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Eine Städtebau-Atopie Wie Wrighi die Zukunft schaui
Frank Lloyd Wright  , dessen Arbeiten eben in der Preuhi- schen Akademie der jhitiste zu sehen waren und jeyt vom Wurttem- bergischen Londesgewerbeomt in Stuttgart   gezeigt werden, hat über die Stadt der Zutunst kürzlich an der Princeton-Universität Vor­lesungen gehalten. Es ist eine Utopie des amerikanischen   Architekten über Entwiikliingsmvglichkeiten im modernen Städtebau. Wright behauptet so liest man in derBaugilde", man werde die Stadt der Zukunft um 10 Uhr betrete» und um 4 Uhr verlassen, und zwar nur an drei Tagen der Wochen an den übrigen vier Tagen werde man sich der mehr oder weniger erfreulichen Angelegenheit Leben überlassen, jedoch nicht in der Stadt. Denn die Trennungs- linie zwischen Stadt und Land verschwindet ja schon jetzt ganz all- mähliche das Land absorbiert das Leben der Stadt in demselben Matz, als die Stadt zusaminenschrumpst und sich auf ihren Nutzzweck be- schränkt. Selbst die Nein« Stadt wird ollmählich in der allgemeinen BewegungLos von der Stadt" verschwinden. Auch die Autostrahen, die ursprünglich in die Stadt führten, werden dazu beitragen, die Gcgenbewegung zu beschleunigen. Bei der bevorstehenden Auflösung der amerikanischen   Stadt steht Wright ein wichtiges Glied in der Tankstelle. Dies« entspricht ge- wissermatzen einem künstigen Stadtzentrum. Jede Tankstelle, die eine einigermaßen günstige Lage hat, wird sich zu einemNachbar- schaftszentrum" ausmachst», mit Versammlungsraum, Restaurants, Wartesaol usw. Tausend solche Mittelpunkte an Stelle der jetzigen Städte werden das Ergebnis der Dezentralisation sein. An solche Verkehrsniittclpunkte werden stch Unterhalwngsstätten angliedern, bis man auch dafür alles zu Haufe hat: Radio, Televiston und Druck- erzeugnisst. Läden, die einer Kette von dezentralisierten Tankstellen ongeschlofstn stnd, werden bester für die Güterverteilung Sorge tragen, als es je in den bisherigen Städten möglich war. Die großen Straßen sind im Begriff, an die Stelle der Metro- polen zu treten. Alle möglichen Bedürsniste werden auf der Straße befriedigt werden. Der bequeme Autobus wird dafür Sorge tragen, dah man leicht und angenehm überall hingelangen kann. Man braucht stch nicht mehr davor zu fiirchten, auf einer Reist in die Stadt in den üblichen krampfartigen Stratzeiwerkehr verwickelt zu werden. Wright sagt: Städte sind große Mäuler, New Pork das größte Maul der Welt. Mußte einst die Stadt Nahrung und andere
Bedarfsartikel über dos flache Laich verteilen, so finden letzt du Produkte ihren Weg zum Verbraucher direkt. Filme und Tonfilme Konzerte, Opern und Borlesunzen werden bald besser zu Haus ge- hört werden, als in den großen Sälen alten Stils. Die Schulen werden zu angenehmen, schönen Plätzen werden, viel kleiner und viel mehr spezialisiert. Den Gemeinschaftssinn werden Anlagen von großer Schönheit befriedigen, als Zielpunkte für die Automobile. Dort können Planetarium, Rennbahn, Konzerthaus, Theater, Museen und Kunsthallen Platz haben: nur daß man dann tO solcher Mittel­punkte hat anstatt eines wie bisher. Di« gan� Gegend längs der Straßen erträumt stch Wright als schön entwickelten Park mit hohen oder flachen Häusern, die jedem Schönheit und private Ab- geschlosseyheit garantieren. Bald glaubt er dann an die Notwendigkeit, die Arbeitswoche in den Büros, in denen man mit neuen Erfindungen, mit Fragen der Standardisierung und Herstellung beschäftigt ist, abermals zu ver- kürzen. Die Stadt der nahen Zukunft wird der Bahnhof einer Fabrik sein vielleicht. Was immer aus ihr wird, sie wird nicht mehr sein als ein maschinenähnlicher Diener der Maschine, nachdem der Mensch aus ihr geflüchtet ist und anderswo alles gefunden hat, was die Stadt ihm jemals bot, außerdem noch die Abgeschlossenheit für sich, die er in der Stadt nie besaß und von der die Stadt ihn glauben machen will, daß er sie gar nicht haben will. Wirtliches Leben so schließt der amerikanische   Meister kann erst aus dem Zusammenwirken freier Persönlichkeiten mit dem Erdboden, unter dem befreienden Einfluß von Sonne, Licht, Lust und Weit« des Raumes sich ergeben. Zu dieser Einsicht müssen wir die Menschen erziehen. Wir wollen den elektrischen Funken volkstümlicher Neu- gier und Freuds an der Uebcrraschiing wieder aufblitzen lasten längs der Haupt- und Nebenstraße und über jeden Acker Land. In reiz- vollen Häusern, Schulen, bedeutenden öffentlichen Versammlungs- Plätzen soll sich architektonische Schönheit mit der Natur verschwistern. Wir können jetzt von der Zeit träumen, wenn es weniger Regierung und Polizei geben wird, aber mehr geordnete Freiheit. Wenn per- sönlichcr Witz, Geschmack und Charakter mit ihrem Salz und Aroma im Leben voll zur Geltung kommen, dann erst werden die Menschen mit ihrer Maschine ihr Ziel erreicht haben. Die Maschine wird dann der Befreier menschlichen Lebens werden.
Dis Vorbereiiung zum Bürgerkrieg. Ein aufschlußreicher Geheimbefehl aus dem Braunen Haus. München  , 28. Juli.  (Eigenbericht.) Den zahlreichen Geheim befehlen der Hitler- SA. zur Lorbereitung des Bürgerkrieges, die der Weilheimer Land- friedensbruchprozeß zutage förderte, reihte der Verteidiger der an- geklagten Reichsbannerleute in feinem Plädoyer aus dem umfang- reichen Aktenmaterial noch einen neuen S A.- G e h e i m b e f e h l an, aus dem unzweifelhaft hervorgeht, daß die Nationalsozialisten planmäßig und systematisch auf blutige Zluseinandersetzungen mit dem Gegner vorbereitet sind. Der Befehl datiert vom November ISZO und trägt die harmlose lleberschrift:Anweisung fiir die Winterarbeit." Er ist gezeichnet vom Osas-Stellvertreter Süd. Ziffer 4 des Befehls lautet:Das Tempo der Ausbildung von Sani- Männern(Sani- tätsmänncrn) ist zu beschleunigen. Es ist notwendig, dah jeder Sturm über mindestens sechs in den Kursen vom Roten Kreuz ausgebildete Sanimänner verfügt. Darüber hinaus muß es ermög- licht werden, dah aus dem Sturm mindestens weitere zehn Leute in der notwendigen Technik der ersten Hilfeleistungen ausgebildet werden. Es kann bei Autotronsporten und Saalschlachten sehr leicht vorkommen, daß be: Verletzungen irgendwelcher Art«in Sani- mann nicht gleich zur Stelle oder arbeitsfähig ist. Für diesen Mann müssen im Sturm Hilfssanimänner zur Verfügung stehen, die zum mindesten einen sachgemäßen ersten Verband anlegen können. Jeder SA.-Mann muß außerdem ein Verbandpäckchen bei sich trogen."
persönliches von August Forel  . Als August Forel  , der jetzt dahingeschiedene große Naturforscher und soziale Reformer, noch Direktor der Züricher   Irrenanstalt war, da wurde er eines Tages von dem erschrockenen Portier ins Warte- zimmer gerusen, weil sich dort ein ihnen beiden nur zu wohl- bekanntes gefährliches Subjekt eingefunden hatte: der trunksüchtige und brutale Ehemann einer beklagenswerten Frau, die als An- gestellte der Anstalt vor seinen Mißhandlungen Zuflucht gesunden hatte. Er kommt nun, um die Sklavin wieder zurückzuholen, und niemand wag! es, den gewalttätigen Kerl hinauszuweisen. Aber kaum hat Forel den widerwärtigen Namen gehört, da ist der kleine Mann in drei Sprüngen die Treppe hinunter, reißt die Türe aus, packt den vierschrötigen Rohling am Kragen und stößt ihn mit den Worten:Hinaus damit!" zur Tür hinaus, während die übrigen Jnsasten des Wartezimmers schreckensbleich zuschauen. Diese Hand- lung aus dem Alltag ist bezeichnend fiir das Wesen dieses großen Kämpfers, der sein Leben lang mit unerschrockenem Mut die gesähr- lichsten Erscheinungen unserer Kultur resolut anpackte und heraus- zuwerfen suchte: Unwissenheit und Trunksucht, Prostitution und Kricgshetzerei usw. Die Wissenschast, in der er so Hervorragendes geleistet, war ihm nur die Pforte ins Leben, die gelehrte Erkenntnis, die Vorbedingung für die praktische Tat. Vom Studium der Ameisen-ging er aus und ist der größte A m e i s e n f o r f ch c r seiner Zeit gewesen. Im ganzen hat er etwa 3000 neue Ameisenarten beschrieben und ihnen niehr als 20 Veröffentlichungen gewidmet. Aus der tiefgründigen Erforschung des Ameisenstaates erwuchs ihm die Hoffnung, dah der Mensch davon lernen könne.Wenn Sie mein großes Ameisenwerk studieren", hat er einmal zu einem Besucher gesagt,so begreifen Sie sofort, daß es auf Erden keine vernünstigeren Staatsmänner --gibt. Wir brauchen nur nachzumachen, was sie vorgemacht haben." Diesen Trost aus seinen Ameisenbüchern haben viele Friedens- freunde auch nach der Katastrophe des Weltkrieges geschöpft. So schrieb Romain Rolland  , daß ihm neu« Hoffnung auf die Genesung der verirrten Instinkte der Menschheit aus der von Forel geschil- derten Tatsache erwachsen sei, daß feindliche Ameisenvölker, die ge- waltsam vereinigt und in ein verlasienes Nest gesetzt werden, nur etwa einen Tag lang gegeneinander kämpfen und am folgenden bereits in großer Mehrzahl zusammenarbeiten. Wenn die Insekten sich so rasch versöhnen, warum sollt« das nicht endlich auch einmal die Menschheit zustande bringen? Wie Forel stets die Sache über die Person stellte, das zeigt fein Verhalten, als er 1912 von einem Schlaganfall betroffen wurde. von dem er sich nie wieder ganz erholt hat. Er beobachtete sich selbst scharf dabei und machte sein Leiden zum Gegenstand einer wissen- ichaftlichen Arbeit, der er den Titel gabSubjektive und induktive Selbstbeobachtung über psychische und nervöse Tätigkeit nach Hirn- trombose". Sein Arbeitszimmer war mit den bunten Plakaten ge- schmückt, die er zur Warnung vor den großen Menschheitsgeißeln verfaßt, und unter seinen mehr als 1000 Deröfsentlichungen sind viel« kurze Broschüren und Flugblätter, in denen er auf die ein- dringlichste und verständlichste Weise der ganzen Menschheit seine Ideen einprägen wollte.
Die Oichier und die Bücherkrise. Daß die allgemeine Witschaststrise auch da» Buch ergriffen hat, ist ja begreiflich. Aber hier ist die Krise seit dem Kriege dauernd und doch noch durch andere Umstände bedingt als das allgemeine Schicksal, wenngleich dieses natürlich entscheidend mitspricht. Jnter- essant« Ratschläge und Meinungen zur Linderung der Bücherkrise veröffentlichen einige deutsche Dichter in derLiterarischen Welt". Stefan Zweig   schreibt:Das einzige, was wir Schreibende und Schaffende in einer Zeit so katastrophal geschwächter Kaufkraft der Lesewille und Kaufwille ist gewiß nicht geringer geworden zur Aufrechterhaltung des Kontakts mit unfern Lesern tun können, ist, daß wir erstens unablässig unsere Verleger drängen, die Buch- preise möglichst niedrig zuhalten: zweitens: daß wir die Buchhändler, unsere Freunde und Verbündeten, mahnen, möglichst den Kauf- willigen entgegenzukommen, und daß wir drittens selbst Nothilfe leisten, indem wir unsere materiellen Ansprüche auf das Aeußerste herabsetzen". Aehnlich empfindet Lion Feuchtwanger  , daß der Autor auf den Verleger einwirke, damit dieser die Preise senkt, schärfere Auslese unter seinen Neuerscheinungen hält und eine sinn- volle Buchpropaganda durchführt. Frank Thieh weist ebenfalls auf die Ueberproduktion hin, die durch das allzu wahllose Annehmen von Manuskripten durch die Verleger hervorgerufen wird. Auch müsse die Buchkritik wieder in die Händevon literarischen Köpfen von Rang, Wissen und Unbestechlichkeit" gelegt werden. Wenn Kurt Tucholsky   sagt, daß der Preis des deutschen  Buches immer noch zu hoch sei, so stimmt er ein Klage an. die auch andere Autoren aufnehmen. Nach Josef Ponten   ist diese Klage zugleich falsch und richtig. Dom Standpunkt der Erzeuger, Verleger und Autoren au» ist sie falsch, aber vom Standpunkt de» Ver- brauchers aus ist sie richtig, denn das Buch gilt nun einmal als Lurusgegenstand", der die Kauskrast der meisten übersteigt. Ponten empfiehlt daher, wie die» schon öfters geschehen, die Einführung des ungebundenen Buches auf dem deutschen   Büchermarkt, das -10 Proz. billiger sein kann und daher auf größeren Absatz rechnen darf. Das ungebunden« Buch würde auch ein mächtiger Helfer der
deutschen   Sache im Auslande sein. Franz Blei   tritt ebenfalls für die Verbilligung des Buches durch die Verwendung schlechteren Materiols ein, denn es sei zunächst notwendig, daß das Buch ge- lesen wird. Wenn sich der Bedarf nach einer besseren Ausgabe ein- stelle, dann solle man ein solche veranstalten: zunächst aber würde» die teuer» Bücher doch nicht gekauft und müßten nach einiger Zeit verramscht" werden. Der Deutsche   müssekein Bücher-Aushebcr, sondern ein Bücher-Verbraucher werden". Walter von Molo   setzt sich für die größere Verbreitung der Bücher ein:Warum immer nur an die Städte denken, warum immer dasLand" vergessen? Einst hießen die BuchhändlerBuch- führer". weil sie ihr Berkaufsgut auf Karren im ganzen Reiche um- herführten. Gibt es heute keine Autos? Nicht Bauern, Arbeiter und die große Masse von Lesern auf dem Lande?" lieber diese Zer­splitterung des deutschen   Buchmarktes gibt auch F r i e d r! ch Sie- bürg interessanten Aufschluß, indem er auf die Spaltung der geistigen Ströme in der deutschen   Gegenwart hinweist. Die sozusagen ofsizielle Literatur", die von den großen Verlegern gemocht wird und in den Großstädten ihre Kreise findet, ist völlig getrennt von der Bücherwelt des sog. Mittelstandes, für die ganz andere Autoren schaffen.Man reiße die Schranken zwischen den beiden Bücher- weiten ein", schreibt er,und man wird erstaunt sein, wieviel Schlech- tes hüben und drüben ganz von selber verschwindet". Heinrich Mann   schließlich führt den psychologischen Hauptgrund an, warum nicht gelesen wird. Da die Existenzangst umgeht und daß der Ge- danke an Gewalt jeden andern verdrängt.
5ranz-Joseph-Land. Wohin gehört eigentlich dieses Franz-Joseph-Land  , das jetzt in aller Munde ist?" Ich muh gestehen, daß ich einen Augenblick stutzte. Ich erinnerte mich, daß Spitzbergen   1920 Norwegen   zuge- sprachen wurde, daß sich in Begleitung Eckeners außer deutschen  Gelehrten Wissenschaftler aus Amerika  , Schweden   und Rußland be- finden. Aber keinem dieser Länder gehört Franz-Joseph-Land  . Das Land ist herrenlos ein Niemandsland. Im Jahre 1873 wurde es durch eine österreichische Polarexpedition entdeckt, deren Führer die Inseln nach dem Kaiser Franz Joseph   benannten. Die Entdeckung geschah verhältnismäßig spät: Spitzbergen   wurde schon 1596 und Nowaja Semlja   sogar schon 1556 von Seefahrern erreicht. Die 60 Inseln, die zusammen über 20 000 Quadratkilometer ausmachen, also so groß sind wie Westfalen, scheinen aber auch keine besonders günstige Gaststätte zu sein. Franz-Joseph-Land   liegt ja unter allen nordischen Inseln am weitesten im Norden und bleibt vom Golfstrom unberührt. Die Schneegrenze schwankt zwischen 100 und 300 Meter, beträgt doch die durchschnittliche Temperatur des Winters 30 Grad Kälte, um sich im Sommer kaum über den Gefrier­punkt zu erheben. Die Zahl der Pftanzenarten, die in unseren Breiten noch in die Tausende geht, beträgt hier nur noch vierzehn. Kaum irgendwo findet sich eine Rasendecke, die größer ist als ein Quadratmeter: weithin erblickt das Auge nur Gletscher Gletscher, die bis an das Meer reichen. An Tieren leben hier nur der Eis- bär, Seevögel. Füchse und Polarhasen. Jetzt herrscht dort ständiger Tag bis in die Mitte des Oktober hinein: dann wird sich die Polar- nacht herniedersenken, die bis in die Mitte de» Februar währt.
Oer Werwolf." Lustspielhaus. Diese erotische Komödie geht immer noch unter dem Namen Angela Cana. obwohl inzwischen das Rätselraten um den Verfasser längst aufgehört hat und männiglich weiß, daß der Budapester Rudolf Lothar   der Autor ist.(Er hat ja noch mehr Ausflüge in diese Pürschgebiete unternommen, für die die Jagdregeln nicht immer feststehen.) Aber was wäre die Erotik des bürgerlichen Theaters ohne den Nimbus des Geheimnisvollen! Die ganze Kunst dieses Genres besteht darin, auf der messerscharfen Grenze zwischen der pikanten Anspielung und der ernüchternden Deutlichkeit zu jonglieren. Cara-Lothar fällt manchmal vom Drahtseil herunter. aber er kommt immer wieder auf die Beine. Das Spiel ist amü- sunt, solange es in der vorbereitenden Sphäre bleibt. Wenn alles aufgelöst ist, versackt es, ohne daß etwa noch eine symbolische Zu- jammenfossung versucht würde. Aber der erste Akt ist überaus span-
ncnd und bühnenwirksam, die Jzercüiziehung der leise ironisierten Geisterwelt nicht ohne Reiz. Die Ertüchtigung des zu Unrecht der erotischen Attentate beschuldigten Mädchenlehrcrs zur zugreifenden Tot ist voll witzig geschauter Situationen, aber der Rest ist trivial. Aber merkwürdig: gerade die stärksten Stellen fanden Beifall. Starker Tobak war gefragt. Die Delikatesse der Darsteller half über die gefährlichen Stellen hinweg, die Fahrt blieb unter Kurt von Möllendorsfs Regie flott. Hansi A r n st ö d t s liebesabentcuernde Herzogin war wie ihr Gegenspiel, die wirklich liebende Nichte Lia E i b e n sch ü tz, im besten Lustspielton gefaßt. Curt Vespermann   schuf in dem un- schuldige» Profesior den stärksten Kontrast zu der ihm angedichteten Werwolfrolle und nutzte die Situationskomik weidlich aus. Mit mystischer Weihe umgab Richard Starnburg den Okkultisten.
Radium   wird billiger. Radium, dieser ebenso kostbare wie wichtige Stoff, der zur Be- kämpfung des Krebses so notwendig ist, hat seinen fast unerschwing- lich hohen Preis hauptsächlich durch die Art der Gewinnung. Zwar ist das Radium auf dem Weltmarkt zuletzt etwas billiger geworden, da die Förderung der Roherze gestiegen ist. Aber um ein Gramm Radium zu gewinnen, braucht man noch immer fast 500 000 Kilo- gramm Roherz, zu dessen Bearbeitung 500 000 Kilogramm Chemi- kalien, 1000 Tonnen Kohle und 10 000 Tonnen destilliertes Wasler nötig sind. 150 Mann müssen einen ganzen Monat an der Ge- winnung dieses Gramms Radium   arbeiten, und auch dann liegt es noch nicht rein vor, sondern muß noch etwa 5 Monate mit den feinsten Apparaten von Chemikern weiter gereinigt werden. Unter diesen Ilmständen ist es von größter Bedeutung, daß jetzt, wie in Reclams Universum" berichtet wird, ein Verfahren entdeckt worden ist, das die ganze Arbeit von 6 Monaten auf einen Monat verkürzt. Dadurch dürfte das Radium bedeutend mehr verbilligt werden als bisher, so daß auch das verarmte Deutschland   etwas mehr davon erwerben kann; besitzen wir doch nur K Gramm, während Schweden   über 6 Gramm verfügt. Das Krebskomitee des Völker- bundes, dem die Verteilung des Radiums auf der ganzen Welt ob- liegt, wird dann die besonders schlecht ausgerüsteten Länder reicher bedenken können. Kinobesuch als Erwerbszweig für Arbeitslose. Die amerika  - nischcn Filmproduzenten suchen mit allen Mitteln, sich den Pariser Filmmarkt zu erobern. Seit einigen Wochen sind in Paris   für amerikanische   Filme noch zwei besondere Uraufführungstheater er- öffnet worden, in denen die Filme in der amerikanischen   Fassung lausen. Um den französischen   Filmocrleihern auch die Wirkung des Films auf das Publikum vorzuführen, füllen diese Thealer das Kino mit einem Publikum, das für den Besuch der Vorstellung bezablt wird. Die Unkostenverglltung beträgt pro Kopf drei Frank. Die Orinocoquellen aufgesunden. Einer Iorschungscxpedition unter Führung des Amerikaners Dickey ist es gelungen, die bisher unbekannten Quellen des Orinocoflusses in Nordbrastlien aufzufinden. Drei Jahre Gefängnis für unpassende Dadekleidur.q! Un- schicklich gekleidete Badegäste, deren Kostüm das Schamgefühl ver- letzen können, werden in den eleganten Seebädern Kanadas   mit einer dreijährigen Gefängnisstrafe bedroht. Ein neues Gesetz ist soeben im Parlament in dritter Lesung angenommen worden. Das drakonische Gesetz verfolgt den Zweck, den Nacktparaden der west- lichen Duchoborzen, der in Kanada   eingewanderten Anhänger der russischen Sekte, ein Ende zu machen. Die Frage eines Abgeord- neten, welche Kostüme als anstößig zu gelten hätten, beantwortete der Minister dahin, daß man die Entscheidung hierüber ganz dem Takt und dem gesunden Menschenverstand der Richter und Ge- schworencn überlassen dürfe. Ein Gesetz zur Sterilisierung von Verbrechern. Während >5 Staaten der amerikanischen   Union   bereit» Gesetz« über die Un- sruchtbarmachung von Geisteskranken besitzen, hat jetzt Oklahoma  ein Gesetz erlassen, das auch die schwersten Verbrecher mit diesem Schicksal bedroht.Sterilisation ist keine Bestrafung, sondern ein Schutz", heißt es in der Begründung.Sie bringt keine Erniedri- gung oder Aechtung, sondern ist ein« menschliche Maßnahm« im allgemeinen Interesse." Man geht davon aus, daßVerbrecher des dritten Grades", die bereits mehrfach rückfällig geworden sind, un- oerbesserlich sind und daß sie ihre verhängnisvollen Eigenschaften nicht auf ihre Nachkommenschaft übertragen dürfen Dies« Maß- nähme wird stark angefochten.