Nr. 518 ♦ 44. Jahrgang2. Heitage öes vorwärtsSonnabenö, 29. Gktober?927Mächte öer Metallwirtjchast>Der Kampf der Kontmente. Amerika herrscht nicht überall.Daß auf finanziellem Gebiete die Vereinigten Staaten als Haupt-gläubiger der Welt die Fuhrung an sich gerissen haben, sst allgemeinbekannt. Aber auch auf dem Gebiete der Erzeugung von Fertig-fabri taten und insbesondere der Rohstoffe jeder Art haben die Wer-einigten Staaten ebenfalls«ine überragend« Stellung eingenommen.Am deutlichsten kommt des wohl in der Verteilung derMetallerzgewinnung und der Hüttenerzeugungzum Ausdruck. Die Metallgesellfchaft tn Frankfurt a. M., der größtedeutsche Metallhandels- und Metallhüttenkonzern. berechnet alljährlichdie Erzeugung und den Verbrauch der fünf Hauptmetalle. Aus demkürzlich veröffentlichten Heft dieser Berechnungen ersieht man, wiesich die Metallrohstosfwirtschast seit dem Jahre 1913 in der Erzeugung,im Verbrauch und im Preise entwickelt hat.Die Delkkupferwirkschast unter amerikanischer Iühruag.Die Welthüttenerzeugung von Kupfer belief sich imJahre 1913 auf 1,019 Millionen Tonnen und im Jahre 1926 auf1,459 Millionen Tonnen, eine Steigerung von 55 Proz. Auf Europaentfielen im Jahre 1913 19 Proz. der Erzeugung, im Jahr« 1926 nur8,3 Proz. Amerika war an der Kupfererzeugung vor dem Kriegemit 69 Proz. beteiligt, 1928 dagegen mit 70,3 Proz. Der Weltverbrauch verteilte sich im Jahre 1913 aus Europa mit 61 Proz.und für Amerika mit 33 Proz� im Jahre 1926 auf Europa mit nur42,3 Proz. und Amerika mit 56 Proz Amerika ist nicht nur alsKupfcrgewinner, sondern auch als Verbraucher führend.Nun muß man allerdings in Betracht ziehen, daß die Entwicklungder amerikanischen Kupferhüttemndustrie aufgebaut war aus einerGlanzkon jullktur. wie sie die Vereinigten Staaten noch meaejehen hat. Man ist sich darüber klar, daß diese Konjunktur keinDauerzustand wird. Man weiß auch, daß die Steigerung des omeri-konischen Metallverbrauchs in der Hauptsache ein« Folge der zer-rütteten«urvväischen Mrtschaftsverhältnisse war, entstanden durchden Krieg und die Nachkriegszeit. Nicht nur Deutschland, der mili-tärische Verlierer des Weltkrieges, sondern auch Frankreich, Englandund die neutralen Staaten sind empfindlich zurückgeworfen. Wenndie amerikanisch« Kupsergewinnung seit dem Jahre 1913 atso umLZ Proz gesteigert worden ist und der Verbrauch sich etwa um53 bis 54 Proz in derselben Zeit erhöht hat. so wußte man dochganz gut, daß eines Tages die Erzeugung um vieles größer[einwird als der Verbrauch.Man zog es daher vor, schon vor Eintritt dieses Zeitpunktes dieKupferwirtschaft zu regeln, d. h. Vereinbarungen zutreffen über Preise, Absatz und Erzeugung. Diese Absichten jährtenzu der Bildung der Copper Exporters Jncorporate, der Kupfer-Export-Vereinigung. Da die amerikanische Gesetzgebungim Inland Preisabreden und die Bildung von Monopolen ganzstreng verbietet, sah man sich gezwungen, ein Export kartell zugründen. Hauptsächlich lag den Amerikanern aber daran, die e u r o-päische Konkurrenz auszuschalten. Hier war es in ersterliinie die Brüsseler Union Miniere du Haut Katango, die ihre Erzein Belgisch-Kongo in Afrika gewinnt. Durch reichhaltig« Läger undüberaus bissige"Arbeitskräfte' kann diese Gesellschaft billiger prvdu-zieren als die Amerikaner. Es gelang im Oktober des vergangenenJahres, 92 Proz der gesamten Kupfererzen ger der Welt einschließlichder Vereinigten Minen-Gesellschost von Haiti Katanga zusamib anzuschließen. Noch dem Programm der Kupfer-Export-Vereinigungsollte der Kupferpreis stabilisiert, die Spekulation ausgeschaltet werdenund der Abiatz verteilt werden. Von einer Kontrolle der Erzeugungist nicht die Rede, da eine solche nach den amerikanischen Gesetzen verboten war. Auch durste sich die Preiskontrolle nur auf alle Ländermit Ausnahm« der Veremigtsn Staaten erstrecken.Blei und Zink.— Die Rolle Harrimons.Die Dlet- und Z i n k g e w i nnu n g verteilte sich bisherfolgendermaßen: Amerika hatte im Jahre 1913 46 Proz der Blei-«rzeuguna und 31 Proz der Zinkerzeugung der Welt. Im Jahr« 1926ist die Beteiligung an der Erzeugung dieser beiden Metalle fürAmerika auf 61 Proz bzw. 49,5 Proz gestiegen. Auf Europa entfielen 1913 bei Blei 48 Proz und bei Zink 68 Proz Im Jahre 1926bei Blei nur 24 Proz und bei Zink nur 44,7 Proz Die prozentualeVerteilung des Weltverbrauchs von Blei und Zink log imJahre 1913 bei Blei mit 36 Proz. bei Zink mit 28 Proz und imJahre 1926 bei Blei mit 47 Proz und bei Zink mit 41,6 Proz beiAmerika Europa hat sich am Blei- und Zinkweltverbrauch vordem Kriege mit 24 Proz bzw. 70 Proz beteiligt. Im Jahre 1926dagegen entfallen vom Bleiverbauch auf Europa nur 46,5 Proz undvom Zinkverbrauch nur 52,5 Proz. Die großen Berfchiebungen zu-gunsten Amerikas liegen auf der Hand..Doch tonn von einem Ilebergewicht wie beim Kupfernicht die Rede fein. Bei Zink holten sich sogar die beiden Erdteile sowohl in der Erzeugung als auch im Verbrauch ziemlich dieWage. Der Zustand der Ue b e r e rz e u g u n g ist in der Blei-Produktion bereits feit dem Jahre 1925 akut, während er bei Zinkzum erst«, Male im vergangenen Jahre beobachtet worden ist. 1926belief sich die Weltzinkerzeugung auf ungefähr 1,235 MillionenTonnen, wahrend der WÄtzinkverbrauch 1,231 Millionen Tonnenbetragen hat. Die Amerikaner versuchten mit allen Mitteln das Zu-stondelommen eines Zinkweltkartells zu fördern. Siehaben dazu auch genügend Veranlassung, da ihnen die europäischenZinterzeuger am Weltmarkt eine sehr scharfe Konkurrenz machen.Außerdem ist der Verbrauch in den Vereinigten Staaten feit Mittedes Jahres 1926 ununterbrochen zurück gegangen. Um«inen Ein-ftuß auch in der europäischen Zinkgewinnung zu haben, hat sich derFinanzierHarriman.der Leiter der führenden Kupfer- undZinkkonzerne Ameritas, an belgischen, polnischen und westdeutschenZinkhütten beteiligt.In Amerika haben sich vor etwa vier Monaten die führendenZinkhütten konzerne m der Zink-Export-Vereinigung zu-stmmengefchlossen. In Europa dagegen ist infolge des englischenWiderstandes bisher der Zusammenschluß nicht erfolgt, doch kann manannehmen, daß er infolge der ungünstigen Absatzverhältnisse für Zinknoch im Laufe dieses Jahres zustande kommt. In der Bleierzeugungbestehen weder über Preis noch über Erzeugung Vereinbarungen.Hier werden auch kaum Zusammenschlüsse erfolgen, da bei der bis-herigen Preislage noch genug verdient worden sst und die Engländer,die«inen großen Einfluß haben, kein Kartell wollen. Lediglich imspanischen Erzbergbau, wo man sehr teuer herstellt, habensich Schwierigkeiten ergeben.Englisch-holländische Ziaaherrschaft.DieVerteilungderZinnerzeugungist dagegen eineganz andere. Hier herrschtEngland, das in Gemeinschaft mitHolland den weitaus größten Teil der gesamten Welterzeugunglontrolliert. Haupssächlich wird in den britischen Kolonien Asiens,und zwar in den Malaienstaoten und in den Straits Zinnerz sehrbillig gefördert und Hüttenzinn hergestellt. In England selbst be-finden sich große Zinnhütten, auch wird in der Grafschaft Cornwallseit dein Jahre 1926 wieder Erz gefördert. Gesteigert wurde dieZinn-Hütten e r z e u gu ng seit dem Jahre 1913 nach dem Standevon 1926 mir um 19 Proz, während der Welt verbrauch sich etwaum 23 bis 24 Proz. vergrößert hat. Die englischen und holländischenProduktionsgesellschaften haben«s in der Hand, die Preise noch ihremDelieben ohne ein Kartell zu bestimmen. Zinn und Aluminium sinddie beiden einzigen Metall«, bei denen die europäische Machtgrößer ist als die amerikanische. Amerika ist zwar dadurch, daßes ungefähr 53 Proz der Zinnwelterzeugung aufnimmt, dergrößte Zinnverbraucher. Es ist aber abhängig von England, da eskeine eigene Zinnerzeugung besitzt.Das rücksichtslose Preisdittat der Engländer und derHolländer führte schon mehrfach zu Protesterklärungen und zur An-drohung von Gegemnaßregeln der Regierung der VereinigtenStaaten Besonders war es der Staatssekretär Hoover, derscharfe Gegemnaßregeln bei Fortsetzung des Zinnpreisdiktats ange-droht hat.» Deutschlands Zinnerzeugung sst unwesentlich. Es stellteim Jahre 1913 ungefähr sechs Zehntel seines eigenen Bedarfs, undim Jahre 1926 ein Viertel her. Allerdings stammt die Produktionnur aus dem reinen'Veredslungsverkehr, Zinnerze gibt es in Dcussch-land überhaupt nicht.,ZSc Zllumlnlwo Mrk DealschleraVIndevAluminiumerzeugung entfielen auf Suropa vordem Kriege 58 Proz und im Jahre 1926 knapp 54 Proz Amerikaist dagegen an der Welterzeugung des Jahres 1913 mit 42 Proz undim Jahre 1026 mit 46 Proz beteiligt gewesen. Vom Weltver-brauch entfiel vor d«m Kriege auf Europa 48 Proz und im Iah«1926 44 Proz Amerika verbrauchte dagegen im Jahre 1013 ungefähr52 Proz und im Jahre 1926 53 Proz Auch hier kann man voneinem amerikanischen Ilebergewicht wie bei Blei und Kupfer nichtreden. Nicht nur durch den Umfang der reinen Hüitenerzeugung,sondern auch durch die Sicherung der Rohstoffbasis sst EuropaAmerika überlegen. In den Vereinigten Staaten ist die Bauxit-gewinnung, die Rohstofferzeugung für die Herstellung vonAluminium, im Jahre 1926 gegenüber dem Jahre 1925 um ungefähr20 Proz zurückgegangen.Dit deutsche Aluminium erzeugunq, die an der Spitze dereuropäischen Produktion steht, hat sich ih« Rohstoffbasis durch dieBeteiligimg am Vauxittrust in Zürich gesichert. Dieser Bauxiitrustbesitzt reichhaltig« Läger in Rumämen, Ungarn. Jstrien und Dal-matien. Vor kurzem erwarb der amerikanisch« Aluminiumtonzerneine Beteiligung am Bauxittrust, um ebenfalls in den Genuß derLauxiilieferungen zu kommen und sich der europäischen Aluminium-Produktion zu nähern. Amerika besitzt aber noch eine Aluminium-«rzeugung in Norwegen, so daß es auch bisher in Europa schon nichtganz ohne Einfluß war. Di« führenden europäischen Aluminium-Produzent m» also'auch Deusschland, haben sich im vergangenen Jahreim Aluminiumsyndikat zusammengeschlossen. Dieses Kartellhat keinen Einfluß auf die Erzeugung es regell nur den Absatz unddie Preise. B— h.preis- und Kapitalpolitik im öergbau.Ein nicht M vergessendes Kapitel bei der Prüfungder Selbstkost eu.Die mittekdaufichen Braunkohlenwerte haben ihre Anträge aufKohienpmeerhöhimg vertagt. Sie taten das, weil der Reichswirts chaftsmimster eine vorherige Prüfung der Selbstkosten im ganzenBraunkohlenbevgba» verlangt«. Diese Prüfung wird jetzt vorge»nommen. Die Braunkohl«nherren fühlen sich dabei ziemlich sicher.Sie reden immer davon, daß ihre Bücher fiir jeden offen lägen, unddieser Meinung sst asfenbar auch der Generaldirektor P i a t f ch e ck,dtr auch im Reichst o�enrat eins große Rolle spiell. Er hat voreinigen Tagen in einer Berliner Zeitung für den milleldeusschenBraunkohlenbergbau«ine Bilanz gezogen und dabei nachzuweisenversucht, daß es ohne Preiserhöhung nicht geht. Insbesondere tater das, indem er auf die absolut zu niedrigen Ab-schreibungen hinwies, ine auf die Dauer ruinös wiirken könnenund die deshalb nur so niedrig vorgenommen würden, weil beihöheren Abschreibungen die Dividenden und damit die Kreditwürdig-kell des Braunkohlenbergbaues leiden würden.In der Tat erinnert Herr Piasscheck mit den von ihm gegebenenveigleichenden Dilanzzssfern der Bor- und Nachkriegszeit an einProblem, da» bei der Prüfung der Kostenentwicklung im Braun-kohlenbergbau bisher l-ider»I«l zu wen ig beachtet wurde.Es ist die« das Derhevms zwischen d«r«apitalpoittit. dieder Bergbau selbst detr'.sben hat und der Pretepollti t.die chm zu seinem Leidwesen zum großen Teil au» der Handgenom»«, ist. In den von Herrn Piasscheck gegebenen Ziffern überdie Entwicktuna dar Förderung aus der«inen Seit« und die Eni-Wicklung des Dividenden verlangenden Kapitals auf der anderenSeite»äfft et» auffallender Widerspruch. Während die Förderung1913 bis 1926 nur»on 30.7 auf 53,1 Millionen Tonnen gestiegensst, ist dos Dividenden verlangende Aktienkapital bei den 16 großen.von Piasscheck zugrunde gelegten Gefelsschasten von 127,7 auf276,3 Millionen Mark erhöht worden, also um erheblich mehr alsdas Doppeltt, während die Förderung nur um 75 Prozgestiegen ilt. Es ist eine berechtigte Forderung, daß die privateKapitalpolitik bei der Goldumftellung im Jahre 1924 das Dividendenverlangende Aktienkapital nicht höher hätte ansetzen sollen, als sich dieFörderung erweitert hat. Das tonnte um so eher geschehen, alsdie Braunkohlenwerke von vielen Dutzenden Millionen Obligationen-schulden durch die Jnflattou befreit worden waren. Es mußt«um so«her geschehen, als sich auch die Braunkohlenherren sagenmußten, daß sie sich erstens auch neues Betriebskapital beschaffen unddaß sie zweitens in dem mit Reparationen, Pensions- und Sozial-lasten notwendig viel stärker belasteten Nachkriegsdeutschland mit be-deutend oermehrten Steuerforderungen rechnen mußten. Endlichmußten sie wissen, daß auch die Kohlenkrise, das heißt, die Jim-stellung in der Wärmewirtschast nicht spurlos on ihnen vorüber-gehen konnte. Dessenungeachtet hat man eine Kapitalssierungs-Politik getrisben, die mit jeder Preispolitik in Widerspruchtreten mußte,«enn man im Verhältnis so wenig rationalisiert undkonzentriert wie dos tassächlich in Mitteldeutschland geschehen ist.Wir haben nun ausgerechnet, wie der mitteldeusschcBraunkohlenbergbau dastehen würde, wenn er nach den von Piasscheckgegebenen Ziffern sein Kapital nicht höher angefetzt haben würde,als es der sell 1913 gestiegenen Förderung entspricht. Dann wärenämlich das Wsienkopital nicht auf 275.» bzw. 276,3 Millionen inden Jobren 1925 und 1926 zu bemessen gewesen, sondern auf 217,9bzw. 220,8 Millionen Mark. Di» tassächlich in den Helden letztenJahren nach Piasscheck erzielte Durchschnittsdividende von 7 bzw.72 Proz muß man angesichts der schwierigen Wirsschaftsoer Hältnissein Deusschland als ausreichend annehmen.(Die tassächlich erzielten® e.« i n n«, die Beschaffungen über Betrieb«ingerechnet, liegenja ohnehin viel höher.) Nach diesen Dividend« nlsätzen hätte beieiner vernünftigen Fesssetzung des Kapitals noch den obigen Sätzenein« Jahresdioidende von 152 bzw. 15,9 Millionen ausgereicht, gegen-über den tatsächlich ausgeschütteten 20,5 bzw. 21,6 MillionenMark. Es hätten in den beiden Jahren 5.3 bzw. 5,7 Mil-lionen Mark von vornherein mehr für Abfchrei-b u n gen zur Verfügung gestanden. Rechnet man nundiese 5,3 bzw. 5,7 Millionen den tatsächlich durchgeführten Abschreibun-gen von 23,1 bzw. 26,7 Millionen hinzu, so wäre eine bedeutendhöhere Abschreibungsmöglichkeit herausgekommen, als die rund12,4 Proz.(aus dos Aktienkapital bezogen), die in dem Glanzjahr1913 tassächlich abgeschrieben und zur Abschreibung als ausreichendbetrachtet wurden. Ja, es hätten sogar 2,4 bzw. 5 Millionen Marknoch über die 12,4prozentige Abschreibung hinaus zur Verfügunggestanden, die entweder die Elendswirsschast der Löhne frühzeitigerhätten verhindern oder bei ihrer Ausschüttung den Kredit der Braun-kohlenwerte viel nachdrücklicher hätten heben können, als es heutejede Preiserhöhung bei ihren zweifelhaften Wirtungen für denAbsatz zu tun oermöchte.Das mindeste, das sich daraus ergibt, ist die eigeneVerantwortung der Braunkohlenwerte für die Schwierig-leiten, von denen sie heut« reden. Weder die Belegschaften noch dieBraunkohlen- und Britettverbraucher haben den mindesten Anlaß,für diese fehlerhafte Kapitalpolitik der Braunkohlenwerke, die einfachzum Risiko des Unternehmers s«hört, geradezustehen. Wenn esheute schwer sst. von den Braunktchlenwerken Abschreibungen ausihr Dividenden heischendes Kapital zu verlangen, so ist doch dieForderung unabweisbar, daß sie auf irgend-«ine Weise das Risiko ihrer falschen Kapitals-Politik selbst zu tragen haben. Mögen sie das durchVerbesserung oder durch schärfere Konzentrotion derErzeugung bzw. beides bewerkstelligen. Es besteht nicht einmal einAnlaß, bei grundsätzlicher Betrachtung der Dinge, schon dafür, dieWerkserlöse durch die Verringerung der Kohlenhandels-spanne zu steigern. Jedenfalls aber darf dos Kapitalristko, dasdie Braunkohlenwerk« verschuldet und zu tragen haben, weder aufdie Löhne noch die Press« abgewälzt werden.Tagung öes Normenausschusses.Rationalisierung im Jntercsie der Allgemeinheit?Der Deussche Normenausschuß, dessen Arbeiten in der gestrigenMorgennummer des„Vorwärts" eingehend gewürdigt wurden, hieltseine zehnte Generalversammlung im Marmorsaal des ZoologischenGartens ob. Besonders bemerkenswert war die Tatfache, daß dieNormenausschüsse von Dänemark, Frankreich, Holland. Italien,Norwegen, Oesterreich, Polen, Rußland, Schweden, Schweiz, Tschecho-slowakei und Ungarn vertreten waren.Der Präsident des Deutschen Normenausschusses, Dr. Neu-Haus,_ begrüßte die zalstreich Tersammolton, MinisterialratDr. Posse überbrachte die Glückwünsche des Reiches und derLänder. Er erllärte u. a., daß die Normung die„erste Etappe aufdem Wege zur Rationalisierung der deusschen Wirsschaft" fei. AlsVertreter der ausländischen Normenausschüsse sprach der SchweizerZoilinger, der insbesondere das Wesen der internationalenZusammenarbeit auf dem Gebiete der Ztormung kennzeichnete. DenHöhepunkt der Tagung bildete die Festrede, die ProfessorDr.vessauer über has wi rlschaftlich« und technisch«eOekouomiegejetz hiett. Pros. Dessauer gmg oon/deJO'G«-dontey aus, daß die Normung nicht dem einzelnen PrivStbgtriebe-oder Wirsschaftszweige.' sondern der Gesamtheit zugute kommen soll.Normung erziehe zur Gemeinschafisarbett und dazu, den eigenen"Vorteil im Ä ohlergeben der Gemeinschaft zu suchen. Im wosterenVerlauf seines Vortrages unterschied er sehr scharf zwsschen den Begriffen Technit�ttnd Wirts chast. Biete Borwürfe, die man.gegen die Technik erhebe, hätten mit der Technik gor nichts zü tun,sondern beträfen gesellschaftliche oder wirsschasttiche Mißstände. DasOetonomiegesetz der Technik könne man etwa so ab-:leiten: In einem dichtbevölkerten Lande mit beschränkten Natur-schätzen kann nur dann der Einzelne einen genügenden, zuseiner Wohlfahrt nötigen Anteil an den Gütern erholten, wenndie Produktionsverteilung dieser Güter ohne Verschwendung ge-schieht. Zu diesen Gütern aber gehLrt alles, was durch menschlicheArbeit geleistet wird. Jeder unnötige Derbrauch an Stoffen, Arbeits-zeit oder Arbeitskrast bedeutet eine Verminderung der�ur Verfügung stehenden Güter. Dieser national-ökonomische Gedanke sst die Triebfeder für alle diejenigen, die imöffentlichen Interesse Wirtschaftspolitik treiben. Der Redner kenn-zeichnete im weiteren Verlaufe seines Vortrages die Konflikte, diedurch das Gewinn streben der Betriebe mit dem reinenOekonomiegesetz der Technik entstehen können. Als Ergebnis dieserUntersuchung kam er zu dem Schluß, daß Normung kein wirt-schaftliches, sondern vielmehr ein technisches Oekonomie-gesetz sei. Man habe bisher das gegenwärtige Jahrhundert alsdas der Technik bezeichnet. Das aber sei ein Irrtum. Man müssees noch als das Jahrhundert der Wirtschaft.be-zeichnen. Erst an dem Tage werde das Jahrhundert der Technikanbrechen, an dem auch die Allgemeinheit dos Wesen der Technikerkannt habe. Bei allen Konflikten zwischen Wirtschaft und Technikwürde sich auf die Dauer boch die Ueberlegenheit destechnischen O« k on om i« g es e tz e s herausstellen, das mitdem öffentlichen Interesse, ja mit dem der Meisschheit/ am meistenübereinsttmme.Prof. Dessauer hat in seinem Referat den letzten Sinn derNormungsbestrebungen in geistreicher Wesse umschrieben. Normunghat, mit einfacheren Worten ausgedrückt, für die Allgemeinheit nurZweck, wenn sie von ollen Produzenten anerkannt wird ukid wennsie dazu.beiträgt, die Erzeugnisse so zu verbilligen, daß die großeMass« de» Volkes als Käufer der genormten Waren in Frage kam-men kann. Wären genormt« Erzeugnisse von vornhereinwesetttlich wohlfeiler als nichtgenormte, zeitigtendie Rationalisierungsbeftrebungen einen allgemein in die Augenspringenden Abbau der Preise, dann gäbe es keinen Ver-braucher, der sich nicht rückhalttos fiir die Normung einsetzte. Solange das Oekonomiegesetz der Wirtschast herrscht, werden wir einderartig klares, allen in die Augen springendes Ergebnis der Nor-mungsarbeiten wohl kaum erleben.Dr. Neuhaus wies in seinem Schlußwort aus den Zu-sammenhang zwsschen Qualitätsarbeit und Normung hin. Damithatte die Jahresverjaimnlung ihr Ende erreicht. In Verbindung mitdieser BeranstaUung wurden zahlreiche Erzeugnisse ausgestellt, beidenen die Normen zur Anwendung gelangt waren. Außerdem hatteder Deutsche NormenausjHuß eine Denkschrift herausgc-geben, in der die Gesäsichle der deusschen Normung eingehend behandelt wird. W. M.Sohlechemle-Aklilmgesellschaft in Essen. Unter diesem Namenwurde mit einem Kapital von vorläufig 560 600 M. von«inigen derÄ.-D. für Kohleverwertung angeschlossenen Zechen eine neue Ge-sellschaft für Nebenprodukte und Kohleveredlung ge>schaffen. Dt» neue Gesellschaft wird der A.-(J1 für Kohleverwertungin Essen, die bekanntlich ganz auf die Förderung der Gasfernversor-gung spezialisiert ist, nebengeschaltet. Das Kapital soll dann erhöhtwerden, wenn die Ausgaben und der Teilnehmerkreis der neuen Ge-sellschaft feststehen.