Das neue Gtrafrecht. Reichöiagsausschuß beschließt Fortsetzung der Reform« beratungen. Der Strafrechtsausschuß des Reichstags trat heute zusammen, um darüber zu beschließen, wann die Beratungen über die Reform des Strafrechts wieder aufgenommen werden �(ollen. Die Nationalsozialisten und Deutschnationalen fehlten natür- lich. Der Vorsitzende Dr. Kahl geißelte in ernsten Worten die Pflichtwidrigkeit des Wegbleibens der beiden Parteien der natio- nalen Opposition. Reichsjustizminister Joel erklärte, er hoffe, daß der Ausschuß sich das Gesetz des Handelns nicht von der nationalen Opposition vorschreiben lasse, sondern alles tue, um die Reformarbeit zu fordern. Wenn die Reform nicht bald zuwege komme, werde man auf den Weg der Novellengesetzgebung abgedrängt. Der Reichstag habe die Pflicht, das Strafgesetz und auch die anderen großen Ge- sctzesänderungen parlamentarisch zu erledigen. Er sei entschiedener Gegner einer organischen Gesetzgebung auf Grund des A'-tikels 48 der Reichsverfassung: nur Fragen dritten Ranges oder ganz dring- liche Fragen könne man durch Notverordnung erledigen. Er habe es deswegen auch abgelehnt, die Gesamtreform des Aktienrechts auf dem Boden des Artikels 48 durchzuführen. Der Ausschuß beschloß mit allen Stimmen gegen die der Kommunisten, die Beratung des Strafrechts am 12. Januar zu beginnen. Die Kommunisten erklärten, daß sie kein Interesse an der Erledigung des Entwurfs haben: ihnen ist das geltende Straf- recht, das aus dem vorigen Jahrhundert stammt, offenbar lieber als eine Reform: es soll nach ihrem Sinne in Geltung bleiben, bis es einmal später durch ein Sowjetstrafrecht abgelöst wird. „Zur goldnen Liebe." Komische Oper Ein Dreimännerkollegium, Ralph B e n a tz k y, Willy Wolfs und Martin Zickel , hat«ine Art musikalisches Volksstück geschaffen. geeignet, uns ein paar Stunden zu erfreuen. In der Kneipe„Zur goldnen Liebe" entdeckt der Komponist die Tingentangel- fängerin Lisa und macht sie zum Star seiner neuen Operette. Durch den Sprung in die große Welt wird sie zunächst nicht restlos glücklich. Sie findet sich in chrer neuen Umgebung noch nicht zu- lecht. Gebrochenen Herzens kehrt sie in ihr alles Tmgellangel zurück, aber was wäre eine Operette ohne happx enck! Zum Schluß holt sie der Komponist aus der Kneipe wieder heraus, zur Bühne und fürs ganze Leben. Diese Umwege zum Glück bieten den An- aß für Handlung und reichliche Situationskomik. Alles was sich ls publikumswirksam erwiesen hat, frischen die Autoren auf: iroben auf dem Theater mit dem nervösen Direktor, Ausbau eines Bühnenbildes, Theaterregen, Theaterdonner--- der Kitsch des Opcrettenschmalzes wird persifliert, daneben Rührscligkeiten alten Schemas. Aber die Autoren nehmen der Kritik die Waffen aus den Händen, indem sie sich selbst persiflieren. Untermalt ist die andlung von den modernen Klängen der Benatzkyschen Musik, un- tthetisch, anspruchslos und gefällig. Usbcr allem schwebt das iante Temperament der Lizzy Waldmüller , die mit Scharm und irazie tanzt und singt. Eingeengt wird ihre Frische nur von ihrem illzu pathetischen Partner Norbert Fels. Dafür sorgen für die nie erlahmende Heiterkeit des Abends Paul Westermeyer, Kurt Lilien , 5)ugo Wsrner-Kahle und das jugendliche Paar Else Elster und Karl Stepanek Reichlicher Beifall rief Autoren, den Komponisten und die Darsteller vielmals vor die Rampe. vsr. «The 4wo Virtucs." Internationales Theater. Das in englischer Sprache aufgeführte Stück„Tb« two Virtuos"(„Zweierlei Tugend") von Alfred S u t r o will eine zmödie sein. Es lohnt nicht, auch nur den Inhalt dieser vier Akte ederzugeben. Der Schluß bietet jedenfalls ein unzweifelhaftes ippy end, besonders für den Zuschauer. Vielleicht hat dem Ver- .isser der„Komödie" sogar vorgeschwebt, die pharisäische Moral er englischen Bourgeoisie zu schildern, aber es bleibt bei bloßer 5tonversation, kein« Spur von Gestaltung. Die Schauspieler können auch nicht mehr aus dem Stück herausholen, als darin ist, so sehr sie sich bemühen. Vivian G i b s o n und G. H. Schnell gelingt es immerhin, das Publikum doch gelegentlich zum Lachen zu bringen. Wer zwei Stunden englisch sprechen hören will und wem es überdies gleichgültig ist, was gesagt wird, mag hingehen. dl. Abschied von Richard Tauber . Bunter Abeno in der Städtischen Oper. Hilfsbereite Künstler setzen sich für ihre notleidenden Kollegen ein in gebefreudiger Laune und wie es scheint, mit bestem klingen- dem Erfolg. Das große Haus der Städtischen Oper in Charlotten- bürg war zu der Wohltätigkeitsveranstaltung, die der Verein Deutsche Künstlerhilse angesagt hatte, bis auf den letzten Platz gefüllt. Um Mitternacht fing der Bunte Abend an und als sich um 3 Uhr nachts der Vorhang senkte, wollte sich das Publikum immer noch nicht trennen. Die besten Conferenciers hatten sich ein Stelldichein gegeben. Paul Morgan , Werner Fink , Helmut Krüger, Paul Nikolaus und auch Egon Iacobsohn, der sonst den Redaktionssesscl drückt und seine Sache ebenso gut machte. wie einer vom Bau, brachten das Publikum schnell in Stimmung. Roda Rodas Schnurren, hoch zu Roß erzählt, ein schmissiger Jazz auf zwei Flügeln, die federnden Beine der Marianne W i n k e l st e r n. Senta Sönelands drastische Komik sorgten für Abwechslung und frohe Laune. Rosi Barsony und Harald Paulsen sangen mit Schwung und Feuer eine Szene aus der „Blume von Hawai", wobei es sich Paulsen nicht nehmen ließ, es im Spitzentanz mit seiner Partnerin auszunehmen. Die Attraktion des Abends bildeten Richard Tauber , der kurz vor seiner Amerikareise steht, und Gitta Alpar . die mit unvergleichlichem Scharm Lieder aus Madame Dubarry zum Besten gab. Dgr. Stadt Berlin und Volksbühne. Vom Generalsekretariat der Volksbühne E. V. wird uns ge- schrieben: Durch die Presseberichte über die Stadtverordnetensitzung am IS. Oktober wird vielfach der Eindruck erweckt, als hätten die Stadt- verordneten über neue Darlehen der Stadt an die Volksbühne ver- handelt. Tatsächlich bezogen sich die Debatten jedoch ausschließlich auf Darlehen, die der Volksbühne bereits in den Jahren 1328 und 1329 gewährt wurden und über die in der Presse schon wiederholt berichtet wurde. Für die beiden letzten, 1923 vom Magistrat be- willigten Beträge zögerte sich jedoch infolge langwieriger Kam- Missionsverhandlungen usw. die nachträgliche formale Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung bis zum heutigen Tag hinaus. Räch 1329 hat die Volksbühne von der Stadt keinerlei Darlehen «hallen, ebensowenig eine sonstige finanzielle Unterstützung.
Genie/ Theater/ Zeitgeist Volksbühne: Das vierte Gebot
Ganz aus dem Wunsch und Weh des Theaters heraus schrieb Anzengruber seine Stücke. Das Komödiespielen in Städten und Dörfern gab er erst auf, nachdem er sich durch all« Schmieren der österreichischen Kaisermonarchie hindurchzigeunert hatte. Dann, als«r seßhaft geworden war und einigermaßen erleichtert vom Schuldendruck und sehr beschwert durch eine philiströse Ehe lobte, schaffte er sich auch eine eigene Weltanschauung an. Die Wiener Polizei verbot oder verstümmelte seine aufklärenden und besonders mit der Klerisei nicht sehr gemütlich umgehenden Dramen. So ver- fuhr sie zunächst auch mit dem„Vierten Gebot". Aber so glänzende Rollen für die ernsten Schauspieler Wiens und auch für die weltberühmten Wiener Hanswürste waren darin, daß Anzen- gruber mit Recht zum Liebling des österreichischen Nationaltheaters, der Wiener Feuilletonisten und habsburgischen Literaturpatrioten wurde. In jedem Anzengruberschen Stück gibt es Szenen, deren nur das Genie fähig ist. So im„Vierten Gebot" die Kerkerszene des Martin Schalanter, des Soldaten, der seinen Feldwebel erschoß, weil er sich von ihm geschunden und beleidigt fühlte, und der nun zum Richtplatz abmarschiert. Er marschiert mit dem Segen der Groß- mutier, die ihn eben noch verfluchte. Denn er war, solange er Zivil- jacke und Uniformrock trug, ein verlotterter Bube, der echte Sohn eines echten Säufers. Hätte er nicht das vergiftete Blut und mit ihm die vergiftete Hochmutsmoral geerbt, er würde so brav geworden sein wie die steinalte Großmutter, die ihm den einzigen Trost in der Sterbestunde bringt. Diesen Soldaten Martin spielt Karl M e i x n e r, in Berlin bisher nicht bekannt. Doch er ist eines von jenen Talenten, die sofort siegen, wenn sie auf der Bühne erscheinen. Meixner besitzt das ewige, geheimnisvolle, kostbare Schaufpielertemperament. Ein Mensch kann sich verwandeln durch und durch Ob er geht oder steht, ab er spricht oder schweigt, ob er sich in der- Betrunkenheit flegelt, ob er besinnungslos tobt oder in Gemeinheit torkell, er ist immer das, was er sein soll. Er ist es schlackenlos, beinahe möchte man sagen: gedankenlos. Da er die prächtige, romantische und, ge- mesien an der Lebensmöglichkeit, auch verlogene Kerkerszene spielt, da er jammert, weint, auflacht und die Augen rollt, macht er die phantastisch« Szene des Grauens, die eine greulich geniale Steige- rung und Verballhornung der Verbrecherkolportoge ist, zu einem ergreifenden Meisterstück. Solche Ueberraschung bot Gisela Werbezirk , als sie vor etwa zehn Iahren in Berlin zum ersten Male neben Hansi Niese eine klein« Rolle spielte, einen wütenden Mchendragoner. Heute jubelt man dieser außerordentlichen Kraft, dieser saftigsten Ver
treterin der Volksderbheit, der grotesken Häßlichkeit, der tragi- komischen Korpulenz und Weiberlüsternheit zu. Frau Werbezirk als Kupplerin und keifender Hausdrache im Anzengruberschen Stück— es geht einem das Herz auf in der Erinnerung. Man bedauert nur, das nicht alle Tage zu haben. Hansi Niese , einstmals rescheste Wienerin, die nicht nur den Mund auf dem richtigen Fleck hat, sondern auch alles übrige bis auf die molligsten Körperheiligtümer, spielt heute die alte Groß- mutier. Was sie zu sagen hat, ist das Demutsgebot eines Toten- weibleins, ein ausgeklügeltes, für Reaktionärsohren sehr wohl- gefällig klingendes Jasagen zu den Schwächen der Leute, die in der eigenen Villa wohnen. Doch wenn sie es sagt, wenn ihr die echten Tränen fließen, und wenn sie zitternd auf die Folgen von Aus- fchweisung urÄ Ueberhebung hinweist, dann schrumpft auch der Rebell zusammen, um sich in den sogenannten Willen Gottes zu fügen. Der verdammte Soldat, der keifende Hausdrache, die unglück- liche Großmutter, sie reden bei Anzengruber eigentlich immer Monologe. Jeder spielt seine von dem genialen Bühnenpsiffikus präparierte Soloszene. Aber wie sie das alles an den Mann bringen! Das Bringen ist die Hauptsache. Es ist dieser österreichische, wunder- volle Virtuosenstil des Darstellers, der nur diszipliniert für sich selber, aber undiszipliniert für die Truppe ist. In der Truppe, in dem Ensemble spielen dann die in Berlin schon beheimateten Künstler F o r st e r, Hilde Körber , Kampers. Sie sind auch österreichisch, doch sie sind auch schon verpreußt und von Berliner Regisseuren erzogen. Sie leben proportionierter im Zusammenhang mit dem Ganzen des Stückes. Sie spielen nicht so auffällig. Sie spielen schon weniger mit dem Instinkt und mehr mit dem Willen und der Ueberlegung. Karlheinz Martin inszeniert. Meist schont er den Text. Er gibt ein Stück, das, mit den Augen der heutigen Menschen gesehen, ans Groteske grenzt. Er läßt es aus jener Zeit heraus sprechen. die 1877 zählt«, jener Zeit der Uraufführung, in der das„Vierte Gebot" als Zeitstück sogar die Moralphilister und die Zensur- schnüffler empörte. Heute ist auch das nur Erinnerung. Heute fragt dieser und jener skeptisch: Was hat das mit uns, mit der Volks- bühne noch zu tun? Es hat mit ihr zu tun. Denn das Kennen- lernen der großartigsten Schauspielernaturen im deutschen Theater- gebiet bedeutet eine Bereicherung der Volksbühnenmitglieder. Es wächst ihnen eine tüchtige Portion Welt- und Zkunstkenntnis zu, wenn sie sehen, welche Macht der wahrhaftigen Schauspielerbegabung innewohnt. bl. kl.
Zackie Coogan in„Tom Gawyer". Kamera.. Die Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild (Degeto) zeigt in der Kamera Jackie Coogans Tonsilm„Tom S a w y e r". Drei Szenen des Mark Twainschen Buches sind drama- tisiert worden. Der Film läuft in der amerikanischen Fassung. Er gehört zu den Spitzenleistungen, die selten erreicht werden, und man bedauert, daß der Tonsilm die Jnternationalität der Pro- duktion zerstört hat, daß die Sprache sich hindernd in den Weg stellt, denn„Tom Sawyer" ist ein hundertprozentiger Dialogfilm. Die Unterhaltung entspinnt sich hauptsächlich zwischen Kindern. Man sieht Gesichter, die man vom stummen amerikanischen Film her kennt, und diese Kinder spielen und sprechen mit der größten Natür- lichkeit, sie bewegen sich vollkommen ungezwungen, und jedes hat ein ausgeprägtes Gesicht, verkörpert einen bestimmten Typ. Unter ihnen steht Jackie Coogan. der Star ohne jede Star- allüre. Er ist nicht mehr tkc kick, das holde, kleine Jungchen, der Sechsjährige, der allerlei Schmerzen überstehen muß, bis er irgendwo Liebe und Frieden findet. Jetzt spielt er den Lausbuben, der sich bald als Gentleman fühlen wird, aber feine Naivität, sein ursprüng- licher Ausdruck ist nicht, wie oft gefürchtet wurde, durch llloutine verfälscht worden, Jackie lebt den Tom Sawyer und umkleidet ihn mit einem Scharm und einer Liebenswürdigkeit, die Mark Twain in allem gerecht wird. C r o m w e l l inszeniert dieses reizvolle Spiel. Er ist groß in der Zeichnung des Milieus und der Menschen. Er gibt die Atmo- sphäre der kleinen Stadt am Mississippi , die etwas verstaubte Ruhe, die Weltentrücktheit an der Grenze der Hinterwäldler. F. Seh. „Traber Horn." Ufa-Palast am Zoo. Der Händler Horn hat in seinen jungen Jahren an der Elfen- beinküste Abenteuer erlebt, deren Erinnerungen im Johannesburger Asyl nur noch verschwommen durch sein Hirn zogen, bis er zu der Schriftstellerin Echelreda Lewis kam. Er ging als Hausierer zu ihr, sie aber machte aus dem Dreiundsiebzigjährigen einen Erzähler von Format, dessen Erlebnisse sie in dem Buch„The Ivorz- Coast In The Earlies" niederlegte. In Deutschland gibt der Insel- Verlag, Leipzig , dieses Buch Heraus unter dem Titel„Trader Horn". John Galsworthy schrieb ihm ein begeistertes Vorwort. Und der deutsche Leser wird diesen Händler Horn, der«in Bluts» bruder der Kannibalen ist, ob seiner komischen Eigenarten und seiner großen Naturverbundenheit lieben. Horn nämlich erlebt Afrika , wi« es die Natur geschaffen hat, Afrika , die Heimat des schwarzen Mannes und des ruhigen Elefanten. Die Amerikaner jedoch verfilmten dieses Buch und sie ver- brauchten Riesensummen, damit sie sich mit einem Expeditionsfilm blamierten. Der Regisseur W E oantOyke brachte es fertig, eine urgewaltige Landschaft zur süßlichen Spielfilmkullsse zu er- niedrigen. Es sterben freilich ein paar Menschen, aber im großen und ganzen ist«» in dem Afrika Metro-Goldwyn-Mayer » sehr bequem. Man landet beispielsweise mit dem Kanu, richtet das Zell auf und hat dann gleich ein Löwenbaby im Arm. Nun, ja. Löwen, die am Fluß kampieren, sind immerhin eine Sehenswürdighelt, genau so gut, wie die naiven Menschen es sind, die neben einer Düffelherde in freier Wildbahn spazieren gehen. Man schneide die paar vorzüglichen Tierausnahmen heraus und mache von ihnen «inen Vorspannfilm. Sehr schlimm wirkt die Schauspielerin, die auf..wild" stilisiert, al» enthüllte weibliche Schönheit durch die Wildnis wandert. Man kann ihr nur zurufen:„Mädchen, bleibe zu Hause und tanze in dem Aufzug in einem Nachtlokal, aber ver- ekele uns Afrika nicht." e. d. Kunst in dieser Zeit. Wegen Erkrankung von R. A. Stemmle und Verhinderung einiger anderer Mitwirkender muß der zweite Abend.Kunst in dieser Zeit" der Sonderabteilungen der Volks- bühne am Sonntag im Bllrgerjaal des Rathauses ausfallen.
„Am laufenden Band der Zsii." Aktuelle Kleinkunstbühne. Der wohlbesetzte und nicht eben kleine Orpheum-Saal in der Hasenheide bewies, daß ein sozialistisches Kabarett noch immer und vielleicht gerade jetzt hoffen darf, aus Interesse zu stoßen. Die „Aktuelle Kleinkunstbühne", die eine Probe ihres Könnens ablegte, versuchte, durch Songs und kleine tendenziöse Szenen politischen Inhalts unterhallende Politik zu bringen. Es ging gegen das, was wir hassen und verachten, gegen arrogantes Amüsierschnösettum, gegen den Richter, der nach rechts schielt, gegen hohles Nazipathos. Es wurde eingetreten für das, was wir be- jähen, für den Werktag des Arbeitsmannes, für seine Hoffnungen. seinen Aufstieg. Gesinnung ausgezeichnet. In der Durchführung haperte noch einiges: so einfach wie in der Gerichtsszene macht es sich der politisierte Richter nun denn doch nicht, wenn er Unrecht spricht, und die Nazis wollen nicht mit den ollen, ehrlichen Germanen Wullescher Richtung verwechselt sein: so harmlos-unge- fährlich sind ihre Parolen leider nicht und mit dem Ochsenhorn auf dem Kopfe sind sie nicht hinreichend charakterisiert. Die Szenen müßten alle noch gestraffter, pointierter, hiebsicherer sein. Auch wäre von einer aktuellen Bühne noch etwas mehr wirkliche Aktuali- tät zu erwarten: wenn schon nicht Einbeziehung der Tages- ereignisse, so doch der Wochen- und der Monats ereignisse in das Programm. Der„Schulstunde", in der Artikel aus der Verfassung des Deutschen Reichs durchgenommen wurden, Artikel, die leider nur em Versprechen und keine Wirklichkeit bedeuten, log eine hübsche Idee zugrunde. Das.Lied am laufenden Band" mit seinen langsam erscheinenden, langsam wieder verschwindenden Stempelbrüdern, war ein netter Regieeinfall. Die Leitung hatte Otto Lutz. Von den Darstellern sind Elka H a e d r i ch, Charlotte S ch e i« r und Günter R u s ch i n zu erwähnen. 14. B.
„Oer Vaub der Gabinerinnen." Wallner-Theater. Der Regisseur Erwin Biege! steckt das Stück in das Kostüm der achtziger Jahre. Dadurch erhöht er die komische Wirkung und macht die Vorgänge glaubwürdiger. Es gelingt ihm, den Mief des geordneten Bürgertums zu verlebendigen, die Enge, die sich bereits in der mit Bildern und Nippessachen überladenen Wohnung aus- drückt. Diese Wohnung sieht wie das Verhänignis ihrer Bewohner aus. Der alte Schwant der Gebrüder S ch ö n t h a n ist mehr als eine Mustersammlung komischer Verwicklungen. Er erscheint trotz der Schematisierung der Personen beinahe wie die Photographie aus einer vermusften Zeit, die sich moralische Gärtchen zur eigenen Belustigung angelegt hat. Und eine Figur lebt heute noch: der Theaterdirektor Striese, der Schmierensürst, der ewige Komödiant. Diese Figur bleibt der geniale Wurf der betriebsamen Schwant- fabritanten und ist wohl der Grund, daß„der Raub der Sabine- rinnen" immer wieder aus dem Repertoire der großen und kleinen Bühnen erscheint. Erich Kuttner spielt ihn ohne Schwankmätzchen. Er macht aus ihm geradezu einen Idealisten des Theaters, bei dem die Be- gabung nicht für Größeres reichte. Ein Arbeiter im Weinberge des Herrn, beinahe«in Berufener und nicht ein Mensch, der" Freuoe an theatralischer Wandlung empfindet. Um Kuttner wird gutes Theater gespielt._— t. Die Tanzmatinee de» spanischen Tänzer» Escudero kann, wie au» Riga mitgeteilt wird, infolge einer Knieverletzung Escuderos am 18. Oktober in der Krolloper nicht stattfinden. Wetter für Berlin : Teils heiter, teils wolkig, keine wesentlichen Niederschläge. Nachtfrostgefahr: auch am Tage sehr kühl, etwas auffrischend« Winde aus Nordwest.— Ziir Deutschland : Im öst- lichen Oftseegebiet einzelne Schauer, auch im übrigen Norddeutsch- land teilweise wolkig. Im Süden und Südosten heiter, allgemein Nachtfrostgefahr, auch am Tage recht kühl.