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15. Februar 1925

Blick in die Bücherwelt

Volkswirtschaft.

Richard Lewinsohn  ( Morus): Die Umschichtung der europäischen Vermögen Verlag S. Fischer, Berlin  . 356 S. Breis M. 5,50.

Der Beitrag, den Richard Lerrinjohn in den vorliegenden Buche zur Finanz- und Wirtschaftsgeschichte der Nachkriegszeit ge­liefert hat, hebt sich schon durch den sachlichen Rahmen aus der üblichen Inflationsliteratur hervor. Der Verfasser stellt sich die Aufgabe, die Veränderungen im Bermögensstand der Finanzpoten­taten und der finanziell gehobenen Kreise international darzustellen. Dah dabei die Geschichte der Kriegs- und Inflationsgeminne in Deutschland   besonders gewürdigt werden muß, ist selbstverständlich. An menigen Beispielen zeichnet Lewinsohn den Aufstieg der Kriegs­und Inflationsgewinner, ohne jedoch an den Reparationsverlusten Der Induftrie vorüberzugehen. Die Kriegs- und Inflationsgewinne ser Landwirtschaft werden ebenso gewürdigt, wie die Folgen der Stabilisierungsfrise auf dem gesamten inneren Markt und die Birt­fchaftsentwicklung In Jakob Michael   wird der Typus des Stabili fierungsgewinners gezeichnet. Bon besonderem Interesse ist das Kapitel, das von den Fürstenvermögen handelt. menigten ist es befannt, daß der von Deutschnationalen und alten Jungfern beklagte Dulder von Doorn noch jetzt zu den reichsten Männern Deutschlands   gehört und sicherlich der reichste Auslands­deutsche werden würde, wenn die Beschlagnahme des einwandfrei als Privateigentum erflärten Vermögens aufgehoben wird.

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Den

Bas das Studium der Schrift den Arbeitern interessant macht, ist die außerordentlich große Sachlichkeit, mit der Lewinsohn die Rrantheitserscheinungen der Kriegs- und Nach friegszeit im deutschen Wirtschaftstörper untersucht. Er be schränkt sich nicht darauf, den Werdegang der großen Bermögen zu fchildern, die Berarmung, die ihm auf der anderen Seite gegen­überstand, festzustellen. Alle diese Borgänge find für ihn Ausdruds. formen einer revolutionären Wirtschaftsentwicklung, beren Grund­rendenz jedoch ber kapitalistischen Wirtschaft eigen ist( wie aus Bei­Ipielen der Borkriegsgeschichte hervorgeht), und daß diese Borgänge in dem Wirrwarr der Umwälzung das ganze Bolt in Mitleidenschaft zogen und so ins Bewußtsein des Bolfsganzen eindrangen. Wer leidenschaftslos die Vorgänge in der Inflation erfaßt hat, hat ein Studium der Volkswirtschaft durchgemacht, das durch keinerlei afa demische Forschung erfest merden fann. Lewinsohns Arbeit erhält eben dadurch ihren Wert, daß es diese Vorgänge mit ihren 10310­

Ingischen Auswirtungen darstellt. Fern jeder afademi­schen Trockenheit, hat er den Gang der Wirtschaft mit ihren natur­notwendigen Folgen auf die Vermögensgestaltung in flotter, fast feuilletonistischer Sprache geschildert und so einen Abriß der moder nen Wirtschaftsgefchichte gegeben, dem sein Platz in der ökonomi schen Literatur sicher ist.

Die lebendige Aneinanderreihung von Tatsachen aus der Ge­fchichte der Vermögensum malzungen des Auslandes. ergänzt den voltswirtschaftlichen Wert des Buches in ausgezeichneter Weise. Vergleicht man die Schärfe, mit der in anderen Ländern der Kampf gegen die Inflation aufgenommen worden ist, vergleicht man den Erfolg der bodenreformerischen Bestrebungen etwa in den baltischen Staaten und in Südosteuropa   mit dem, was in Deutsch  land erreicht worden ist, so erhält man eine Kritik der jammervollen Haltung unferer sogenannten nationalen Kreise, die um des persön­lichen Gewinnes einiger Großverdiener die wichtigsten Aufgaben des wirtschaftlichen Wiederaufbaues vernachlässigt haben, bis die Inflation über ihnen zusammenbrach. Gewiß waren die neu­gebildeten oder durch den Friedensvertrag immerhin gestärtten Län­Der in einer glücklicheren Lage, da auf ihnen nicht das Zahlungs diftat der Entente laftete und sie in der Gestaltung des eigenen Schicksals durch nationale Differenzen hemmungsfreier waren als diefes Deutschland  , das eigentlich nie aufgehört hat, in otonomischen Dingen trupplaiferlich oder, wie man es volkstümlich nannte, stinnesisch zu sein. Der fanatische Widerstand des Bürgertums gegen den Sozialismus, der gestärft wurde durch die Uneinigkeit der Ar­beiterschaft, hat es verhinderi, daß aus den Trümmern des Krieges der Grund zu neuem mirtschaftlichen Aufstieg gebaut wurde. So ſtehen wir heute, faft fünfpiertel Jahre nach dem Ende der In­flation und zehn Jahre nach Kriegsbeginn, der zugleich der Beginn der gigantischen Vermögensum, chichtung war, vor dem Versuch der bürgerlichen Parteien, es um Gotteswillen ja wieder zu dem Alten zu bringen, anstatt mit aller Kraft diejenigen neuen Formen der Wirtschaft anzustreben, die eine Steigerung des Produktionsertrages versprechen. Am Ende der Bermögensumschichtung, die Lewinsohn in sachlicher Lebendigkeit geschildert hat, steht der Versuch zu einer Subventionspolitik für die Industrie und für die Sieger der Jaflation. steht der Versuch, die Rechte der Arbeiterschaft durch eine reaktionäre Wirtschafts- und Finanzpolitif zu beschneiden und so die Träger der Wirtschaft zu Objekten kapita­listischer Profitfucht herabzuwürdigen. Das ist die Lehre, die die Arbeiterschaft aus dieser Schrift ziehen kann. Noch ist es Zeit, daß fie anderen zur Warnung wird, ehe es zu spät iſt!

A. Gaternus.

Sozialistische Wörterbücher. Compère- Morel: Grand Dictionnaire Socialiste du Mouvement Politique et Economique Natio­nal et International( großes fozialistisches Wörterbuch der nationalen und internationalen politischen und wirtschaftlichen Bewegung); Paris  , Publications Sociales. 1058 S.

Seitdem vor rund vierzig Jahren C. Hugo( Lindemann  ) und Stegmann ihr Handbuch des Sozialismus bei Schabeliz in Zurich  erscheinen ließen, find zwar mehrfach Versuche gemacht worden, ein deutsches Handwörterbuch des Sozialismus im fleinen wie im großen Umfange erscheinen zu lassen, aber die Berjuche, die mit dem Namen von Heinrich Diez, Bruno Schönlant, Otto Bauer  , Karl Renner   und dem Unterzeichneten verknüpft waren, sind in den Anfängen steden geblieben. Das offenkundige Bedürfnis unserer Bartei und auch vieler sonstiger Intereffenten am Sozialismus ist in deutscher Sprache nicht befriedigt worden. Diese Lüde empfinden wir nun um so stärker, als die französische   Partei das oben angefündigte Wert von einem ihrer berufendsten Mitglieder veröffentlichen ließ. Es ist ein umfangreicher Band im großen Quartformat von über 1000 zweispaltigen Seiten. Sicherlich werden alle Barteigenossen, die der französischen   Sprache mächtig sind, dieses Beck befizen wollen, weil fein ähnliches vor­handen ist und weil es eine überaus reiche Quelle von Belehrung über die Personen und Tatsachen des Sozialismus ist. Nimmt die Behandlung der Stellungnahme und der Personen des französischen  Sozialismus den breitesten Raum ein, so enthält das Wert auch vieles über die deutsche Sozialdemokratie wie auch über die übrigen Länder, in denen der Sozialismus zu einer Tatsache ge­morden ist. Das ist um so bemerkensmerter, als der größte Teil diefer Arbeit auf den Schultern unseres Genossen Compère Morel   geruht hat.

Natürlich ist bei einem Werte, das ein erster Bersuch ist, vieles zu vermissen und manches zu forrigieren, was in dem Buche steht. Es ist zu bedauern, daß bei den Literaturangaben große Sparjam­feit geübt wurde und daß fast ausschließlich nur französische Quellen angeführt wurden. Aber es findet sich auch vieles, was man eigent­ich in dem Buche nicht suchen würde, so ein Beitrag über Kant, wo fammengestellt ist, was Engels und Jaurès   über Kant gejagt

haben.

Ein großer Teil der Artikel beruht auf 3itaten aus der fran­3öfifchen Barteifiteratur, die zum Teil erst durch diefe Enzyklopädie nichtfranzösischen Lesern befannt wird. Die Literatur in anderen Sprachen ist nur soweit herangezogen, als sie ins Französische   über­feht ist. Es fehlen deshalb Literaturangaben, die man sehr ver­missen muß. So ist Karl Kautstys Thomas More   und seine Utopie amar bei der Anführung der Werke von Kautsky  , nicht aber bei Tho­denen das Buch beruht, aus älterer Zeit stammen. So ist Heilmann mas More angeführt. Bielfach merft man, daß die Notizen, auf ols Redakteur der Chemnizer Volksjtimme", Karpeles als Leiter des österreichischen Genossenschaftswesens angeführt. Sehr reich baltig sind die Nachrichten über die deutschen Parteimitglieder, wenn auch eine große und meist unbegründete Ungleichheit in der Zeilen­zahi, die den einzelnen zugewiesen wurde, festzustellen ist. Viele deutsche   Worte, wie Gleichheit, Bergarbeiterzeitung, Wolfgang find nur zu fombinieren, weil wohl tein Korrettor, der des Deutschen  mächtig war, der Druckerei zur Verfügung stand. Iglesias ist unter feinem Vornamen Pablo zu suchen, was natürlich das Auffinden Genosse Seliger, der wichtigste Mann in der Geschichte dieser Bartei, des bekannten spanischen   Genossen ausschließt. Der deutschböhmische fehlt leider in dem Buche. Das sind Einzelheiten, die bestimmt in einer neuen Auflage des sehr wertvollen Buches ausgemerzt werden. Die Enzyklopädie, auch in ihrer heutigen Gestalt, wird sicherlich bei allen französisch lesenden Parteigenossen, vor allem bei denen Frankreichs  , Belgiens   und der franzöfifchen Schweiz   sehr viel Auf­flärung verbreiten und den sozialistischen   Journalisten, Rednern und Parlamentariern ihre Arbeit sehr erleichtern. Das Buch wird allen denen unentbehrlich sein, die in irgendeiner anderen Sprache für die Parteigenoffen ihres Landes ein Wörterbuch des Sozialismus vor.

bereiten wollen.

Dieses Bedürfnis besteht unzweifelhaft überall. So ist eben von Dr. Angelo S. Rappoport, nicht zu verwechseln mit dem fran öfifchen Kommunisten Rappoport ein Dictionary of Socia­die Benuzer mit den Theorien und der Geschichte des Sozialismus lism( Sozialistisches Wörterbuch) erschienen, das den 3med hat, bekanntzumachen. Während Compère- Morel ein Hauptgewicht seiner Arbeit auf einen sehr reichen biographischen und französisch biblio­graphischen Teil legt, find in dem englischen Wörterbuch aus Raum­rüdsichten viele lebende Sozialisten nicht aufgeführt. Benn wir es uns auch versagen müssen, auf dieses Wert näher einzugehen, so glauben wir doch sagen zu dürfen, daß die Kenntnis der Berhältnisse in der Labour Party   durch dieses Buch sehr gefördert werden dürfte. methoden ist im österreichischen Parteiperlage in der Wiener   Bolts­In viel fleinerem Umfange und nach ganz anderen Rebaltions­Euchhandlung ein auch die deutschen Verhältnisse start berücksichti­gendes Politisches   Handbug, Ein Sozialistischer Wegweiser" von Friedrich Weiß erschienen, das bereits an dieser Stelle gewürdigt worden ist. Adolf Braun  .

Genossenschaftswesen.

Dr. Alfred Oppenheimer: Die Funktionäre des deut. schen Genossenschaftswesens, Halberstadt  , H. Mener, 1924. 74 G. Breis: 3 M.

Beilage

des Vorwärts

liegenden Fragen liegen der Schrift fern, die schon durch die zue fammenfassende Behandlung der verschiedenen Genossenschaftsarten zu einer mehr äußerlichen Behandlung genötigt ist. In die'em Rahmen liefert sie manche wichtigen Tatsachen und brauchbare Ge Danfen. G. Kazenstein,

Philosophie.

M. Hirsch: Friedrich Riessche, der Philosoph der abendländischen Kultur. Verlag Streder u. Schröter, Stuttgart  . 180 S.

Das Büchlein gibt eine lebendig und gut geschriebene Darstellung von Nietzsches Leben und Entwicklungsgang, die aber, wie die meisten Schriften über Nietzsche  , an einer argen Ueberschägung seiner Leistung und Bedeutung leidet. Einer Ueberschäßung, die hier schon vozierend zum Ausdruck kommt. im Titel Niezsche als Philosoph der abendländischen Kultur" pro

Nietzsche   war Rhetorifer und Lyriler, ein Bort- und Stimmungs fünstler, der, auf ganz eigenen Wegen gehend, durch die bald fun telnd epigrammatische, bald hymnisch feierliche Prägung feiner Cin­fälle die Phantasie des Lefers merkwürdig zu spannen wußte- nur nicht ein philosophischer Denter, der sich im Kampfe gegen über­fommene Borurteile um fritisch flare und wissenschaftlich haltbare Bergliederung gegebener Tatbestände mühte. Eine maßlose Sub. jeftinität, die, rasch entflammt, beim Abwägen von Einwänden nicht lang verweilt und auf einmal eingeschlagenen Wegen ungeduldig bis der die überlieferten Borstellungskomplere, nach denen die Menschen zum Ende fortstürmt, ist einer der Grundzüge feines Belens. Er. zwischen Gut und Böse unterscheiden, für verfehrt hält, ftellt der Dog. matif früherer Moralsysteme eine andere, und noch viel anfechtbarere Dogmatif entgegen, die er im Zusammenhang mit ganz persönlichem Erleben, im Kampf mit feinem lähmend schweren förperlichen Leiden in sich herausgebildet hat. Die Kraft des starten Willens. die nur wenigen Auserwählten eignet, verwandelt sich in seinem schwärmerischen Sinn zum Gute aller Güter, zum legten Kennzeichen und Merkmal aller menschlichen Werte überhaupt, versezt ihn in eine Art dionysischen Taumels. Der Starte und sein Werf hat immer Recht, und ihm gebührt Bemunderung, fo meint er. Das Lob des Mitleids und der Menschlichkeit, die Forderungen des Rechts und der Freiheit, wie einer gefellschaftlichen Ordnung, die solcher Forderung genügt, in alledem fieht seine Monomanie der Willens- und der ftimmung der menschlichen Natur, die den Starten und Großen Machtverherrlichung feindliche Gewalten, einen Abfall von der Be schließlich nur als Schemel ihrer Kraftentfaltung zu dienen hat. Obschon seine Lehre zumeilen, jo im 3arathustra, Formen annimmt, die in dem Aufruf zur Selbstbefreiung und zum Widerstande gegen eigene Schwäche ethische Färbung tragen, fann es doch nur verwirrend mirfen, menn man, wozu auch Hirsch neigt, Nietzsche daraufhin in nähere Beziehung zu einer humanistischen Philosophie oder auch zum Christentum zu bringen sucht. Er selbst ist stolz auf seinen prin­felben in der schärfsten Weise; so in seiner Sympathie für die zipiellen Gegensatz zu jenen Geistesmächten und unterstreicht den blonde Bestie", für die großen Berbrechernaturen der Renaissance­zeit und in seinen Schmähungen wider den Sozialismus.

Kunst.

Adolf Heilborn  : Die Zeichner des Boltes Rathe Roll wiz. Heinrich Zille  . Rembrandt- Berlag, Berlin- Zehlendorf.

nicht fritisch beleuchten, sondern am Leben beider ihr Werden zeigen, Dies Buch will die Kunst von Käthe Kolwiß und Heinrich Zille  das Menschentum ihrer Blder ins Licht stellen". Und was die tert­Die Drganisationsformen des Genoffenschaftswesens sind nicht Handelsgesellschaften. Sie bedeuten ein Stud Gliederung und nur Stoff wirtschaftswissenschaftlicher Betrachtung wie etwa bieliche Seite betrifft, so hat der Berfaffer diese Aufgabe schön gelöjt: Don beiden fo wesensverschiedenen Künstlerpersönlichkeiten gibt heil Organisation von Menschengruppen und Menschenmaffen, find daher Liebe gegründetes Verständnis spricht. born Lebensbilder, aus denen einfühlsames, auf tiefe Berehrung und Den größter foziologischer Bedeutung. Um so mehr, als gerade fie für die Berwirklichung der wirtschaftlichen Demokratie grundsätzliche Wichtigkeit haben. Ist doch die echte Genossenschaft, wie sie am meisten wohl in gewiffen Siedlungsarten, danach in den Raiffeisen­und den Konsumgenossenschaften zum Ausdrud tommt, nicht nur ein Geschäftsunternehmen, fondern eine Zusammenfassung auch der persönlichen Lebens- und Gefühlsbetätigung der Genossen. Es kann nicht ausbleiben, daß auf dem Wege zum Großbetrieb und zur Sentralisation, die notwendig, aber auch ohne ein gut Stud Veräußerlichung und Bureaukratisierung nicht möglich find, von diefem menschlichen Zusammenhang viel verloren geht. So stellt fich die Frage: Wie ist echtes Genossenschaftsleben in Verbindung mit zweckmäßigster Betriebsweise möglich?

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Heilborn lehrt uns in der Kunst der Roll mig vor allem die Einflüsse erkennen, die die geistige Atmosphäre des Elternhauses auf fie ausübte: hier herrscht der strenge, non Kantischem Ethos erfüllte, fast puritarisch anmutende und zugleich doch mit feltener Herzensgüte gepaarte Geist des Großvaters Julius Rupp  , der aus religiöfen Ges miffensnöten um die Mitte des vorigen Jahrhunderts sein Amt als Königsberger   Garnisonprebiger aufgab und die dortige Freie Ge­meinde begründete. Später jehen wir dann von bildenden Künstlern vor allem Stauffer- Bern   und Klinger, von den Großen der Feder Bola( mit Germinal" und" Arbeit") nachhaltigen Einfluß auf das Gerhart Hauptmann  ( mit den Webern" und" Florian Geyer  ") und Schaffen der Kollwig gewinnen.

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Mit der gleichen Liebe spürt der Verfasser dem Werdegang Der Verfasser der obenstehenden aus dem Genossenschaftsseminar 3illes nach, der, im Gegensatz zu Käthe Kollwig, bereits als Kind der Universität Halle hervorgegangenen Schrift bietet einen ausgiebie harte Lebensnot zu fühlen bekam und früh schon mit seinen fleinen bigen fachlichen Beitrag zur Beantwortung der Frage.. Er gibt, auf geschichten Händen den Unterhalt der Familie mitverdienen helfen reiches Material geftüßt, eine übersichtliche Darstellung der ver­schiedenen Genossenschaftsarten und ihrer Verbände unter besonderer gebracht worden war. Der junge Zille wird dann Lithographenlehr. mußte, nachdem der merkwürdig lebensfremde Bater um das Seine Berücksichtigung der berufsmäßigen Verwaltungsträfte, die immer stärker in den Bordergrund treten. Wir sehen, wie die tollegiale fing und besucht daneben den Abenafifaal der Berliner Akademie, wo er die Aufmerksamkeit Theodor Hosemanns erregt, der, feine Bes Verfassung sich durchsetzt, lernen die Bedeutung der einzelnen gabung richtig erkennend, ihm rät, auf die Straße zu gehen. So Träger der Bewegung, namentlich des heute besonders wichtigen Gefretärs und des Revisors fennen usw. Beim Punkt Bezah findet Zille   sein Miljöh. Aber noch mehr als drei Jahrzehnte lung fällt der im Jahre 1923 erhobene Anspruch der Vorstands- lang muß er sich als graphischer Lohnarbeiter mühselig fein Brot mitglieder des Zentralverbandes deutscher Konsumvereine auf eine verdienen, ehe er sich als" freier Künstler" ganz dem widmen tann, was ihm am Herzen liegt. Heute ist Bille bekanntlich M tglied der Bergütung, die 50 bis 75 Proz. die der sonstigen bestbezahlten An­Akademie der Künste zum Entfehen aller derer, die einen Zeichner gestellten übersteigt, auf. Die Wirklichkeit bewegt sich, wie die mit­des Bolles" nur gelten laffen, wenn er ihnen niebliche, finnig- minnige geteilte Statistit zeigt, zumeist in wesentlich bescheideneren Grenzen. Die Ausbildung des Nachwuchses wird gewürdigt und in einem Idyllen à la Ludwig Richter   liefert und sie mit der Wahrheit verschont. foziologischen Teil die Herkunft der. Funktionäre mit be. fanderer Berücksichtigung von Gewerkschaftern und Frauen und die Psychologie des Funktionärs, die Frage nach De motratie und Bureaukratie behandelt. Wir sehen, wie in den Konsum. nereinen die proletarische Hertunft weitans überwiegt, während in den landwirtschaftlichen Genossenschaften Lehrer und Geistliche eine überwiegende Stellung haben, neuerdings aber mehr dem allmählich besser geschulten Stand der Landwirte Plak machen.

Der Verfasser tommt in der eingangs gestellten Frage zu einem wenig tröstlichen Ergebnis. Er findet einen wachsenden Hang zu bureaufratischer Verwaltung, stellt fogar eine fich immer schärfer ausprägende Oligarchie fest, die freilich als Trägerin einer Idee anerkannt wird. Es wäre bedauerlich, wenn wirklich auf diesem Bege vom Genossenschaftswesen nur die materiell nübliche Seite übrig bliebe, die sozial taum weniger wichtige der Erziehung zu Selbstverwaltung und Gemeingeift aber verloren ginge. Hier hat die Durchbildung der Berwaltung und die Schulung der Ge. famtmitgliedschaft, vornehmlich der ehrenamtlich mit. verwaltenben, eine große Aufgabe, die freilich im Rahmen der heutigen Maffenorganisationen und Riefenbetriebe schwer zu lösen ist. Auch der Betriebsrat, deffen Stellung der Berfaffer wohl nicht richtig einschäßt, kann hier Wichtigkeit gewinnen. Diese weiter.

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Was das dem Buche beigegebene Bildermaterial anlangt, fo kann man die Auswahl nicht durchweg glücklich nennen. Zahlreiche Sfizzen allerflüchtigster Art stenographierte Notizenzettel und Mert­blätter sozusagen, find eingeftreut, bie vielleicht für den Künstler Intereffe haben und allenfalls für den Kunstliebhaber( der ja, einer figen Idee unferes Zeitalters gehorchend, alles unfertige und Em bryonale für den reinen, unmittelbaren und starteren Ausdrud einer fünstlerischen Persönlichkeit zu halten pflegt). In einem Werte aber, das selbst nicht zu dem nachgerade unerträglich gewordenen Wust logie gerechnet fein will, sondern vor allem durch das Gegenständliche, moderner Aesthetenliteratur und Linienbeschnüffelnder Kunstgrapho­Inhaltliche feiner Bildbeigaben wirfen möchte, ist dergleichen faum am Plaze.

Im übrigen sei die gediegene und geschmackvolle Ausstattung des Buches rühmend hervorgehoben. Technisch recht gut gelungen find auch die farbigen Bildtafeln, durch die wohl mancher zum erstenmal Bekanntschaft mit Zilleschen Aquarellen macht.

Alles in allem ist das Buch ein schönes Denkmal für die beiden großen Zeichner des Boltes Rathe Rollwig und Heinrich Zille   und zugleich eine dankenswerte Gabe für das Bolt selbst, von dem freilich infolge der heutigen allgemeinen Notlage nur ein minginer Bruchteil die Mittel haben wird, sich das Bert anzuschaffen. D. Koester.

DIE ALTBEKANNTEN WEINBRANDMARKEN

Edelstück Goldstück Meisterstud