Nr. 102. Soimta«, 3, Mai 1885. r.3# Z i har r.eahi zac bitlü! N » Jahrg. ff t Ä SrrlinrrDolbbloll Krgan für die Interrsscn der Arbeiter. 4 , DasBerliner Volksblatt" Mchemt täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. MonnementSpreiS für *etlin frei in S HauS vierteljährlich 4 Mark, monatlich 1,35 Mark, wöchentlich 35 Pf. onnement 4 Mk. Einzelne Nr. 5 Pf. Sonntags-Nummer mit illustr. Beilage 10 Pf. (Eingetragen in oer PostzeitungSpreisliste für 1885 unter Nr. 746.) Jnsertionsgebühr beträgt für die 3 gespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf. Arbeitsmarkt 10 T Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden bis 4 Uy* Nachmittags in der Expedition, Berlin   SW., Zimmerstraße 44, sowie von allen Annonce»« Bureaux  , ohne Erhöhung des Preises, angenommen. Redaktion: Keuthstraße 2. Expedition: Zimmerstraße 44. Zahlungsfähige Moral  ." c 3» der ReichStagSfitzung vom Freitag zeichnete sich y<tt v. Maltzahn-Gültz dadurch au», daß er den «ltt« der von konservativer Seite bei der Diäten- y* 8 e stets vorgesetzt wird, mit wahrer Leidenschaft wieder Mannte, wa» man bei diesem konservativen Abgeordneten m nicht gerade gewohnt war. Die Konservativen be- hupten nämlich immer, wen« Diäten verlangt werden, «Ni solch, Entschädigung sei überflüssig, man müsse sich *u»er Ehre, Abgeordneter zu sein, begnügen u. s.«. * i-». Herr v. Maltzahn-Gültz hat am Freitag diesen «tandpunt noch speziell gegen die Vertreter der Arbeiter- Partei betont, wie e» früher immer betont wurde, wenn ch u l tz e- D e l i tz s ch für die Fortschrittspartei seinen so ")*detholte» Antrag auf Diäten einbrachte. Wenn bei dieser Angelegenheit irgend etwa» merk- «.J 8'ß- so ist e« der Umstand, daß dieselben Konser« o»t,ven, die im Reichstage die Diäten so sehr perhorre»- p», sich weder im Abgeordnetenhause noch im Herren- Mse auch nur im Mindesten geniren, Diäten anzunehmen. «ic würden sich dort sicherlich auch mit anerkenneniwerther V�näckigkeit«ehren, wenn man ihnen die Diäten ent- i>«hen wollte. . Dazu kommt noch, daß gerade die bartnäckigsten Gegner a« Diäten sehr besttzende Leute find, denen e» kaum darauf i�ornw» kann, ob sie für einen alljährlichen Aufenthalt " ein paar tausend Thaler oder Mark mehr au»- �ven oder nicht. Man erinnere sich, daß bei der letzten Debatte im Reichstage gerade der Graf Stolberg v o»«, der betonte, man brauche keine Diäte». Das hat W Kehrte Herr Graf allerdings leicht sagen, da er einer g. jWfelen Grundbesitzer Deutschland» ist und bei dem in ai lsiner Grundrente wohl kaum durch einen Aufenthalt » Berlin   in Verlegenheit komme« kann. Er ist aber zugleich übenslängliches Mitglied de» Herrenhauses und e» ist un» �cht bekannt geworden, daß er dort die auf ihn entfallenden Diäten jemals abgelehnt hätte. Selbst, wenn er e» thun Wirde, so wäre e« für ihn kein Opfer. Der Fürst Hätz- l'ldt-Trachenberg, auch einer der größten Grund- -ißtzer Deutschland  «, ist erbliche« Mitglied de« Herren- We» und empfängt dort seine Diäten. Al» jüngst Herr z Minnigerode, der doch ge�en Diäten für den >ch«tag zu eifern versteht, eine» serner beiden Mandat« *#US   Gesundheitsrücksichten" niederlegte, behielt er nicht da« .''lenlose Ehrenamt im Reichstage, sondern da» Mandat r* Abgeordnetenhaus mit Diäten. Wir wollen ihm »ranz keinen Vorwurf machen, wir verlangen nur, daß er p seine Parteigenossen sich daran erinnern, wenn Diäten mi den Reichstag   gefordert werden. »erdoten.1 25J JeuMeton. 3m Eckfenster. Roman von Friedrich Gerstäcker  . (Fortsetzung.) 'hren andern Nachbar, der versuchte, rhr ernige fade Schmeicheleien ,u sagen-«» giebt junge Offiziere, die Hl«»»chmal versuchen-, führte sie mit ern paar hin- .?°rf-»en Worten so gründlich heim, daß er ganz be. schmieg und sich dann mit seiner Unterhaltung nu, �ö-ne Dame beschränkte. ttn. F* sich Han» im Saale umsah, bemerkte er an dem Mi-SSMW k.' leider so selten ist nnen muntern "'cht ls». ntn' und de« konnten die tanzlustrgm Paare Entsetzt">derstehen. Die älteren Gäste sahen mit Wter de« der Boden zu einem ruhigen Genuß " ch« bei der Rückkehr gewiß nicht wieder. Em Diese schlefischen und ostpreußischm Magnaten sind, sobald die Diätenforderung mit den GinkommenSverhält« nissm der minder vermöglichen oder vermögeaSlosen Ab- geordneten begründet wird, immer gleich mit der brüsken Antwort bei der Hand: Wer nicht die nöthige» Mittel hat, um die Kosten für«inen alljährlichen mehrmonatlichen Auf- enthalt in Berlin   zu bestreiten, der möge überhaupt weg» bleiben und solle kein Mandat annehmen! Schön gesagt für den, der Geld hat. Aber wenn diese Anschauung zum Durchbruch käme, dann wäre da» allgemein« Wahlrecht für da» deutsch  « Volk thatsächlich nur noch«ine Jllu- f i o n; dann käme die Diätenlofigkeit in ihren Wirkungen thatsächlich eivemZen su» und zwar einem sehr hohen Zensu« gleich. Di« Parteien haben e» bisher verstanden, diese Wir- kung der Diätenlofigkeit zu paralyfiren, obschon ihnen an- gedeutet wurde, die Diätenfond« seien nach der Reichlver- sassung nicht zulässig. Da« Letztere bestreiten wir auf da» Entschiedenste, denn der Sinn de« bekannten Verfassung«- Paragraphen, dessen Abänderung schon so oft vergeblich versucht worden ist, kann nur der sein, daß eine Zahlung von Diäten au« Reichsmittel» unzulässig ist. Nir- gend» aber steht in der Verfassung geschrieben, daß e» Privatpersonen verboten sei, einen Diätenfonds anzulegen. Wa» die Konservativen wollen, ist deutlich; sie wün­schen die Gesetzgebung zu einer Domäne für sich zu machen. Mit der Diätenlofigkeit könne» sie freilich die reiche Bourgeoisie nicht ausschließe». Würde die Diäten- lofigkeit aber so wirken, wie die Konservativen e« wünsche«, so müßten alle Angehörigen de« Mittelstände», alle bürger- lichen Existenzen ohne Vermögen, und selbstverständlich alle Angehörigen der Arbeiterklasse au» dem Reichstage au»- geschlossen werde«. Wie die Konservativen einen solchen Zustand ausnützen würde», da» läßt sich au» ihrer Haltung in den Zollfragen zur Genüge erkennen. Sie würden eben, so lange sie im Rohr säße». Pfeife« schneiden und sich sicherlich dann durch nicht« abhalten lassen. Wir nehmen es deshalb auch niemals ernst, wenn einzelne konservative Abgeordnet« in demagogischer Weise behaupten,«S gehörten mehr Handwerker in« Parlament, al» Journalisten, Advo- katen und andere den Junkern verhaßte Leute. Diese Handwerker müßten doch, wenn sie den Konservativen ge- fallen sollten, von waschecht konservativer Gesinnung sein, und wenn sie nicht genügend« Mittel hätten? Nun, dann würde den Herren Maltzahn und Genossen doch auch nicht« Andere« übrig bleiben, al« einen Diätenfond« anzulegen. Die Konservative« könne» sich noch immer nicht von den Traditionen derguten alten Zeit" liSniße»; ihnen schweben immer noch jene sorgfältig abgegliederten förmlich revolutionärer Geist hatte sich de« ganzen Saale  « bemächtigt, und wer noch irgend Anspruch auf eine Er- quickung machen wollte, sah bald ein, daß er die nur einzig und allein im Buffetzimmer selber suchen mußte. In kaum zehn Minuten war der Saal vollständig ge« räumt. Lieutenant von Wöhfen hatte da« Arrangement de» Tanze« übernommen; er schlug die Hände, die Paare ordneten sich, und mit den Tönen flogen sie mit freude» strahlenden Gesichter» durch den Saal, glücklich, in dem Augenblicke schwelgend, und nur ein einzige» düstere« Menschenantlitz leuchtete wie Nordlichtschein über da» fröhliche Volk hin, und da« gehörte dem Hofrath Märzen, der, die Hand auf seinem Manuskript, ein verächtliche«, todbittere« Lächeln um seine Lippen zuckend, an dem einen Frnster lehnte und diese« bunte Gewirr überschaute. Kein Kunstsinn mehr in der Welt," murmelte er da» bei vor sich hin,in Kopf und Herz haben sie nicht» mehr; in die Bein« ist e« ihnen gefahren; kein Gefühl für da« Schöne und Erhabene pfui über die Menschen l" Und der Hoftath ging zmück in'» Büffet, um. dort seinen»erger zu vertrinken. Han» von Solberg hatte serneTrschnachbarrn natürlich zu dem ersten Tanze engagirt; sie ging auch auf snne Unter- Haltung auf« Freundlichste ein und überraschte»hn manchmal durch ihre Antworten. Aber er war nicht im Stande, sie wirklich heiter zu stimmen, so daß er sich de» Gedanken» nicht erwehren konnte, sie tanze überhaupt nicht gern. Ere bestätigte ihm sein« Frage.  _.. Ich finde kein, große Freud, daran.« saate sie ruhrg, und begreif« eigentlich nicht, wie sich dem Viele«,t solcher Leidenschaft hingeben können.".... Aber bei einer recht lebendigen Gesellschaft, rm Kreis« froher. glücklicher Menschen fühlt«an sich doch dazu an- "Sa," sagte Kathinka leise, und«»«ar, al» ob ihr ein recht web« Schmerz durch da» Herz zuckt«zwischen Glücklich.  * Menschen." S tändeversammlungen vor, in denen die heute de« Parlamenten obliegende Behandlung der öffentliche« Angelegenheiten ein reines Privilegium jener Leute war, die durch Geburt oder durch Besitz eine hervorragende Stellung in der Gesellschaft einnahmen. Sie vergesse», indem sie solche Institutionen in etwa« modernisirter Form wieder- herstelle««ollen, nur die Kleinigkeit, daß inzwischen das Volk ein andere» geworden ist. Um die Verhandlunge« der Ständeversammlungen kümmerte sich da» Volk verhält- nißmäßig wenig; e» hatte jene Versammlungen ja nicht gewählt. Die politische Bildung und Selbstständigkeit ist aber heute so weit vorgeschritten, daß da« Volk nur zu solchen Parlamenten Vertraue» hat, die von ihm selbst gewählt find und in denen auch Männer au» seiner Mitte sitze». Ein Parlament au» lauter Parteigenossen de» Herrn von Maltzahn würde im Volke kein Vertrauen haben und daß ein Parlament ohne Vertrauen de» Volke» rn unserer Zeit ganz und gar bedeutungslos wäre, dieser Erkenntniß wird auch Herr von Maltzahn sich nicht verschließe« können. Dottttstke Uebersiekt. Die Verhandlungen de« deutsche« Reichstage» boten im Laufe dieser Woche wiederum wenig EifreulicheS; Zölle und Zollcrhöhungen beschäftigten fortdauernd da» hohe Hau», welches eine fast noch nie dagewesene Leere aufzuweisen hatte. Nur die enragirtesten Schutzzöllner dethtiligten fich an den trockenen und langweiligen Debatten mit einer Zähigkeit, die man sonst vergeblich bei diesen Herren suchen würde. E» ist ja längst öffentliche» Gebeimniß, daß da» Resultat der Ab- sttmmung schon bekannt ist, bevor noch die Debatte über die Position begonnen, man hat die Mhlhörner nach recht» und links schon vorher dergestalt ausgestreckt, daß nur noch übrig bleibt, die Getreuen zur Abstimmung zusammenzutrommeln. Da« letztere wird sicher zur drttten Lesung der Zolltartfnovelle geschehen. Man darf fich unter diesen Umständen freilich nicht wundern, wenn die Gegner der Zölle fich wenig oder über- Haupt nicht an den Verhandlungen betheiligen und da» Anter- esse für die letzteren mehr und mehr zusammenschrumpft. Neue» Leben wird der Reichstag   erst erhalten, wenn die noch in dm Kommisstonen ruhenden wichtigen Vorlagen, wie Arbeiterschutz  - Gesetz k, dem Plenum zur Beurtheilung unterlieam. Ob da« noch in dieser Session geschehen wird, ist sehr zweifelhaft. Die Gerechtigkeit bildet da» Fundament aller staatlichm Ordnung; in dem Maße wie fich dieselbe in der Gesetzgebung verlöipert bat, wird auch der Staat auf gesicherter Grundlage beruhen. Zu allen Zeiten galt e» al» ein fichereS Zeichen herannahender oder bereit» vorhandener Reaktion, wenn an den Justizgesetzen zu dem Zweck gerüttelt wurde, um dm Staatsbürgern weniger, den handwerksmäßigm Juristen mehr Einfluß an der Rechtsprechung zu gewährm. E» ist daher Denn e» war ihm»n dem Augenblicke fast, als ob er schon lange, lange Jahr« mit dem juvgm Wesen an seiner Seite bekannt und befreundet gewesm wäre. Aber«»ging nicht; welche» Recht konnte er, der vollkommen Fremde hier i« Hause, für sich geltend«achm,«ine solch« Frag« an sie zu richten s Der Tanz war vorüber; Andere drängtm fich hinzu, u« mit der Tochter de» Hause» anzutreten. Han« gab ihnen Raum, aber da« junge Mädchen fing doch an, ihn zu interessiren. Er beobachtete sie au» der Ferne, aber sie blieb sich gegm Alle gleich; ja, al» sie selbst mit de« jungen Doktor Potter tanzte, war sie eher noch stiller ge- wordm, al» vorher, und beantwortete wohl freundlich, aber immer nur kurz seine an sie gerichtete« Bemerkungen. Graf   Rauten hatte zweimal mit seiner Braut und einmal mit Kathinka wie einmal mit Flora von Klingen- bruch getanzt; jetzt zog er sich etwa» zurück in da» Spiel- zimmer, und Han» folgte ihm bald dorthin, wo fich schon einige Spieltische besetzt und die Herren eigentlich ei« wenig stark gequalmt hatten. Graf Rauten stand noch in der Thür. Ich weiß wahrhaftig nicht, ob man sich hineinwagen darf," sagte er zu Han», der an ihn herantrat;man wird de» Tabaksgeruch nachher nicht wieder lo»." Die paar Momente schaden nicht»," lachte dieser, wenn auch Mama oder Fränzchen«in wenig TabakSqual« an Dir riechm." Du weißt, daß sie e» nicht vertragen köunm." Bah, Unsinn," sagte der junge Mann, �rede mir nur nicht von vertragen können; Einbildung rst e» und weiter nicht» I Glaubst Du, daß sie zartere Nerven habm oder ander» orgamsirt find al« Fräulein von Schaller tz Und der alte Herr qualmt den ganzen Tag." Wie gefällt Dir Kathinka?" Gut, sehr gut I" sagte Han« mit Nachdruck:Dürr- deck machte«ich schon auf sie aufmerksam. E» ist ein ganz eigmthümlicher Charakter." Dürrbeck ist ein alter Jugendfreund von Dir, wie t" Ja, und ern prächtiger, braver Mensch." Rauten sah still vor sich nieder, ohne etwa« darauf zu