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Morgen- Ausgabe
Nr.525a A257a 49. Jahrg.
Redaktion und Berlag: Berlin SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: A7 Amt Donhoff 292 bis 297 Telegrammabresse: Sozialdemokrat Berlin
Vorwärts
BERLINER
VOLKSBLATT
MONTAG
7. November 1932
Jn Groß Berlin 10 Bf. Auswärts...... 10 Pf.
Bezugsbedingungen und Anzeigenpreise fiehe am Schluß des redaktionellen Teils
Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands
Nazi verlieren 2 Millionen!- Gewinne der Kommunisten und der Leichter Rückgang der Sozialdemokratie
Das Endresultat
Um 1 Uhr wurde folgendes Gesamtergebnis der Wahlen festgestellt. Es fehlen nur wenige kleine Bezirke, die am Endresultat nichts ändern werden. Nationalsozialisten 11 712 983( 13 745 780)
Sozialdemokraten. 7 233 534
Kommunisten Zentrum
•
4
.
4
.
( 7 959 712)
5 972 702( 5282 626)
4 228 364 Deutschnationale 2 951 839
70->
Bahr. Volkspartei 1080 124
Volkspartei
4
Staatspartei.
Christlichsoziale.
Landvolk
.
→
( 4 589 336) ( 2186 051)
( 1192 684) 659 931( 436 014)
326 805( 371 799) 402 803( 364 542) 110 830( 146 875) 164.848( 90 554) Sonstige Parteien. 559 955
Wirtschaftspartei.
Rückgang der Nationalfozialisten, das ist das wichtigste Ergebnis des 6. November. Sie fommen nicht mehr vorwärts, fie fönnen sich nicht halten, sie gehen zurück. Damit ist der Anspruch der Nationalsozialisten auf Allein= herrschaft im Reiche erledigt; er war schon nach dem 31. Juli eine Unverschämtheit, nach dem 6. November ist er nur noch eine Donquichoterie. Schon der 31. Juli zeigte, trotz des gewaltigen Vormarsches der Nazis eine ungeheure Mehrheit gegen eine Hitler- Diktatur. Diese Mehrheit ist am 6. November noch gewachsen. Das deutsche Volk lehnt Adolf Hitler mit Zweidrittelmehrheit ab. Am 31. Juli waren die Nazis allein stärker als die ,, Marristen", d. h. die Sozialdemokraten und die Kommunisten zusammen. Jezt sind die Marristen" wieder stärker als die Nazis. So sieht die von Adolf Hitler angefündigte Zerschmetterung des Marrismus"
aus!
Die nächste Zeit wird zeigen, welche Wirkung der Wahlmißerfolg auf die NSDAP . haben wird. Sie ist keine disziplinierte Truppe alter, in Wind und Wetter gehärteter Parteisoldaten, denen eine gelegentliche Schlappe den Glauben an den schließlichen Sieg nicht rauben kann. Sie ist im wesentlichen eine Armee von politischen Landsknechten, die die Aussicht auf Beute gelockt hat. Schwindet diese Aussicht, so schwinden die Landsknechte mit ihr Die idealistische Jugend aber sieht sich in ihrem Glauben an den unwiderstehlichen Vormarsch der Bewegung enttäuscht. Und der„ Marxismus ", den Hitler mit seiner ,, Boltsgemeinschaft" erledigen wollte, feiert innerhalb der NSDAP . einen Triumph: die Klassenscheidung hat begonnen, die Besitzenden wandern zu den Deutschnationalen ab, die Besizlosen zur KPD .
Die Genugtuung über den Rückgang der Nazis wird für uns Sozialdemokraten leider durch die Tatsache getrübt, daß auch wir eine gewisse Einbuße an Stimmen zu verzeichnen haben. Das Wahlergebnis wird in dieser Beziehung noch eines genauen Studiums bedürfen, das in diesem Augenblick noch nicht möglich ist. Offenbar sind die Ergebnisse in den verschiedenen Teilen des Reiches sehr verschieden: während wir uns in manchen Gegenden ausgezeichnet hielten, ja
Die Sozialdemokratische Partei erhielt bei der gestrigen Reichstagswahl 7 233 534 Stimmen und 121 Reichstagsmandate
Die Mandatsverteilung
Auf Grund des von WTB. um 0.45 Uhr errechneten Gesamtergebnisses der Reichstagswahl ergibt sich für die Hauptparteien folgende Mandatsverteilung: Nazi 195, Sozialdemokraten 121, KPD . 100, Zentrum 70, Deutschnationale 52, Bayr. Volkspartei 18.
noch aufholten, trat in anderen ein erheblicher Rückgang ein. Das gilt besonders für Ber= lin, wo die Ursache dafür im Verkehrs= streif ganz offen zutage liegt. Weite Kreise der arbeitenden Bevölkerung sind der Täuschung der nationalsozialistisch- kommunistischen Propaganda unterlegen, die ihnen erzählte, daß die Lohnreduktion bei der BVG. von den Sozialdemokraten gebilligt würde.
Im Reichsdurchschnitt wird die Sozialdemokratie ihren Rang als zweitgrößte Partei behaupten. Sie wird sich mit Nachdruck mit der Frage beschäftigen, wie sie ihre alte Stelle als stärkste Partei wiedererobern kann. Kein echter Sozialdemokrat zweifelt daran, daß ihr das gelingen wird. Rückschläge, die als Folge einer besonders ungünſtigen augenblicklichen Situation eintreten, können unsere Zuversicht in den Sieg der Demokratie und des Sozialis mus in feiner Weise erschüttern.
Die Kommunisten verdanken dem wachsenden Elend und der radikalisierenden Wirkung der Papen - Politik einen starken Zulauf. Es war ziemlich allgemein erwartet worden. Aber mit dem wachsenden Zulauf wächst auch die Verantwortung der KPD. für das Schicksal der deutschen Arbeiterklasse. Es wäre kindisch, aus der Stimmenzunahme der KPD. das unmittelbare Bevorstehen der kommunistischen Weltrevolution zu prophezeien. Hitler hatte am 31. Juli mehr als doppelt soviel Anhang als die KPD . jetzt, er verfügte über starke Verbindungen bis in die Staatsspigen und in die bewaffnete Macht- und konnte dennoch die angekündigte faschistische Revolution nicht machen. Zur bolschewistischen Revolution iſt es aber noch viel weiter.
Es geht jetzt nicht um Sowjetdeutschland oder nicht, sondern es geht um Republik oder nicht, es geht um Demokratie oder nicht, es geht um die Frage, ob die KPD. gemeinsam mit der Sozialdemokratie gegen die Reaktion oder, wie bisher, gemeinsam mit der Reaktion gegen die Sozialdemofratie marschieren will. Der Kampf gegen die Reaktion bleibt in der gegebenen Lage die geschichtliche Aufgabe der Arbeiter klasse, und wer diese Aufgabe löst, wird die Führung gewinnen.
Was aber wird Herr v. Papen tun? Und was wird der Reichspräsident tun?
Herr v. Papen beruft sich abwechselnd auf einen Auftrag der Borsehung" und auf das Vertrauen des Reichspräsidenten v. Hinden burg.
Demnach scheint es der Wille der Vorsehung zu sein, daß eine sozialreaktionäre, arbeiterfeindliche Politik immer mehr
Groß- Berlin
Endergebnis
Ntsoz. 3tr. Dtnl.
.
.
Radik. Mittelstand. Volksp. Staatsp.. Chrsoz.
·
Dtsch.- Hann. Wirtschp. Landvolk
Volksrecht
•
•
Gerechtigkeitsbewg.
Hörsing SAP.
2772.618( 2 641 497) 646 266( 722 064) 860 579( 721 983) 719 745( 756 745) 123 410( 130 346) 313 811( 219 356) 8009(-) 30 602( 19 798) 39 138( 41 024) 14 033( 11 587) 466(-) 2495( 5 615)
510)
762)
)
198(
.
4
597(
187( 1155( 2736(
-
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3 798)
938(
3.998(
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)
-)
Massen in das fommunistische Lager Massen in das fommunistische Lager treibt. Der Vernichtungskampf, den Herr v. Papen im Namen der Vorsehung" noch vor zwei Tagen im Rundfunk dem Bolschewismus ankündigte, fängt zunächst damit an, daß die Kommunisten als Nuznießer dieser engstirnigen Politik sehr erheblich an Stimmen gewinnen.
Entweder ist also die., Vorsehung" bolschewiſtenfreundlich, oder ist ihr Werkzeug Papen ein politischer Stümper.
Zum anderen: mit seiner fortwährenden Berufung auf Hindenburg , hat Herr von Papen dem Reichspräsidenten einen Bärendienst erwiesen. Er hat getan, als wären er und der Reichspräsident siamesische Zwillinge. „ Mit Hindenburg für ein neues Deutschland " war seine Wahlparole.
-
Aber das neue Deutschland , wie es im Kopfe des Herrn von Papen lebt, ist vom deutschen Volke mit Neunzehntelmehrheit abgelehnt worden. Troß des Zusages ,, mit Hinden burg "! Ein Reichskanzler, der seinem Staatsoberhaupt mit solchem Erfolge dient, müßte eigentlich selber einsehen, daß er mit seinem Geschäft zu Ende ist. Allein wie Herr von Papen aussieht, sieht er überhaupt nichts ein!
Das Bolt will feine Hitler- Diktatur, es lehnt aber auch mit der schärfsten Entschiedenheit Herrn von Papen und die Diktatur der Barone ab. Herr von Hindenburg hat die
Stimme des Volkes gehört, als sie ihn zum Reichspräsidenten berief. Er darf jetzt nicht taub bleiben, wenn ihm dreißig Millionen zurufen:
Unsere Abgeordneten
Bis 1 Uhr können 121 sozialdemokratische Abgeordnete als gewählt gelten. Darunter befinden sich die Genossen und Genofsinnen:
Otto Braun , Friedrich Larssen, Werner Luft, Arthur Crispin , Siegfried Aufhäuser , Clara Bohm- Schuch , Karl Litke , Erich Lübbe, Franz Künstler , Kurt Löwenstein, Kurt Heinig , Marie Kunert , Rudolf Wissell , Rudolf Breitscheid , Marie luchacz, Friz Ebert, Franz Spliedt, Otto Wels , Ernst Heilmann , Anton Reißner, Gustav Schumann, Otto Passehl, Georg Schmidt, Paul Löbe, Karl Wendemuth, Marie Ansorge, Kurt Pohle, Otto Buchwiz, Richard Meier, Anna Nemiz, Jo hannes Stelling .
Karl Höltermann , Gustav Ferl , Ernst Reuter , Gerhart Seger , Friz Baade, Paul Herz , Franz Peters, August Frölich , Georg Dietrich , Mathilde Wurm , Franz Petrich , Louise Schroeder , Otto Eggerstedt , Mar Richter, Louis Biester, Alfred Faust , Hermann Tempel, Oskar Hünlich, Friedrich Beine, Friedrich Nowack, Richard Parksch, Otto Grotemohl, Anna Zammert , August Karsten , Karl Raloff, Richard Schiller, Carl Severing, Carl Schreck, Alfred Janscheck, Julius Finke, Friedrich Husemann, Alwin Brandes , Friz Henßler, Berta Schulz, Philipp Scheidemann, Franz Mezz, Heinrich Becker, Michael Schnabrich , Otto Witte , Wil helm Sollmann , Hans Böckler , Emil Kirschmann , Rudolf Hilferding , Paul Gerlach , Wilhelm Hoeg ner , Josef Felder , Hans Unterleitner , Toni Pfülf , Hans Vogel , Hans Dill, Friedrich Puchta , Friz Soldmann, W. Wagner, Toni Sender, Arthur Arzt , Alfred Dobbert , Hermann Fleißner, Hermann Kräzig, Richard Lipinski , Hugo Saupe , Engelbert Graf , Margarete Starrmann, Kurt Uhlig , Georg Graupe , Bernhard Kuhnt , Erwin Hartsch , Erich Roßmann , Kurt Schumacher , Friz Ulrich, Adam Remmele , Ernst Roth, Carl Mierendorff, Heinrich Rizel, Wilhelm Weber, Hans Stau dinger , Adolf Biedermann , Gustav Dahrendorf ,
Julius Leber , Karl Moltmann, Otto Landsberg , Wilhelm Dittmann , Peter Graßmann, Friedrich Stampfer , Ludwig Marum, Franz Scheffel .
Hallesches ,, Volksblatt" verboten
Wegen einer Tatsachenmeldung Eigener Bericht des„ Vorwärts "
Halle, 6. November. Der Oberpräsident der Provinz Sachsen hat durch Erlaß vom 5. November das Hallesche ,, Boltsblatt" und seine Kopfblätter mit Wirkung vom 7. November auf die Dauer von drei Tagen verboten. Als Anlaß zu dem Verbot dient ein Herr von Papen geht aufs Ganze" überschriebener Artikel in der Freitagnummer, in dem angekündigt wird, daß die Papen- Barone am Tage nach der Wahl 110 höhere preußische Beamte in den einstweiligen Ruhestand versetzen wollten, und daß 200 mittleren Beamten das gleiche Schicksal blühe.