Einzelbild herunterladen
 
auch«littet? Oeganisiruiig aller im lourualistischen Berufe Eteheudeu dahin gewirkt wird, daß die Versuche, die Prozeßverhältuisse der Presse zu verschlechtern, sowie den Gerichts- gang der Presse zu verrücke», abgewehrt werden." Freiherr v. Hertling, der Zentrumskandidat in JUertissen, von dem verschiedene Lenke in der Zentrums- Partei hoffen, er werde sich durch seinestaatsmännische' Be- gabung zum Nachfolger Windhorst's in' der Führung der Partei hindurcharbeite», hat ans dem nicht mehr ungewöhnlichen Wege des Telegraphen einer Bolksversammlung lein Programm kund- gethan. Es heißt da:Meine Zugehörigkeit zum Zentrum ist durch 20jährige öffentliche Thätigkeit festgelegt. In den Reichstag zurückgekehrt, würde ich der besonderen Verpflichtung eingedenk sein, welche die Vertretung eines überwiegend ländlichen Wahl- kreises auferlegt. Das nächste Jahrzehnt gehört dem Schutz d e r L a n d w i r t h s ch a f t." Damit entpuppt sich ja Herr v. Hertliug als der reine Los- redivivus. Was sagen den» dieDemokralen" des Zentrums dazu? �Reichsländisches. Genossen Bneb, dem Abgeordneten von Mülhausen   im Elsaß   wurde, wie dasVerl  . Tageblatt" meldet, der Zutritt zu einer am Sonntag anläßlich der bevor- stehenden Gemeinderathswahlen in Colmar   abgehaltenen öffent- lichett Versammlung der Elsaß- Lothringischen Volkspartei polizeilich untersagt, da er in Colmar   nicht wahlberechtigt sei. Der Vorfall erregt, wie sich denken läßt, dort peinliches Aufsehen. Oesterreich. Wien  , K. Juni. Das Abgeordnetenhaus nahm in zweiter und dritter Lesung das Gesetz über die strafrechtlichen B e st i m m u n g e n b e t r e f s e n d den Betrieb von A u s- w a n d e r u n g s g e s ch ä s t e n und die Beschlußanträge über die gesetzliche Regelung des Ausw ander ungs- wesens an und forderte die Regierung auf, mit denjenigen auswärtigen Staaten, in denen sich zahlreiche österreichische Aus- Wanderer befinden, dahinlautende Verträge abzuschießen, daß der österreichischen   Regierung über Geburten, Trauungen und Todes« fälle österreichischer Unterthanen authentische Mittheilungen ge­macht würden. Auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung, die auf nächsten Sonnabend anberaumt ist, steht die Berathung über das Z u ck e r st e u e r g e s e tz. Wien, 7. Juni. Nach einer Blättermeldnng aus Serajewo berichtet die bosnische Post aus Ragüsa, daß au der moutene- grinischen Grenze wiederum ein österreichischer Gendarm von montenegrinischen Schmugglern erschossen worden ist. Ungarn  . Budapest  , 8. Juni. Die Regierung löste in der Provinz mehrere Nationalvereine auf, darunter den Leseverein in Miava, Komitat Neutra. Frankreich. Ein schwarzer Tag für das Kabinet M eline und ein Freudentag für die geeinigte Sozialdemokratie Frankreichs   war der 7. Juni. Die Possibilisten, die einzige Fraktion, die sich der Einigkeit der französischen   Genossen entgegen- setzte, wurden von den von allen Sozialisten unterstützten Kandidaten Gronssier und Dejeante bei den Pariser Ergänznngswahle» zur Deputirtenkammer geschlagen. Bei der Wahl in Paris   zum Senat ist Stichwahl nothwendig. Genosse Gabriel Deville  , der tüchtigste Schüler von Karl Marx   in Frankreich  , hat die höchste Stimmen- zahl erreicht. Bei den in der Provinz stattsindenden Wahlen siegten die Radikalen über die Anhänger des Herrn Meline. Paris, 7. Juni.  (Eig. Ber.) In der gestrigen Kammer» sitzung wurde das Ministeriuni wiederum durch die Stimmen der Rechten gerettet. Die monarchistisch-klerikalen Abgeordneten waren freilich ganz in ihrer Rolle, indem sie für eine Regierung stimmten, die mit wenig Witz, aber viel Ausdauer den neu- ernannten royalistischen Erzbischof von Toulouse   in Schutz nahm. Herr Meline handelte seinerseits im Geiste der fromm gewordenen Bourgeoisie, die nebst manchem anderen auch ihren republikanischen Antiklerikalismus zum alten Eisen geworfen hat. Dasschwarze Gespenst" hat für sie nichts mehr schreckliches, seitdeni es seine Zugkraft zur Wahlzeit verloren hat. Nunmehr bält dasrothe Gespenst" ihren Geist gefangen, und das so sehr, daß sie zu dessen Beschwörung bereitwillig und dankbar die Hilfe der ehemaligen! Feinde, jder Klerikalen und Mon­archisten, annimnit. Daher kommt es, daß das Kabinet die gestrige Interpellation, trotz der überaus kläglichen Haltung des Kultusministers N a m b a u d und des Minifterpräsidenteii Meline, überstanden hat. Vor wenigen Jahren würde eine ähnliche Interpellation der Regierung das Genick gebrochen habe». Handeltees sich doch um die Beförderung eines Bischofs,, der im Januar d. I. in einer Ansprache au den Klerus seiner Diözese die Deputirten- kammer grob beschimpft, dieVerbesserung" des allgemeinen Wahlrechts, der Quelle alles Hebels, verlangt und die ach! wie nachsichtig gehandhabte» antiklerikalen Gesetze angegriffen hatte. Und nachdem er von seinem per- s ö n l i ch e n Freund Rambaud zum Erzbischof ernannt worden war, ergriff er die erste Gelegenheit, um seine royalisti- scheu Sympathien mit einem überschwänglichenLyrismus"(der letztere Ausdruck wurde von Meline selbst gebraucht!) zu be- künden. Bei der Konfirmalion eines orleanistifchen Prinzcheus bedauerte er, daß es dessen Mutter nicht vergönnt sei,die königliche Krone zu tragen in einem Lande, das seine Propheten tödtet und seine Ueberlieferungcn verleugnet"... Der Kultusminister begnügte sich aber mit einigen schwächlichen Ausreden seines Schützlings und fand für ihn kein Wort des Tadels. Er kennt eben seine Pappen- heimer, die Bonrgeoisrepublikaner, ans deren Stimmen er auch bei dieser Gelegenheit ebenso sicher zählen konnte, wie auf die Stimmen der Monarchisten, dieses zweiten unentbehrlichen Gliedes der ministeriellen Mehrheit. Paris  , 7. Juni. DerJntransigeaut" theilt den Tod der Madame Dembourg mit, welche zur Zeit Rochefort I(X)000F»ks. zur Errichtung einer sozialistischen   Glasfabrik übergeben hat. Die Summe wurde indessen zu anderen Zwecken verwendet, weil unter den Sozialisten von Carmaux Streitigleiten ausgebrochen waren. I it I e 3 Simon ist heute gestorben. Er hat sich durch philosophische, pädagogische und sozialpolitische Schriften, durch seine Thätigkeit als Lehrer, Parlamentarier und Staatsmann be- kannt gemacht. Von seiner sozialpolitischen Thätigkeit sind seine BücherDie Arbeiterin" undDer achtjährige Arbeiter" und seine Betheilignng an der vom deutschen   Kaiser 1890 ein- berufenen internationalen Arbeiterschutz-Konferenz besonders er» wähnenswerth. Politisch stand er auf dem rechten Flügel der Republikaner  . Er hatte nicht die bei französischen Staatsmännern üblichen Antipathien gegen Deutschland  . Er war Mitglied der Regierung der nationalen Vertheidiguna und Unterrichtsminister unter Thiers, Ministerpräsident unter Mac Mahon  . Er wurde 811/, Jahre alt.- Jtalie». Rom  , 7. Juni. Heute fand die Stichwahl zwischen De Felice (Soz.) und Fürst Odescalchi(Reg.-Partei) statt, bei welcher De Felice mit 568 Stimmen zum Abgeordneten des vierten Wahl- körpers von Rom   gewählt wurde. Dieser erste große Erfolg unserer Partei in der Hauptstadl des Landes wird der Regierung sehr unangenehm sein. Spanien  . Madrid  , 8. Juni. Infolge der Duellaffäre mit dem Marschall sviartinez Campos ist General Borrero durch Erlaß vom gestrige» Tage seines Postens als Kommandant des sechsten Armeekorps enthoben worden. Nuftlatid. Die Krön ungs-Feierlichkeiten sind beendet. Nach einem heute erschienenen Berichte der Regierung beträgt die Zahl der Opfer bei der Katastrophe aus dem Chodynski-Felde 1360 Todte und 644 Verwundete. Alles spricht dafür, daß diese Zahlen weit hinter der Wirk- lichkeit zurückbleiben. DerFrankfurter Zeitung  " wird zum Unglücksfalle gemeldet: Es scheint durch die Untersuchung konstatirt zu sein, daß die Katastrophe auf dem Chodynski-Felde dadurch hervorgerufen worden ist, daß entfernter stehende Volksmassen erfuhren, daß die zwecks Gratisvertheilnng von Festgeschenken angestellten Personen mit den nahestehenden Volksreihen in unerlaubter Weise Geschäfte trieben, indem sie die Geschenke massenhaft spott- billig verkauften. Deshalb gab es einen Entrüstungssturm. Die Untersuchung fcheint zu konstatiren, daß vor dem An» fang der Vertheilnng der Festgeschenke mehrere hundert Tausende derselben fehlten. Anstatt 400 000 waren höchstens 1S0 000 Fest- geschenke vorhanden. Zwei Drittel der Biertonnen waren leer aufgestellt worden. Somit scheint die Katastrophe den Schuldigen willkommen gewesen zu sein, um die Spuren des Betrugs und des Diebstahls auszuwischen. Aus Petersburg   sind in Lemberg   Berichte eingelaufen, daß daselbst am Tage der Zarenkrönnng und an dem folgenden Jlluminationsabende ernste Ruhestörungen auf dem Newsky-Prospekt vorgekommen seien. Betrunkenes Gesindel habe mehrere Häuser demolirt und die zur Wiederherstellung der Ruhe einschreitenden Kosaken mit Steinen beworfen, indem sie das Straßenpflaster aufrissen. Die Polizeiosfiziere und Kosaken wurden von den Pferden gerissen und zum theil schwer verwundet. Im ganzen sollen auf beiden Seiten etwa 2S0 Personen gelödtet oder verwundet und 500 verhastet worden sein. Bulgariett. Sofia  , 7. Juni. Gestern begann vor dem Appellgerichte die Verhandlung über die Klage des Raum Tnfektschiem, in welcher der ehemalige Polizei- Präfekt Lükanow, welcher gegenwärtig eine dreijährige Gefängnißstrafe ab- büßt, beschuldigt wird, den damals achtzehn Jahre alten Bruder Tufektschiew's, während sich dieser in Untersuchung be- fand, verbrannt zu haben. DemMir" zufolge bestätigten die Gendarmen, daß der junge Tufektschiew wirklich mittels Petroleums verbrannt wurde und im Spitale starb. Der Polizei- Ex-Koinmissar Totew giebt zu, daß Tufektschiew gesteinigt worden sei, zieht aber seine erste Aussage zurück, wonach dies im Auf- trage Lukanow's geschehen wäre. Man wollte von Tufektschiew in betreff seines Bruders Raum, welcher unter dem Verdachte der Mitschuld an der Ermordung Beltscheiv's stand. Aussagen erzwingen. Türkei  . K r e t e n s i s ch e s. Die gegenwärtige Besatzung der Jusel beträgt 32 Bataillone, eine Stärke, welche auch für den Fall genügen dürfte, daß der Ausstand größere Dimensionen annehmen sollte. Nach Meldungen aus Athen   befindet sich Abdullah Pascha mit den türkischen Truppen auf dem Marsche nach Kissamo, um dort die Ordnung wieder herzustellen. Die türkischen Truppen begehen auf dem Marsche Ausschreitungen aller Art und plündern die von ihnen pafsirten Dörfer. Nach einer Depesche der in Athen   erscheinenden Zeitung Ephimeris" aus Canea von vorgestern Morgen 10 Uhr haben die Truppen, welche nach Kiffano gesandt waren, mehrere Ortschaften niedergebrannt. In Polemarchi haben Soldaten zwei Christen ermordet, unter denen sich ein Priester befand. Eine andere Ab- theilung hat Vukolies in Brand gesteckt. Der Markt in Canea ist noch immer geschloffen. Es sind neue Truppensendungen einge­troffen. Die Soldaten bedrohen die Christen; die Benghars warfen nach dem Wagen des russischen Konsuls mit Steinen. als sich dieser von Haleppa nach Canea begab. In Selino entstand zwischen Soldaten und Christen ein Streit, in dessen Verlauf drei Christen und sechs Türken getödtet und neun andere verwundet wurden. Die Muselmänner sind bis an die Zähne bewaffnet und drohen die eingeschlossenen Christen zu ermorden. Nach einer mittels Segelschiffs von Sautorin in Athen  eingegangenen Nachricht belagert die muselmanische Be- völkernng Heraklion  , wo eine lebhafte Bestürzung herrscht; der Gouverneur versuchte die Belagerer auseinander zu treiben. Flüchtlinge, die von Retymo in Syra eingetroffen sind, berichten, daß die Christen, die sich in die Stadt geflüchtet hatten, von allen Hilssmitteln entblößt seien. Der Zudrang sei ein derartiger, daß man den Ausbruch einer Epidemie befürchte. In der Provinz Retymo sind die Ortschaften Giello, Prine und Azipopulo niedergebrannt; es sind weitere Ermordungen vor- gekommen. Ein Augriff auf den russischen Konsul in Canea war sehr ernsthast. Der Konsul wurde von Banghast- Milizen, die seinen Wagen übersielen, verwundet und verdankte seine Rettung nur einigen zu Hilfe eilenden Christen. Die griechische Regierung hat einen Kredit von 20000 Drach- men zu gunsten der flüchtigen Kretenser gefordert. Aus Kreta   gelangen sortgesetzt allarmirende Nachrichten nach Athen  . Die Türken fahren fort, zu sengen, zu brenuen und zu morden. In Canea kommen fast täglich Metzeleien vor. Die Christen auf Kreta   werden von hier aus mit Geldsendungen, Munition und Waffen unterstützt. Konstantinopel  , 8. Juni. Der russische   Botschafter ver- langt von der Pforte energisch die strengste Aburtheilung der türkischen Benghars. welche nach dem Wagen des russischen Konsuls in Kanea mit Steinen geworfen hatten. Amerika. New-Bork, 4. Juni. Wie in Kentucky   hat sich nun auch in Kansas   die demokratische Staatskon vention für freie S i l b e r p r ä g u n g ausgesprochen. Nach einer Bemerkung desHerald" werden von den 910 Delegaten der demokratischen Nalionalkonvention in Chicago   övS für Silber, 373 für Gold und 34 zweifelhaft sein. Afrika  . Aus Buluwayo wird englischen Blättern vom 3. d. gemeldet: Eine britische Streitmacht, welche Maximgeschütze mit sich führte, griff ein wenige Meilen von Buluwayo entferntes Jmpi der Matabili an und schlug den Feind vollständig in die Flucht. Die Matabili verloren 150 Manu; aus englischer Seite wurden 3 Mann getödtet. Achtung, Genossinnen! Am Mittwoch, den 17. Juni er., abends 8 Uhr, findet bei Joel, Andreasstr. 21. eine Volksversamm- lung mit folgender Tagesordnung statt: Stellungnahme zu den Anträgen zum Internationalen Kongreß. Um regen Besuch dieser Versammlung bittet Die Vertrauens- person: Frau G e r n d t. Von der Agitation. Ans Halle a. S. wird uns be- richtet, daß die Wahlagitation für die am 30. d. M. statt- findende Nachwahl zum Reichstag von unseren Genossen mit dem größten Eifer betrieben wird. Reichstags- Abgeordneter Molkenbuhr aus Hamburg  macht zur Zeit auf Veranlassung des württembergischen Landes- Vorstandes eine größere Agitalionstour durch Württemberg  . Er sprach in den letzten Tagen in Ebingen  , T u 1 1- l i n g e n und Schwenningen  . Am Mittwoch Abend sprach derselbe in imposanter Versammlung in Stuttgart   über den Evangelisch-soziale» Kongreß und Sozialdemokratie" und stellte die Verhandlungen desselben in V/t stündiger Rede in daS wahre Licht und wies klar und deutlich nach, wie auf dem evangelisch- sozialen Kongreß nur Halbheiten zum Vorschein kamen. Reicher Beifall lohnte den Redner für seine Ausführnngeii. worauf ein Mitglied des Kongresses, Professor Hieber die Tribüne bestieg und mit wenig Glück den Referenten zu widerlegen suchte. Er wurde von dem Referenten, dem Genossen Stern, Frau Zetkin und Genossen Hildenbrand ordentlich heimgeschickt, so daß erst nach Mitternacht   die Versammlung ihr Ende fand. Am Donnerstag Mittag sprach Molkenbuhr, in ebenfalls gut besuchter Versamm- lung, hauptsächlich von Bäckern, überDie Reichstagsverhandlnngen über den Maximalarbeitstag iu Bäckereien". Wie bis jetzt be- kannt, wird unser Genosse noch in H e i d e n h e i m und in Eßlingen   sprechen. Die Betheiligung an den Wahlen zum oldenburgischen Landtag, die im nächsten Herbst stattfinden, haben die Genossen von Delmenhorst   beschlossen. Eine Parteikonferenz für den V. württember­gischen Reichstags-Wahlkreis(Urach  , Nürtingen  , Kirchheim  , Eßlingen  ) findet am Sonntag, den LI. Juni, im Deutschen Haus" in Kirchheim   u. T. statt. Todtcnliste der Partei. Am Sonntag, den 7. Juni, wurde in Leipzig   der Genosse Schneider Lorenz Rasp beerdigt. N., der erst 31 Ja jr alt ist und der Schwindsucht erlag, war bereits unter dem Sozialistengesetz ein wackerer Mit- streiter. Seine lange Kralckheit machte es ihm unmöglich, sich in letzter Zeit der Parteilhätigkeit zu widmen. Ehre seinem Andenken! Polizeiliches, Gerichtliches«. Genosse M a x H ü n i g wurde wegen einer im Ge- sänguiß begangenen Beleidigung der dritte» Ferien-Straskammer des Dresdener Landgerichts zu fünf Monaten Gefängniß vom Dresdener   Schöffengericht, dem der bekannte Amtsrichter Dr. Becker vorsaß, verurtheilt. Während des Tischler st reiks in Leipzig  hatten sich zwei streikende Tischler auf dem Plagwitzer Bahnhof postirt, um von auswärts kommende Tischler zu empfangen. Der Weisung eines Schutzmannes, sich zu entfernen, entsprachen sie sofort, erhielten aber dennoch eine Strafversügung, nach der sie dafür zwei Tage Haft absitzen sollten. Das Schöffengericht sprach sie jedoch frei. In ähnlicher Weise werden sich in Kürze eine Reihe derartiger Strafverfügungen erledigen, die auf eine allgemeine Verfügung des Leipziger   Polizeidirektors Bret- schneider gegen Streikende erlassen sind. G r o b e n Uns» g" in 12 Fällen sollte der Redakteur der Thüringer Tribüne", Genosse Z iegler, dadurch verübt haben, daß er in dem genannten Blatte laufend unter der Spitzmarke: Allerlei aus dem Kampfe für Ordnung, Sitte�c." all die Urtheile brachte, welche gerichtlicherseits gegen Angehörige der politischen und gewerkschaftlichen Arbeiterorganisationen gefällt wurden. Durch die alltägliche Wiederholung genannter Spitzmarke sollte Anlaß zur Beunruhigung des Publikums vorhanden sein. Der Amts- anmalt beantragte 50 M. Geldstrafe. Der Angeklagte bestritt. daß durch die inkriminirten Worte das Publikum beunruhigt worden. Ein Beweis, daß dies thatsächlich geschehen, sei von niemand er- bracht worden. Der Gerichtshof war anderer Meinung. Er hielt die Vermuthung für naheliegend, daß in der oftmaligen Wiederholung genannter Spitzmarke eine höhnische Absicht liege. Die vom Gesetz Verurtheilten würden gewissermaßen als Märtyrer für die Sache der Sozialdemokratie hingestellt. Es wurde daher gemäß dem Amtsanwaltsantrage erkannt. Genosse Wiertelarz wurde am gleichen Tage zu 30 M. Geldstrafe verurtheilt. Unter seiner Verairttvortung war in dem- selben Blatt vor dem Besuch eines bestimmten Gasthauses gewarnt worden. Dadurch sollte das Publikumbeunruhigt" und somit grober Unfug" verübt worden sein. Soziale Mebevfichks Einiguugöauit des Berliner   Gewerbegerichts. Am Freitag wurden eine Anzahl Zwischenmeister und Arbeiterinnen der Knabenkonfektion vernommen. Eine Näherin, die Knabenjacken im Preise von 50 Pf. bis 1,25 M. fertigt, giebt an, daß sie bei täglich 12 stündiger Arbeitszeit pro Woche durchschnittlich, wie auch aus dem vorgelegten Lohnbuch festgestellt wird, 10,75 M. verdient, wovon 1,60 M. Unkosten für Garn und Seide, Ab- Nutzung der Nähmaschinen, Oel und Nadeln und Fahrkosten bei der Ablieferung abgehen. Die Arbeiterin ist 11 Jahre in der Konfektionsnäherei thätig. Eine andere Näherin, welche sieben Jahre in der Konsektionsbranche thätig ist, arbeitet Knabenjacken im Preise von 50 bis 80 Pfemiig und verdient bei täglich zwölsstündiger Arbeitszeit wöchentlich durchschnittlich 11 M., wovon an Unkosten 4,10 M. abgehen. Die Unkosten sind deswegen so hoch, weil die Arbeiterin lungen  - leidend ist und deshalb die Ablieferung nach dem Geschäft von einem alten Manu besorgen läßt, der dafür 2,40 M. bekommt. Aus dem Lohnbuch einer 8 Jahre in der Konfektionsbranche thätigen Näherin ist ersichtlich, daß diese Arbeiterin wöchentlich durchschnittlich 21 M. verdient. Die Vernehmung ergiebt indeß ein etwas anderes Bild. Die Frau giebt an, daß sie Knaben- anzüge und Jacken in der Größe von 712(für Kinder von 712 Jahren) arbeitet. Für Jacken bekommt sie von 53 bis 63 Pf., für Anzüge 1,50 M. Die Mutter und zwei noch schulpflichtige Geschwister Helsen   bei der Arbeit. Letztere arbeiten zirka vier Stunden pro Tag. Die Arbeiterin rechnet auf ihre Thätigkeit bei täglich zwölsstündiger Arbeitszeit einen Wochenverdieust von wöchentlich 10,50 M.; auf die Thätig­keit der Mutter und beiden Geschwister wird ebensoviel gerechnet. Von dem Gesammtbetrag gehen ab an Unkosten ca. 2 M. Die günstigsten Lohnverhältnisse werden bei den Arbeiterinnen fest- Sesielll, die bei den Zivischenmeistern in der Werkstätte beschäftigt ud. Drei solcher Kuabenkonfektions-Näherinnen verdienen bei täglich zehnstündiger Arbeitszeit einen Wochenlohn von 811 M. Au Unkosten gehen davon ab die Ausgabe» sür VerstcherungS- beitrüge. Gewerbegericht i« Zwickau  . Nach ca. dreijährigen Vor- arbeiten und mehrfachen Anregungen seitens der hiesigen Arbeiter- schaft hat der Stadtrath nun endlich ein Ortsstatut für das hier zu errichtende Geiverbegericht ausgearbeitet, dasselbe ist am 8. Juni von der Sladtverordneten-Versammlung einstimmig on bloo an- genommen worden. Hoffentlich werden nun die Wahle» zu diesem Gericht bald ausgeschrieben. Sechster Vcrbandstag desVerbandes deutscher Post- und Telegraphen- Assifteuten". Die Hauptversammlung des Verbandes deutscher Post- und Telegraphen- Assistenten" fand ani Sonntag?lbend in Berlin   unter zahlreicher Betheiligung der Mitglieder aus allen Theilen des Deutschen Reiches   statt. Der Verbandsvorsitzende, Ober-Postassistent Kaßnitz, betonte, daß der Verband überall immer festere Wurzeln schlage. Bon eklatanten Maßregelungen sei der Verband im letzten Jahre verschont ge- blieben, sie hätten aber auch alles gelhan, um nirgendwo Anstoß zu er- regen. Zunächst wollten sie pflichttreue Beamte und dann erst Verbandsmitglieder sein. Nur in Kiel   und Brannschweig seien einige Maßregelungen vorgekommen. DenBericht über die Wirksam- keit des Verbandes im verfloffenen Jahre und über den Mit- gliederstand" erstattete der zweite Verbandsvorsttzende, Ober- Postassistent Fischbach, welcher betont, daß der Verband im letzten Jahre wieder bedeutenden Zuwachs erhatten habe; di« Milgliederzahl sei von 6680 auf 8500 gestiegen, also eine Zunahme von 1820 Assistenten. Wenn sich der Verband so weiter entwickele, so werde man in 10 Jahren alle Post- assistenten, etwa 35 000 an der Zahl, in dem Verband« ver- einigen. Neu gegründet worden seien 4 Bezirksvereine in Aachen  , Münster  , Stettin   und Oldenburg  , sowie 26 Ortsvereine. Zur Zeit beständen 77 Vereine, und zwar 23 Bezirksvereine, 37 OrtS- vereine und 17 Bezirksleitungen, gegen 13 Bezirksvereine, 11 OrtS»