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Die Mächte und China  .

Briand   rückt von England ab.

Paris  , 1. April.  ( Eigener Drahtbericht.) Briand   hat am Freitag nachmittag vor dem Auswärtigen Ausschuß der Kammer cine Erklärung über die Lage und die französische   Politit in China   abgegeben. Er betonte, daß alle englischen und amerikanischen alarmierenden Nachrichten über die Lage in Schang­ hai   völlig unrichtig seien. Nichts könne im übrigen in der gegen­wärtigen Lage in China   Frankreich   veraniaffen, aus seiner bis­herigen reservierlen Haltung herauszutreten. Die franzöfifche Re gierung werde an der bisherigen Politik festhalten und sich auf feinen Fall in irgendwelche friegerische Verwickelungen hinein­ziehen lassen.

Notruf der Shanghaier Gewerkschaften an die

Labour Party  .

Condon, 1. April.  ( Eigener Drahtbericht.) Der Daily Herald" hat von der Gewertihaftsleitung in Shang­ hai   ein Telegramm erhalten, in dem es heißt, daß die britischen Truppen bei der Einnahme von Schanghai   über 100 unbe­waffnete ginesische Soldaten sowie Zivilisten erschoffen hätten. Das Bombardement von Nanting habe Taufenden von chinesischen   Arbeitern, Frauen und Kindern das Leben getoffet. In Schanghai   werde von ausländischer Seite bewußt auf einen neuen 3ujammenfloß hingearbel­fet. Ausländische Fabriken weigerten sich, chinesische Arbeiler wieder einzustellen, welche am jüngsten Generalftreit teilgenommen haben. Chinesen würden täglich von ausländischen Behörden ve prügelt und beschimpft. Friedliche Demonftranten werden mit brutaler Gewalt auseinandergefprengt und jegliche Meinungs­äußerung unterdrüft.

Das Telegramin fordert schließlich im Namen von ½ Million chinefifcher organisierter Arbeiter Shanghais   die britische Arbeiter­partei auf, fofortige Schritte zu unternehmen, da es morgen schon zu spät fein fönnte.

Schiangfalschek des Oberbefehls enthoben? Shanghai  , 1. April.  ( Reuter.) Es geht das Gerüt, daß der Oberbefehlshaber der nationalistischen Truppen, 3fchang taischet, von der nationalistischen Regierung des Ober­befehls enthoben worden ist. Eichanglaischer soll beabsichtigen, demnächst ein Kommunique über die Zwischenfälle von Nanking 34 veröffentlichen.

Neuwahlen in Bulgarien  .

Unter dem verschlechterten Wahlrecht. Sofia  , 31. März.( Eigener Bericht.) Da die Mandatsbaner der Gobranje, bie über den gefeßmäßigen Endtermin vom 28. März bis Mitte April verlängert worden ist, vor ihrem Ablauf steht, beherrschen drei Fragen die Deffentlichkeit: Wann sind die Neuwahlen? In wessen Händen liegt der Wahlapparat? Wird das alte Proportionalwahlsystem wieder hergestellt?

Der Tod Wrisbergs vor dem Landtag.

Ausschlachtung durch die Deutschnationalen.

Gestern ist der General v. Wrisberg- nicht, wie zunächst gemeldet wurde, ein Major Weißberg- plöglich ver­storben, nachdem ihn ein Schupowachtmeister wegen Bruchs der Bannmeile sistiert hatte. Brisberg hatte als Führer einer etwa 20 Mann starten Delegation des Ostmartenvereins einen Kranz am Bismard- Denkmal niedergelegt. Zur Feier des Geburtstages von Bismard.­

Das Bismard- Denkmal steht auf dem Plaz der Republit, unmittelbar vor dem Reichstag  . Das Gefeß über die Bann meile verbietet 2 namm Bannmeile lungen und Abhaltung öffentlicher Versamm­Iungen innerhalb der Bannmeile. Eine Ansprache des Generals v. Brisberg von der Rampe des Bismard Denkmals herab an die Delegation hätte ben Tatbestand der öffentlichen Versammlung erfüllt. Der Schußpoltzist, der die Siftierung vorgenommen hat, berichtet, daß General v. Brisberg eine öffentliche Ansprache begonnen, tros des polizei­lichen Hinweises auf die Bannmeile fie fortgefegt habe. In diesem Falle handelte der Schußpolizist befehls­gemäß, als er einschritt. Herr v. Wrisberg als Gene haben müssen. Er mußte wiffen, daß die Schupo über den ral hätte für das Berhalten des Polizisten alles Berständnis Bersuch der Abhaltung öffentlicher Versammlungen innerhalb der Bannmeile Befehle hat, nach denen sie handeln muß. Er hätte deshalb der Aufforderung der Polizei nachkommen müffen. Auch ein General des alten Heeres besitzt nicht das Recht, gegen polizeiliche Borschriften zu verstoßen. Er ist Staatsbürger wie jeder andere und hat die staatsbürgerlichen Borschriften zu beachten.

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Es besteht kein Anlaß, für den Bismard- Geburtstag das Gesetz über die Bannmeile zu durchbrechen. Der Reichsminister des Innern, Herr v. Reubell  , hat eben erst aus prinzipiel­len Gründen eine Beethoven Feier an eben bem Blag, an dem Herr v. Wrisberg eine Ansprache auf Bismard halten wollte, verboten. Das Prinzip, das für Beet hopen feine Ausnahme gestattet, darf auch für Bismard feine Ausnahme zulaffen.

Die deutsch nationale Landtagsfraftion und die deutschnationale Presse haben den unglüd­lichen Zufall benutt, um heftige Anflagen gegen die Polizei zu richten. Es ist die Behauptung aufgestellt worden, es habe sich nur um eine einfache Kranzniederlegung, begleitet von ein paar Worten, gehandelt. Demgegenüber stehen Befundungen von Augenzeugen. Diese Behauptung wird heute amtlich unterfucht werden. Der preußische Innenminister hat im 2andtag darüber Erflärungen abgegeben.

Die deutschnationale Breffe spricht von schmachvoller Be­handlung, von Schändung des Geburtstages non Bismard. Man verschone uns mit solchen Tönen. Es leuchtet daraus der Gedanke, daß ein alter General Brivilegien gegenüber Die Regierung hat bereits die beiden ersten Fragen beant der Polizei und dem Gesetz befäße. Hat der General pon wortet, indem sie 3ynisch in ihrer Presse erffären ließ, daß fie risberg die Bannmeile gebrochen, so war seine Siftie­allein, als Bertreterin der stärksten Partei im Lande, die Wahl rung nicht schmachvoll, sondern berechtigt und er war zu be­feftſchen und durchführen würde. Hinsichtlich der von den Oppo- handeln wie jeder andere. Die Rechtspresse ist ja sonft, fo es fitionsparteien beantragten Abänderung des Wahlsystems, von bas Schicksal Bulgariens   für die nächsten vier Jahre abhängt, haben fich um ein polizeiliches Einschreiten gegen ihre politischen fich drei verschiedene Meinungsfronten gebildet. Die Oppofition ift Gegner- handelt, sicherlich alles andere als zimperlich. gefchloffen für die Wiederherstellung des Proporzes in den Kreisen. Schmachvoll ist höchstens eins: wie die Deutschnationalen die Leiche des Herrn v. Wrisberg in eine demagogische Hehe gegen die preußische Polizei und die preußische Regierung zerren, wie sie mit dem durch einen unglücklichen Zufall Ge töteten einen widerlichen, im Grunde gegen die Republik  gerichteten politischen Reklamefeldzug arrangieren!

In der Regierungspartei ist der startere Flügel gegen jede Abände rung mit der Begründung", daß die Wahlen nicht für die Par teien, sondern für das Land geschaffen seien. dessen Ruder in der eisernen Hand der heute regierenden demokratischen Ver­einigung bleiben müßte. Die andere Gruppe hat sich für ein Rom. promiß ausgesprochen dahin, daß die Strelje in zwei Rollegien ein Kreise auteilen feien, die als Wahlbafis dienen sollen. Da jedoch der ab­lehnende faschistische Flügel in der Regierungspartei das Wort ührt, fann faum mit einer Abänderung des Bahlgejekes gerechnet

werden.

Bei dieser Situation wird wohl die bisherige Regierungsparici als Sieger" aus den Wahlen hervorgehen. In ihrer legten Fraf, tionsligung hat sie bereits die Mandatsverteilung vorge­nommen, der zufolge sie mit etwa 180 Sigen für sich und fnapp 80 für die Opposition rechnet. Die überaus provozierenbe Sprache Arbeiten verheißt nichts Gutes für den Wahlkampf und Regierungsblätter gegenüber den Parteien der Bauern und sagt deutlich, mit welchen Mitteln die Machthaber diesen führen merden. Die Linkspresse spiegelt die große Besorgnis mieder, daß das Land einem neuen unheilvollen Bürgerfrieg zusteuert.

Südflawien verhandlungsbereit.

Die Bereitschaft Italien   mitgeteilt. Paris  . 1. April  .( Eigener Drahtbericht.) Die französische  und die englische Regierung haben aus Belgrad   die Bersicherung erhalten, daß die jugoslawische Regierung bereit fel, in dirette Verhandlungen mit 3falien über die Gesamtheit der diplomatischen und politischen Schwierigkeiten einzutreten. Der italienischen Regierung ist diefe Jujidherung der jagoflewischen Regie­rung sofort befann gegeben worden. Die Frage der Untersuchungs­fommission bleibt vorläufig ungelöft.

Faschistenjustiz in Litauen  . Protestierender Auszug der gesamten Opposition aus dem Sejm  .

Geffern mittag legte der Generalmajor a. D. Ernst v. ris­berg am Bismard- Denkmal im Namen des Offmarkenvereins einen Aranz nieder, fileg die Stufen zum Denkmal hinauf und begann von dort eine Ansprache zu halten. Ein Polizeibeamter machte ihn darauf aufmerffam, daß es innerhalb der Bannmeile nicht erlaubt fei, öffentliche Ansprachen zu halten. Trotzdem setzte Wrisberg feine Rede fort. Der Beamte schritt darauf zur Siftierung. General v. Wrisberg ging mit ihm zur Wache, fant aber nach faum zwanzig Schritten vom Herzschlag getroffen zu Baden. In der Charité fonnten die Aerzte nur noch den Tod feststellen.

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In der Freitagsihung des Preußischen Landtages   forderte zunächst Abg. Pied( Romm.) zur Geschäftsordnung die sofortige Be ratung eines fommunistischen Mißtrauensantrages gegen den Minister bes Innern, weil dieser durch seine Stellung nahme zum Stahlhelintag am 8. Mai genau wie Severing die faschistischen Berbände und Fememord- Organisationen begünstige. Präsident Bartels ruft den Abg. Bied zur Ordnung. Gegen die fofortige Beratung bes fommunistischen Antrages wird von der sozialdemokratischen Graftion Widerspruch cr hoben. Auf der Tagesordnung steht zunächst die dritte Lesung des Gefeßentwurfs über Berlängerung des gegenwärtigen Schußpolizeibeamtengefetes bis zum 30. Juni 1927; fie wird debatteios beschlossen. Es folgt die zweite Beratung des Antrages der Regierungsparteien auf

Verlängerung der geltenden Grundvermögenssteuer um ein Jahr.

Abg. Stolf( Komm.): Die Klagen der Großgrundbesizer find reine Seuchelei. Wir fordern schärffte steuerliche Erfassung der Großen und völlige Freilaffung des Befißes der Kleinbauern.

Abg. Heden( Duat.): Die Umstellung der Steuer auf die Ein heitswerte wäre durchaus fchon jest möglich gewesen. Aber es gehört ja zum Wesen der Demokratie, daß ein Teil des Boltes die Steuern beschließt und der andere Teil sie bezahlt. ( Unruhe links.)

Abg. Flögel( Wirtsch. Bt.): Bir lehnen es ab, ein altes Steuer unrecht zu verewigen.

Kowno  , 1. April  .( WEB.) 3m Sejm   wurde mitgeteilt, daß die Regierung das Ermächtigungsgesetz zu Zollerhöhungen von 150 bzw. 300 Proz. zurüdgezogen habe. Vor Elafriff in die Be­Abg. Dr. Neumann- Frohnau( Bp.): Die Berlängerung der ratung des zweiten Punktes der Tagesordnung betreffend die Feld- Steuer Dart allerhöchftens für ein halbes Jahr beschlossen werden. gerichte erklärten die josialdemokratischen Abgeord- Der ganze Geist des Antrages der Mehrheitsparteien verstößt gegen nefen, da für die Sejmabgeordneten angesichts der Berhängung des den Willen der Reichsgesetzgebung, die Realsteuern zu fenten. Ariegszustandes und der Preisezenjur feine Möglichkeit zu einem Profest gegen diese Maßnahmen und gegen die Einfehung von Feldgerichten bestehe, sähen sie sich veranlaßt, durch Verlassen des Sigungsfaales ihrem Einspruch Ausdrud zu geben. Dem Vorgehen der Sozialdemokraten schloffen fich die Volfs. fozialisten und die Fraktionen der Minderheitsvolter einschließlich der Memelbeuffchen an. Wie die Volksfozialisten und Sozialdemokraten erklären, liegt gegen die unter dem Berdacht einer Verschwörung gegen die Regierung verhafteten Volksfozialisten und Sozialdemokraten, etwa 50 an der Zahl, fatfächlich fein be­laffendes Material vor. Der Sejm   verlagte sich auf den 8. April.

Litauen   hat die Memellandtagswahlen abernials verschoben, weil es durchaus den Volkswillen burch eigens zum Wählen hin­gefchichte Bitauer fälschen will

Aba. Kaufhold( Dnat.) beantragt, von der Grundsteuer den Steuerpflichtigen 2 Monatsbeträge oder allermindestens i Monats­betrag zu erlassen.

fährliche Bahn, wenn wir uns angewöhnen, hier Anträge zu fiellen, Finanzminister Dr. Höpfer- Uschoff: Bir betreten eine sehr ge­von ben gelicnden Steuern den Steuerpflichtigen ein oder mehrere Monats zwölftel zu erlaffen. Ich bitte bringend um Ablehnung.

Der Antrag Kaufhold wird mit 194 Stimmen der Regierungs­fpaution und der Kommunisten gegen 128 Stimmen der Rechts­partelen abgelehnt. Mit den Stimmen der Regierungsparteien wird das ganze Gesetz angenommen.

Erklärungen Grzesinskis.

Denfmal Bismarcs einen Kranz nieberlegen wollte, von einem Schupomann weggewiesen und angefaßt werden fei. Aus Er. regung über diese Entweihung des Geburtstages des größten Deutschen  ( 1) habe den General ein Schlag. Minister des Innern Auskunft, ob er mit bem rigorosen Ber anfall getroffen. Die deutschnationale rattion verlange vom halten des Schumannes einverstanden sei und ob er etwa besondere Anweisungen gegeben hätte, auch stille vaterländische Kunda gebungen zu verhindern.

Entsprechend Zurufen von der Linken macht Bräfident Bartels den Redner darauf aufmerkjam, daß diese Ausführungen nicht zur Geschäftsordnung gehören. Es folgt die zweite Lesung des

Ausführungsgesetzes zum Finanzausgleid. ist Abg. Dr. Wantig( S03.). Cr empfiehlt für die Koalitions. Berichterstatter über diese Borlage wie fiber die Grundsteuer parteien bie Annahme.

Berlin   dar.

Abg. Stolt( Komm.) fritisiert heftig den im Reich vom Besitz bürgerblod geplanten Finanzausgleich. Das preußische Ausführungs. gefeß stelle eine weitere befondere Schädigung der Stadt Abg. Heden( Dnat.) erflärt die Beschlüsse des Hauptausschusses für die Deutschnationalen für unannehmbar. Die relative Garantie für die Städte müsse weiter herabgesetzt werden.

Abg. Dr. Neumann- Frohnau( D. Bp.) fordert Herabsetzung des Staatsanteiles und Erhöhung des Gemeindeanteiles, damit die vom Reichstag beschlossene Senfung der Realsteuern audy wirklich durchgeführt werde. Aber Breußen stehe ja im Konflikt mit dem Reich wegen des Finanzausgleiches.

Finanzminister Dr. Höpler- Aschoff: Bon solchen Differenzen mit dem Reiche ift dem preußischen Kabinett nichts bekannt. Die Protesterklärung des preußischen Ministerpräsidenten, die heute im Reichstage abgegeben worden ist, bezog sich lediglich auf die außergewöhnliche Bevorzugung Bayerns  .

Abg. Coloffer( Wirtsch. Pt.): Wir werden für die Ausschluß­beschlüsse eintreten. Der Anteil Berlins   kann nicht erhöht werden, denn das wäre ungerecht. Die Drohungen des Berliner   Ober­bürgermeisters tömmen uns nicht beeinflussen. Was Herr Böß gestern den Abgeordneten vorerzählt hat, das fann er nur Leuten vorschwätzen, die etwas von der Sache verstehen, aber nicht uns.( Große Heiterfeit.)

Damit schließt die Debaite. Das Gesetz wird in zweiter Lesung unverändert nach den Ausschußbeschläffen angenommen. jozialbemokratischer Antrag, den Anteil Berlins   dadurch zu erhöhen, daß die relative Garantie von 22 auf 23 Bf. erhöht wird, wird mit 146 gegen 181 Stimmen abgelehnt. Dafür stimmen die Sozial­bemofraten, die anwesenden 6 Kommunisten, die Mehrheit der Des mofraten und einzelne Berliner   Abgeordnete der übrigen Barieien. Es folgt die

Einzelberatung des Etats des Innenminifteriums. Während der Abstimmung über die Einzelfapitel nimmt das Wort zu einer Erflärung außerhalb der Tagesordnung R

Innenminister Grzesinski  :

bauerlichen Borfalles am Bismard- Denkmal interpelliert. Die in Abg. Schlange- Schöningen hat mich vorhin aus Anlaß des be­zwischen eingeleitete Unterfuung hat ergeben, daß sich heute mittag eine Gruppe von 20 Herren mit Rrängen dem Bismarc Denimal näherte. Während ein Herr der Bersammlung eine Rede hielt, fammelte sich eine Gruppe von Zuhörern an. Der am Reichstag diensttuende Schupobeamte unterbrach den Redner mit dent Hinweis, daß Demonstrationen nicht gestattet jelen, ba man sich in der Bannmeile befinde. Troßdem fezte aufzufordern, awed's Feststellung feiner Berfonalien mit zur Bache der Herr seine Nede fort, so daß sich der Beamte genötigt fah, in zu fominen. Nach ungefähr 20 Schritten fiel er tpt zu Boden. Wie fich herausstellte, war es General von Brisberg. war diese Demonstration als eine Berfammlung unter freiem Himmel anzufenen. Ich bedauere diesen Borgang, der den Tob eines ver­dienten Generals zur Folge hatte. Bielleicht wäre es zweckmäßig gewesen, gerade heute aus Anlaß des Geburtstages Bismards Fleinere Feiern zuzulassen. Nach der Rechtslage war aber der Bolizeipräsident nicht dazu in der Lage, da es fidy bei den Bestimmungen über die Bannmeile um ein Reichsgeset handelt.

Rechtlich

Bizepräsident von Kries: Die Ausführungen des Ministers waren eine Erklärung außerhalb der Tagesordnung. Falls die Besprechung gewünscht und genügend unterstützt wird, stelle ich sie zur Debatte. Das geschieht.

der Minister bas traurige Borkommnis bedauert. Trogbem wäre Abg. von Winterfeld( Dnat.) stellt mit Befriedigung fest, daß

ein Eingreifen der Polizei nicht nötig gewesen, da der General bisher als Vorfizender des Orftmartenvereins in jedem Jahre habe ungehindert sprechen können. Der Minister wird hoffentlich die Lehre daraus ziehen, folche Beranstaltungen zuzu laffen. Seine Partei sei grundfäßlich für die Bannmeile, aber fie fei nur geschaffen worden, um Massenversammlungen nach dem Muster von 1918 zu verhindern, und dürfe es nicht unmöglich machen, fich an der großen Vergangenheit Deutschlands   zu begeistern.

Abg. Kasper( Komm.) bezeichnet die Erklärung des Ministers als eine Berbeugung vor den Nationalisten. Solange die Bannmeile bestehe, dürfen feine Ausnahmen zugelassen werden. Hierauf wird die Besprechung der Einzeltitel im Etat fortgesetzt. Abg. Zachert( Soz.) fordert Unterstützung für gewesene Polizei beamte, die lange Jahre im Dienst und wegen geringfügiger Ber­achen entlassen feien, um ihnen die Schaffung einer neuen Egiften zu ermöglichen. Den Polizeibeamten müßten beffere Unterfftünfte zur Verfügung gestellt merden; namentlich in Berlin  feien in diefer Beziehung vielfach unhaltbare Zustände und die Quar tiere zum Teil verwanzt.

Abg. Markwald( Soz.) wendet sich dagegen, daß Unterkunfts. räume der Polizei in Bochum   völtischen Organisationen für Bersammlungen zur Verfügung gestellt wurden und fragt an, Geländeübungen der Bolizei stattgefunden haben, s ob es richtig ist, daß bei Nieberursel auf privaten Grundstücken

Innenminister Grzesinski  :

Zurückkommend auf meine vorherige Erklärung teile ich bem Hause noch eine andere Lesart des Borfalles am Bismard. Denkmal mit. Danach foll General v. ris berg bei der Strang meberlegung nur ein paar orte gesprochen haben. Wenn das richtig ist, hat der Beamte nach zweierlei Richtung hin unrichtig gehandelt: einmal brauchte er bagegen nicht einzuschreiten und zum anderen hätte es genügt, wenn er nur den Namen festgestellt hätte. Sollte sich der Borgang so als richtig herausstellen, wird der Beamte zur Rechenschaft gezogen werden.

Damit ist die Beratung des Innenetats erledigt. Die Abstim träge findet am 6. april ſtott. mungen über die angefochtenen Titel und die dazu gestellten An­Hierauf vertagt sich das Haus auf Sonnabend, ben 2. April, vormittags 10 Uhr. Tagesordnung: Kleinere Borlagen.

Ein angehender Diplomat. Fürst Bismard, ber Entel bes großen Baters, bisher deutschnationaler Reichstagsabgeordneter ohne eigene Prägung und auch sonst ohne Belang, wird vom Rechtsblod als Gesandtschaftsrat in den diplomatischen Dienst über­nommen und gibt gleichzeitig fein Reichstagsmandat auf. Abg. Schlange- Schöningen( Dnat.) teilt zur Geschäftsordnung Ein Steuerhinferziehungsprozeß gegen den Abg. Korfanty be mit, daß General von Wrisberg heute mittag um 12 Uhr, als er am I ginnt am 13. April vor dem Begirlsgericht Kattowiß.

Der Fall Wrisberg.

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