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Rr. 449 48. Jahrgang

Trude

8.

Schulz:

2. Beilage des Vorwärts

Eine Proletarierkindheit

Aus Friedrich Hebbels Schuljahren

bild wandelt sich für den kleinen Friedrich. Hebbel   schrieb später darüber: ,, Als wir uns noch im Besiz befanden, wurde mein Ansehen als Kätnerssohn noch bedeutend durch den Birnen- und den Pflaumenbaum unseres Gartens gesteigert. Selbst im Winter wurde es nicht ganz vergessen, daß ich im Sommer etwas zu verschenken habe, und mancher hart gefrorene Schneeball, der mir unsprünglich zugedacht war, flog doch an meinen Ohren vorüber, weil man besorgte, daß ich zu ungelegener Zeit Revanche nehmen möchte... Dies alles hatte nun ein Ende, und die Folgen waren anfangs recht bitter. Zunächst wurden meine Eltern feierlich als Hungerleider" eingekleidet, denn es ist charakteristisch an den geringen Leuten, daß sie das Sprichwort: Armut ist keine Schande!" zwar erfunden haben, aber keineswegs danach handeln Dann fing man an,

Schlimmer noch als der leibliche Hunger, fann der geistige, bezieht mit seiner Familie eine ärmliche Mietwohnung. Das Welt­brennen. Das Kind armer Eltern, das nach jenen Früchten des Wissens strebt, die in den Gärten der höheren Bildung" wachsen, muß diesen Hunger auch heute noch nur zu oft fennen lernen. Die Möglichkeiten zum Aufstieg der Tüchtigen sind durch die kata­Strophale Wirtschaftslage praktisch nahezu völlig vernichtet. Gelingt es trotzdem einem einzelnen, unter Not und Entbehrungen törperlicher Art seine geistigen Bedürfnisie einigermaßen zu be­friedigen, so zahlt er dafür fast immer den höchsten Preis: seine Kindheit. Zu Haus fizzt die Not am Tisch und klärt ihn über die Kosten seines Bildungsdranges auf. In der Schule steht er abseits von den anderen Kindern, abseits von ihren Freuden, abseits von ihrer Welt, die nicht die seine ist. Jene dürfen noch mit dem Leben spielen, dürfen es sich noch leicht und glücklich träumen; er aber trägt bereits die Last auf seinen jungen Schultern.

So ist es noch heute; so war es früher. Wer in Friedrich Hebbels Tagebüchern und in seiner Selbstbiographie blättert, blidt erschüttert in eine grausame proletarische Kindheit, die einen Menschen zu zerbrechen drohte, den wir heute stolz zu unseren großen deutschen Dichtern zählen.

,, In meinem vierten Jahr", schreibt Hebbel   ,,, wurde ich in eine Klippschule gebracht. Eine alte Jungfer, Susanna mit Namen, hoch und männerhaft von Wuchs, mit freundlichen blauen Augen, stand ihr vor. Wir Kinder wurden in dem geräumigen Saal, der zur ur Schulstube diente und ziemlich finster war, an den Wänden herum­gepflanzt, die Knaben auf der einen Seite, die Mädchen auf der anderen; Susannas Tisch, mit Schulbüchern beladen, stand in der Mitte, und sie selbst saß, ihre weiße tönerne Pfeife im Munde und eine Tasse Tee vor sich, in einem Respekt einflößenden urväterlichen Lehnstuhl dahinter. Vor ihr lag ein langes Lineal, das aber nicht zum Linienziehen, sondern zu unserer Abstrafung benutzt wurde, wenn wir mit Stirnerunzeln und Räuspern nicht länger im Zaume zu halten waren; eine Tüte voll Rosinen, zur Belohnung außer ordentlicher Tugenden bestimmt, lag daneben." Diese eigenartige Schule war ein Brivatunternehmen jener Vorsteherin Susanna. Es war auf recht seltsame Weise zustande gekommen. In den ,, Me­moiren" berichtet Hebbel   darüber: So war Susanna einmal an einem stürmischen Herbstabend, ohne einen Heller zu befizen, und völlig fremd, auf hölzernen Pantoffeln nach Wesselburen   gefommen und hatte bei einer mitleidigen Pastorswitwe um Gotteswillen ein Nachtquartier gefunden. Diese entdeckt, daß die Pilgerin lefen und schreiben kann, auch in der Schrift nicht übel Bescheid weiß, und macht ihr daraufhin Knall und Fall den Vorschlag, im Ort, ja in ihrem Hause zu bleiben und Unterricht zu geben. Die Jugend, wenigstens der triechende Teil derselben, mar nämlich gerade verwaist; der bisherige Lehrer, lange Zeit wegen seiner strengen Zucht höchlich gepiesen, hatte ein nasemeises kleines Mädchen zur Strafe für irgendeine Ungezogenheit entblößt auf einen heißen Ofen gesetzt, vielleicht, um ein noch größeres Lob davonzutragen, und das war denn doch auch den unbedingtesten Verehrern der Rute zu stark gewesen. Susanna ftand ganz verlassen in der Welt da und wußte nicht, wohin sie sich wenden oder was sie ergreifen sollte, und sie

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vertauschte die gewohnte Handarbeit daher gerne, obgleich nicht ohne Angst, nach ihrem eigenen Ausdruck, mit der schweren Kopfarbeit, und die Spekulation glückte vollkommen und in fürzester Frist."

Viel konnte solche Lehrerin ihren Schülern freilich nicht bei­Haus halten, damit die Kinder nicht gar zu rasch ihrer Zucht ent­muchfen. Hebbel   berichtet darüber: Ich blieb in Susannas Schule bis in mein sechstes Jahr und lernte dort fertig lesen. Zum Schreiben ward ich, meiner Jugend wegen, wie es hieß, noch nicht zugelassen; es war das letzte, was Susanna mitzuteilen hatte, darum hielt sie vorsichtig damit zurück. Aber die notwendigsten ersten Gedächtnis. übungen wurden auch schon mit mir angestellt, denn sowie der Knirps sich vom geschlechtslosen Rock bis zur Hose, und von der Fibel zum Katechismus aufgedient hatte, mußte er die zehn Gebote und die Hauptstücke des christlichen Glaubens auswendig lernen." Selbstverständlich ließ sich Susanna ein, wenn auch nur geringes Schulgeld zahlen, das die Eltern der wohlhabenderen Schüler noch durch allerlei Geschenke ergänzten. Susanna zeigte sich dafür er­fenntlich, indem sie ihren Kindern eine bevorzugte Stellung in ihrer Schule einräumte. Die tleinen Gaben, mit denen sie Fleiß und Bohlverhalten belohnte, verteilte sie außerordentlich parteiisch. Die Kinder wohlhabender Eltern", liest man in den ,, Memoiren", hielten das beste und durften ihre oft unbescheidenen Wünsche laut aussprechen, ohne zurechtgewiesen zu werden; die Aermeren mußten mit dem zufrieden sein, was übrig blieb, und erhielten oft gar nichts, wenn sie den Gnadenaft nicht stillschweigend abwarteten. Das trat am schreiendsten zu Weihnacht hervor. Dann fand eine große

bringen; vor allem mußte sie auch mit ihrem Wissensstoff sparsam

er

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auf uns Kinder zu hacken. Die alten Spielkameraden zogen sich zurück oder ließen uns den eingetretenen Unterschied wenigstens empfinden, denn der Knabe, der einen Eierkuchen im Leibe. hat, blickt den von der Seite an, der den Magen mit Kartoffeln füllen mußte; die neuen hänselten uns und zeigten sich widerwärtig, wo sie konnten, ja, die Pflegehausjungen" drängten sich heran. Diese, armen Waisen, die auf öffentliche Kosten in einem Mittelding von Mildtätigkeitsanstalt und Hospital unterhalten wurden, bildeten nämlich die allerunterfte Klasse; sie trugen graue Kittel, hatten in der Schule, wie die Grafen   in Göttingen  , ihre eigene Bank, nur aus anderen Gründen, und wurden von allen gemieden, so daß fie fich selbst als halbe, Ausjägige betrachteten und sich nur dem näherten, den sie verhöhnen zu dürfen glaubten. Doch hatte das alles zulegt sehr gute Folgen für mich. Ich war bis dahin ein Träumer ge­wesen... jetzt ward ich ins tätige Leben hineingetrieben. Es galt, sich seiner Haut zu wehren."

Der Vater, von den Sorgen des Lebens verbittert, möchte seine Kinder bald zum Mitverdienen heranziehen. Beim Tode seiner Mutter schreibt der 25jährige Hebbel in sein Tagebuch: Ihr( der Mutter) allein verdanke ich's, daß ich nicht, wovon der Vater jeden Winter, wie von einem Lieblingsplan, sprach, den Bauernjungen spielen mußte, mas mich vielleicht bei meiner Reizbarkeit schon in den zartesten Jahren bis auf den Grund zerstört haben würde; ihr allein, daß ich regelmäßig die Schule besuchen und mich in reinlichen, wenn auch geflicten Kleidern öffentlich sehen lassen konnte. Gute, raftlos um deine Kinder bemühte Mutter, du warst eine Märtyrerin."

Nach seiner Konfirmation trat der 14jährige Hebbel als Schreiber

Freitag, 25. Geptember 1931

in den Dienst des Kirchspielvogtes Mohr. Erst im Alter von 22 Jahren wurde er aus dieser untergeordneten Tätigkeit befreit, die ihn, der schon damals an seine Berufung zum Dichter glaubte, aufs tiefste niederdrücken mußte. Mohr behandelte Hebbel   völlig als zum Gesinde gehörig; mit seinem Rutscher mußte Hebbel   das Bett teilen.

Die Freiheit", die sich dem jungen Hebbel   dann in Hamburg  durch Amalie Schoppes Unterstützung auftat, war allerdings in Wahrheit nur ein neuer Kerker. In seinen späteren Auseinander­setzungen mit Amalie Schoppe   gibt Hebbel   davon ein Bild; er schrieb an sie: Jene Zeit, wo ich fortwährend in Dittmarschen verharrend, realiter nichts von Ihnen empfing, dagegen aber von Ihnen in so mancher Zuschrift getröstet und ermuntert wurde, war diejenige, wo ich Ihnen in Wahrheit dankbar verpflichtet ward, denn das feste Vertrauen auf die Zukunft, das Sie in mir weckten und stärkten, befreit die Jugend, die noch keine Grenzen fennt, von der Gegen­wart. Inzwischen waren Sie tätig für mich, lange ohne Erfolg irgendeiner Art. Endlich meldeten Sie mir, Sie hätten Aussicht zum Studieren für mich, und teilten mir das Tatsächliche, daß das Fräulein Jänisch, jetzige Frau Gräfin von Rhedern, 100 Taler hergeben wollte, und daß außerdem noch ein paar Beträge. erwarten stünden, mit.( Nach Hebbels Aufstellung gingen insgesamt 150 Taler ein.) Welcher Art aber waren die Berhältnisse, in die ich jetzt eintrat? Den Bediententisch in Wesselburen   ver­tauschte ich mit Freitischen bei allerlei Leuten; den schlechten Tisch also mit dem Gnadentisch. Auf einer Schulbant, wo Knaben saßen, mußte ich, da ich mich Ihren Anordnungen nicht widersetzen durfte, mir einen Platz gefallen lassen Zu meinem Oberaufseher war der Herr Dr. Schmalz bestellt; dieser behandelte mich wie der Groß­almosenier einen armen Seminaristen, was ich dem vielbeschäftigten, würdigen Geistlichen, der mich nicht kannte und sich die Zeit, mich fennen zu lernen, vielleicht nicht nehmen durfte, nicht verdenke und noch weniger nachtrage, was ich aber doch aufs schmerzlichste empfand. Ich will jedes Herz fragen, ob ein Mensch, und noch dazu einer, in dem das stets mit unendlicher Sensibilität verbundene dichterische Talent normaltet, sich in einer gleichen oder auch ähnlichen Lage wohlfühlen kann?"

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Schwerste Not und Demütigungen geleiteten Hebbel   auch durch seine Studienjahre in Heidelberg   und München  . Am 4. Juni 1836 schreibt er in sein Tagebuch: Wie sie mich drückt, diese hohle, flache Existenz, wie es mich drückt, für eine Last, der ich erliege, auch noch, damit sie mir bleibt, arbeiten zu müssen!"

Erkältet, mit zerrissenen Schuhen, kommt Hebbel   am 31. März 1839 wieder in Hamburg   an. Seine Bildungsjahre find abge= schlossen. Die Not ist noch immer seine treue Begleiterin. Zwei Säße, die er im April in sein Tagebuch schreibt, ziehen das Fazit der vergangenen Epoche: Manches für möglich halten, heißt es gewiß machen." Anschließend steht die zweite Notiz: Jemanden oft prügeln, heißt, ihm aus seiner eigenen Haut einen Panzer schmieden."

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Elke: Frauenrecht unter Friedrich II.

Immer wieder wird Friedrich II.   von nationalistischer Seite als das Idealbild eines Herrschers dargestellt, den man am liebsten in einem seiner hohenzollernschen Nachfolger zu neuem Leben er­medt sehen möchte. Als Inbegriff friedlicher Tugenden wird der Philosoph und Flötenspieler von Sanssouci   gepriesen, und wenn er auf der Leinwand des Films erscheint, dann klopfen die Herzen feiner männlichen und weiblichen Verehrer. Besonders als Hort der Gerechtigkeit wird Friedrich gepriesen, als unbestechlicher, un parteiischer Richter, der selbst dann ein Urteil gefällt habe, wenn es einen Nachteil für ihn ſelbſt bedeutete. Sierher gehört die sehr schön und rührend erfundene, aber leider völlig den Tatsachen zuwiderlaufende Geschichte vom Müller von Sanssouci  . Hierher gehört aber auch eine längst vergessene, jedoch authentische Ange Tegenheit, die besonders interessant ist, weil sie Friedrichs Rolle ais Cherichter und Beschützer einer Frau wiedergibt.

Der Schüßling" Friedrichs war feineswegs eine unbekannte Frau aus dem Volke, sondern sie gehörte einer außerordentlich an­gefehenen, mit dem Hohenzollernhause vielfach verschwägerten Fa milie an, dem Geschlecht derer von Brandenburg- Schwedt. Die junge Frau, die in diese bekannte Familie eingeheiratet hatte, war das neunte Kind des Alten Dessauers", das geliebte und behütete Nesthäfchen jenes Mannes, dem Friedrich ebenso wie sein Vater Friedrich Wilhelm I.   besonderen Dank schuldete. Das Boltinifen", mie der alte Dessauer seine Jüngste zärtlich nannte, wurde glüd liche Braut und Gattin des Markgrafen von Schwedt  . Doch schon nach wenigen Jahren trübte sich die Ehe immer mehr. Wer daran die Hauptschuld trug, mag dahingestellt bleiben. Die junge Frau fühlte sich wohl ihrem Gatten geistig überlegen, und der Markgraf  scheint seine Rolle als Herr durch besonders betonte, eigenmächtige Handlungsweise zuweilen start unterstrichen zu haben. Angeblich soll er sich dann in eine Hofbame verliebt haben, die später ent­

| ein elendes Landstädtchen, und die ihrer Freiheit beraubte junge Frau verging dort fast vor Langeweile. Sie hatte nicht die geringste Abwechsiung, Anregung oder Unterhaltung, und da eine preußische Prinzeffin aus Standesrücksichten nichts tun durfte, was nur im entferntesten dem glich, was ein gewöhnlicher Sterblicher Arbeit" zu nennen gewohnt ist, so waren die Tage und Wochen endlos.

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Doch es sollte noch schlimmer kommen. Der Gatte der Ge­fangenen hatte gewisse geldliche Verpflichtungen für den Unterhalt

seiner Frau übernehmen müssen, aber er erfüllte sie nur teilweise. monatlich tamen etwa 50 Taler in Kolberg   an. Davon follten die Martgräfin, die Haushofmeisterin, die Hofdame und die sechs Wieder erhoben die Geschwister Einspruch beim Diener leben. König, aber Friedrich hüllte sich in Schweigen. So blieb ihnen nichts übrig, als ihr Boltiniken mit Geld und Lebensmitteln zu versorgen. Aber der König ging noch weiter. Er verweigerte dem Martgrafen, der schließlich der ganzen Sache müde wurde und um Scheidung bat, um flare Verhältnisse zu haben, ausdrücklich seine Zustimmung, weigerte sich aber andererseits ebenso unerbilt­lich, die junge Frau ihrer Familie wieder zuzuführen. Selbst während der drei Belagerungen Kolbergs durch die Russen im Siebenjährigen Kriege, als das Haus der Markgräfin   unter dem Bombardement stand, wurde ihr streng verboten, die Stadt zu perlaffen. Schließlich flüchtete sie unter die Gewölbe des Rats­fellers. Nach der Einnahme Stolbergs stellte sie sich unter ruffischen Schutz und atmete auf, der Knechtschaft entronnen zu sein. Dody nach dem Tode der Zarin Katharina übernahm Friedrich von neuem das Protektorat".

bärbeißiger alter Mann galt, fogar Friedrichs eigene Schwester, die Markgräfin   von Bayreuth  , legten sich ins Mittel, um die

Der Prediger Kolbergs und der Major Heyden, der sonst als

Quälereien und Schikanen, denen die junge Frau ausgefeßt war,

Berteilung von Kuchen und Nüssen statt, aber in treuester Befolgung lassen wurde, und am Hofe flüsterte man, daß auch das Boltinifen zu beenden. Bis zu ihrem Tode blieb sie Gefangene, nachdem

der Evangeliumsmorte: Wer da hat, dem wird gegeben! Die Töchter des Kirchspielschreibers, einer gewaltigen Refpeftsperson, die Cöhne des Arztes usw. wurden mit halben Dutzenden von Kuchen, mit ganzen Tüchern voll Nüssen beladen; die armen Teufel dagegen, deren Aussichten für den Heiligen Abend im Gegensatz zu diesen ausschließlich auf Susannas milder Hand beruhten, wurden fümmerlich abgefunden. Der Grund war, weil Susanna auf Gegen geschenke rechnete, auch wohl rechnen mußte, und von Leuten, die nur mit Mühe das Schulgeld aufzubringen wußten, feine erwarten durfte. Ich wurde nicht ganz zurückgesetzt, denn Susanna erhielt im Herbst regelmäßig von unserem Birnbaum ihren Tribut, und ich genoß ohnehin meines guten Kopfes" wegen vor vielen eine Art von Borzug. Aber ich empfand den Unterschied doch auch und hatte besonders viel von Susannas Magd zu leiden, die mir das Un schuldigste gehässig auslegte, das Ziehen eines Taschentuchs 3. B. einmal als ein Zeichen, daß ich es gefüllt haben wollte, was mir die glühendste Schamröte auf die Wangen und die Tränen in die Augen trieb. Sobald Susannas Barteilichkeit und die Ungerechtigkeit ihrer Magd mir ins Bewußtsein traten, hatte ich den Zauberkreis der Kindheit überschritten. Es geschah sehr früh."

Im Alter von sechs Jahren kam Hebbel   in die Volksschule, die damals gerade in Wesselbeuren errichtet wurde. Bis dahin hatten auch für die heranwachsende Jugend nur völlig unzulängliche Lehr­stätten bestanden, die, obwohl sie einer Art obrigkeitlicher Kontrolle unterstanden, kaum mehr als die Künste des Lesens und Schreibens ihren Schülern vermittelten. Ungefähr in dieselbe Zeit wie die für Hebbels Bildungsgang wichtige Umschulung fällt ein Ereignis, das die Familie völlig in die Tiefen der Armut hinabstößt: Hebbels Bater, der Maurer Klaus Friedrich Hebbel, fann eine Schuld nicht zahlen und wird daher aus seinem feinen Haus vertrieben. Er

einen Berehrer gefunden habe, der sie über den Verlust des Gatten einen Berchrer gefunden habe, der sie über den Verlust des Gatten zu trösten verstehe. Jedenfalls hörten gegenseitige Beschuldigungen, Vorwürfe und Klatschgeschichten nicht auf, und der Ehemann be= schwerte sich schließlich bei Friedrich II  , der als Familienoberhaupt das Richteramt über jede preußische Prinzessin inne hatte, und. bei dem Bruder seiner Frau.

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Der König machte furzen Prozeß. Er fällte das Urteil, die junge Frau kurzerhand auf eins seiner Schlösser zu schaffen und sie dort unter der Obhut einer Oberhofmeisterin lebenslänglich zu belassen. Umsonst flehte der ebenfalls als Richter angerufene Bruder des Boltinifen" um eine Untersuchung des ehelichen 3wistes, bei der auch seine Schwefter sprechen dürfe. Umsonst schrieb die junge Frau selbst demütige Briefe an ihren Gatten und den König, in denen sie ihre Unschuld beteuert und versprach, teinen anderen Willen als den seiner Durchlaucht, ihres Gatten, und den Seiner Majestät, des Königs anzuerfennen und ein gehorsam Eheweib" fein zu wollen. Friedrich blieb hart und unerbittlich, und seiner Befehlsgewalt gegenüber gab es keinen Widerstand. Bei Nacht wurde die junge Frau trotz Weinens und Sträubens gewaltsam aus dem Schlosse gebracht, nach Kolberg   gefahren und dort im Gouvernementsgebäude in der Domstraße untergebracht. Eine Oberhofmeisterin, eine Hofdame und sechs Bediente nahmen die Markgräfin   unter ihren Schutz", d. h. die Markgräfin   durfte unter feinen Umständen allein ausgehen oder ausfahren. Sie war eine Gefangene und hatte sich allen Borschriften zu fügen.

Go faß denn das arme Boltiniken allein in einem gott­verlassenen kleinen Landnest und hatte Zeit genug, darüber nach­zudenten, was es hieß, eine preußische Prinzessin zu sein und den großen Friedrich als Beschützer" zu haben. Kolberg   war damals

fie 31 Jahre in Rolberg verbracht hatte, ohne ihr Kind wieder­gesehen zu haben.

Welches mögen die Gründe gewesen sein, die den gerechten" Rönig zu einem so harten Spruche bewogen? Sie sind nicht schwer zu erraten. Die Markgrafschaft Schwedt  , die sehr reich war, fiel. in dem Augenblick an die preußische Krone zurück, in dem feine männlichen Erben vorhanden waren. Das martgräfliche Ehepaar hatte zwar zwei Töchter, aber keinen Sohn.

Demnach sieht das Bild des gerechten Rönigs" in der nüch ternen Wirklichkeit etwas anders aus als in der Spiegelung roman­

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wie vollkommen

tischer Herzen. Und wenn schon gegen eine Prinzessin, deren Vater dem König so viele unschäßbare Dienste geleistet hatte, eine solche recht- und würdelose Behandlung möglich war pogelfrei mögen dann erst die Frauen der Bauern und der profe tarischen Untertanen, die durch die langjährigen Kriege völlig ver­armt maren, gewesen sein! Wenn uns also auch heute noch rührende Anekdoten über diesen unparteiischen Richter vorgesetzt werden und der Film die edlen Eigenschaften des großen Hohen­ zollern   noch so einschmeichelnd vor die Seelen stellen mag: Wir Frauen haben jedenfalls am wenigsten Grund, uns einen solchen ,, Landesvater" wieder zu wünschen.

Die Brüdenechie auf Neuseeland   ist der einzige Nachkomme der großen Saurier, die in großen Scharen die Erde zur Sekundärzeit bevölkerten.

Menschen mit grünem Haar findet man in Chile  , bei den großen Kupfergruben. Dort wird das Roherz in Hochöfen geröstet, und die Dämpfe dieses Verfahrens führen ziemlich rasch die feltfam Farb­änderung herbei. Im übrigen bleibt das Haar unbeschädigt.