Berliner Z Musltrunöschau/ M Musik eine winterliche Kunst? Pünktlich, wie es im Ka- lender steht, tritt mit dem Frühjahr die graste Konzertebbe ein, und unser wöchentlicher Rückblick auf die wichtigsten Ereignisse des Musiklebens findet diese an Zahl und Gewicht in ständiger Abnahme. Doch besondere Anlässe zeitigen Ereignishastes; der Musiker, der Feste feiert, feiert seine Kunst.(Der Satz ist umkehrbar.) Giegfried-Ochs-Keier in der Hochschule. Siegsried Ochs, um es kurz zu sogen, hat seinen bleibenden Platz in der Geschichte des Berliner Musiklebens, dem er, nun bei- nahe ein halbes Jahrhundert, in führender Stellung und in wahr- Haft fruchtbarer Tätigkeit angehört; aber sein Verdienst um die Pflege der grasten Chormusik, sein organisatorisches und künstlerisches Wirken als Chorleiter und Chorerzieher, in diesen Blättern oft, nie zu oft gepriesen, ist unter uns als ein Stück heutigster Gegenwart lebendig, als immer neue Erfüllung— und, fügen wir hinzu, auch als Verheistung für kommende Jahre: die unzerstörbare Jugend dieses Siebzigjährigen läßt es uns hoffen, wie wir's ihm aufrichtig wünschen. Das kam gestern in den herzlichen Ansprachen zum Aus- druck, denen der Jubilar sich nun einmal nicht entziehen konnte, und die er— erst mit einer rednerischen Improvisation, unpathetisch und in bester Laune, doch dann. Höhepunkt des Abends, mit einem be- glückend-heiteren Beispiel seiner Lebensarbeit beantwortete: Vier Volkslieder, von ihm selbst, der nun den Taktstock ergriff, für ge- mischten Chor gesetzt. Der Hochschulchor, sein Chor, sang es, dost er es zweimal singen mußte. Vorher und nachher: unter Prü- w e r s Leitung zwei Bach-„Erstoufführungen"— nach zweihundert Iahren wieder: unvergängliche Gelegenheitskompositionen für fest- liche Stunden— ja, in dieser Gestalt Uraufführungen: erneuert zum Ruhm des schöpferischen Bach-Erneuerers Siegfried Ochs . Und auf die Gegenwart noch eines Künstlers, der zu unseren besten, feinsten Musikern zählt, sich zu besinnen, hatte, über Berlin hinaus, in diesen Tagen das Land der deutschen Musik guten Grund und schönen Anlaß: Max Schillings ist 60 Jahr« alt geworden. Der erste Opernintendant im republikanischen Berlin : er war für das heikle Amt berufen, Hülsens Erbschaft zu liquidieren, für die Auf- gäbe, aus der„Königlichen" Oper, aus dem Theater der Geschmack- verlasienheit von Gottes Gnaden, eine Staatsoper zu machen, und er hat das ihm anvertraute Kunstinstitut gelenkt und hindurch- geführt durch fünf Jahre der schwersten Erschütterungen, die je seinen Bestand bedroht haben. Auch das ist bleibendes Verdienst. Und unter den Werten, die der Komponist Schillings geschaffen, ist die Oper„Mona Lisa " ein« der wenigen des nachwagnerischen Zeitalters, die sich, theaterpraktisch gesprochen, dauernd im Repertoire geHallen haben, die, historisch gewertet, für unser« Zeit von reprä- sentatioer Bedeutung sind.„Mona Lisa " hat sich geHallen— auch im Spielplan der Berliner Staatsoper. Daran sich zu«rinnern, wäre jetzt sozusagen Gelegenheit gewesen. Im Trubel der Bor- freude, mit der die bevorstehende Wiedereröffnung des alten Opern» Hauses die Gemüter erfüllt, ist es wohl vergessen worden. Richard- Strauß - Woche. Das Festkonzert zur Feier des Zöjährigen Bestehens der Ge- Nossens cho-fk Deutscher Tonsetzer und zu Ehren des Kon» gresses der Autoren und Komponisten wird Anlast eines außerordentlichen gesellschaftlichen Ereignisses; doch auch eines künstlerischen. Die Staatskapelle in der Philharmonie; Richard
VlVvVGGflVV»V# Son Klaus pringsheim. Strauß ist gekommen, sie zu dirigieren: und Barbara Kemp singt (den Liebestod hinreihend). Strauß führt die Komponisten auf, die ihm die liebsten sind: Mozart , Wagner , Strauß. Zugleich übri- gens im Rahmen einer Strauß-Woche, die sich in den beiden Opern- Häusern abspielt; wir Hollen bei„Ariadne" in der Bismarck- straße. Seltsam: in der Titelrolle ein auswärtiger Gast; Bacchus ist, mit schönem Ton. Tino Pattiera (man Hot sich wohl erst in letzter Stunde für ihn entschieden): und Waldemar Henke, Tilly de Ganno — sind wir in der Staats- oder in der Stadtaper? Unklarheit der Per- sonalverhältnisf«, Lückenhaftigkeit des Ensembles macht Fortschritte. Wer gehört zum Haus? Hoffentlich Marie Rajdl, die ihm als Kom- ponist Ehre macht. Aber Richard Strauß , der Komponist am Pult — und, im Konzertsaal, alz Dirigent nicht nur eigener Werke, meisterlich-abgeklärt, dabei ungestüm-draufgängerisch wie je: ein« durchaus einmalige Erscheinung: einzigartig, nicht nur überragend. Wie er das Tristan-Vorspiel, als war's«in Stück von ihm, zum per- sönlichften Erlebnis gestaltet, das ist in solcher Kühnheit und Klar- heit zugleich ohne Beispiel. Daß er nur noch als Gast zu uns kommt, läßt jedes Gafffpiel uns von neuem bedauern. Weniger festlich geht es im 7. Symphonie-Konzert der Staatsoper her. Es wird gezischt, gepsisfen, auch ein bißchen gelacht. Kampfftimmung herrscht, oder der Kampf, der ohne große Leidenschast geführt wird, droht, in Ulk auszuarten. Was ist passiert? Velo Ba r l o t, der ungarische Komponist, hat sein neues Klavier- konzert— eine grandiose Pianistenleistung übrigens— zum erstenmal in Berlin gespielt. Der fanatische Ernst dieses Mannes, der der erste Musiker seines Landes ist, die Reinheit, Echtheit seines Wol- lens muß, so sollte man meinen, auch den Gegner seiner Richtung versöhnen. Aber er ist allzu sehr nur Dogmatiker des Umsturzes, Revolutionär aus Theorie,«in Neuerer ohne Schwung, mehr Wider- fpruch als Begeisterung weckend; ein solcher Künstler ist nichts für das Publikum, und das Publikum ist nicht für ihn. Aber die Szene, in der das deutlich wurde, war beider Teile unwürdig. Der Dirigent hatte nicht nötig, sie zu verlängern. Gewiß, er verdient unfern Dank, daß er das gewagte, schwierige Wert in sein Programm aufgenom- men; verdient ihn sicher auch für die Uraufführung dieser„Ersten Symphonie" des jungen Progers Erwin Schulhoff , die freilich nur symphonisch aufgemachte Uiterhaltungsmusik ist, immerhin Musik, die klingt, und Arbeit, die interessiert. SWeibers Verdienst wäre unzweifelhafter, wäre die Wiedergabe der Werke, die«r bringt, hesser vorbereitet. Dies« Konzerte der Staotskapell« sind längst nicht mehr was und wie sie waren. Man braucht, um das zu merken. kein Fachmonp zu fein. Aber vielleicht, hoffen wir's, sollen sie es Unter den Linden wieder werden. Kattowitz in Berlin . Und noch ein Festkonzert: nicht nur für die Mitwirkenden ist es eins geworden, für die Mitglieder des„M eisterschen Gesang- Vereins", die mit ihrem Chormeister Fritz L u b r i ch zu uns ge- kommen sind; die Philharmonie, dicht besetzt, bietet ein ungewohntes Bild, das offizielle Berlin , Reichs- und Staatsregierung, sind darin vertreten. Vor dieser Zuhörerschaft also zeugen die oberschlesischen Sänger und Sängerinnen davon, wie sie in ihrer polnisch geworde- nen Heimat von ihrem Deutschtum zeugen; sie sind national« Minder- heit in Kattowitz , es ist eine kulturelle Mission, die sie da erfüllen Aber vor allem, es ist hohe chorifch« Kultur in ihrem Singen; und darum ist es. ohne jede Art mildernder Umstände, eine Freude, sie zu hören. Obgleich es fast nur Trauriges, Tlef-Ernstes. Düsteres ist, was sie singen: wir fürchten» dost das kein Zufall ist.
Der Lachmann. Baron v. Hünefeld— jüdischer Abtönst! Unvergeßlich das Gesicht, wie es uns aus jeder Zeitung an- lacht Das eingewachsene Monokel. Die scharfe Rase und die etwas abstehenden Ohren. Allem aber das Gepräge gebend der zu breitein Lachen verzogene Mund mll den entblößten Schneide- zahnen, diese in Heiterkeit erstarrte Aristokraten maske. Auf jedem Bild lacht er so. Don Baldonel bis Greenly Island. In der Fad- hell des Lachens fast an den Kronprinzen gemahnend. Kann es «in besseres Geficht für Deutfchnationalc, für Schwarzweißratc, für bakentreuzlerifche Propaganda geben, als diesen schneidig-aristo- kratischen„Lachmann"? Generalssohn, Baron— ein Glanzstück für arische Rassencheoretiker. Al>er— o Schrecken— es entpuppt sich was. Der Aristokrat i st nicht nur ein Fachmann",— er heißt(beinah) auch Lach- mann! Wenigstens zu fünfzig Prozent. Mit grausamer Sachlich- keil stellt das„B. T." fest: „Frau Baronin von Hünefeld, die Mutter des Ozeanfliegers. war die Tochter des Kaufmanns Markus Lach- mann in Eijenach, der seinerseits der«ohn Abraham Lach- manns in Groudenz war. Roch dem frühen Tod« ihres Daters nahm ihr Onkel, der Geheime Kommerzienrat Solomon Lach- mann(Großvater des Herrn Hans Lachmann -Mvsse. des Der- legers des„Berliner Tageblatts") sie in fein Haus, wo er sie mit seinen Kindern zusammen erziehen ließ." Der Propagandaheld der Nationalisten ein Halbjude, seine Mutter in der Atmosphäre eines„jüdischen Asphallblattes" heran- gewachsen! Man begreift nun vieles: die manieriert« Schwarzweißrot- Betonung des Fluges, die Demonstration über Doorn. Unwillkürlich denkt man zurück an die Tat eines anderen aristo- kratischen Halbjuden, den die nationalistische Presse auch jahrelang als.Helden vevgötterte, den Grafen Arcv-Dalley, Mörder Kurt Eisners und Sohn der geborenen v. Oppenheim ! So unähnlich und(in moralischer Wertung) unvergleichbar die Taten Arcos und Hünefelds sind, ihr Ursprung wurzelt im gleichen Boden: im heimlichen Minderwertigkeitsgefühl dessen, der vor seinen Standesgenvssen einen Ursprung geheimhalten muß, der ihm gesellschaftliche Mißachtung und Ausstoßung einzutragen droht. Daraus enffprtngt der„überwertige" Drang, durch eine „Tat", durch eine unerhörte Bravourleistung die eigene Ebenbürtig- kcit, sogar Ueberlegenheit über die spöttelnden Standesgenossen zu beweisen. Arco ging hin und erschoß Eisner, um fein eigenes Holbjudentum zu widerlegen. Hünefeld hat— das muß offen an- erkannt werden— einen weit ehrenhafteren Weg gewählt, der kein fremdes Dasein antastete. Aber vielleicht stimmt doch der Gedanke manchen Rassentheoretiker nachdenklich, daß das„große nationale Heldenstück" nicht in dem Aristokraten Hünefelh, sondern in dem Geltungsbedürfnis des In ihm verkapselten Juden Lach- mann seine psychologische Wurzel hat!
Vottsbühnentag in Potsdam . Die diesjährige Lezirkstagung der brandenburgifch-pommerfchen Volksbühnenvereine fand am Sonntag in Potsdam statt. Die Tagung war von etwa 71) Delegierten aus 30 Gemeinden beschickt. Der Der- Handlungsleiter Fritz Balls chmiede-Potsdam eröffnete die Tagung mit dem Hinweis auf die beffpiellos schnelle Aufwärtsentwicklung des Verbandes der Deutschen Dolksbühnenvereine. Roch vor wenigen Jahren reichte ein gleich großer Versammlungsraum in Potsdam aus, um die Vertreter aller deutschen Bolksbühnenvereine auf- zunehmen. Der Mogistrat Berlin bekundete sein Interesse an den Verhandlungen durch die Teilnahme des Stadtverordneten Fla- t a u, Mitglied der städtischen Kunstdeputation. Den organssatorsschen Verhandlungen war ein vortrog von all- gemein-kulturellem Inhalt vorangestellt. E» wurde das Verhältnis der neuen Dramatik zum klassischen Geist zur Erörterung gestellt. Die Bezirksleitung hatte hiermit ein durchaus aktuelles Thema ge- wählt. Das Referat erstattete der Geschäftsführer des Schutzver- bandes Deutscher Schriftsteller Dr. Max Freyhan. Aus dem anschließenden Geschäftsbericht ergab sich eine weiter« starke Aufwärtsbewegung, vor allem in der Provinz Brandenburg , aber auch in Pommern . Im Berichtsjahr wurde der Derband Teil- Haber an den Bühnen in Brandenburg a. d. H. und Guben . Die organisatorischen Erfolge in den tcheaterlosen Städten der Provinzen sind nicht zuletzt auf die starken künstlersschen Erfolge und den lebendigen Spielplan des Ostdeutschen Landestheaters, der Wanderbühne des Volksbühnenverbandes für diese Bezirke, zu- rückzusühren. Die Tätigkell des Unternehmens findet allgemein An- erkemmng. ebenso auch die finanzielle Unterstützung der Prooinzver- walwng Brandenburg sowie vieler Stadtverwallungen. Der in der Tagung zum Ausdruck gebrachte Protest der pommerfchen Dolks- bühncnvertreter gegen die von der Provinz Pommern neuerdings leider geübte Hintanstellung wichtiger kultureller Verpflichtungen. wie sie die ausreichend« Unterstützung gemeinnütziger Wonderbühnen darstellt, erschien durchaus notwendig und berechtigt. Den Beschluß der anregenden Tagung machte die Beratung des Spielplans des Ostdeutschen Landestheaters für den Winter 1928/29 aus. an der sich auch Vertreter einiger Berliner Außenbezirtsämter beteiligten.
Ltm die sächsischen Metallschiedssprüche. Sie gestern im Reichsarbeitsmlnistertum aufgenommenen Hoch- Verhandlungen über die Schiedssprüche, die zur veilezung des tohnkampfes in der sächsischen NketaMudnfirie ge- fäll« und von beiden Parteien abgelehnt wurden. wei-den heule sortgeseht. Die Heuligen Verhandlungen haben um ll Uhr begonnen und werden sich bis in die Nachmlttagsstunden, wenn nicht gor bis in die Abend- oder Nochfftundeu hinziehen.
Vandalismus von Trunkenbolden. Wirtin und Säsie mit einer Eisenstange schwer verletzt. Ein wüster Austritt, der sich gestern abend in der S e e st r a ß e abfpiell«, beschäftigt die Kriminalpolizei. Bor einem Lokal dort kamen oier Männer mit einer Autodroschte vor- gefahren. Zlnscheinend betrunken, brachen sie bald einen Streit vom Zaun und griffen die Wirtin und Gäste, die ihr zu Hilfe kamen, tättich an. Durch Schläge mit einer Eisen stanze erlitt»n die Wirtin und ein Gast erhebliche Kopsverlet- z u n g« n.«in anderer Galt Verletzungen am Kopf und an den Händen. Die Raufbolde schlugen dann im Schonkroum olles kurz und klein, zertrümmerten auch'die Fensterscheiben, er- griffen die Flucht und entkamen. Als das herbeigerufene lieber- fallkominando erschien, waren sie berells spurlos verschwunden. Die Kriminalpolizei des 130. Reviers forscht noch den Uebellätern, von denen man«inen erkannt zu haben glaubt. Die Erkennungsnummer des Auto» ist festgestellt
„Kaialaunische Gchlachi!" Das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt kommt mit der Auf- fiihrung von Bronnens dreiaktigem Schauspiel.Latalaunische Schlacht der Staatstheaterpslicht nach, das dramatische Schaffen der Zellen in Beispielen zu zeigen. Es sagt damit über den Wert eines Dramas nichts aus. Es sammelt wie ein Museum Zeitdokumente. Der erste Akt läßt aushorchen. Unterstand. Einige Soldaten sind tot, andere betäubt. Alle zermürbt. Hemmungen treten nicht mehr auf. Es gill nur noch der tierische Trieb. Frauenunterstand, Hiddi mit Namen. Brutalität. Gier. Der Hauptmann schickt den eigenen
fllüthel, Franck, Bard. Bruder in den sicheren Tod,, um dessen Liebchen zu gewinnen. Zweiter Akt. Der Hauptmann. Schuft, zum Hochstapler heran- gereist, stirbt an Hiddis Haß. Dritter Akt. Ueberseedampfer. Die Sucht nach Hiddi spukt den letzten drei Ueb erlebenden immer noch unentrinnbar in den Leibern. Hiddi selbst packt teils der Ekel, teils die Geilheit. Sehnsucht nach Sinnenfreude. Das Grammophon schnarrt los. O Schreck, o Graus, es ist dasselbe, das schon im Unterstand gespielt hat. Aus dem Trichter quetscht sich die Stimme des verratenen ersten Geliebten. Dos findet sie nun doch zu stark und nimmt Gift. Endlich rechnet ein deutscher Dichter mit dem Krieg und seiner Siimlosigkell ab— denkt man im Beginn des Schauspiels. In den erjlen Szenen rückt auch wirklich dos Grauen des Krieges in be- ängstigende Nähe. Im weiteren Verlauf der Aufführung merkt man aber, daß die Handlung ebensogut in einer Kaschemme, in einer Tonzbar oder sonstwo spielen könnte. Der Krieg ist nichts weiter als szenisches Beiwerk. Im Mittelpunkt steht einzig und allein der ungezügelte Geschlechtstrieb. Schon vor Jahrzehnten ist Wedekind für freiere Auffassung sexueller Probleme aufgetreten. Die jungen Dramatiker brannten von Ehrgeiz, das ihrige zur Frage veizu- tragen. Was sie schufen, war Ekstase, Krampf, dürsttat Entladung
dumpfer Gesühlskomplexe. Damals— es ist erst vier Jahr« her— konnte man die„Katalaunische Schlacht" als Versuch ernst nehmen. Aber heute sind wir weiter, heute verlangen wir mehr als stammelnde Bersuche. Gestallet müssen ekstatische Dramen sein. Bronnen reitet asthmatisch auf künstlich aufgeplusterten Affekten herum. E i n Stück hat er geschrieben,„Die Exzesse", in dem er die Nöte der Jugend mit Schwung, Schmiß, Tempo, ja Genie formt.„Die Katalaunische Schlacht" wird er nie gewinnen. Das Drama war schon tot, ehe es in Frankfurt am Main vor vier Iahren auf die Bretter kam. Der Regisseur Heinz Hilpert wt dos einzig Richtige, er streicht, streicht, streicht, ohne Furcht, die Klarhell des Stückes zu be- einträchttgen. Er hat recht. Ohne Striche würde es noch pro- blematischer wirken. Die eigens für den Abend komponierte Musik von Kurt W eill, melodiös, zuweilen feierlich und dochNiggersang, bietet den reinsten Genuß der Aufführung. Leider wirkt sie hier als Belastung. Sie macht den ermüdenden Abend noch länger. Di« sechs Schauspielerleistungen sind durch die Bank erstklassig. Wem soll man die Palme reichen, Lothar M ll t h e l, Walter Franck , Fritz Volk oder Maria Bard ? Ernst Degncr.
„Titanic." (Titania-palast) Die ersten Bilder packen und interessieren sogleich: aus einer Ziegelschute fährt der junge John Breen den Hudson hinab und schaut da» Wunder New Vork mit seinen Gigontenhäusern, der Brootlynvrücke und dem rasenden Leben.„Die Stadt der Träume" nennt es der Untertitel. Die Sehnsucht des Jungen, an dem Leben der Stadt teilzunehmen, findet Erfüllung. Die Schute wird von einem Dampfer in den Grund gebohrt, der Junge aber rettet sich und erlebt nun New Jork, zunächst im Iudenviertel, wo er Unter- krnrst bei einem Kleiderjuden findet, dessen Tochter Leo sich in ihn verliebt. Leider ist der weitere Verlaus der Handlung der übliche: John wird Boxer, findet einen wirklichen, reichen Dater(ohne es zu wissen), wird unter seiner Leitung Architekt: er wird, nachdem er den Weg zu seiner ersten' Liebe zurückgefunden, feinen Traum verwirklichen und an dieser Stadt mitbauen! Dazwischen grbts noch Raufereien und Boxkämps«, ein« Katastrophe in einem Untergrund- bau und vor allem einen(uralten) Schiffsuntergang. Die Regie Allan D w a n s macht vieles wieder gut und tut der Schaulust Ge- nüge. George o'B r i e n und Virginia V a l l i sind das Liebes- paar, beide in ihre Art vorzüglich. Auch sonst ist die Besetzung lobenswert. Voran ging ein erfttlassiger Ratursilm:„Im Reich« des Königs Elch", der aus dem unerschöpflichen Born Kanadischen Urwald«? seine landschaftlichen und Tiermotive entnimmt. v.
Die Volksbühne bringt Ansang Juni Offenbach «..Orbbeusi» der Unterwelt" in neuer Bearbeitung von Günther Bibo, Regie: Fritz Holl . Line Schauspieler- Itacklvoriielliing de« Moskauer jüdischen Theater« 200000* im Tdcater de« Westen« findet Freitag, 27. d.M.. zugunsten der WohlfahrtZtassen der Bühnengenoffenschast statt.— Staxitn gegen lluS- mo» itt Bureau deS Betzirttverbaude»«athtzr. U.