit einem Betrage zu begnügen, der nur 60 Prozent der ursprünglich geschuldeten Summe beträgt. Das bedeutet, daß Amerifa von den 11% Milliarden Dollar, die es Europa   geliehen hat, nur sieben Milliarden zurüdverlangt. Europa   fich diese Tatsachen vergegenwärtige, so werde es in der Schuldenfrage eine andere Haltung einnehmen. Der Botschafter wandte sich gegen den Gedanken, als sei der Krieg die Ursache der wirtschaftlichen Blüte in Amerita ge­wesen. Der Krieg bereichert fein Bolt, sondern verarmt es." Die Regierung der Vereinigten Staaten   habe allein 50 Mil­liarden Dollar verloren, für die Amerika   jedoch weder Re­parationen noch Gebietserweiterungen gefordert habe. Die wirtschaftliche Blüte Ameritas sei u. a. wesentlich auf die Tatsache zurückzuführen, daß die Amerikaner mit Einschluß der wohlhabenden Kreise angestrengter arbeiteten als irgendein Bolt sonst, mit Ausnahme der Chinesen und der Hindus. Ebenso fördere die ausgezeichnete Organisation der Industrie das wirtschaftliche Gedeihen.

Washington  . über die nächsten Schritte geteilter Meinung. Washington  , 26. November.  ( EP.) In politischen Kreisen er­flärt man, daß die amerikanisch  - meritanische Spannung nicht vor Ende dieses Jahres atut werben dürfte, da die merikanische Grundbesitzgesetzgebung erst bei Beginn des neuen Jahres in Kraft treten wird. Man glaubt allgemein, daß Amerita dann seinen Botschafter aus Merito ab berufen und erflänen werde, die meri­fanische Regierung nicht mehr anzuerkennen. Im ameritanischen Senat hat sich teilweise eine lebhafte Opposition gegen diese Politik eröffnet, deren Wortführer besonders Senator Borah ist. Amerika   kein Kriegsgewinner?

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Der amerikanische Botschafter in Berlin  , Schurmann, ber foeben aus Amerifa zurückgekehrt ist, erklärte auf einem von der

Das Reich verschenkt Gelder.

Der Kauf" der DAZ. wird zur Groteske.

Seit der Sozialdemokratische Pressedienst" das Ge­heimnis des Ant aufs der DA3. durch das Reich aus Dispositionsmitteln des Auswärtigen Amtes und der Reichs­fanzlei bekanntgemacht hat, fin pon zuständiger Stelle" der Reichsregierung wiederholt Erklärungen und Auslegungen erfolgt, wobei immer ein Seitenhieb auf Preußen abfiel. Berlag und Redaktion des Blattes erklärten, von dem Be sizwechsel überhaupt nichts erfahren zu haben, während die Bertreter des Reichs von gewiffen Abmachun gen" sprachen, die über die Haltung des Blattes getroffen feien.

Darstellungen bisher nicht erklären, so ist das vielleicht jetzt Konnte man sich den Widerspruch zwischen den beiden möglich nach der Veröffentlichung, die der Aufsichtsrat des Zeitungsverlages heute in der DAZ." vornimmt. Darin wird erklärt:

Es ergibt sich also der mehr als groteste Zustand, daß sowohl Breußen wie das Reich eine Zeitung auftauften und dazu sehr erhebliche monatliche Buschüsse zahlten, ohne den geringsten publizistischen Ruhen davon zu haben. Ließe sich der Ankauf einer großen Tageszeitung wenigstens politisch noch rechtfertigen, wenn damit die entschiedene Vertretung der Regierungspolitit verbunden wäre, so ist es geradezu unmöglich, daß Staat und Reich Gelder fchenten, ohne irgendeinen Ein fluß auf das Blatt zu haben!

Hohngelächter der Hölle!

Die Sprengung des ,, Stahlhelms".- Die ,, Standarte" schwenkt ab!

Zunächst als Beilage zu dem offiziellen Stahlhelm­Berlag" in Magdeburg  , erschien seit einiger Zeit die Stan­organ, dann als eigene 3eitschrift im Frundsberg­barte", in der die Entschiedenen Stahlhelmer" sich ein Stelldichein gaben. Wie erinnerlich, wurde die, Standarte" auf Grund eines die Rathenau  - und Erzberger­Mörder als nationalistische Märtyrer verherrlichenden Artikels auf mehrere Monate verboten. Als Ersatz führte der Herausgeber Helmut Frante den Arminius  " ein, jene in München   erscheinende völlisch- nationalsozialistische Zeit­schrift, die den neuen Nationalismus" propagiert. erzählt nun der Gründer und Herausgeber der Standarte" In der letzten Ausgabe des ,, Arminius  "( 21. November) das Schicksal seiner Zeitschrift. Er und sein Mitheraus­geber Ernst Jünger   nennen den Arminius  " jetzt ,, Die neue Standarte" und teilen mit, daß der Frundsberg- Verlag, dessen Besizer der Stahlhelmführer Franz Seldte  ist, die weitere Herausgabe der eigentlichen ,, Stan­darte" verhindert, weil der Titel der Zeitschrift Eigen­fum des Verlages, nicht aber seines geistigen Schöpfers sei. Dabei machen sie die folgende, wie sie selbst sagen ,, nüchterne" Feststellung:

"

Die Möglichkeit, innerhalb des Stahlhelms  " zu wirken, hat ihr Ende erreicht. Ob dies dem Stahlhelm" angenehm oder un­angenehm ist, ob es sein Wille war oder nicht, sei dahingestellt. Unsere Opposition innerhalb des Stahlhelms  " ist beendet. Wir gehen außerhalb des Stahlhelms" den alten Weg. Ich selbst ( Helmut Frante) bleibe Mitglied des Stahlhelms  " so lange, bis ich ausgefchloffen werde."

Frante erzählt über seinen Versuch, durch die ,, Standarte" den Stahlhelm" langsam zu politisieren, folgende er­baulichen Einzelheiten:

Alle Aktivisten, alle nicht platten Röpfe begrüßten die Standarte": Führer der Stahlhelmer, aber vielleicht noch vielmehr diejenigen Stahlhelmer, die abseits standen. Die Standarte" hat nach dem Urteil der Stahlhelmer selbst und der Außenstehenden durchaus umftürzlerisch im Stahlhelm gewirkt. Ganze Landes­verbände, mie General Kreutter im Rheinland   und Klein in Olden­ burg   gingen gegen die Standarte" vor, in einem Landesverband wurde fie fogar offiziell verboten. So wurde die Stan­darte" der Stahlhelmleitung im Frühjahr zu unbequem... Daß mit der geistigen Revolutionierung des Stahlhelms erst ein Anfang gemacht war und der Einfluß der entschiedenen Stahlheimer wieder außerordentlich geschwächt sein würde, sobald die möchentlich er­scheinende Beilage fortfiele, war uns allen flar. Aber wir ver­loren die Schlacht..."

Nachdem nun die neuen Nationalisten" ohne ihre lich sei, auf sich selbst angewiesen sind, versuchen sie, ihr " Standarte" und ohne daß, wie sie trauernd mitteilen, ihnen Die Abonnentenliste des Frundsberg- Berlages zugäng­eigenes nationalistisches Geschäftchen aufzumachen. Dabei erzählt Helmut Frante noch einiges über die Versuche, die Berbände zum Zusammenschluß zu bringen. Er ist verzweifelt:

Die Erklärung des Aufsichtsrats reitet deshalb Herrn fuche, die er und seine Trabanten unternehmen, um die Auf­Stresemann noch fiefer in die Berlegenheit. Und alle Ber: mertjamfeit von ihm ab- und auf Breußen hinzulenten, müssen fehlschlagen. Denn es ist bekannt, daß die preußische Regierung hauptsächlich die Druckerei 1. Der Verlag und die Redaktion des Blattes und durch den erwarb, in der der Reichs- und Staatsanzeiger gedruckt Aufsichtsrat über den Befihwechsel nicht unterrichtet worden. Der wird, und daß sie die dort gleichfalls gedruckte DA3" nur Aufsichtsrat hatte Unlaß zu der Annahme, daß eine solche In- als Anhängsel mitübernahm, aber schleunigst ihren Weiter formation dem Borbefizer und dem Erwerber der Attien- verkauf in die Wege leitete. Die Reichsregierung mehrheit nicht erwünscht sei. Vor allem aber lag für aber nahm das Blatt und zahlte viele Monate hin unsere Geduld hat ein Ende. Wir glauben nicht mehr an den Zu­ihn deshalb derartigen durch sehr erhebliche weil an der politischen Haltung des Blattes durch den Besitzwechsel nichts geändert wurde, insbesondere die Unabhängigkeit der Redaktion

nach wie vor gewahrt blieb.

2. Von den Berpflichtungen", welche die preußische Regierung bei dem Besitzwechsel dem Erwerber bezüglich der politischen Haltung des Blattes auferlegt haben soll, hat der Aufsichtsrat erst später erfahren. Er hat sofort Veranlassung genommen, darauf hin­zuweisen, daß ge hässige Angriffe" bei dem Charakter des Blattes ohnedies ausgeschlossen seien und daß ein Sonder anspruch der preußischen Regierung daher gegenstandslos sei. Gegen diese Ansicht des Aufsichtsrates ist keinerlei Widerspruch

erhoben worden.

3. Der Aufsichtsrat hat nach seiner Konstituierung niemals einen Zweifel darüber gelassen, daß irnendwelche Eingriffe in bie Unabhängigkeit der Redaitien von ihm nicht geduldet

werden würden.

Tatsächlich ist von dem Erwerber der Aktienmehrheit auch nie mals ein Versuch unternommen worden, in die Unabhängigkeit des Blattes einzugreifen. Der Aufsichtsrat würde jeden Versuch dieser Art zurückweisen und sein Amt niederlegen, falls in wirksamer Form(!) an die journalistische Unabhängigkeit des Blattes gerührt werden sollte. Solange er im Amte bleibt, ist die Unabhängigkeit des Blattes gewährleistet.

Diese Erklärung ist unterzeichnet von Salinger, Bernhard, Humann( Kappist und Vertrauensmann von Hugo Stinnes  ! Red. d. ,, B."), Dr. Weber. Salinger und Weber sind jene Herren, die als Ver trauenspersonen der preußischen Regierung den Erwerb der Druckerei mit dem Zeitungsanhängsel vollzogen und in dieser Eigenschaft auch im Aufsichtsrat verblieben, als später das Reich die Aktienmehrheit der Zeitung auf­faufte.

Der Aufsichtsrat gibt zu, der Redaktion und dem Berlag den Besizmechfel verschwiegen zu haben. Weil er glaubte, daß das dem Erwerber, nämlich der Reichsregie: rung, vielleicht auch dem Vorbefizer Preußen, angenehm jei!

dem Zeugnis von Aufsichtsrat, Redaktion oder Verlag, auch nur den geringsten Einfluß auf das Blatt hatte. Bom etats: rechtlichen Standpunkt wird aus dem Kauf" also eine Organ, ohne daß die geringste Gegenleistung regelrechte Schenfung an ein rechtsvolksparteifiches vorläge!

Man fann die Dinge aber auch vom geitungs­technischen Standpunkt ansehen. Da ergibt sich denn, daß Berlag und Redaktion eines großen Blattes als Bare Don ber einen Befizerhand in die andere wandern, ohne daß fie davon etwas erfahren! Ein solcher Borgang spielt sich wahrscheinlich um so häufiger ab, je mehr bas Aftien wesen auch auf die Beitungsverlage über greift. Gegen die Möglichkeit solchen Verschacheriwerdens wandt, als sie die Forderung nach einem Journalisten: hat sich die Berufsorganisation der Redakteure besonders ge: gefeß aufstellte. In dem Tarifvertrag, der vorläufig das Journalistengesetz ersehen soll, ist ausdrücklich verein­bart, daß der Bertäufer eines Zeitungsunternehmens die Redakteure über die Tatsache des Besizwechsels informieren foll und daß der neue Erwerber erklären muß, ob er in die alten Verträge eintritt. Der Redakteur hat danach das Recht, sofort, unter Aufrechterhaltung feiner Ansprüche den Dienst zu verlassen, wenn der neue Befiger den Bertrag nicht übernehmen will. Und er hat weiter das Recht, binnen vier Wochen nach der Mitteilung von dem Besizwechsel von sich aus zu fündigen, wenn er dem neuen Besitzer seine Feder nicht mehr zur Verfügung stellen will. Seine Rechte sind ihm auch dann gesichert.

Warum ist von dieser selbstverständlichen Verpflichtung durch Verkäufer" und Käufer" nicht Gebrauch gemacht? Warum hat man geffiffentlich dem Verlag und der Redaktion den Besitzwechsel verschwiegen?

Und noch eins: Ist es richtig, daß die jetzt preußische Druckerei die DA3." noch immer zum Selbstt often preis herstellt und ihr auf diesem Wege noch indirette 3uschüsse gibt?

" Nicht einmal angesichts der Eristenzfrage der Verbände ist es

ihnen möglich gewesen, gemeinsam zu handeln. Der zornigen Zu­ftimmung jedes Einsichtigen und Weitblidenben gewiß, rufen wir: fammenschluß. Wir wollen uns nicht mehr an dem Zusammenschluß­Führer der Verbände noch die Verbände selbst werden Alle Revolutionäre innerhalb des Verbandes, schließt euch zu­fich, fo wie sie heute sind, zusammenschließen. Troßdem rufen wir: Schließt euch zusammen. Aber diesmal ergeht der Appell tonfret: jammen! Revolutionäre aller Bünde  , über die Bünde   hinweg, fchließt euch zufammen! Was eure Führer nicht fönnen, was eure Berbände nicht tönnen, ihr könnt es."

rummel beteiligen, wie er geübt wird. Wir meinen, weder die

Soweit Helmut Franke. Sein Freund, Friedrich Georg Jünger  

, spricht offen von dem ,, Fiasko der Bünde": Jünger, spricht offen von dem ,, Fiasko der Bünde  ":

Die Hoffnungen, die man auf die Verbände setzte, sind erronnen, und immer stürmischer erflingt die Frage: Sind die kampfbünde noch existenzberechtigt? Oder find sie wert, zer­tönnten die Verbände sein, wenn sie mit Einsicht angesezt wur­trümmert zu werden, um einer neuen zentralen Widerstands­bewegung Blaz zu machen? bewegung Blaz zu machen? Beilch ein herrliches Instrument den. Aber hier ist nichts weniger als alles verpfuscht worden. Das Ideenmäßige ist verkümmert; alles bewegt sich im Nebel ver­fchwommener Phrafen und wirkt durcheinander ohne einen ent­schiedenen Willen, ohne Drang nach vorne, ohne Ziel." nationalismus" davon, daß in den Verbänden geistige Schließlich spricht dieser Jünger des revolutionären und förperliche Erstarrung" vorherrsche und daß fie fortfahren, sich zu Kriegervereinen und politischen Parteien umzubilden".

Ein anderer Jünger, Bruder des eben genannten und Mitherausgeber der Neuen Standarte", ist nicht minder bös auf die Behrverbände zu sprechen:

"

Wer das unfinnige Vereinswesen, die patriotische Plattheit und Großsprecherei, die allgemeine Müdigkeit, die Unzulänglichkeit der Männer, Gedanken und Methoden fennt, wird zugeben, daß es sehr schwierig ist, für eine neue Fahne Gefolgschaft zu werben... hat die Landesverbandsführer zugezogen und sich durch Kräfte mancherlei Art gestärkt und ist dann endlich auch zum Entschluß ge­tommen: Der neue Kurs ist da! In Stadt und Band hat man vernommen, daß man jetzt weiß, was man will. Und wie lautet dieser schwere Entschluß? Hier ist er: Wir wollen hinein in