2. Heilage des vorwärts
Voaverstag, S. Mai 1927
Grunöstücksmartt* Wertzuwachssteuer Hoffnungen der Spekulation.- Wer bezahlt sie?
Di« ersten Schwalben, die den Lenz einer Neubelebung des Grundstücksmarktes anzukündigen scheinen, haben prompt die Bekritteler der Wertzuwachs st euer auf den Plan gerufen. Sie treten an mit dem ganzen Rüstzeug„wirtschaftlicher" Er- wägungen. Auch das nationale Mäntelchen fehlt nicht: die Wertzuwachssteuer muß fallen, um den Rückkauf überfremdeter Grundstücke zu ermöglichen. Beseitigung der wertzuwachssteuer ist die Parole aller chüter des Besitzes geworden— von den Demo- traten bis zu den Deutschnationalen. Nicht etwa, daß man der Stadt Berlin damit eine erhebliche Einnahmequelle verstopfen wollte! Beileibe nicht! Nicht etwa, daß man heute noch wie einst die sachliche Berechtigung der Steuer be- streiten wollte! Nein. Im Gegenteil: man möchte die Einnahmen der Stadt erhöhen. Und man argumentiert so: die Zahl der Grundstücksverkäufe der letzten Jahre ist im Verhältnis zur Dorkriegs- zeit g e r i n g. sie ist auch in den letzten Iahren noch abgefallen. Während im Jahre 1S23 noch 12 920 Grundstücke insgesamt in Berlin verkaust wurden, betrug die Zahl im vergangenen Jahre nur 7827, also wenig mehr als die Hälfte. Was kann anderes daran schuld fein als die schlimme Wertzuwachssteuer, die den Grundstücksmarkt je länger j« mehr abdrosseltl Es ist die alte bequeme Mechode, die Auswirkungen einer wirtschaftlichen Depression auf die Höhe der Besitz- steuern abzuschieben. Don den allgemeinen Ursachen der Zurückhaltung im Grondstücksgeschäst wird nicht geredet, von der Spekulation noch weniger. Kein Wort davon, daß der Terrainbesitz mit einer weiteren Steigerung derMieten in den nächsten 1 Vi Iahren mit Recht glaubt rechnen zu dürfen, daß ihm also ein« Erhöhung der Grundstücks- preise winkt, die ihn von voreiligem Berkauf abschreckt. Kein Wort auch davon, daß heute ja der Verkäufer tatsächlich die Wert- zuwachssteuer gar nicht trägt, sondern daß er den für ihn fest- siehenden Betrag oerlangt und die Steuer d r a u s s ch l ä g t, sie also in Wirklichkeit dem Käufer aufbürdet. Wer wäre so naiv, zu glauben, daß eine Aufhebung der Steuer den Verkaufspreis herab- drücken würde! Und doch soll der Grundstücksmarkt in Berlin sich bei einem gänzlichen Fortfall der verhaßten Steuer nach Aussage der„Sachverständigen" nicht nur verdoppeln, sondern v e r- dreifachen. Allen Bedingungen der Wirtschaft und der Speku- lntion zum Trotz! Und diese Vervielfachung der Grundstücksoer- kauf« soll bei dem lächerlich geringen Zuschlag von 2 Proz. zur Grunderwerbssteuer so viel«inbringen, daß die bisherigen Ein- nahmen aus der Wertzuwachssteuer dadurch um ein Vielfaches über- troffen werden! Die Sozialdemokratie hat diesen Sirenenklängen gegenüber ihr Ohr mit dreifachem Wachs verstopft. Sie fühlt sich für die Balancieruyg des Berliner Haushalts als stärkste Fraktion in erster Linie verantwortlich, und sie wird niemals ihre Hand dazu bieten, die sozial am meisten berechNgteu Steuern aufs ungewiße hinein abzubauen. Um welche erheblichen Summen es sich dabei handelt, beweist die Tatsache, daß das Einkommen aus der Wertzuwachssteuer vom Jahre 1924 bis zum Jahre 1926 von 7,5 Millionen auf 14,4 Willionen gestiegen ist— und dies trotz des Rückgangs der Grundstücksoerkäufer, trotz der Beschränkung der Steuer auf diejenigen Grundstücke, die nach dem 1. Januar 1919, also nach Beginn der Inflation erworben worden sind. Der A l t b e s i tz war bisher von der Steuer freigelassen worden, weil die Wertsteigerung infolge der hypothekarischen Be- lastung objektiv nicht nachweisbar erschien. Di« Stadt begnügte sich daher hier mit dem zweiprozentigen Zuschlag zur Grunderwerbs- fteuer. Dieser Zuschlag ist vom 1. April dieses Jahres an g e f e tz-
lich verboten. Die Sozialdemokratie begrüßt dieses Verbot, weil es ihr die Möglichkeit gibt, numnehr die Wertzuwachssteuer auszubauen in demselben Augenblick, in dem die Grundstücksspekulation den Abbau oder vielmehr die völlige Aufhebung aus ihren egoistischen Beweggründen heraus oerlangt und erwartet. Die Sozialdemo- kratie wird dem Plan einer Besteuerung des Wertzuwachses auf Grund der gezahlten B o r p r e i f e ihre Zustimmung geben, weil sie darin eine gerechte Besteuerung„unverdienter" Gewinne sieht.— Die sachliche Berechtig ung einer solchen Besteuerung und die innere Unwahrheit der Behauptung des so- genannten Verlustgeschäftes bei Grundstücksverkäulen ergibt folgende Gegenüberstellung: Scheinbar: Kaufpreis 1912....... 150 000 M. Berkaufspreis........ 60 000, Verlust... 90 000 SB. In Wirklichkeit: Hypotheken 1912. 120 000 M. 1927... 30 000 SB. <«rfgew»rtet 25 Restkaufgeld 1913. 16 000 SB. 1927... 7 500 SR. ((mfgmcrtrt 50 Pnq.) 37 500 M.
135 000 M. BarauSgabe 1912 15000 M. 150 000 W.
Bareinnahme 22 500 M. 19 2 7.. 60 000 M. Gewinn.. 7 500 M. Es kann kein unbilliges Verlangen sein, wenn die Stadt den Verkäufer des Grundstücks zu einer Steuer von 20 Proz. := 1500 M. oder sogar 30 Proz.— 2250 M. heranzieht, weil ihm in der Tat trotz des scheinbaren Verlustes ein unverdienter Bermögenszuwachs in den Schoß gefallen ist. Man braucht nur zu erwägen, wie er heute wirtschaftlich dastehen würde, wenn er sein Geld, statt es zum Erwerb des Grundstückes zu verwenden, als Hypothek angelegt oder auch nur ats Restkaufgeld hätte stehen lassen! Auch bei diesem sogenannten„Altbesitz" also besteht die mo- ralische Motivierung jeder Wertzuwachssteuer. ordnuna zu recht, daß die Steigerung der Grundstückswerte dem einzelnen Grundstücksbesitzer Gewinne zuschanzt, die von Rechts wegen der Allgemeinheit gehören. daß die Allgemeinheit also nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht hat, zum mindesten einen Teil dos Wert, Zuwachses für die Erfüllung ihrer sozialen und kulturellen Aufgaben zu reklamieren. Es ist eine Ironie des Schicksals, daß der Sturm gegen die Wertzuwachssteuer in Berlin der Anlaß zu ihrer A u s d e h- n u n g auf die bisher von ihr noch nicht erfaßten Grundstück« ge- worden ist. Unsere leidtragenden Terrainspekulanten mögen sich mit dem Gedanken trösten, daß auch andere vor ihnen die Geister, die sie riefen, nicht niehr losgeworden sind. Bleibt nur die Drohung, daß in Zukunft, noch weniger oder überhaupt keine Grundstücke mehr in Berlin verkauft werden sollen. Sie schreckt uns nicht. Denn niemals hat sich da>Kapital durch eine Steuer auf den Gewinn von der Realisierung des Gewinnes abhalten lassen. Der Grundstücksmarkt wird — unbekümmert um die Wertzuwachssteucr— den Gesetzen unserer kapitalistischen Wirtschaft folgen. Und die Sozialdemokratie wird sich freuen, wenn die durch sie verschärfte Besteuerung des unverdienten Wertzuwachses die Mittel hereinbringen wird, um die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Reichshauptstadt ohne Belastung der breiten Massen der arbeitenden Bevölkerung zu be- friedigen.
Die Abwehr einer tze�e. Z» de« städtischen Kohleufelderkäufc«. Die von allen interessierten Seiten gegen die Frankfurter Gas- gcfellschaft und die kölnische Stadwerwaltung mit Nachdruck be- trieben« Hetze, die unter der Vorgabe überlegenen technischen Sach- Verständnisses die Oefsentlichkett gegen die Kohlenfelde rkäufe mobil- zumachen suchte, wird jetzt von den Beteiligten entschieden zurückgewiesen. Die Abbauverhältnisse bei den erworbenen Feldern seien entgegen den Behauptungen der sogenannten Sachverständigen genau so günstig wie bei den Nachbargruppen. dre ihre eigenen Schächte nahe bei den erworbenen Feldern nieder- gebracht hätten. Sellen sei ein Feld vor dem Abbau lo systema- tisch abgebohrt worden wie das in Frage stehende. Die Rheinischen Stahlwerke ermächtigen die beiden Städte zu der Mll- teilung, daß sie niemals in Ankaufsoerhandlungen wegen des Rheinbergfeldes gestanden hätten. Die behauptete Ueberbezahlung im Vergleich mll diesem Felde sei also gegen st andslos. Entgegen der Wahrhett war behauptet worden, daß der Bürgermeister von Düsseldorf gegenüber dem Oberbürgermeister von Essen den Preis für die Rheinstahlfelder als vierfach überzahlt bezeichnet Hab«. Beide Herren haben die Behauptung der Form und dem Inhalt nach für falsch erklärt. Auch auf den Nachbarzechen würde die beabsichtigte und von den Sachverständigen bezweifelte Förder- leistung von 1,5 Millionen Tonnen tatsächlich erreicht, obwohl diese Zechen nicht mit allen Errungenschaften der Neuzeit ausgestattet seien. Außerdem umfasse der von Frankfurt und Köln bezahlte Kaufpreis nicht allein die abgebohrten Grubenfelder von zusammen rund 24 Millionen Quadratmetern, sondern auch den g ü n st i g gelegenen und keineswegs zu teueren Grundbesitz von 2200 Morgen sowie das notwendige Gelände für den Hafen und die Hafenanschlußbahn. vie Reichsbahn kann auch anSersl Seine Kürzung der Aufträge? Der„Vorwärts" hat kürzlich mll Nachdruck darauf hingewiejen, das>!„ Reichsbahn weder wegen der Lohnerhöhungen noch wegen I' inziellen Lag« einen Grund hat, chr Auftragsprogrom» z ,!. � Es mutet merkwürdig an. wenn jetzt schon b e- ria>.el wird, daß eine Kürzung des Beschaffung s- programmes nicht erfolgen soll. Die Entscheidung über die Frage soll in der nächsten Woche fallen. Es heißt, daß die Verkehrsverhällnisse sich so günstig entwickelt hätten, daß es nicht unwahrscheinlich sei. daß die angekündigte Kürzung des Be- schaLunssproarammes vermieden werden kaun.
Wir verzeichnen diese Mitteilung und h ochfen, daß sie richtig ist. Wenn sie aber richtig ist, so gibt die Reichsbahn zu, daß die eingetretenen Lohnerhöhungen entgegen den von ihr aufgestellten Behauptungen mit den Beschaffungsplänen tat- sächlich nichts zu tun hatte. Denn zu dem Zeitpunkt, in welchem die Kürzungen der Auftröge angekündigt worden sind, hatte die Reichsbahn dieselbe Einsicht in die Entwicklung der Verkehrs- Verhältnisse und in die Groß« ihrer Reserven wie heute. Unsere Vermutung, daß die Reichsbahn durch ihre Ankündigung nur die Front der sozialen Reaktion stärken wollte, würd« also bestätigt._ Neue Nekoröe üer Reichsbaaktätigkeit. Ein verhältnismäßig leichter Monatsschluß. Der Reichsbankausweis zum 30. April bringt für die Reichs- baut neue Rekordziffern. Weniger noch nach der Größe der in der letzten Monatswoche hinzugekommenen neuen Ge- schäfte als nach der Größe der auf den einzelnen Konten jetzt ver- zeichneten Ziffern. Es ist unverkennbar, daß die Inanspruchnahme der Reichsbank eine gleichmäßigere geworden ist. Die heftigen Stöße, mit denen sich Banken und Wirtschast noch in den Monaten Januar bis März auf die Geldmittel der Reichsbank stürzten, haben eine Ausgleichung erfahren. Die Kreditkonten der Reichsbank waren besonders im Monat April dauernd hoch geblieben und der Stoß der letzten Aprilwoche blieb nicht unerheblich hinter den Schluß- wachen früherer Monate zurück Im ganzen sind für W e ch s e l k r e d i t e und Lombard darlehen 444,0 Millionen(Ende März 576.5) neu ausgeliehen worden. Die Kapitalanlage in Wechseln, Schecks und Lombard- darlehen hat dabei aber mit 2227,0 Millionen für 1926 und 1927 die größte Höhe erreicht und sogar den bisher stärksten Monat März 1927 um 91 Millionen Mark Übertrossen. Wechsel kredtte wurden 393,5 Millionen gegen 508,2 Millionen in der letzten Märzwoche neu gewährt, so daß das Wechselporteseuille der Reichs- b a n k auf 2067,5 Millionen anwuchs(Ende März 1962.7), was seit Zlnsang 1926 ebenfalls eine Rekordziffer darstellt. £nbc $«4.1926 Jan. Febr. März April 27 NotenundSchuIden:(in Millionen Mark) Banknotenumlaus.. 3 735 3 410 3 465 3 589 3 676 Giroeinlag. d.Kundsch. 648 676 639 616 582 Kredit« an die Wirtschaft: Lombardkredite ... 84 82 165 81 67 Weckselkredite... 1829 1 415 1 644 1 963 2 068 Notendeckung: durch Gold.... 1 831 l 835 1 684 1 852 1 850 durck Devisen... 519 421 204 203 171 DeckungSverhältni«: Gold und Devise« zus. 62.3°/, 66,2°/, 68.8»/, 67.6°/, 56,0»/,
Verhältnismäßig gering war die Zunahme der Lombard- darlehen, die um 60,5 aus 66,6 Millionen anwuchsen. Sie ist die geringste, die in den Schlußwochen der letzten Monate zu oerzeichnen war. Verhällnismäßig groß war der Abruf von Kundengeldern auf Girokonto, die um 209,9 Millionen ans 581,5 Millionen zurück- gingen. Im Zusammenhang mit diesen Veränderungen st i e g der Zahlungsmittelumlauf erheblich. An Reichsbanknoten und Rentenbankscheinen zusammen flössen 629,5 Millionen neu in den Verkehr ab. Der Umlauf an Reichsbanknoten erhöhte sich um 529,5 auf 3676,2 Millionen(die Dezemberziffer wird also nicht ganz erreicht), während der Umlauf an Rentenbankscheinen um 100,0 auf 1060,2 Millionen anstieg. Die Bestände an Gold und deckungsfähigen Devisen blieben mit insgesamt 2020,8 Millionen(Zunahme 1.4 Millionen) fast unverändert. Die kleine Zunahme entfällt fast ganz auf die deckungsfähigen Devisen, die mit 170,6 Millionen ihren niedrigen Stand beibehielten. Bei der Deckung der Noten durch Gold und Devisen zusammen, die gegen die Vorwoche von 64,2 auf 55,0 Proz. zurückging, ist be- achtlich, daß das Deckungsverhältnis Ende April un- günstiger ist als Ende Dezember vorigen Jahres, obwohl damals der Notenumlauf größer war. Unsere Tabelle zeigt, daß das in der Hauptsache mit der Verringerung der deckungsfähigen Devisen zusammenhängt, die gegenüber Ende Dezember auf ein knappes Drittel zurückgegangen sind.
Der Güterverkehr üer Reichsbahn. Die Ziffern über die Wagengestellung der Reichsbahn lassen erkennen, daß der Monat April in die oufwärtszeigende Kurve des Güterverkehrs einige Schwankungen gebracht Hot. In der Woche zum 23. April ist die Zahl der täglich gestellten Wagen wieder von 146 100 auf 144 400 zurückgegangen, nachdem schon die früheren Wochen die Kurve etwas nach abwärts gerichtet hatten. Tabellarische Uebersicht seit Februar.(In 1000 Stück) Woche wöchentlich p�VdSg 1927 1926 1927 1926 30. 1.— 5. 2. 795,8 668,4 132,6 111,4 6. 2.— 12. 2. 802,9 669,8 133,8 111,6 18. 2.— 19. 2. 815,0 672,1 135,8 112,0 20. 2.-26. 2. 825,0 683,4 137,5 113,9 27. 2— 5. 3. 835,0 685,7 130,2 114,3 6. 3.-12. 3. 867,1 689,9 144,5 115,0 13. 3.-19. 3. 868,7 702,9 144,8 117,1 30. 3.-26. 3. 874,7 719,0 145,8 119,8 27. 3.— 2. 4. 873,0 594,0 145,5 118,8 3. 4.— 9. 4. 868,2 594,5 143,0 118,9 10. 4.-16. 4. 725,6 734.2 145,1 122,4 17. 4.-23. 4. 722,0 728,2 144,4 121,4 Vergleicht man die diesjährige Entwicklung des Güterverkehrs mit dem Vorjahre, so zeigt sich, daß trotz der um rund 23 000 täglich mehr gestellten Wagen die Zunahme der Wagengestellung feit Februar nicht sehr viel größer ist als in dem Krisen- srühjahr 192 6. Während von Anfang Februar bis in die dritte Woche des April im vorigen Jahre die tägliche Wagen- gestellung uni rund 10000 zunahm, beträgt die Verbesserung im Jahre 1927 11800 Wagen, Sofern die Kurve des Güterverkehrs für das Ausmaß der Konjunkturbesserung ein Anhaltspunkt ist, zeigt der Vergleich, daß die diesjährige Besserung zum mindesten nicht sehr auffallend über die soifonmäßige Verbesserung der Wirtschaftslage hinausgeht. Allerdings muh man berück-' sichtigen, daß in den Ausgangzzifsern der Tabelle für 1927 noch stark« Nachwirkungen der englischen Sonderkonjunktur stecken. Die Besserung des Arbeitsmarkts stark verlangsamt. Di« Besserung der Arbeitsmarktlage setzte sich auch Ende April— Anfang M a i noch den Berichten der Landesarbetts- ämter weiter fort, doch hat sich ihr Tempo stark verlangsamt. Nur der Freistaat Sachsen kann ein« wesentliche Besserung in der letzten Woche melden. Soweit in den einzelnen Bezirken eine Besserung eintrat, wird diese in d«r Haupssache auf Saison- «inslüsse zurückgeführt. Hochwasser und starke Regenfälle ver- hinderten ziemlich stark die Arbeitsaufnahme in den Außenberufen. Aus den Industriegebieten konnten zahlreiche Kräfte in die Be- darfsbezirke übergeführt werden. Sollen auch die kohlenpreise erhöht werden? Die Oeffentlich- keit hat allen Anlaß auf Aeußerungen der führenden Männer der Vereinigten Stahlwerke A.-G. zu achten. Waren sie doch d!« Treiber in der Frage der Eisenpreiserhöhung, die nur unter dem Druck der Oefsentlichkett. nicht nach dem Willen des Stahltrustes ?clöst wurde. Herr Generaldirektor Dr. Fährenhorst at auf der Generalversammlung der Phönix A.-G. für Bergbau und Hüttenbctrieb in Düsseldorf gesagt, daß vor allem die Kohlenpreise nicht mehr als ausreichend zu betrachten feien. Er weift auf die jüngste Lohnerhöhung hin, die angesichts der europäischen Kohlenlager in einem ungünstigen Augenblick erfolgt sei und die Wettbewerbsfähigkeit des Kohlenberg- baues erheblich zu beeinflussen drohe. Nach der Mentalität der Stahltrustleute ist das ein kaum verklausulierter Wunsch nach einer Kohlenpreiserhöhuna. Die Tatsache dieses Wunsches fei ver- merkt, damit die Oeffentlichkeit die Augen offen hält. Die Arbeitsteilung in der Kohlenveredelung der Ruhrzeichen. Ueber die kürzlich gemeldete Gründung der Aktiengesellschaft für Kohleveredelung und Kohleverflüssigung(Kapital 5 Millionen) fmd jetzt näher« Umstände bekannt. Die neue Gesellschaft ist als Parallelgesellschaft der Kohleoerwertungs A.-G. i n E s s e n anzusehen, die sich mit der neuen Gesellschaft in die verschiedenen Gebiete der Kohleveredelung teilt. Die Kohleoerwertungs- Aktiengesellschaft, die früher auch die Kohleverflüssigung betreiben sollte, wird jetzt für die Pläne der G a s s e r n- Versorgung der Ruhr reserviert. Das geschieht, nach- dem die Ferngasplöne der Ruhr undurchführbar geworden sind und man in der Zukunft nur noch etwas durch die B e t e i l i- gung der Städte an der Kohleverwertungs-A.-T. zu retten hofft. Sollte es zu einer solchen Beteiligung kommen, dann mutz natürlich die Kohleverflüssigung aus der Kohleoerwertungs- Aktiengesellschaft herausgenommen werden. Deshalb die neue Gründung. Daß man von den Ferngasplänen zunächst aber nichts mehr erhofft, wird durch den Uebertritt des General- d i r e k t o r s Dr. Pott in die neue Aktiengesellschaft für Kohle- Veredelung bestätigt. Es ist also so gekommen, wie wir es vor- ausgesehen, und, was die Spezialisierung der Ruhrzechen auf die Kohleveredelung anbelangt, auch gewünscht haben. wie gefährlich die Roggenschulden werden können, zeigt eine Zwangsoersteigerung vor dem Amtsgericht Königswusterhaufen. Die Gemeinnützige Siedlungs- und Kriegerheim- statten A.-G. in Zeesen , Großbesten und Senzig hatte auf ihren Grundstücken unter anderem ein« Roggenfchuld von 20 000 Zentnern. die mit 240 000 M. angesetzt wurde. Diese Umrechnung entspricht einem Roggenpreis von 12 Mark je Zentner, während bekannllich die Ausleihung der Roggenhypotheken zu einer Zeit erfolgte, wo die Roggenpreise auf einem Drittel der heutigen Preise standen. Beim Zwangsverkauf wurde vom Reich und von Preußen das Höchstgebot mit 410 000 M. abgegeben, während die Grundstücke mit mehr als 1 Million Mark zur Grundoermögenssteuer eingeschätzt waren.