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DER SCHATZ DER SIERRA MADRE  

VON B. TRAVEN  

Nachdruck verboten Copyright 1928 by Büchergilde Gutenberg, Berlin  

Inhalt der bisher erschienenen Fortsetzungen des Goldgräberromans Der Schatz der Sierra Madre": In einer mexikanischen Stadt in der Nähe der Oelfelder sucht Dobbs vergeblich nach Arbeit Um sein Leben zu fristen, muß er wohl­habend aussehende Fremde um Gaben ansprechen. In einem Loglerhaus trifft Dobbs auf einen Schlafkameraden, der einen Weggenossen zu den Oelfeldern sucht. Dobbs erklärt sich be­reit, den Weg dahin mitzumachen. Die belden müssen über den Fluß, da sie aber kein Geld haben, um sich in einem Personenboof übersetzen zu lassen, warten sie stundenlang auf die Frachtfähre, die ste umsonst mitnimmt. An dieser Fähre wanderten Milliarden an Dollars vorüber. Nicht in Banknoten. nicht in geraünztem Golde, ja nicht einmal in Schecks. Diese Milliarden wanderten hier vorüber in kurzen Nottzen, die tene Leute, die meist, aber nicht immer in Spezialbooten außer Taxe fuhren, in ihren kleinen Taschenbüchern, manchmal nur auf einem Stückchen Papier  , trugen. Reichtümer und Werte in unserem Jahrhundert lassen sich in Noffzen ausdrücken und in Notizen herumtragen. Die beiden kommen in die Gegend der Raffinerien, die unausgesetzt Wolken von giftigem Rauch und Gas ausstoßen.

& Fortsegung. Aber die Altgewohnten nahmen es leicht. Solange diefes ftechende giflige Gas durch die Stadt schwelte, rann das Gold durch ble Gaffen, und das Leben sah rosig aus, von welcher Seite aus man es auch betrachtete.

Hier waren die Saloons, einer neben dem anderen. Alle lebten sie von den Seeleuten. Die besten Kunden waren die amerikanischen Seeleute. Denn die bekamen in ihrer Heimat weder Bier noch Wein noch Branntwein. Die holten hier alles nach, was sie daheim per­fäumten, und tranten soviel Borrat, daß sie es gut eine Welle. in ihrem trockenen, stumpfen Lande wieder aushalten konnten. Sie waren an hohe Preise für geschmuggelten Branntwein gewöhnt. Und hier, wo die Preise normal waren, erschien es thnen, als ob der Whisky und das Bier überhaupt nichts fofteten, als ob fie alles gefchenft erhielten. So wanderte ein Dollar nach dem anderen in Die Cantinas und in die Bars. Und wenige Häuser weiter waren die schönen Damen, die ihnen den Rest ihres Gelbes abnahmen. Aber die Seeleute fühlten sich nie überporteilt. Sie waren glücklich, und sie würden den, der ihnen durch Berbote und Geseze das Trinken und die schönen Damen genommen hätte, mit tausend Flüchen be­Taftet haben. Sie brauchten feinen Bormund. Und die Seemanns­miffion, die sich nur darum bekümmert, daß die Seeleute ein sauberes Bett bekommen und einen tredenen warmen Raum, wo sie 3eitungen lefen fönnen, wird von den Seeleuten am höchsten geachtet. Ber Sehnsucht hat, in die Kirche zu gehen, findet immer eine Kirche; man braucht fie dem Seemann nicht an den Mittagstisch oder in ben Schlaffeal gu tragen und das wenige on Religion, bas thm die Shule noch gelaffen hat, hler auch noch zu reretein Seeleute und Gefängnisgäste find die beiden Bolfstiaen, bie man als die wehr lofeste Beute ansieht, die man mit Religion bis zum Ueberbruß des Erbrechens vollpaden darf. Aber Ueberfütterung hat noch nie gut getan. Und weil sie nie gut fut und das Gegenteil erzeugt von dem, was beabsichtigt ist, wird dem Verbrecher und wird dem Seemann

murden sie unruhig, weil sie ja weiter wollten und für die Nacht ein Unterfommen haben mußten.

Wir tönnen auf zwei Wegen gehen," sagle Barber. Wir tönnen hier auf dem Hauptwege gehen, immer in der Nähe der Lagune bleibend. Aber ich bente, der Weg ist nicht gut. Der wird von allen abgelaufen. Da gibt es nichts in den Camps, die sind alle überlaufen von den Strolchen. Arbeit gibt es hier auch nicht, weil da genug Leute tommen."

Dann brauchten wir doch überhaupt gar nicht erst rüber, wenn bas aussichtslos ift," fagte Dobbs unwillig.

Aussichtslos? Das habe ich nicht gesagt," verteidigte sich Barber. Nur hier auf diesem Hauptverkehrswege da ist nicht viel los, weil zu viele da laufen. Ich denke, wir gehen besser auf dem inneren Wege. Da treffen wir mehr Felder, die ganz unbekannt finb, bie mehr abseits der großen Wege liegen. Da stoßen wir auch auf Camps, die gerade anfangen zu bauen. Da gibt es immer etwas zu tun. Wir gehen jetzt mal hier den Fluß rauf und gehen dann finis ab, und in einer halben Stunde find wir schon in Villa Cuauhtemoc."

Dann los, wenn Sie glauben, daß jener Weg beffer ist," sagte Dobbs.

Der ganze Weg war Del und nichts als Del Links auf den Höhen standen die Tants wie Soldaten aufmarschiert. Rechts war der Fluß. Bald hörten die Schiffe auf, und das Flußufer wurde frei. Aber das Waffer war dick mit Del überzogen, die Ufer waren dick mit Del bedeckt, und alle Gegenstände, die der Fluß oder die einkommende Flut auf das Ufer geworfen hatten, waren mit zähem schwarzen Del überzogen. Der Weg, auf dem die beiden gingen, war an vielen Stellen fumpfig von dickem Del, das aus geborstenen Röhren quoll oder aus der Erde siderte. Del und nichts als Del, wohin auch immer man sah. Selbst der Himmel war mit Del bedeckt. Dicke schwarze Wolfen, die von den Raffinerien herüber­wehten, trugen Delgafe mit sich davon.

Es tamen dann Anhöhen, die freundlicher aussahen. Dort waren die hölzernen Wohnhäuser der Ingenieure und der Bureau beamten. Sie wohnten hier schön und luftig, und was fie am Stadt. leben einbüßten, das mußten sie hier durch Grammophone und Radioapparate erfeßen. Denn abends aus der Stadt hierher zurück­zufommen, war ziemlich umständlich und auch nicht sicher. Es trieb sich genug Gesindel herum, das auf leichte Gelegenheiten martete und das Leben eines anderen nicht hoch einschätzte.

Billa   Cuauhtemoc ist die eigentliche alte Stadt, eine uralte Indianerstadt, die schon hier war, ehe die Spanier famen. Sie liegt gefünder als bie neue Stadt, und fie liegt am Ufer eines großen Sos, der Fische, Enten und Gänse in unübersehbarer Menge spendet. Das natürliche Trinkwasser in ber alten Stabt ist beffer als das in der neuen Stabt. Aber die neue Stadt mußte bie alte weit und hnell zu überholen. Denn die neue Stabi liegt bicht am Dgean und an einem Fluffe, auf dem die größten Dzeanriefen bis zum Haupt bahnhof fahren können und hier fo ficher gegen bie wildesten Ortane ruben, als ob fie in einer Badewanne lägen. Bon der alten Stadt wird in der neuen faum noch gesprochen. Tausende, Zehntausende von Bewohnern der neuen Stadt wissen gar nichts davon, daß auf der anderen Seite des Fluffes und eine halbe Stunde weiter ins Land hinein die eigentliche ursprüngliche Stadt liegt. Aber diese beiden Städte, Mutter und Tochter, entfernen fidh   immer mehr. Die neue Stadt, gerade hundert Jahre alt, die zweihunderttausend Einwohner hat, mit ständiger Wohnungsnot, liegt im Staate Tamaulipas  , während die alte, Stadt im Staate Bera Cruz liegt. Die alte Stabt wird immer bäuerlicher, die neue Stadt wird immer mehr und mehr Weltstadt, die ihren Namen in die fernsten Winkel der Erde sendet.

Kaum hatten die beiden Wanderer, die num sehr eilig waren, um voranzukommen, am Ende der Stadt, gegenüber der Lagune, den Höhenweg erreicht, als sie einen Indianer am Wege hoden jahen. Der Indianer hatte gute Hosen an, ein fauberes blaues Hemd, einen hohen Spigen Strohhut und Sandalen. Eine große Basttasche, gefüllt mit einigen Habfeligkeiten, lag vor ihm auf dem Boden.

Sie beachteten den Mann nicht und gingen rasch weiber. Nach einer Weile drehte sich Dobbs um und sagte: Sie, was will dem der Indianer, der kommt immer hinter uns her." Barber wandte sich um und sagte: Es scheint so. Jetzt bleibt er stehen und tut, als ob er etwas im Busch sucht."

S natalo

b auA.

... als sie einen Indianer am Wege hocken sahen...

Zu beiden Seiten war der dicke undurchdringliche Busch. Sie gingen weiter, aber als sie sich umdrehten, sahen sie, daß der Indianer ihnen folgte. Er schien sagar rascher zu gehen, um

näher heranzukommen.

Barber fragte: Hatte der Bursche einen Revolver?" Ich habe teinen gesehen," meinte Dobbs.

Ich auch nicht. Ich fragte Sie nur, um zu erfahren, ob Sie vielleicht etwas gesehen haben. Scheint also fein Bandit zu sein."

" So sicher ist das nicht," sagte Dobbs nach einer Weile, nachdem er fich wieder umgedreht hatte und den Indianer folgen fah. Er fann ja ein Spion der Banditen sein, der u:> im Auge zu behalten hat. Wenn wir dann Sager machen, überfällt er uns, oder seine Spießgefellen tommen."

heiten.

Unangenehm, erwiderte Barber. Am besten wäre es, marut wir umfehrten. Dan weiß nie, was diese Burschen im Sinne haben." as will man is benn nehmen?" Dobbs suchte nach Sicher. nehmen?" wiederholte Barber. Aber wir tragen doch fein Schild an uns, daß wir nur jeder etwa einen Beso haben. Und wenn wir ein solches Schild trügen, würden sie es nicht glauben, sondern uns erst recht überfallen, weil sie denken, wir haben eine Menge Geld. Zwei Belos sind für diese Leute überhaupt eine Masse Geld. Wir haben ja auch Schuhe, Hosen und jeder ein Hemd und einen Hut. Das alles find Wertsachen."

Sie gingen aber weiter. Immer, wenn sie sich umdrehten, sahen sie, daß der Indianer hinter ihnen war, jest faum noch fünfzehn Schritte entfernt. Wenn sie stehenblieben, blieb der Indianer auch stehen. Sie fingen an nervös zu werden. Der Schmeiß brach ihnen aus.

Dobbs atmete schmer. Endlich sagte er: Wenn ich jetzt einen Revolver hätte oder ein Gewehr, ich würde den Burschen ohne weiteres erschießen. Dann hätte man Ruhe. Das halte ich nicht mehr aus. Wie wäre es, Barber, wenn wir ihn fangen und irgend wo festbinden an einen Baum oder ihn eins über den Kopf hauen, daß er nicht mehr hinter uns herlaufen kann?" ( Fortfegung folgt.)

Wie ist es denn mit einem Mittagessen... immer noch mehr Religion aufgepadt. Der Berbrecher im Ge­fängnis und der Seemann an Land, nachdem er sein ganzes Geld ausgegeben hat, bilben die beste Betgemeinde. Sie würden beide eine fräftige Rinovorführung vorziehen, aber die fönnen sie nicht

umforst haben.

Barber sagte: Es ist gerade Mittag, wir fönnten eigentlich zu einem Tanter raufflettern. Bielleicht fällt ein Mittagessen ab." Das ist nicht so übel," erwiderte Dobbs. Bir tönnen mur wieder runtergepfeffert werden, das ist alles."

Sie sahen zwei Männer mit nadten Armen bei einem Frucht Händler stehen. Barber ging gleich brouflos und sagte: Bon

welchem seid ihr denn?"

Bon der Norman Bridge. Warum?" Habt ihr schon gegeffen?" fragte Barber. tein, wir find gerade auf dem Bege bagu."

Barber.

WAS DER TAG BRINGT.

Das Testament des Antisemiten.

In Budapest   ift foeben ein Prozeß zu Ende gegangen, der in seiner Art wohl einzig dasteht. Es ging um das Teftament des Universitätsprofeffors Barsonŋ, eines Raffenschüßlers".

Sein gesamtes Bermögen hatte er feiner fleinen Tochter ver­macht. Allein unter einer Bedingung: daß sie weder einen Juden noch einen anderen Mann heirate, in dessen Adern nur ein Tropfen jüdischen Blutes fließe. Handle sie diesem Wunsche zuwider, so falle das Bermögen der Universität zu.

Die Witwe des Professors focht das Testament an: Es ver­ftoße gegen die guten Sitten, erflärte sie, denn es hindere die Erbin an der freien Wahl eines Mannes. Zudem sei es auch unmöglich festzustellen, ob in den 2dern des einen oder anderen Menschen jüdisches Blut fließe oder nicht.

Das Gericht war vor eine äußerst schwere Aufgabe gestellt: Ist es möglich, mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden zwischen jüdischem und nichtjüdischem Blut zu unterscheiden? Der Anwalt der Ber­wandten des Professors erflärte, daß es wohl möglich sei und legte entsprechende Gutachten namhafter Gelehrter vor. Der Anwalt der Witwe legte feinerseits Gutachten vor, die das Gegenteil behaupten. Doch es tam zu feinem Urteil. Die Parteien einigten fich dahin, daß die Witwe einen Teil der Erbschaft der Universität zur Berfügung stellt; dieser verbleibt der Universität als eigen, falls

die Tochter einen Juden zum Mann wählt oder jemanden, der von Juden abstammt. Falls sie einen Nichtjuden heiratet, erhält sie auch diesen Teil der Erbschaft zurüd.

Es blieb bem Gericht in dem Rassenschüßlerstaat erspart, zu ie ist es denn mit einem Mittageffen für uns selbe?" fragte entfcheiben, ob so ein antisemitisches Testament den guten Sitten"

Rommt nur gleich mit rauf. Die find alle rübergegangen in bie Stadt. Maffe übrig."

Uls Dobbs und Barber eine Stunde später das Schiff verließen, Ponnten fie taum gehen, fo voll hatten fie fich gegeffen. Sie fezten fich an eine Mand, um erst eine Weile zu verbauen. Aber dann

des Landes entspricht.

Wem gehört das künstliche Gebiß eines Toten?

In einem Krantenhaus in Barschau starb ein Kleinhändler aus der Broving. Die beim Tode abwesende Ehefrau glaubte, daß das fünftliche Goldgebiß dem Toten doch nichts mehr müßen fönne, daß

fie es viel beffer in bares Gold umfezen fönne. Sie glaubte auch, baß ihre Notlage ihr ein Recht dazu gebe, dem Toten das Gebiß zu entfernen. Dabei wurde sie aber ertappt. Der Chefarzt war anderer Ansicht. Nach seiner Meinung hatte die Ehefrau auf das Gebiß des Toten teinen Anspruch. Die Händlersfrau wollte mit dem Erlös für das Gebiß die Beerdigungskosten für den Toten be­streiten Der Entscheidung des Gerichts sieht man mit Spannung entgegen. Als Erbin- fann der Ehefrau der Anspruch auf das Gebiß in Warschau   der Borfall sich nicht gerade im Krankenhaus ereignet austehen, aber auch die hygienische Frage wird zu prüfen fein. Wenn hätte, so wäre das Gebiß des Toten wahrscheinlich schon wieder in einem anderen zahnlosen Mund.

Ein Diebstahl durch die Schminke verraten.

Eine merkwürdige Diebstahlsangelegenheit spielte sich in einem Zuge der Lokalbahn in der Gegend von Kaaden   ab, wo zwei Mäd chen nach Karlsbad   fuhren. Während der Fahrt bemerkte das jüngere Mädchen, daß ihre Geldtasche mit 115 Kronen, ihrem ganzen Vermögen, gestohlen worden war. Ihre Freundin" erbot sich, das Geld zur Weiterveise vorzustrecken. Als sie die Brieftasche öffnete, erkannte die Bestohlene einen Hunderter als den ihren. Sie fagte dies auch und es gab eine aufregende Szene zwischen den Frauen. Die Bestohlene hatte aber stichhaltige Gründe. Sie hatte fich vor der Abfahrt geschminkt und der Hunderter war von der

Schminke beschmußt worden. Der Schein in der Tasche der Freun din" trug nun wirklich die Schininffleden und da man mit Polizei drohte, gestand die Freundin endlich den Diebstahl ein....

Der Grund, Bewerber: Ich verstehe nicht, warum Sle mir die Hand Threr Tochter verweigern?! Haben Sie etwa zweifel an der Ehrenhaftigkeit meines Charakters?"

Bater: Das ist es ja eben! Meinen Sie, ich habe Lust, mir für den Rest meines Lebens meinen Schwiegersohn als leuchtendes Borbild vorhalten zu lassen?