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Morgenausgabe

Nr. 81 A 41

48.Jahrgang

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Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Mittwoch

18. Februar 1931

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die etnipaltige Nonpareillezeile 80 Pfennig. Reflamezeile 5,- Reichs mart. Kleine Anzeigen das ettge brudte Wort 25 Pfennig( zulässig zwei fettgedruckte Borte), jedes weitere Wort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Bfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Seile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zelle 40 Pfennig. Anzeigen annahme imHaupts geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Ubr.

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Alfons' Rechtsschwenkung. Tros alledem vorwärts!

Berdächtige Truppenbewegungen.- Wieder Pressezensur!

2ondon, 17. Februar.( Eigenbericht.) Der Madrider   Korrespondent des Daily Herald" meldet, daß sich die Lage in Spanien   am Dienstag sehr zugespitzt hat. Die Mission Guerras ist vor allem an der Halsstarrigkeit des Königs gescheitert, dem drei Namen auf der vorgeschlagenen Ministerliste nicht gefallen haben. Außerdem hat sich Alfons geweigert, seine Rolle als ab­soluter Monarch aufzugeben. Es wird jetzt eine Militär. diktatur befürchtet. Die sozialistischen   Organisationen und die republikanischen Parteien stehen auf der Wacht, um die Rechte des Volkes zu verteidigen.

Am Dienstagnachmittag 5 Uhr wurde die Pressezensur angeordnet. Es wird jeden Augenblick die Verhängung des militärischen Ausnahmezustandes erwartet.

Madrid  , 17. Februar.( Eigenbericht.) Die Schicksalsstunde des Königs Alfons XIII.   rüdt immer näher. Der Versuch Guerras  , ein liberal- republi­kanisches Kabinett zur Wiederherstellung verfassungs wäßiger Zustände zu bilden, ist gescheitert. Guerra hat den Auftrag zur Regierungsbildung zurückgegeben und dem König gleichzeitig geraten, seinen weiter links an der Grenze der republikanischen Partei stehenden Freund Melquiades Alvarez   zu beauftragen.

über gemeigert habe, die Bedingungen hinsichtlich der Beschnei­dung der Rechte der Krone anzunehmen.- Er, Alvarez, stände auf dem gleichen Standpunkt wie Sanchez Guerra  ..

Kaum eine Stunde später gingen Romanones und Alhucemas zum König. Romanones foll dem König erklärt haben, es gäbe nur noch eine Lösung, die der extremen Linfen unter Melquiades Alvarez  .

Daraufhin begab dieser sich doch ins Palais. Danach teilt er mit, der König habe ihn nicht mit der Kabinettsbildung beauftragt, sondern wolle noch weitere Beratungen mit anderen Politikern abhalten. Also ein neuer Aufschub. Romanones und Ahucemas haben nach trag an Guerra alles Denfbare zur Entwirrung getan... regierungsoffiziöser Meldung erklärt, der König habe durch den Auf­

Neue Provokation der Hafenkreuzler.

Sie wollen am Sonntag Krawalle provozieren. Das Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold wird am Sonntag, 22. Februar, 3 Uhr, im Custgarten zu einer großen undgebung aufmarschieren, um das siebenjährige Bestehen dieser republikanischen Schuhtruppe würdig in Erinnerung zu bringen.

Diese Tatsache läßt die Goebbels- Garden nicht ruhen. Sie wer­den von ihrem Berliner   Generaliffimus aufgerufen, als deutsch­

Sozialpolitische Fortschritte in der Tschechoslowakei  . R. W. Prag  , im Februar 1931.

Die Tschechoslowakei hat in den Jahren nach dem Um­sturz den Ruf eines Landes mit sehr hoch entwickelter Sozial­politik genossen. Nicht mit Unrecht, denn die langjährige Re­mancher Hinsicht umstritten, hat zweifellos, wenigstens in den gierungsteilnahme der tschechischen Sozialdemokratie, in ersten Jahren der Republit, ihre sozialpolitische Gesetzgebung fruchtbar beeinflußt. Später hat allerdings die erstarkende Bourgeoisie dem weiteren Fortschritt in der Sozialpolitik einen Riegel vorgeschoben, bis dann die dreieinhalbjährige Herrschaft des Bürgerblocks auch auf diesem Gebiete schwere Rückschläge brachte.

Das hat denn auch dazu beigetragen, daß der Bürger­block bei den Wahlen im Herbst 1929 in die Minderheit ge­drängt wurde. Seit Dezember 1929 regiert in der Tschecho­flowakei wieder eine Koalition, an der Sozialisten, und zwar diesmal auch die deutschen   Sozialdemokraten teilnehmen. Bei der Verteilung der Ressorts fiel gerade das wichtige Mi­nisterium für soziale Fürsorge an den Führer der deutschen  Sozialdemokratie, den Genossen Dr. Czech. Das Arbeiten in der neuen Koalition war nicht leicht. Schon daß sie aus acht Parteien besteht, ist der Einigung über ein Arbeits­programm nicht eben förderlich, zumal die besonderen parla­mentarischen Methoden im Prager   Parlament, die auf starrster, jede Detailabstimmung erfassender Koalitions­disziplin beruhen und daher die vorgängige Einigung er jeden Beiſtrich einer Regierungsvorlage erfordern, die Gesetz­gebungsmaschine nur langsam, stockend und schwerfällig futtionieren lassen. Vor allem aber ist der sozialistische Bloc Koalition eine Minderheit, und die positionen, auf ihre Beherrschung des in der Tschechoslowakei  sehr mächtigen bürokratischen Apparats, lassen sich von den Arbeiterparteien, die überdies noch immer start unter der bolichemistischen Spaltung leiden, jedes Zugeständnis mur mühsam abringen. Dennoch ist es den Sozialisten gelungen, insbesondere auf dem Felde der Sozialpolitik eine ganze Reihe wertvoller Erfolge zu erzielen.

Was Guerra zur seinem Verzicht bestimmt hat, ist noch nicht bewußtes Bolf von Berlin  " um 4 Uhr im Luftgarten zu erfcheinen, bürgerlichen Parteien, pochend auf ihre ökonomischen Macht­

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befannt geworden. Man weiß zwar, daß er sowohl mit dem stein, M. d. R.( joll heißen: Mitglied der Rausgelaufenen) an. republikanischen Führer Lerrour, der sich irgendwo in Spanien   Selbstverständlich ist diese Nazidemonstration, im Luftgarten verborgen hält, und mit dem sozialistischen   Führer Prieto ver- nicht genehmigt. Es ist auch nicht anzunehmen, daß sie noch ge­handelt hat, daß jedoch beide ihre Mitarbeit an der neuen Renehmigt wird. Wohl aber ist damit zu rechnen, daß die Haten­gierung ablehnten. Dieser Mißerfolg fann die Ursache für den treuzler& r a walle und Zusammenstöße provozieren Verzicht gewesen sein; es ist aber auch möglich, daß Guerra mit wollen. Dabei werden sie sich aber verrechnen Schon die Ankündi­dem König in einen Sonflitt geraten ist, da dieser sich nicht dazu gung dieser Abficht wird dazu beitragen, daß die republikanische Be­hat verstehen können, als Kriegsminister den General Goded   an­völkerung Berlins  , den Ernst der Lage erkennend, durch Massen­zuerkennen, der erst fürzlich in Cadig einen Angriff auf den König aufmarsch das Spiel der Karpenfteine zuschanden macht. und die Dittatur gerichtet hat.

Unter diefen Umständen neigt man zu der Ansicht, daß der König sich den Forderungen der Republikaner   und Sozialisten noch nicht beugen will. Diese Meinung wird dadurch ver­stärkt, daß.

vorgenommen

in den letzten Stunden Truppenbewegungen um die Hauptstadt worden sind. Man befürchtet daher einen militärischen Staats­streich zur Errichtung einer neuen Dittatur, obwohl der zurückgetretene und zur Zeit noch die Geschäfte führende Minister präsident Berenguer heute erflären ließ, daß diese militärischen Maßnahmen lediglich zum Schutze der öffentlichen Ordnung getroffen seien. Die nächsten Stunden werden Klar heit darüber bringen, ob der König sich, dem Boltswillen ent Sprechend, dem Spruch einer Nationalversammlung bedingungslos beugen, oder ob er ein letztes Mal zu dem verzweifelten Mittel der Dittatur greifen wird, das zur Revolutign führen dürfte.

Militärdiftatur aus Angst vor Generalstreif?

Baris, 17. Februar. Wie Havas aus Madrid   meldet, sind die angefündigten außerordentlichen Maßnahmen durch die

Drohung eines Generalstreifes hervorgerufen worden, der am Mittwoch ausbrechen foll. Man erwartet daß der Belagerungszustand noch heute abend perkündet wird.

Was das neue Ministerium betrifft, das vielleicht heute abend gebildet werden kann, soll es sich aus den meisten Mit­gliedern des zurückgetretenen Kabinetis zusammensetzen und General Berenguer wieder zum Ministerpräsidenten haben. Andernfalls würde eine neue Dittatur errichtet werden, deren Führung, wie gemeldet, General Saro übernehmen soll. In Madrid   wird auch von einem

Militäraufstand in Cordoba  gesprochen; aber man weiß bisher noch nicht, gegen wen dieser Aufstand gerichtet ist. Truppentransport nach Cordoba folien vor: bereitet werden. Die einzige offizielle Tatsache ist vorläufig nur die Wiederherstellung der Zensur.

Auch Alvarez lehnt ab.

Madrid  , 17. Februar. Nachdem Sanchez Guerra   dem König die Beauftragung von Melquiades Alvarez   zur Kabinettsbildung vorgeschlagen hatte, er­flärte dieser, fein Erscheinen im Balast hätte feinen Sinn, wo­bei er durchbliden ließ. daß der König sich Sanchez Guerra   gegen

Parole für Sonntag: Jeder um 3 Uhr im Lustgarten!

Neuer Mord in Röntgental.

Schießerei vor dem Nazi- Lofal Edelweiß". Vor dem bekannten Nazi- Lokal Edelweiß" in Röntgental fam es in später Abendstunde zu einer schweren Schießerei, bei der mindestens zwei Schwer und ein Leichtverletter auf der Strecke blieben. lekten bereits seinen Wunden erlegen sein. Wie wir nach Mitternacht   erfahren, soll einer der Ver­

Bon dem genannten Lotal ,, Edelweiß" aus war seiner Zeit der Ueberfall der Hakenkreuzler auf die Reichsbanner- Leute organi fiert worden, der gleichfalls Todesopfer erforderte. Ben diesmal die Mordwaffen getroffen, lich fich bis Redaktionsschluß nicht mehr

feststellen.

Bie es heißt, waren die Opfer Siedler von der Kolonie Röntgenhöhe, die an der Bestattung des Gewerkschaftsangestellten Genoffen Brall teilgenommen hatten und auf dem Heimwege mit den Nazis in Konflitt gerieten. Doch waren genauere Mitteilungen in der Nacht nicht mehr zu erhalten.

Polnischer Parzellierungsplan. Vor allem gegen deutschen   Großgrundbesit.

Warschau  , 17. Februar.( Eigenbericht.) Die polnische Regierung hat der Oeffentlichkeit einen Barzellierungsplan zur Durchführung der Agrarreform im Jahre 1932 übergeben. Der Plan ist als Kampf­mittel der Pilsudski  - Regierung gegen das Deutschtum in den Westprovinzen gedacht.

Während in allen Wojewodschaften Polens   die aufzuteilende Fläche angesichts der geringen Nachfrage nach Sied lungsland gegenüber dem Vorjahre bedeutend verkleinert worden ist, wurde die Parzellierungsfläche in Posen und Pommerellen mit 24 000 Heftar und 20 000 Hektar angesetzt, gegenüber 15 000 und 12 000 im Vorjahre. Wenn auch die Namensliste des Bar­zellierungsplanes noch nicht vorliegt, so sprechen die Tatsachen doch schon dafür, daß auch die Bodenreform meniger nach sozialen und wirtschaftlichen als nach nationalpolitischen Gesichtspuntten durch geführt wird, selbstverständlich zum Schaden der nationalen Minder­heiten.

Wie verlautet, beabsichtigt die Regierung zur Bescheinigung der Legalität" ihres Vorgehens den Parzellierungsplan diesinal von ihrer ergaunerten Parlamentsmehrheit bestätigen zu lassen.

In dem System der tschechoslowakischen Sozialgesetz­gebung bildete gerade die Arbeitslosenfürsorge einen schwachen Punkt. Nach einer Uebergangszeit, in der staat­liche Unterstüßungen ausgezahlt wurden, trat hier das Genter System in Kraft, das nur dem gewerkschaftlich organisierten Arbeiter zu seiner Organisationsunterstügung einen Staats­beitrag in gleicher, nach fünfjähriger Organisationszugehörig­feit in anderthalbfacher Höhe, und dies nur durch dreizehn Wochen bot. Die im Jahre 1930 beschlossene Novelle ver­längert die Unterstützungsdauer auf sechsundzwanzig Wochen und läßt, im Falle außerordentlicher Arbeitslosigkeit noch eine dritte Unterstüßungperiode von dreizehn Wochen zu. Gleich­zeitig wurde der Staatsbeitrag auf das Drei- bzm. Vierfache der gewerkschaftlichen Unterstüßung erhöht, so daß die Fach­verbände ihre Unterstützungssäge ermäßigen konnten, ohne daß der Arbeitslose dadurch in der Höhe der Unterstützung verkürzt wurde. Bervollständigt wurde die Verbesserung der Arbeitslosenunterstügung durch die Einführung der produk­tinen Arbeitslosenfürsorge: der Stagt gewährt öffentlichen Körperschaften, die Notstandsarbeiten durchführen wollen, mas oft am Geldmangel scheiterte, Zuschüsse zum Arbeitslohn und erleichtert ihnen so die Schaffung von Arbeitsgelegen­heiten.

Arbeiter gewerkschaftlich organisiert ist, erweist sich, besonders Da nur ein Teil, und zwar leider der kleinere Teil der in Krisenzeiten, das Genter System als unzulänglich. Darum hat Genoffe Dr. Czech eine Kommission eingefeßt, welche die Vorarbeiten für die Einführung einer obligatorischen Ar= beitslosenversicherung leisten soll. Dies ist freilich eine Arbeit auf lange Sicht. Viel weiter gediehen sind da­gegen die Vorbereitungen für die Schaffung einer obligato­rischen Arbeitsvermittlung; hier hat das Ministerium für soziale Fürsorge einen Gesehentwurf bereits fertiggestellt, und so können wir hoffen, daß in absehbarer Zeit ein wert­voller Schritt zur Organisierung des Arbeitsmarktes getan wird. Auch die energische und erfolgreiche Bekämpfung des Ueberstundenunwesens, die sich Dr. Czech im Gegen­fag zu seinem bürgerlichen Vorgängen sehr angelegen sein läßt, ist in der Zeit der Massenarbeitslosigkeit bedeutsam. Für die Unorganisierten und Ausgesteuerten wurde eine staatliche Ernährungsaktion eingeleitet, die durch Zuschüsse der Bezirke und Gemeinden ergänzt wird.

In der Krise zieht begreiflicherweise vor allem die Er­merbslosenfürsorge das allgemeine Augenmerk auf sich. Doch ist auch auf anderen Gebieten fruchtbare Arbeit geleistet por­den, vor allem auf dem Gebiete der Jugendfürsorge. Dieser Sektor der Wohlfahrtspflege wird in der Tschecho­ slowakei   hauptsächlich von den Bezirksjugendfürsorgen betreut, die zwar vereinsmäßig organisiert sind, aber mit den Be­hörden zusammenarbeiten und so halbamtlichen Charakter tragen. Unter dem Regime des Genossen Czech erfreuen sich diese Organisationen erhöhter materieller Unterstügung, vor