Beilage
Montag, 21. März 1932
Französische Menschen
Glossen zu einem Buch/ Von F.Stößẞinger
Es ist schon oft gejagt worden, daß der deutsche Mensch den französischen, der französische den deutschen hinter den allgemeinen und leeren Begriffen, mit denen der Nationalismus operiert, hinter dem, was blaß und blutlos ,, der" Deutsche ,,, der" Franzose genannt wird, suchen muß. Es gibt fein anderes Mittel, das Unbekannteste anderer Nationen zu finden, als das Studium des Menschen. So sehr die sozialen Berhältnisse den Menschen verändern, besteht doch eine merkwürdige Aufeinanderfolge. Wie im Einzelmenschen ist auch in der Nation ein unbekanntes Etwas vorhanden, das immer wieder: fehrt, immer wieder aus den Verwandlungen der Jahrhunderte hervorbricht. So ist der Franzose des 13. Jahrhunderts derselbe Franzose, den wir heute antreffen, auch wenn sich der moderne Franzose mit dem modernen Deutschen leichter verständigen fann als mit seinen Vorfahren vor Jahrhunderten. Das trifft auf jede Nation, auf jede Familie zu. Die Nation ist rassenbiologisch nicht Nation, auf jede Familie zu. Die Nation ist raffenbiologisch nicht zu erfassen, so daß auch jede auf Rassenbiologie gestützte Nationalbewegung grob materialistisch ist( also das, was die Herrschaften in ihrer Ahnungslosigkeit Marrismus nennen). Durch unzählige geistige Eigenheiten, die sich unmöglich auf einen materialistisch biologischen, wohl aber auf einen geistigen Typus zusammenziehen lassen, ist sie eine Einheit. Je mannigfaltiger diese geistigen Inpen hervortreten, um so reicher ist eine Nation. Daher denn jeder Berfuch, eine Nation von der Kompliziertheit der deutschen oder französi schen auf einen einzigen Grundtypus zurückzuführen, Dilettantismus, gemeingefährliche Oberflächlichkeit ist.
Solche Betrachtungen entstehen nach der Lektüre eines Buches Französische Menschen", durch das Hermann Wendel unsere Kenntnis von Frankreich aufs neue in den verschiedensten Gebieten bereichert. In dieser Folge von 32 Porträts fehrt ein einziger Typus auch nicht zweimal wieder. Und doch spüren wir in ber Folge diefer biographischen Stizzen eine Einheit, die eben alle diese Menschen zu französischen Menschen macht, auch wenn nicht alle nach Nation und Religion reine Franzosen sind. Die älteste Gestalt dieses Zyklus ist die Jungfrau von Orléans, die letzte unsere Genoffin Sévérine, der Hermann Wendel mit einer Bastellffizze von besonderer Farbigkeit und Aehnlichkeit huldigt. So wie es Bilder und Zeichnungen gibt, vor denen der Kunstkenner sofort die Aehnlichkeit bemerkt, die das Bild mit dem Modell haben muß, so gibt es auch Porträtskizzen des Wortes, die von der Aehnlichkeit mit der Gestalt ohne weiteres überzeugen.
Hermann Wendel versteht es meisterhaft, das Wesen einer Persönlichkeit in eine geistige Formel zu faffen, die er mit fünstlerischer Finesse im richtigen Augenblid zu placieren weiß, während er durch Einzelzüge fräftigster Art den Leib und die Gestalt seiner Menschen törperlich fühlbar macht. Er schreckt vor feinem Zeichen strich zurück, durch den der Mensch entsteht, und wer bisher etwa geglaubt hat, daß Jeanne d'Arc , die Jungfrau von Orléans, feine förperliche Existenz hatte, der wird vom Gegenteil gründlich über zeugt, indem Hermann Wendel in einer Stizze von fnapp 8 Seiten nicht zu berichten vergißt, daß die Heilige dem Edelmann Herrn de Macy und dem Schneider Simon je eine Dhrfeige gab, weil sie beide verfuchten, ihr an die Brust zu greifen, die offenbar also nicht reizlos war. Bon der Geschichte bis zum Theater, vom Liebesboudoir bis zur blutgetränkten Mauer der Kommunarden, von den Helden des Degens bis zu denen, der Feder, reicht die Kette der Gestalten, die aus allen Jahrhunderten, aus allen Volksklassen, aus allen Räumen menschlicher Leidenschaft vor uns hintreten, manch mal durch ihr ganzes Leben berühmt, manchmal nur durch eine Tat, einer gar nur durch einen Zwischenruf im Parlament. Was allen diesen Menschen gemein ist, das Französische, das ließe sich nur in einer neuen, sehr gründlichen Darstellung analysieren. Besser ist es, der Leser spürt allein dem Menschlichen und Ewigen nach, das diese Gestalten verbindet. Unsere Literatur ist nicht reich an Schrift stellern, die so nahe dem Dichterischen sind wie Hermann Wendel . So ist sein Buch, das im Verlag Ernst Rowohlt , Berlin , erschienen ist, nicht nur ein Dokument psychologischer Geschichtsschreibung, sondern auch ein Beweis dafür, wieviel geistiger Reichtum in der Partei Platz hat.
Roland Marivitz:
Der Cote von m 3
Die Musik war verstummt, und die ersten Kränze wurden vom Schiff geworfen. Sie drehten sich langsam wie schwere Räder, ehe sie auf den leise rollenden Wogen aufschlugen. Halblaut surrte die Tonfilmtamera oben auf der Brücke. Ja, das mußte wohl sein, daß die Leute es in der Wochenschau sahen, wie man M 3 und seinen Toten die legte Ehre erwies. Das wollen die Menschen sehen, in der Zeitung wollen sie es lesen, und darum stand ich ja auch hier, um nachher einen Bericht an die Redaktion durchzugeben. Wie wäre auch sonst ein Zivilist, noch dazu ein Ausländer, zu der Ehre gekommen, auf His Majesty Flaggschiff Zeuge dieser Stunde sein zu dürfen.
Bielleicht hätte man es mir dennoch abgeschlagen, an Bord zu fommen. Aber ich sagte, daß ich einen toten Freund dort unten liegen hätte in dem gefunkenen U- Boot; da fonnte man es mir wohl faum verweigern. Ja, hier, sechzig Meter tief, in dem eisernen Sarg, lag Cecil kyde, Torpedooffizier auf M 3. Lag dort mit fünfzig Mameraben und wir standen hier oben im Sonnenschein, der Wind strich durch unser entblößtes Haar, und leise rollte der Trommelwirbel, und Kranz auf Kranz fant von der Reeling ins
Meer.
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3uweilen hörte man ein Schluchzen. Auch der Maschinenmaat Thompson hatte Tränen in den Augen. An seinem Mützen band las man das Zeichen: M 3. Er war der Einzige, der nicht mit unterging; denn er hatte Heimaturlaub nach Manchester ge habt, als sein Boot auslief zur Todesfahrt. Und nun stand er dicht neben dem Admiral an der Reeling, und meine Kollegen warteten, daß sie ihn interviewen fönnten.
Die Kränze waren alle ins Meer gesenkt und trieben tanzend mit den Wellen. Sie waren sämtlich aus weißen Blumen gewunden, und es schien mir aus der Entfernung, als feien es lauter Rettungsringe, die über den dunkelgrünen Bogen leuchteten.
Ich sprang in die Barkasse und fuhr an Land, gab den Bericht an meine Zeitung durch und fegte mich in die fleine Hafenkneipe am Dod, Turkey cod". Außer mir hockten nur noch ein paar Hafenarbeiter dort vor ihren Gingläsern. Es war fein sehr feines Lotal, diefer Truthahn", und weil es in ihm schon ein paarmal zu Schlägerrien gekommen, war es den Angehörigen der königlichen Flotte verboten morder, ihn zu besuchen.
Als ich cublicte von der Zeitungsleftüre, den verqualmten
Spalausgabe des Vorwärts
Das sterbende Wunderland
Bericht aus Bali/ Von P. Fackenheim
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Holland macht Reflame für den Touristenverkehr nach Bali,| man seinen Besuch so einrichten muß, daß man gerade zu einem Festtage ankommt, um eine Djanger oder Legong Auf dem Wunderland", und hat damit ziemlichen Erfolg. führung zu sehen: oh nein! Sobald Touristen ankommen, feiert man ein Fest auf Bestellung und gegen Bezahlung.
Die amerikanischen Touristenschiffe versäumen auf ihren Weltreisen niemals einen mehrtägigen Aufenthalt im Hafen von Boeleleng, von wo aus die Passagiere Trips über die Insel der Götter" unternehmen. Mehr oder weniger enthusiasmiert ver| lassen dann die Schweineschlächter aus Chikago das Eiland. Auf diese Art kommt Geld in die stets leeren Kassen der Regierung. Den Hauptprofit macht die Koninginte Batet paart My., die Eigentümerin des einzigen großen Hotels auf der Insel ist, aber auch die vielen anderen, die vom Fremdenverkehr vermieter, Antiquitätenhändler, Photographen, und nicht zuletzt ein leben, stehen sich gut dabei. Die Fremdenführer, AutomobilTeil der Bevölkerung friegen alle ein Federchen von den zu rupfen
den Hühnern.
Daß die holländische Regierung mit diesem Getue der wunderbollen, einzigartigen Kultur eines auserlesenen Bolles aus turzfichtiger Gewinnsucht das Grab gräbt, will niemand einsehen. Ber Bali genauer fennt, ficht mit Entsetzen, wie schnell der Zerstörungsprozeß fortschreitet.
Traditionen und Gebräuchen, des adat", die in unserem Sinne Bisher gestaltete der Balinese sein Leben nach uralten Sitten,
wohl fremd, aber im Kern tausendmal anständiger waren als unsere. Heute paßt er sich erschreckend schnell an europäische Moral an, und vor allem das Geld übt seinen unheilvollen Einfluß aus. Man hatte auch früher den„ Ringgit", ein großes Silberstück, das aber nur als Kapitalsanlage Dienst tat. Die Scheidemünze war der Ge böng", von dem fünf auf einen Cent gehen. Für den Betrag von fünf Geböngs fonnte man sich reichlich sattessen und dem entsprechend waren auch die Preise aller anderen Waren, Kleidungs stüde usw. Armut war darum fast unbekannt.
Heute steigen unter dem Einfluß der„ Kultur" die Lebensanfprüche; der Balinese will Auto fahren, ins Kino gehen, er läuft in europäischen Kleidern und im Pfadfinder Kostüm. Selbst die heiligen Tänze werden modernisiert. Nicht daß
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Und nicht nur das! Selbst die altüberlieferten Tanzkostüme werden den„ Forderungen der Neuzeit" angepaßt. So sah ich die männlichen Mitglieder der Djangertruppe von Redaton, eine der besten von Bali, in Fußballtrikots eine Götterlegende aufführen!
Man schickt javanische Schullehrer, also Mohammedaner, nach Bali, die natürlich ihr Bestes tun, um die„ Ungläubigen" so anrichten; man schickt holländische Lehrerinnen, welche unter der Hand zu befehren und damit die größte Verwirrung mädchen, die nach alter, schöner Sitte mit entblößter Brust
gehen, Schwein e titulieren und ihnen flarmachen, daß fie un= anständig seien.
Wie sich das Volk in den größeren Plätzen und an den
Touristenstraßen innerhalb der letzten fünf Jahre verändert hat,
ist furchtbar. Hübsche Mädchen betreiben das„ Sich photo. graphieren lassen" als Geschäft; Reiseandenken in gedreht, und die, früher unbekannte, Brostitution beginnt sich Massenfabrikation hergestellt, werden dem nichts Ahnenden an
auszubreiten.
Was der Coots- Tourist sieht, ist fast ausschließlich bestelltes Theater, vom wirklichen Volksleben weiß er nichts.
Noch ragen wohl die Wunderwerke der Tempel in stummer Majestät gen Himmel, noch leben die alten Götter, und noch ruft, abseits der großen Straßen, der Gong, dumpf dröhnend, zum heiligen Fest.
Noch leben in den abgelegenen Dörfern die Kinder der Götter" glücklich und zufrieden.
Noch lebt Bali!
Aber die Tage seiner Herrlichkeit sind gezählt. Der Todess tampf hat begonnen.
Dr. 8. Weinberg: Charakterdeutung
In weiten Kreisen herrscht heute ein großes Interesse an allen Arten von Charakterdeutungen. Die Eigenschaften eines Menschen, seine Erlebnisse in der Bergangenheit oder sogar seine zukünftigen Schicksale werden bald aus den Handlinien, bald aus der Handschrift oder aus den Körperformen bestimmt". Mit viel Reflame wird auf diesem Gebiete grober Unfug getrieben. Die meisten dieser Deutkünstler" stehen auf der Stufe der auch heute noch zahlreich vertretenen Kartenlegerinnen. Daneben wird in vielen populären Büchern ein phantastischer Unsinn verzapft, dem ein scheinwissenschaftliches Mäntelchen umgehängt wird. Gewöhn lich werden zuerst genaue Regeln angegeben, wie man etwa aus den Handlinien den Charakter deuten kann, und am Schluß sagt dann der betreffende Autor, man könne diese hohe Kenntnis doch nicht lernen, es täme eben auf eine geheimnisvolle Spezialbegabung an; worauf empfohlen wird, eine Handschriftprobe mit dem nötigen Kleingeld an den Verfasser zu senden. Durch die Berufung auf die Begabung wird jede Nachprüfung unmöglich; dem dümmsten Aberglauben ist Tür und Tor geöffnet. Manche dieser Scharlatane pflegen fogenannte Experimentalvorträge" zu halten, die ebenso wie ähnliche Veranstaltungen von Hellsehern zuweilen Riesenzulauf aufweisen. Die Sensationspresse unterstüßt dieses unsinnige Treiben durch lange Berichte. Man hätte nicht nötig, sich mit diesen Narr heiten lange aufzuhalten, wenn sie nicht zuweilen ernsthaften Schaden anrichteten. So sollen öfters fogar von größeren Werfen Schriftdeuter herangezogen werden, wenn es sich um den Entscheid bei Stellenbewerbungen handelt. Das ist offenbar ein gefährlicher Unfug.
Der für die heutige Zeit charakteristische Kult, der mit diesen Dingen getrieben wird, kann nicht scharf genug fritisiert werden. Man darf dabei aber nicht vergessen, daß der Zusammenhang zwischen körperlichem Ausdruck und seelischem Geschehen ein ernst haftes wissenschaftliches Problem ist. Daß ein solcher Busammenhang besteht, ist eine sichere Tatsache, die unzweifelhaft feststeht. Man braucht nur daran zu denken, wie sich etwa die Freude eines Kindes in seinem äußeren Verhalten ausdrückt und an unzählige ähnliche Erfahrungen. Aber die genaue Untersuchung der Beziehungen zwischen seelischem und körperlichem Geschehen oder die Feststellungen einer bestimmten Charaktereigenschaft aus förperlichen Merkmalen ist viel schwieriger als die modernen Scharlatane wahrhaben wollen. Die Wissenschaft ist längst noch nicht so weit, hier sichere Urteile abgeben zu fönnen. Ernsthafte Ergebnisse fönnen
Schenfraum überflog, stodte das Herz. Kein Zweifel: Gegenüber, in eine Nische gedrückt, jaß Cecil Kyde. Er war totenbleich, das Haar zerwühlt, die Augen starr. Trotz der Hize des Raums trug er einen Mantel, einen dunklen Ziviliſtenmantel, aber er hatte ihn ein wenig geöffnet, und ich erkannte die Knöpfe und Ordens schnallen seiner Uniform. Das Seltsamste aber war, daß neben ihm, auf der Bank, auf der er saß, ein Kranz lag, ein großer Kranz aus weißen Chrysanthemen fein Rettungsring, dachte ich im selben Augenblic; und nun merfte ich, daß er mich erkannt hatte, wenn sich auch kein Zug seines erstarrten Gesichtes rührte. ,, Cecil?" fragte ich schließlich leiſe.
Er midte müde. Bangjam, wie von einem hypnotischen Befehl gelenkt, stand ich auf und trat an seinen Tisch.
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Eine matte Gefte seiner Hand bat mich, Platz zu nehmen. Warst du auch bei meiner Totenfeier?" Seine Stimme flang gebrochen. Ich nickte. Gut. Nur ich hab' sie versäumt. Hab' das Sterben versäumt, hab' den Tod betrogen und die Kameraden. Heut' vor einer Woche wußten wir auf M 3, daß es keinen Land-, urlaub mehr gab. Nur Thompson, der Maschinenmaat, durfte fort, weil seine Mutter im Sterben lag. Du weißt, ich hatte die Kleine zur Freundin drüben in Paris , die Marion vom Montparnasse . Ich war oft drüben, denn man mußte aufpassen auf sie, damit kein anderer..." Hastig hob er das Glas: Acht Tage hatte sie nicht geschrieben, ich sah Gespenster. So geh' ich zum Kapten, dent', was dem Thompson die Mutter, fann mir der Bater sein. Erst weist er mich ab, dann aber nicht er: Können Sie in 24 Stunden wieder on
nur auf Grund sorgfältiger Beobachtungen unter Berücksichtigung aller Fehlerquellen erzielt werden. Borschnell aufgestellte geheimnisvolle Systeme nüßen hier ebensowenig wie in anderen Forschungsgebieten.
Neuerdings befaßt sich die ernsthafte Wissenschaft in immer steigendem Maße mit diesen Problemen, vor allem seitdem Ernst Kretschmer seine wertvollen Untersuchungen über Körperbau und Charakter"( 1922) veröffentlicht hat. In der Ver. gangenheit haben sich viele Naturforscher mit diesen wichtigen Fragen beschäftigt. Wesentlich ist hier das berühmte Buch von Charles Darwin ,, Der Ausdrud der Gemütsbewes gung bei Menschen und Tieren"( deutsche Ausgabe 1872). Aeltere wissenschaftliche Untersuchungen sind vielfach in Vergessenheit geraten. Im Verlag von Dr. Madaus u. Cie, Radebeul bei Dresden , erscheint unter dem Gesamttitel„ Der Körper als Ausdrud" eine Schriftenreihe zur Gestaltenkunde( herausgegeben von Theodor Lessing und Will Rinf), die ältere Arbeiten dem heutigen Leser zugänglich macht. Als Band 2 dieser Samm lung ist jeßt eine Schrift des Anatomen Aemilius Huschte erschienen: Mimische und Physiognomische Studien" ( 80 Seiten, gebunden 4,60 m.).
Unter Mimit versteht man die Lehre von den Bewegungen des Gefichts und des Körpers, die Ausdrud seelischer Borgänge find und schnell wechseln; Physiognomit behandelt die Dauerformen des Gesichts und des Körpers als Ausprägung eines seelischen Zus stands. Die Schrift von Huschte, die aus dem Jahre 1921 stammt und im Original lateinisch geschrieben war, geht von anatomischen Ueberlegungen über die Ausbildung der Wirbel- und Kopffnochen aus, er sucht die Ausdrucksbewegungen aus dem Zusammenziehen und Ausdehnen der Muskeln( Beugen und Strecken) zu erklären. Bei freudigen Gemütsbewegungen werden alle Muskeln gestreckt, daher der gelöste, aufrechte Gang des frohen Menschen; umgekehrt ist für Furcht, Sorge, Schmerz das Zusammenziehen der Muskeln charakteristisch( der von Sorgen gefrümmte Rüden", die„ ver frampfte Haltung bei Schmerz"). Auf diesem Prinzip baut Huschke die Grundzüge seiner Ausdruckslehre auf. Gewiß sind viele einzeine Angaben über die Entwicklung des Knochengerüftes heute nicht mehr haltbar, auch erscheint das Schema„ Beugen- Strecken" viel zu einfach für die wirklichen Erscheinungen, aber die kleine Schrift ist in ihrer Klarheit, die sich von falschem Prophetentum fernhält, auch heute noch lesenswert und anregend.
Bord sein? Ich geb' mein Wort, und zwei Stunden später fitz' ich - ,, Kein in der Maschine, die über den Kanal fliegt, nach Paris . Geld für Briefmarte", erklärt Marion strahlend in ihrem Kinderenglisch, und alle Sorgen sind vergessen. Wir bummeln eine Nacht durch Montmartre, enden morgens irgendwie am Place Bigale, und pünktlich fig' ich im Flugzeug nach Croyden."
Cecil schwieg, aber ich entsann mich, eine Dreizeilen- Notiz ge lefen zu haben, daß die fahrplanmäßige Maschine Paris - London am letzten Freitag bei Compiègne abgestürzt sei.
,, Ich habe fast vier Tage bewußtlos gelegen," hörte ich wieder Rydes gebrochene Stimme: Mein erster Gedante nach dem Erwachen war M 3. Ich hatte meines Betters Paß in der Tasche, du weißt, daß ich ihm ähnlich seh', und weißt auch, daß man es nicht gerne fieht, wenn britische Offiziere privat durch Frankreich reisen. So mußte man nicht, wer ich war, und ich durfte mich nicht verraten. M 3 war ausgelaufen ohne mich, das war unabänderlich bas andere erfuhr ich erst auf dem Dampfer nach Dower. Das hier". seine Hand wühlte in den weißen Blumen des Kranzes, ist der letzte Gruß meines Vaters. Für ihn bin ich tot. bleibt, weißt du." Seine Hand glitt in die Tasche, es schien mir, als hörte ich das Entsichern eines Revolvers.
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und was mir
,, Ja", sagte ich schnell und faßte seinen Arm: ,, Die Kolonien!" Zum erstenmal schien die Erftarrung seines Blides gebrochen. Lange fah er mich an dann erhob er sich schweigend. Aber als er nun ging, war es, als hätten seine Hände wirklich einen Rettungs ring ergriffen....