„Sieht so ein Räuber ans?" Oer sonderbare Raubübersall in der Lindenstraße.
Am 17. Dezember v. 3. befand sich die Lindenstriche im Südwesten Verlins in Heller Ausregung. Rufe wie„hallet sie!",„Räuber!", hallie es durch die Strohe. Gegen 14 Uhr traten in das Iuwelenge schüft Pilz, Linden st raße 1l>S, zwei Männer, stellten sich als Kriminal» beamt« vor, erklärten, daß im Laden gestohlen« Schtrautsachen verkauft worden wären und wünschten, die junge Verkäuferin zu sprechen, um ihr die mitgebrachten gestohlenen Schmuttgegenständ« zu zeigen. Die Geschäftsinhaberin sperrte ihren Schäferhund in die Küche und führte die angeblichen Kriminalbeamten in den Hinteren Raum, wo die Verkäuferin, die Nichte der Geschäfts- inhaberin, weilte. Plötzlich ließen die Männer die Maske fallen. Der Wortführer setzte dem jungen Mädchen den Revolver an die Schläfen, der andere schlug auf Frau Pilz ein. Auf die Hilfe- rufe der Ueberfallenen suchten die„Räuber" das Weite. Der Wort- führer wurde gefaßt, als er in der Neuenburger Straße mit der Pistole in der Hand versuchte, in ein Privatauto zu steigen, dabei ausrutschte und hinfiel. Auch der andere Räuber wurde ergriffener rief aber:„Dort ist der Richtige!" Aus dem Publikum schrie man:.Das ist der Falsche!": so entkam er.. Vor dein Schöffengericht Verlin-Mitte stand also gestern bloß einer der„Räuber". Sieht der Angeklagte denn wie ein Räuber au»? fragte der Vorsitzend« und traf damit den Kernpunkt dieses Raub überfalle». Auf der Anklagebank faß ein biederer Schtächtermeister, der in feiner sächsischen Vaterstadt durch die Ungunst der Verhältnisse gezwungen worden war, den vom Vater geerbten Fleischerladen zu oerkaufen und im Jahre 1SL1 nach Berlin gezogen war. um hier sein Glüet zu oersuchen. Er wurde aber vom Pech verfolgt. Auch hier mußte er seinen neu erworbenen Schlächterladen verkaufen, der Käufer blieb ihm das Geld schuldig. Er bezog nun Unterstützung. Etwa vier Monat« vor der Tat fand der Mann Anstellung in einer Durstsobrik mit 52 Mark Wochengehalt. Während der arbeitslosen Zeit hatte er
aber Schmucksachen in Kommission genommen. Das hausieren mit Juwelen war kein Geschäft. Der Schlächter wurde sie nicht los, mußte laut Vertrag einen Teil der Juwelen für 900 M. für sich bc- halten und sollte spätestens am 1. Januar 1930 seinen Verpflich- tungen nochkommen. Am 17. Dezember entfernte er sich während der Mittagspause, um einen Zahnarzt aufzusuchen. In der Linden- straße traf er einen gewissen Schröder, den er beim Arbeitsnachweis kennengelernt haben will. Des Schlächters Erzählung darüber, was nun zwischen beiden vor sich ging, erscheint nur beschränkt glaub- würdig. Schröder meinte, es wäre Geld zu verdienen. Wie? Im Iuwelenladen von Pilz . Schröder gab dem Schlächter einen roten Zutassungsschein zum Motorradfahren, er sollte darauf seine'Photo- graphie kleben und sich bei Pilz auf Grund dieses Ausweises als Kriminalbeamter vorstellen, seine Äommissionsstücke sollte er als angeblich im Pilzschen Laden verkaufte gestohlene Ware zur Wieder- ertennung vorlegen. Der Schlächter begab sich nach Hause, setzte hier seine schwarze Melone auf,„um einem Kriminalbeamten ähn- licher zu sehen" und entnahm seinem Geldschrank die Schmuck- stücke. Dabei fiel ihm sein Browning in die Hände. Schröder er- wartete ihn. Der Schlächter bekam es plötzlich mit der Angst zu tun. Schröder traktiert« ihn zweimal mit Bier und Kognak,'damit er neuen Mut schöpfe. Dann drohte er, ihn zu verpfeifen. Was weiter- geschah, ist oben geschildert. Also erzählte der Angeklagte, der 35jährige Mann, in einer fast kindischen Weis« dem Gericht, Schröder sollte an allem schuld sein. War der Schlächter so leicht beeiusluhbar? Seine Mutter schilderte ihn als folgsamen Knaben, seine Frau als Pontosfelhelden, der Arzt als haltlosen Psychopathen, und tatsächlich war es«in infaniiler Mensch, dessen Tat an die eines unrefien Burschen erinnerte. Der.. Staatsanwott beantragte vier Jahre zwei Monat« Zuchthaus. Das Urteil lautete wegen oersuchten schweren Raubes in Tateinheit mit Amtsanmaßung und unbefugtem Waffenbesitz sowie Bedrohung auf 2 Ja h r« 7 M ono te G esän gnis.
über Hab« ich jetzt gerade ein Gutachten für da» Reichset rbeits- Ministerium in Arbeit. Der Anbau von Freilandgemüse deckt den deutschen Bedarf, und die Rentabilität dieser 3 bis 6 Morgen großen Wirtschaften ist nicht bejriedigend. Besoirders in Hamburg hat man jetzt groß« Schwierigkeiten, man kann die Leute der notleidenden Betriebe nicht einmal auf die selbständige Ack-rnahrung bringen, weil das Land fehlt. Was man fördern müßte, wäre der Spät- kohlanbau in Verbindung mit der Errichtung von Kohlscheune». Sonst die Forcierung des Frühgemüseanbaus, wozu aber große Gewächshäuser nötig sind, was wiederum einen erheblichen Kredit- Zuschuß de» Reich» erfordert, denn die Gestehungskosten für ein Gewächshau« betragen pro Quadratmeter immerhin 25 bis 39 M. Nun muß sedoch auch der Staat vorteilhaft arbeiten, er darf also keineswegs Kapital nutzlos zur Verfügung stellen, deshalb sollten Siedlungstredit« im Gartenbau nur gegeben werden, wenn sich die einzelnen Kleinzüchter für den Absatz genossenschaftlich zusammen- schließen. Es Ist gerade der vorteil Holland », sein Gemüse gut sor. liert und sorgfältig verpackt dem deutschen Großhandel anzubieten. dies« Forderung muß auch für die deutschen Kleinzüchter erhoben werden. Neben dem Gemüseanbau käme auf Moorboden noch der Tulpenzwiebelanbau hinzu, hier müßte nicht nur der Absatz, sondern auch die Entwässerung zentral erfolgen, da sich Sie kostspieligen Pumpwerk« erst auf Flächen von 2000 bis 3000 Morgen rentieren." „Sehen Sie die Möglichkeit, eine größere Zahl von E r w e r b s- losen bei der Moorkultur zu beschäftigen?"„Besonders groß sind die Aussichten nicht, denn man darf nicht vergesien, daß die Gartenkultur ja der schwierigste Zweig der Land- Wirtschaft ist. So hat auch die Umschulung der Ruhrberg- arbeiter auf Gartenbau nicht überall befriedigende Resultate ergeben, denn ein Jahr Schulung scheint mir nicht zu genügen. Man darf die Landwirtschaft, wo bestimmte Dinge, wie z. B. die Ernte, dem Schüler nur wenlg« Tagelm Jahr gezeigt werden können, nicht mit einem Fabrikationsbetrieb gleichsetzen, wo man die handferttgkeit des einzelnen Arbeiters jeden Tag aufs neue prüfen kann. Aber der Gartenbau auf kultivierten Niederungsmooren ist sa noch so jung, daß man in dieser Hinsicht erst noch weitere Erfahrungen sammeln muß, um abschließend urteilen zu können."
Oie(Schüsse an der Weberwiese. Ermittlung und Verhaftung des Täters. Der polizelprüsideni teilt mit, daß at, Schuldiger au dem Zusammenstoß an der weberwiese. bei dem zwei Schuh- poltzeibeamte und eine Frau durch Schüffe verletzt wurden, der Rietallbohrer Wilhelm Schröder au, der veymestraße er- mittett und sestgeuommen ist. Bei ihm wurden«ehrer e Vatrone'a gefunden, die völlig den drei am Tatort gefundenen hülsen gleich sind. Schröder wurde dem V e r n«h m u n g» r i cht e r««gen schweren La ndfriedenSbru ch» und wegen schwerer Körperverletzung vorgeführt. Er ist von dem einen verletzten Beamten sowie von einem anderen Beamten einwandfrei wiedererkannt worden. Es ist darauf hinzuweisen, daß au» Anlaß de» Zusammenstoßes von der Schutzpolizei nicht geschossen worden ist. Di« Ber- «undungen der Beamten und der Frau sind also auf die Schuh-- woffe de» Schröder zurückzuführen. * Gestern nachmittag sammelten sich vor dem Städtischen Arbeitsnachweis in der Schulstraß« im Norden Berlins etwa 400 Kommunisten an. die«inen Demonstratlonszug zu bilden versuchten. Ein größeres Ausgebot von Schupobeamten mußt« eingesetzt werden, um die Ansammlung zu zerstreuen. Winterblumen- Krühlingsblüten. Noch spendet die Natur uns Nordlandbewohnern au» eigenem nur das schüchtern« Schneeglöckchen-- Krokus, Tulpen, Narzissen lassen sich noch Zeit mit der Entfaltung ihrer Farbenpracht. Da» Recht aber, unseren Hunger nach Blumen abzuhelfen, läßt sich die deutsche Äärtnerzunst nicht nehmen, und der Kampf ihrer Erzeug- niss« mit den eingeführten Kindern des Süden» bringt der Heimat den sicheren Sieg. Freilich, die Preise dieser wintergetriebenen Schönheiten, wie die in der Potsdamer Straße 120 stattfindend« Ausstellung der Deutschen Gartenbaugesellschaft sie bietet, sind höher, als der großen Meng« für ihreu Blumenbedarf
zu Gebote steht: Mieder, Rosen, Nelken, Amaryllis, Calla. Or< chideen zu ziehen, hat selbst in dissem milden Winter Geld genug gekostet. Aber die unparteiische Beurteilung wird den hiesigen Pro- dukten den Vorrang vor dem Import zuweisen. Der Post-, Eisen- bahn» oder selbst Flugzeugtransport beeinträchtigt meist den Reiz. der den vor wenigen Stunden geschnittenen Blumen eigen' ist. Diese Lehre will die genannte Ausstellung uns einprägen, und die pracht- vollen Ausstellungsobjekte sind die besten Beweisstücke. Aber auch der nicht mit Glücksgütern gesegneten Bevölkerung wird durch die Ausstellung von Veilchen, Lathyrus. Maiblumen, Alpenveilchen, Einerorien. Belli«. Primeln ein schönes, nicht zu teures Vkaterial vor Augen geführt. Der gute Besuch der Ausstellung liefert den Beweis, daß solch« Darbietungen stets willkommen sind.
Oie Opfer des Hochwassers. Die Flut brach über die Schlafenden herein. Toulouse. S. Rlärz. Bis gestern find in Moissac 93 Opfer der lleber- schwemmuugen geborgen worden, vi« meiste» Deichen sind verstümmell, so daß die Identifizierung große Schwierigkeiten bereilel. Die hohe Zahl der Opfer erklärt sich daraus, daß die Be- wohner mitten im Schlaf, vom Wasser überras 6) i wurden. Die um TNoissac liegenden Bauernhöfe haben durch die Flut ihre» gesamte» Viehbestand verloren. Tausend« von Tier» leichen treiben auf den Wasserlachen. E, wird weiier bekannt, daß die Hängebrücke über die Garonne, die die Ortschaft Magistire mit Donzac verbindet, infolge des Hochwassers eingestürzt ist. In Montouban soll die Zahl der Toten geringer sein, als ursprünglich angenommen wurde: b>» gestern abend Hai man dori 2 0 Tote geborgen und ideniisiziert. Man nimmt an. daß die Zahl der Toten in dieser Ortschaft nicht mehr al» 100 betragen wird.
(Sechs Monaie Gefängnis. Zwei Urteile, die zum Rachdenken Veranlassung geben. Gestern haben Berliner Gerichte in zwei Fällen aus eine Strafe van sechs Monaten Gefängnis erkannt. Es lohnt sich, die beiden Fäll« nebeneinanderzustellen. 1. Fall: Ein früherer preußischer Oberleutnant Hans Joachim von Sch., nach dem Kriege Landsknecht bei Awataw- Bermondt, ist Zeit seines Leben» ein Luftikus gewesen.' Wegen seiner Streiche ist ihm das Verfügungsrecht über ein kleines Per-, mögen von 10000 M., das er von seiner Mutter erbt«, entzogen worden. Wegen Betruges und Zechprellerei ward er bestraft. sein« Familie sagte sich von ihm los. Darauf begab er sich auf Reifen, um zu jpielen und zu trinken und mit jungen Leuten frohe Fest« zu feiern. Er wohnte in den teuersten Hotels, blieb aber die Rechnung schuldig. In Warnemünde hat er"so drei Wochen in einer der„feinsten" Gaststätten zugebracht. Als der Wirt fein Geld haben wollte, gab er sein Ehrenwort, am nächsten Tage zu zahlen. Er verschwand unter Hinterlassung einer Zahnbürste, eines ausgc- fransten Kammes und eines getragenen Hemdes. In anderen Hotels gab er sich al» Kapitänleutnant und Attache bei der deulfchen Gesandtschaft in Schweden aus. Einen Gastwirt, der sich durch den Besuch des.�Diplomaten" sehr geehrt suhlte, erleichterte er um etwa 500 M. Der Wirt hatte ihm das Geld heimlich zugesteckt, damit sich fein hoher Gast bei der Begleichung der Zeche nicht vor dem Kellner blamiere, den Kellner aber hatte von Sch. schon vorher angepumpt. 2. Fall: Ein Arbeiter K. hat 3000 M. geerbt und diese Summe einem Geschäftsmann geliehen, wobei ihm baldige Rück- zahlung gegen gute Zinsen versprochen war. Der Schuldner besaß nach seinen Angaben eine Autoreparaturwerkstätt« und eine Tank- stelle im Berliner Westen und galt als Besitzer eines Villengrund-
ji 581 ftStö £s herrschte unbeschreibliche Verwirrung. Die Kinder weinten, die Frauen rannten wie wahnsinnig herum, und die Männer mühten sich ab, schwere Möbelstücke und Kleiderbündel in Sicherheit zu bringen. Von der Straße her strömten eine Menge Neugierige herein, die jedoch von der Hitze aus dem brennenden Gebäude bald wieder ver» trieben wurden. In der Nähe läuteten Kirchenglocken ge- waltig um Hilfe. Das war kein Feuer, das von Nachbarn mit«in paar Wassereimern gelöscht werden konnte. Die Hexe erschien am Fenster, als das Feuer ihre Wohnung erreicht hatte. Der Anblick, den sie bot, war grauenhaft. In dem leuchtenden Feuerschein glänzte ihre Haut wie polierte Bronze, ihr storres schwarzes Haar flatterte wie die Mähne eines wilden Pferdes, und als die Flammen um sie herumzüngelten, lachte sie kreischend und schrill. Ihr Traum war Wirklichkeit geworden. Einmal war es ihr mißlungen, aber jetzt endlich war die Siedlung ein Flammenmeer, das ihr kranker Geist als feuriges Grab wählte. Denn als sie von Rauch und Hitze überwältigt um- sank, stürzte das Dach über ihr ein, und die Hexe ward nicht mehr gesehen. Das Eingreifen der Feuerwehr schützte den oberen Teil der Siedlung vor Zerstörung. Ein« Anzahl Schläuche wur- den in Tätigkeit gesetzt, und der ständige Wasserstrom löschte die Flamme endlich aus. Während es brannte, hatte Ioao Romao beobachtet, in was für einem irren Zustand sich der alte Liborio befand, und wie er sich unaufhörlich bemühte, zu dem winzigen Loch vorzudringen, in dem er wohnte. Es glückte ihm schließlich. sich aus der Umklammerung derer, die ihn zurückhalten wollten, zu befreien, und er verschwand in gefährlicher Nähe des Feuers im Haufe. Der Hauswirt stürzte dem alten Manne nach und kam noch rechtzeitig, um ihn etwas hinter der schmutzigen Matratze am Boden, die ihm als Bett diente. hervorziehen zu sehen. Aber der Alte war den Anstrengun- gen nicht gewachsen und brach zusammen. Als der Budiker eintrat, riß sich der ausgemergelte Greis in die Höhe und stellte sich dem Emdringlmg roie ein tu die Enge getriebenes,
verwundetes Tier gegenüber. Dann warf er sich auf die Matratze. Der Portugiese schob das zusammengeschrumpfte Häufchen beiseite und fing an, ein halbes Dutzend Flaschen unter ihm hervorzuziehen. Mit verzweifeltem Geschrei krallte sich der alte Liborio an den Budiker fest und ver- suchte, ihn mit seinen zahnlosen Kiefern in die Hände zu beißen, aber die Anstrengung überstieg seine Kräfte, und er sank erschöpft, mit glasigen Augen zurück. Ein Blick ge- nügte Ioao Romao, um festzustellen, daß die Flaschen mit Wertpapieren vollgestopft waren: er sammelte sie hastig auf und versteckte sie in seinem Hemd, während der alte Geiz- hals einen letzten Versuch machte, den Räuber anzufallen. Der Budiker eilte zu seinem Laden zurück, legte die Flaschen in eine Schublade, schloß ab, steckte den Schlüssel zu sich und begab sich wieder zu den Feuerwehrmannern. Um Mitternacht war alles gelöscht, und vor den qualmenden Ruinen der etwa dreißig zerstörten Häuser der Siedlung standen Wachen. Erst gegen fünf Uhr früh konnte Ioao Romao den Inhalt der Flaschen untersuchen, die er aus Liborios Höhle geraubt hatte. Sie waren bis zum Halse voll mit Bank- noten in jeder Höhe, aber er beschloß, eine nähere Prüfung aufzuschieben, bis er ganz sicher war. nicht gestört zu werden. Bertoleza hatte eifrig gegen die Flammen gekämpft und war von oben bis unten mit Brandwunden bedeckt. Sie war gerade dabei, sich zu verbinden, und der Budiker wollte sie des alten Liborio verborgene Schätze nicht sehen lassen. Am folgenden Tage kam die Polizei und untersuchte die Entstehung des Brandes und den Schaden, den er ange- richtet hatte. Die Leichen der Hexe und Liborios wurden geborgen und auf dem Hof aufgestellt, bis der Wagen vom Schauyause sie abholte. Von der Straße kamen Neugierige, um sie sich anzusehen, und manche legten zu Füßen der verkohlten Skelette eine Münze nieder, während fromme Nachbarn zu Häuften brennende Kerzen aufgestellt hatten. Rita war während der allgemeinen Verwirrung ver- schwunden, und Piedade lag mit hohem Fieber zu Bett. Machona hatte eine Schnittwunde am Ohr und eine Sehnen» zerrung am Fuß. Da sie also nicht herumlaufen konnte, vertrieb sie sich die Zeit damit, ihre Familie zu komman- dieren, und zwar so energisch, daß keiner im ganzen Hause im Zweifel war. was Machona getan haben wollte. Bruno hatte einen Messerstich in die Leistengezend bekommen, und zwei andere Steinbrucharbeiter warxn ebenfalls gefährlich verwundet: Ein Italiener hatte einen Bvrderzahn verloren, und eins von Alexandres und Augustas kleineren Kindern«
war totgequetscht worden. Jeder rechnete sich den Schaden aus und beklagte sich bitter über das Schicksal.. Auf einem Tisch in Augustas Hause lag die kleine Kinderleiche mit Blumen bedeckt, und ein Kreuz zwischen zwei Kerzen stand dahinter. Alexandre saß in seiner besten Uniform, den Kopf in die Hände gestützt, daneben und weinte reichliche Tränen, so oft ihm jemand kondolierte. Die Beerdigung fand am.Nachmittag statt, und die Kosten wur- den von Leonie bestritten, die in einem cremefarbenen Kleide und mit einem livrierten Kutscher erschien. Miranda oder vielmehr der Baron Freixal machte seinem Nachbar frühmorgens einen Besuch, um ihm seine Teilnahme auszudrücken. Nach einer berzlichen Umarmung ließ e?. sich über das unerklärliche Walten des Schicksals aus, das Ge- rechte wie Ungerechte ins Unglück, stürzt, und erkundigte sich dann diskret, ob es wahr sei, daß sich Ioao Romao nach der letzten Brandkatastrophe versichert habe. Als der Budiker ihm das Gerücht bestätigt hatte, wandelte sich der Schmerz des Barons in helle Freude, und er gratulierte dem Haus- wirt zu seinem geschäftlichen Scharfsinn und seiner Voraus-� ficht. Denn Ioao Romaos Eigentum war fo gut gedeckt, daß er hoffen und erwarten durfte, Gewinn statt Verlust aus dem Brande zu ziehen. „Mein Freund, Vorsicht und Bouillon schaden keinem. Patienten", bemerkte der Hausbesitzer. kichernd,„da draußen", fuhr er fort und zeigte auf eine Anzahl seiner Mieter, die ihre aufeinandergestapelten Habseligkeiten traurig musterten,„sind diejenigen, für die das Malheur keine rosige Kehrseite hat." „Aber die haben doch wenigstens nichts zu verlieren", erwiderte der edle Daron leichthin. Die beiden Nachbarn liefen über den Hof, um sich die. Zerstörung genau anzusehen, worauf Ioao Romao mit ma- jestätischer Gebärde bemerkte:„Ich werde das allesl größer und schöner wieder aufbauen." v-s-»-''' Dann legte er sein Projekt dar.- Der Hos wai; größer, als eigentlich nötig. Er beabsichtigte, die Häuserreihe nach links hin, nach Mirandas Mauer zu, lyeiter auszudehnen.- Der verbrannte Teil sollte neu aufgebaut und über das Ganze ein zweiter Stock gesetzt werden, eine Veranda, die' rings um den ganzen Hof lief und die er schon längst gern. hätte haben wollen. Dann würde er statt hundert Mieter" wenigstens vierhundert unterbringen können und jeder ein- zelne sollte ihm zwölf bis zwanzig Milreis Miete im Monat zahlen." (Fortsetzung"folgt.)