Wahlkreis in Berlin   59 073 Stimmen¹) im Jahre 1887| Proportionalvertretung, welche die Zahl der Abgeordneten sich in athemloser Spannung, mit tiefem verständniß­abgab und nur einen Abgeordneten wählt, Magdeburg   28530 einer Partei von der Gesammtzahl der für sie abge- vollem Ernst, aber auch mit nicht minder verständniß­abgab und auch einen Abgeordneten wählt, daß in Berlin   IV. gebenen Stimmen abhängig macht, als auch das Wahl- vollem Lächeln dem sittlichen Zorn und der bitteren 56 298 Wähler soviel politische Rechte haben, wie in recht forderte für alle Männer und Frauen, die das Satire des nordischen Wahrheitsapostels ganz, ja sogar Aachen   11 713 Wähler u. s. f. 20. höchstens das 21. Jahr überschritten haben. Freilich, leidenschaftlich hin. Man fühlte, wie dieser Dichter dieses da die herrschenden Parteien bei einem wirklich allge- Publikum in seinem besten und tiefsten Empfinden wirk­gar meinen Wahlrecht verlieren würden, so ist die Nichtan- lich packte, wie er ihm nicht ein müßiges Spiel mit einem nahme eines solchen Antrags von vornherein besiegelt. interessanten Problem bot, sondern es thatsächlich mit sich fortriß.

Und die Folge dieses gleichen Wahlrechts ist, im Reichstag   die Zahl der Vertreter sehr oft in feinem Verhältniß zur Zahl der Stimmen steht. Zum Beweise dessen dienen folgende Zahlen: 8. Legislaturperiode 18902).

pet. ber sollen Abgeordnete

daß

haben

Stimmen

haben

Deutschfonservative

12,4

48

Abgeordnete 73

Deutsche Reichspartei

6,7

27

20

Nationalliberale

16,3

65

42

Deutschfreisinnige

16

64

66

Zentrum

18,6

74

106

Polen  

3,4

14

16

Sozialdemokraten

19,7

78

35

Bol spartei

2

10

Welfen

1,6

6

11

Elsässer

1,4

5

10

Dänen

0,2

1

0,7 1,0

3 4

Antisemiten

Unbestimmt

52

Und wie wirken diese Abgeordneten bei der Ab­stimmung? Im Winter 1887/88 wurde zum letzten Mal das ins Grab versenkte Sozialistengeset verlängert. Für die Verlängerung stimmten:

Konservative. Nationalliberale

mit 1 883 600 Stimmen

8 Zentrumsleute etwa ,,

1 678 000

11

" 1

123 200

" 1

3 684 800 Stimmen

Die erste Vorstellung im Verein Freie Volksbühne“.

Für Jemanden, der es mit dem Sozialismus ebenso ernst nimmt, wie mit dem Naturalismus, für den in diesen beiden Worten die ganze Fülle seiner Ideale be­Wenn bisher noch Zweifel an der Daseinsberechti- griffen liegt, für einen solchen war der verflossene Sonn­gung und Lebensfähigkeit des Vereins„ Freie Volksbühne" tag ein Tag stolzer Freude, ein Tag der Erfüllung, zum bestanden haben, so sind dieselben nach der ersten Theater- mindesten ein Tag, der einen unendlichen Ausblick gewährt. vorstellung, welche dieser Verein am vorigen Sonntag im„ Es soll der Dichter mit dem Volk gehen", das Volk darf dies fordern und gerade in unserer Zeit hat Ostend Theater gegeben hat, definitiv beseitigt.

Ein schlagenderer Beweis dafür, daß die Pläne der es diese Forderung nicht vergebens erhoben. Aber wenn Begründer dieses Vereins, insbesondere des Herrn Bruno erst das Volk mit dem Dichter geht, wenn es abläßt von Wille, zeitgemäße und einem wirklichen geistigen Bedürf- den frivolen und rohen Belustigungen der Tingeltangel nisse der Maffen nachkommende waren und sind, konnte und die schmählichen Kolportageromane in den Ofen steckt, nicht gegeben werden: die Aufführung vom vorigen Sonntag wenn es sich daran gewöhnt, den Ernst, welchen es ist für diese Begründer eine glänzende Rechtfertigung. sonst im öffentlichen Leben sucht und findet, auch in der Ich glaube, wohl ein jeder der 1200 Anwesenden Kunst zu suchen, jetzt, wo es erfahren hat, daß es den­hat mehr oder weniger die Empfindung gehabt, daß es selben finden kann, dann könnten die Dichter mit sich an diesem Tage um Größeres und Wichtigeres Goethe ausrufen: handle, als um die bloße Aufführung der„ Stüßen der Gesellschaft". Dieser Tag entschied die Frage, ob das moderne, zum Bewußtsein seiner Lage erwachte Prole­tariat für die große Kunst der Zeit reif sei. Und er entschied die Frage, indem er sie bejahte.

"

Dann wär uns wohl ein schöner Tag beschieden, Dann feierten wir uns're goldne Zeit!"

-

-

Gewerkschaftliches.

Nicht länger die Ausgehaltenen einer kleinen mit Glücksgütern gesegneten Minorität, sondern getragen von Also im günstigsten Falle hatten durch den Mund dem Verständniß und der Begeisterung eines ganzen ihrer Vertreter etwa 32 Millionen Deutsche   ihre Stimme Ja, es ist wahr, die moderne Kunst und das mo- Volfes, würden auch sie einen neuen, mächtigen Impuls für das Sozialistengejez abgegeben und diese Zahl genügte derne Proletarial haben einen Bund geschlossen, einen für ihr Schaffen, einen frischen, gewaltigen Antrieb zu trop 25 Millionen erwachsenen Deutschen  , um dieses ernsten, folgeschweren Bund. Und dieser Bund besitzt freudiger Thätigkeit aus dem„ neuen Bunde" schöpfen. elende Gesez nochmals zu verlängern. die Gewähr der Dauer, denn nicht äußere Zufälligkeiten Und so würden Volt und Dichter eins im andern Das sind die Resultate des„ allgemeinen, gleichen haben ihn bewirkt, freiwillig aus innerer Wahlverwandt- sich gegenseitig fördern und eine Kultur, die wirklich und geheimen". Geheim, wer lacht da? Ja, vielleicht schaft haben sich die beiden zusammengefunden. Es ist Volkskultur wäre, bräche damit für die Völker an, denn in den Großstädten, aber auf dem Lande? Allerdings weltgeschichtliche Zuchtwahl, die sie zu einander ge- der Mensch lebt nicht vom Brot allein, und der wirth­fann ich für den Bruch der geheimen Wahl keine Statistik führt hat. schaftliche Kampf unserer Zeit so blutnothwendig und ins Feld führen. Wer zählte auch alle Kniffe und Pfiffe Neu und revolutionär wie der Sozialismus auf berechtigt er auch ist wird, wenn auch zum Siege der Fabrikanten, Gutsbesizer, Schulzen, Bürgermeister, wirthschaftlichem Gebiet ist der Naturalismus auf dem geführt, für sich allein die Menschen weder besser noch um das Wahlrecht illusorisch, mindestens die ihm unter Gebiete der Kunst. Er bricht mit einer vor Alter ehr- glücklicher machen. Auch er in schließlich nur Mittel gebenen Wähler ängstlich zu machen. Da findet die würdigen Konvention, er verachtet und verwirft jegliche zum Zweck. Und dieser Zweck ist die Kultur: die all­Wahl statt in einem Kruge, auf dem Gasthofe des ge- Tradition und schreibt Natur und Wahrheit auf seine gemeine Kultur in jenem Sinne, wie sie sich heutzu­strengen Herrn, in der Stube des Verwalters, in dem Fahne. tage allgemach an die Stelle ehemaliger Religionsver­Hause des Schulzen u. s. w. Vorsitzender ist der Schulze Es ist unrichtig, wenn in einem„ Naturalismus und heißungen gestellt hat. Otto Erich. und die Schöffen Beisizer, oder der Gutsbesizer leitet Sozialismus" betitelten, in der vorigen Nummer dieses die Wahlhandlung und der Verwalter vertritt seinen Blattes abgedruckten Aufsatz eine befruchtende Einwirkung Vorgesezten. Die Bettel sind weiß, jawohl, aber welche des Sozialismus auf die naturalistischen Dichter erst von Nuancen sind in dieser Farbe möglich und wie werden der Zukunft erhofft wird. Eine solche ist thatsächlich Aufruf an die eingeschriebenen sowie die auf Grund diese Nuancen von den herrschenden Parteien ausge bereits erfolgt. Von dem Dichter des Germinal" bis landesrechtlicher Vorschriften errichteten Hilfskassen. beutet? Die Dicke des Papiers bildet ebenfalls ein ganz auf unsere jungen Berliner  , Hauptmann, Holz und Schlaf. Nachdem bereits vor zwei Jahren seitens der unterzeichneten niedliches Erkennungszeichen für destruktive Tendenzen. überall spüren wir jenen sozialkritischen Hauch, der eben Kommission ein Aufruf zur Beschickung eines Kongresses der freien Es sieht fast so aus, als ob alles gethan würde, um die nichts anderes ist als eine direkte Folge sozialistischer Krankenkassen erlassen wurde, ist nunmehr die Nothwendigkeit vor­Stimmung des Volkes, die doch hervortreten soll, zurück Einflüsse. Und es ist wahrlich mehr als ein Hauch" handen, diesen Kongreß abzuhalten, da sich der deutsche Reichstag zudrängen. Von dem ganzen allgemeinen, gleichen und es ist bei ihnen allen das eigentlich moderne Pathos. schon in den nächsten Monaten mit der Abänderung des Kranken­geheimen und direkten bleibt also nichts übrig, als die Erst kürzlich haben wir es im„ Berliner Volksblatt" versicherungsgesezes beschäftigen wird. Die neueste Nummer des freudige Gewißheit, daß die Wahl direkt ist, d. h. daß gelesen, daß Ibsen  , der Dichter der Stützen der Gesell-„ Reichsanzeigers" veröffentlicht den diesbezüglichen Gesezentwurf jeder, der älter als 25 Jahre alt ist, ein Mann ist, schaft", dem Genossen v. Vollmar gegenüber erklärt hat, und sind die Vertreter der freien Kassen nunmehr in der Lage, nicht im Konkurs steht, keine Armenunterstüßung bezieht, er halte sich zwar als einsamer Dichter dem öffentlichen Stellung zu demselben nehmen zu können. Wir berufen deshalb in einem Wahlkreise wohnt, in dem die Partei des politischen Leben ganz fern, innerlich aber, seinen Ueber den Kongreß der eingeschriebenen sowie auf Grund landesrechtlicher Wählers die relative Majorität besitzt dann auch zeugungen nach, stünde er keiner Partei näher. als der Vorschriften errichteten Hilfskaffen des Deutschen Reichs   zum No­dem Manne seines Herzens seine Stimme geben kann Sozialdemokratie. Es ist nebenbei bemerft- charaf- vember cr. nach Berlin   ein, und erwarten, daß keine freie Kranken­und nicht erst einem andern, der ihn nun wieder bei teristisch genug, daß die Nachricht von dieser überaus tasse auf diesem Kongreß unvertreten bleibt. Es gilt zu zeigen, der Wahl vertritt. interessanten Unterredung zwischen Ibsen   und v. Vollmar daß die freien Kassen eine Bedeutung erlangt haben, mit der zu in feinem unserer Bourgeoisblätter, die doch sonst am rechnen ist, wenn man überhaupt das Selbstbestimmungsrecht des liebsten jeden Waschzettel von einmal in Mode gerathenen Volkes achten will. Mögen auch bei dieser Gelegenheit die Ar­großen Männern veröffentlichen, wiedergegeben worden ist. beiter sich mündig zeigen und ihre Ansichten über den vorliegenden Also wenn wir bei dem obengebrachten Bilde Gefeßentwurf in Anträgen befunden, die dem Kongreß zur Be­eines Liebesbundes zwischen Sozialismus und Natura- rathung unterbreitet werden können. Sämmtliche Anträge, sowie lismus bleiben wollen seitens des Naturalismus ist die Anmeldungen von Delegirten sind zu richten an: L. J. Levinson, schon lange eine liebevolle Zuneigung, selbst Hingabe Altona  , Blücher- Straße 21. Nähere Bekanntmachungen erfolgen Unsere Partei ist ja jezt stark genug, selbstständig vorhanden gewesen. Es fehlte bisher nur an der rechten demnächst. Anträge einzubringen. Es wäre vielleicht angebracht, Gegenliebe, der Sozialismus war sich seines natürlichen wenn sie, in einer der nächsten Sessionen, sowohl Instinktes, der auch ihn zum Naturalismus führen mußte, noch nicht recht bewußt geworden.

Fr. Engels sagt einmal zur Erklärung eines Hegel' schen Worts: Alles was in den Köpfen der Menschen vernünftig ist, ist bestimmt wirklich zu werden, mag es auch noch so sehr der bestehenden scheinbaren Wirklichkeit widersprechen." Der Saß hat etwas Tröstliches und es wäre wirklich Zeit, daß er an unserem Wahlgesez zur Wahrheit würde.

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