Betreffend die Nnfallverficherung vublizirt der Reichs- anzeiger folgende Bekanntmachung: Auf Grund des§ 2 des Gesetzes über die Ausdehnung der Unfall- und Krankenver- ficherung vom 28. Mai 1885(R.-G-Bl. S. 159) und des 109 des Unfallverficherunasgesctzes vom 6. Juli 1884(R.- G.-Bl. S. 69) wird unter Bezugnahme auf die Bestimmung unter Nr. 3 der Verordnung vom 9. Juli 1885(Deutscher Reichs- und Preußischer Staats Anzeiger Nr. 161 vom 13. deff. M.) für die Betriebe der vom Staate für eigene Rech- nung verwalteten Eisenbahnen folgendes bestimmt: 1) Die Befugnisse und Obliegenheiten der Auffichts- behörden im Sinne des§ 2 des Gesetzes vom 28. Mai 1885 werden von den königlichen Eisenbahn-Direktionen je für ihre Bezirke wahrgenommen. 2) Die in den§§ 45, 5156 des Unfallverficherungs- gesetzcs vom 6. Juli 1884 den Orts Polizcibebörden zuge­wiesenen Vernchtungon werden dem königlichen EisenbahwBe- triebsämtern, Hauptwerkstätten-Vorständen und bauleitenden Behörden(Eisenbahn-Betriebsämtern, Baukommisfionen, Ab- therlungsämtcrn) übertragen, in deren Dienstbereich sich der Anfall ereignet hat. Berlin  , den 18. September 1885. Der Minister der öffentlichen Arbeiten. Maybach. Holland. Wie heute aus Amsterdam   tclegraphirt wird, fand dort gestern Abend eine große Volksdemonstration zu Gunsten des allgemeinen Stimmrechts statt. An dem Zuge, welcher aus 5000 Personen, darunter Mitglieder mehrerer Arbeitervereine mit ihren Fahnen und Bannern, bestand, be- theiligten sich auch Sozialdemokraten mit rothen und schwarzen Fahnen. Während die meisten Thcilnehmer am Zuge Ratio- nallieder sangen, stimmten die Sozialdemokraten ein sozialisti- sches Lied nach der Melodie der Marseillaise   an. Die Haupt- straßen ver Stadt, durch die sich der Zug bewegte, waren poli- zeilich besetzt. Um Mitternacht löste sich der Zug, welcher fich gegen 8 Uhr in Bewegung gesetzt hatte, in der Nabe des Zentralbahn Hofes auf, von wo die Deputirten der Vereine n»ch dem Haag abreisten. Daselbst soll am Sonntag eine Manifestation stattfinden. Eine Ruhestörung kam während der ganzen Zeit nicht vor. Dänemark  . Eine Depesche aus Kopenhagen   meldet, daß der Reichstag  auf den 5. Oktober einberufen worden ist. Großbritannien  « Die amtlicheLondon- Gazette  " veröffentlicht eine königl. Proklamation, welche das bis zum 31. Oktober d. I. vertagte Parlament bis zum 5. Dezember weiter vertagt. Eine zweite Proklamation verfügt die Entlassung der im Februar mobilifirten Milizrcgimenter. Asien  . O welche Lust, König von Anam zu sein! Der König von Anam, welcher vor wenigen Tagen in Hue auf den Thron erhoben wurde, ist bereits der fünfte Herrscher seit König Tuduc's Tod, welcher am 17. Juli 1883, also vor wenig mehr als zwei Jahren erfolgte. Tuduc's rechtmäßiger Nach- m regierte nur wenige Tage, dann wurde er abgesetzt und jesängniß geworfen, wo er, wie es wahrscheinlich ist, Hungers gestorben ist. Ein am 23. Juli in Uebereinstim- mung mit den königlichen Prinzen veröffenlliches Dekret der Königin. Mutter berief Hiep- Hoa, den jüngeren Halbbruder Tuduc's zur Herrschaft. Hiep- Hoa wurde nach viermonatlicher Regierung vergiftet oder erwürgt, wöbet seine Vormünder Thuong und Thuyet die Hand im Spiele aebabt haben sollen. Am 2. Dezember 1883 folgte Memen  , Neffe Tuduc's und Schwiegersohn Thuong's, welcher als König den Namen Kien- Phuoc rührte und am 31. Juli 1884 wahrscheinlich(!) natür­lichen Todes starb. Nun wurde der erst 14jährige Ham-Nghi König, welchen Thuyet entführte, und der nunmehr durch den Prinzen Chaulnong ersetzt worden ist. Lokales. Der Etat des Märkischen Provinzial-Museums für das Etatsjahr 1886/87 ist vom Magistrat genehmigt worden. Der Etat enthält gegen das Vorjahr eine Mehrausgabe von 580 M., davon find 100 M. für die Bibliothek bestimmt. 2000 Mark find für den Ankauf von.Alterthums-Gcgenständen aus- Sesetzt. Die Gesammtausgabe beträgt 12 600 Marl  . Einnahmen nd nicht vorhanden.,,, Das Polizeipräsidium hat dre ihm unterstellten Organe angewiesen, für die strikte Ausführung der Polizciverordnung vom 26. Januar 1884, betreffend Herstellung fester Fahrbahnen zum An- und Abfahren von Baugrund, Baumaterialien rc. Sorge zu tragen und das An- und Abfahren zu verhindern, sobald eine solche Fahrbahn nicht hergestellt ist. i. Das löbliche energische Vorgehen der Polizei gegen die Zuhälter macht fich auch namentlich in an- Kriue Zeit. Ein Zeitbild von M. Arno. pl*berechtigter Nachdruck««bot««.] Time i» money, sagt der Engländer" ist eine Redensart, die dem aufmerksamen Betrachter wirthschaftlicher und gesellschaftlicher Zustände bei uns in Deutschland   wohl schon sehr oft zu Ohren gekommen sein wird. Aber ich meine, daß ei wohl kaum nöthig gewesen wäre, für die Wahrheit diese» Ausspruche» die Engländer als Autorität anzurufen; daßZeit Geld ist", hat sich auch bei un» al» eine unbestreiibare Wahrheit erwiesen. Denn wie lange schon ist e» un» hier zu Lande offenbar geworden, daß auch wir e» verstehen, im Bergwerk der Zeit da» Evelmetall von den Schlacken zu sondern, daß auch wir wissen, welcher hohe Werth der Zeit innewohnt und wie e« nur an un» selbst liegt, die Zeit zu nutzen. Trotz der Virtuosität, welche wir dabei in der Ausbeutung und Nutzbarmachung der Tage»- ja auch der Nachtstunden erlangt haben, ist wohl Niemand unter un», der sich nicht schon einmal versucht gefühlt hätte, mit Faust dem Augenblicke zuzurufen:Verweile doch, Du bist so schön!" Wie dem aber auch sei; ob schön der Augenblick oder -nicht, au» Augenblicken Minuten, aus Minuten Stunde« zaubern zu können, ist der stille, ja oft der laute Wunsch all' Derer, die in dem Getriebe der Großstadt durch die An- spräche, welche Geschäft, Zerstreuung, Erwerb und Gesellig- keit an sie stellen, so oft mit ihrer Zeit zu kurz kommen und dadurch bei dem Ellen, Hasten, Rennen und Jagen ihres Leben» nicht froh werden können. Carpe diem"Nutze den Tag!" ist der Wahl- spruch aller Großstädter die Müßiggänger ausgenommen dem sie bis zur Bewußtlosigkeit huldigen. Jener be- rühmte Laufzettel der berühmten alten Dame, auf dem ge- schrieben stand: elf Ubr zur Schneiderin, zwölf Uhr früh- stücken; ein Uhr bei Döri» gratuliren, dann Frau L. be- suchen,' deren Mann gestorben, recht betrübt sein dieser Laufzettel mag wohl, was ich zugeben will, in da» Reich der Eifindungen gehören, ober einen ähnlichen Zettel in Gedanken macht sich doch wohl Jeder.. Dieses fieberhafte Jagen, drese Ruhelosigkert zergt sich derer Beziehung geltend. So passtrt es häufig einzelnen Herren welche Abends den Heimweg antreten, daß fie öfter vonDamen  " angesprochen werden mit der Bitte, ihnen auf kurze Zeit den Arm zu leihen. Es geschieht dies regelmäßig in den Fällen, wo ein kontrolirender Eittenschutzmann fich in der Straße aufhält, ein Umstand, der von allen Dirnen sofort mit Blitzesschnelle wahrgenommen und unter einander rappor- tirt wird. Unter dem Arme eine» männlichen Beschützers machen fie einen solideren Eindruck und werden auch viel sei- teuer bemerkt, als wenn fie vereinzelt auf der Straße fich be- finden. Bis vor zwei Jahren existirte Ecke der Kürasficr- und Alten Jakobstraße eine Verbrecherkneipe, welche theilweise polizeilich geduldet bis zum fiühen Morgen geöffnet war und nur von bestraften oder wie der tech- nische Ausdruck lautet,beknasteten" Personen beider- lei Geschlechls besucht wurde. Gelang es durch Ver- mittelung mit bekannten Kriminalbeamten, Eingang zu diesem Lokal zu erhalten, so glaubte man fich m einen wahren Höllenbräughel versetzt. Zunächst fiel einem auf, wie wenig die Gesellschaft dort, die nur au» Zuhältern, ihren Dirnen, und Taschendieben bestand, fich in ihrer Unterhaltung vor dem inspizirenden Kriminalbeamten genirte. Es berrscht ein gewisser harmloser Ton zwischen den Wächtern des Gesetzes und seinen Verächtern. Wurde Jemand gesucht, war irgendwo einDing gedreht" worden, so pflegte man hier zunächst vor- zusprechen: fand man auch den Thäter nicht selbst, so traf man doch sicherlich irgend einen guten Freund, der fichim Brand" befand und den Aufenthalt seines Komplizen oder die näheren Umstände des Diebstahls verpfiff".Schwere Jungens" wurden seltener in dieser Ge- fellschaft bewerft: in vornehmer Zurückgezogenheit pflegten fie ihre besonderen Wege zu wandeln, die nur einzelnen viclge- nannten Kriminalkommiffarien bekannt waren. Von den übri- gen Mitgliedern dieser Gesellschaft sowie den Damen dieses Kreises wurden dieSchweren" mit gewisser Hochachtung an- gesehen. Da es ja immerhin eine ardere Existenz ist nach ihren Begriffen,ein Ding zu tändeln"(Einbruch begehen) als von kleinen Taschendiebstählen oder vom Erwerb der Dirne zu existiren. Die schweren Jungens pflegen als Gentlemens meist in den Wiener   Cafss zu verkehren und pflegen ihrem Aeußern nach in echten Pelzen nach der neuesten Mode gekleidet einherzugehen, während die leichtere Sorte nicht dieses Vertrauen erweckende Acußere befitzt. Unter diesen verkehrte ein Zuhälter, der blonde Max" genannt, der täglich, wie er fich rühmte, 40 M. zu verzehren hatte, die ihm im Laufe der Nacht von 3 Favo­ritinnen nach jener Kneipe gebracht werden mußten. Gelang es den 3 bedauemswerthen Geschöpfen nicht, die Summe von 40 M. aufzutreiben, so wurde Max sehr unqcmüthlich und ohrfeigte dieselben in der brutalsten Weise, während die übrigen Zuschauer die Karona zu diesem wideilichm Schauspiel bildelen. Wehe demjenigen, der für die eine oder die andere hätte Partei nehmen wollen! Trotzdem hingen dieselben(ein psychologisches Räthsel) mit hündischer Treue an demblonden Max und verprügelten einstmals eine Kollegin, weil Max derselben nur eine Tasse Kaffee spmdirt hatte. Zeitweise pflegte Max, wenn er fich einmal ungestört in anderen Kreisen bewegen wollte, die Uniform eines Garde- Avanzirten anzuziehen, bis dieser Sport ihm durch Polizeistrafe energisch gelegt wurde. Augen- blicklich befindet er fich wieder ernmal hinter den Mauern Sonnenbergs. Programmgemäß denn die Wetterwarte hatte die An- kündigung gebracht ging Freitag Abend zwischen 6 und 7 Uhr über Berlin   ein wolkenbruchartiger Regen mit schwerem Gewitter nieder. Das Gewitter stand unmrttelbar über der Stadt. Blitz und Donner folgten fich unmittelbar, man kann sagen, waren gleichzeitig wahrnehmbar. An vielen Stellen glaubte man umsomehr bei dem ersten heftigen Schlage an eine Explofion, als das Unwetter ziemlich jäh hereinbrach und ein Heranziehen kaum bemerkt worden war. Glücklicher Weise ließ die Heftigkeit des Unwetters bald nach. Ein kalter Blitz« schlag traf das Gebäude der Kaisergallerie und zwar in der nach der Behrenstraße zu gelegenen Front oberhalb des Durch- gangs nach den Linden. Dier Blitz zerschmetterte einige Ziegel auf dem Dache und warf dieselben zur Erde, wo fie prasselnd dicht neben der Zeitungsfrau, welche am Eingänge ihren Stand hat, niederfielen. Größeren Schaden hat der Blitz am Ge- bäude nicht angerichtet. i. Die Einrichtung des zweitenLumpensammler»" auf der Potsdamer Bahn wird von den Bewohnern der Vor­orte als ein schöner Zug der Verwaltung mit Freuden be- grüßt. DerLumpensammlei/' ist bekanntlich, wie die Garcons der Vororte mit Selbstironie zu sagen pflegen, der letzte Zug, welcher Nachts 1 Uhr den Potsdamer Bahnhof verläßt und m allen Vorortsstationen anhält. Da er die ultima ratio aller die Residenz besuchenden Nachtschwärmer ist, so ist er immer sehr stark besetzt. Leider aber existirte bisher kein korrespondirender Train von den Vororten aus, um Ausflügler und Verwandte nach Berlin   zu befördern. Diesem Uebelstande wird vom 1. Oktober an durch einen neuen um'/-l Uhr Nachts in Berlin  un» auf den verschiedensten Gebieten kaufmännischer, indu- strieller, künstlerischer und literarischer Thäiigkeit, tritt un» fast jeden Augenblick im Gewühl der Straße, im lärmenden Getriebe der Großstadt entgegen und verfolgt un» in da» trauliche Heim der Familie. Den krähenden Hahn, der den jungen Tag einruft, hat bald danach der Postbote abgelöst, der schon um sieben Uhr dem Kaufmann die eingegangenen Briefe bringt. Kaum sind sie oberflächlich durchgelesen, so verabschiedet sich der Haus- vater eilig und mechanisch von Weib und Kindern, denn seine Gedanken beschäftigen sich schon mit dem Inhalt der Briefe und mit den zu treffenden Dispositionen. Die Hau»- frau sorgt für da» Frühstück der Kinder, Alle» hastig und eilig, denn Jung- Deutschland   hat meisten« einen gesunde« Schlaf; die Schulen beginnen um acht Uhr und die Mehr- zahl ber Kinder hat einen weiten Weg. Sind die Kinder besorgt, dann beginnt für die Hausfrau da» Hasten in der Wirthschaft, der Gang zum Markt wird schnell angetreten. die Zimmer solle« gereinigt und da» Essen bi» um zwei Uhr fertig gestellt werden, da» dann vom Hausherrn und den Kindern wiederum eilig vertilgt wird, weil diese wiederum ihren verschiedenen Beschäftigungen entgegeneilen, die sie bi» zum späten Abend in Anspruch nehmen. Wie behaglich war früher der Beruf de» Journalisten; wie gemüthlich konnte er sich dem Genuß eine» militärischen Schauspiels oder einer Premisre hingeben; da wurde in aller Ruhe und Beschaulichkeit gespeist, dannein langer Schlaf gethaa", und am anderen Morgen kam dann im Schlafrock und Pantoffeln, die lange Pfeife im Munde, solch' ein Bericht zu Stande, der am zweften oder dritten Tage die Leser von dem Geschehenen unterrichtete heut zu Tage müssen die Kritiker ihre Notizen schon in den Zwischenakten beginnen, haben nach Schluß der Vorstellung kaum Zeit, fich ernen Imbiß zu gönnen und sitzen dann mit hastender Feder in der Redaktion, ihre Berichte fertigzustellen, die noch naß in die Druckerei getragen werden! Wo sind fie geblieben, die gemüthlichen Plauder- besuche der alten Zeit, bei denen gute Freunde sich zu einer Tasse Kaffee zusammenfanden und zu drei-, vier- stündigem Verplaudern Zeit hatten; die heutigen Visite« werden stehenden Fuße» abgemacht, kaum finde» die Herren eintreffenden Lokalzuge abgeholfen werden. Beiden Theilen ist somit geholfen. g. Die Händler mit Gänsen, welche vorgestern mtt ftischgeschlachteten Gänsen nach Berlin   gekommen find, haben durch das Gewitter wieder einen sehr bedeutenden Schaden gehabt, weil die meisten dieser Gänse nach dem Gewitter eine grüne Farbe erhielten, als ob fie vom Blitzschlag getroffen wären. Große Händler, welche auf dem Dönhoffsplatz standen, sollen einen Schaden bis zu 300 M. gehabt haben, weil fie die Preise, um die Gänse nicht ganz werthlos werden zu lassen, auf die Hälfte verminderten. Wie von Landleuten erzählt wurde, hat das Gewitter mit Hagelschlag auch in den Obst- gärten nicht unbedeutenden Schaden verursacht, da das noch nicht ganz reife Spätobst in großen Massen von den Bäumen geschüttelt wurde. Leitspindeldrehern, Maschinenbauern u. lehrt nach einer leicht faßlichen Methode das Ausrechnen der Räder für alle vorkommende Gewinde der Techniker und Werkmeister Nack, Mariannenstr. 3132. Der Unterricht des Herrn Nack ist Jedem zu empfehlen, der in dieser Branche thätig ist und den Wunsch hegt, seine Kenntnisse zu bereichem. Der erfor- derliche Vorunterricht im Rechnen mit gewöhnlichen und Tezimal-Brüchen ist in dem Kursus mit einbegriffen. Der neue Kursus beginnt am 5. Oktober und dauert 6 Monate, das Honorar beträgt pro Monat 4 Mark. Verbunden mtt diesem Unterricht ist auch das Berechnen von Flächen, Inhalts- berechnung von Gefäßen und Körpern, Rabatt und ZinS- berechnunq jc.(Siehe auch Annonze.) Projektirtes Repertoir der Königlichen Schauspiele vom 20. bis 27. September 1885. Im Opernhause. Sonntag, den 20.: Die bezähmte Widerspenstige(Frl. Renard al» Gast); Montag, den 21.: Jeffonda; Dienstag, den 22.: Koppelia, der betrogene Kadi; Mittwoch, den 23.: Die Jüdin; Donnerstag, den 24.: Die Entführung aus dem Serail; Frei- tag, den 25.: Marie, die Tochter des Regiments, zum I.Male: Wiener   Walzer; Sonnabend, den 26.: Mignon(Frl. Renard als Gast); Sonntag, den 27.: Margarethe. Im Schauspiel- Hause. Sonntag, den 20.: Heinrich IV.  (I.); Montag, den 21.: Heinrich IV.  (II.); Dienstag, den 22.: Der Damenkrieg, Sie hat ihr Herz entdeckt; Mittwoch, den 23.: Faust; Donnerstag, den 24.: Viel Lärmen um Nichts; Freitag, den 25. Tne Geyer Wally; Eonnabend, den 26.: Der Bibliothekar; Sonn- tag, den 27.: Maria Stuart  . Belle-Alliance-Theater. Das Ensemble- Gastspiel der Mitglieder des Wallner Theaters hat mit dem schönsten Er- folg in dieser Saison begonnen. Die Neu- Bearbeitung namentlich die neuen Kouplets der GesangipoffeEin weißer Rabe" ist als eine durchaus gelungene zu bezeichnen und versetzt das Publikum vom Anfang bis Schluß in die heiterste Stimmung. Die Hauvtdarsteller werden allabendlich bei jedem Aktschluß, sogar bei offener Szene lebhaft gerufen. Im Deutschen   Theater findet heute, Sonntag, die zweite Aufführung von Grillparzer's TrauerspielDes MeereS und der Liebe Wellen" statt. Morgen, Montag, wirdKönig Lear" gegeben. Ferner bringt das Revertoir dieser Woche außer den Wiederholungen vonDes Meeres und der Liebe Wellen" von Aufführungen vonDer Hexenmeister" undDer Weg zum Herzen". Am nächsten Sonnabend, den 26. d. Ä.» geht das vieraktige LustspielJungbrunnen" von Paul Lindau  neu in Szene. Im schwarzen Adler in Schöneberg   neigt fich die Saison ihrem Ende. Heute Sonntag wird bei mäßigem Ein» tritt eine Eliteoorstellung stattfinden, bei der es an verschie- denen Ueberraschungen nicht fehlen wird. In den Riesensälen wird wie immer die tanzlustige Welt zusammenströmen, wäh« rend die übrigen zahlreichen Volksbelustigungen Abwechselung und reiches Amüsement bieten. Polizei- Bericht. Am 16. d. Ml», stieß der Fuhrherr Geyer, als er, auf einem mit Heu beladenen Wagen fitzend, in den Thorweg des Hauses Schönhauser Allee Nr. 78 einfuhr, mit dem Kopf gegen die über dem Thorwege befindliche Fenster- brüstung und erlitt dadurch einen Bruch der Halswirbelsäule, in Folge dessen er am nächsten Tage Mittags verstarb. Am 17. d. M. Vormittags wurde der Maschinenführer Arndt in dem Maschinenschuppen der Hamburger Bahn mit starken Ver» letzungen am Kopfe besinnungslos aufgefunden und nach dem Augusta- Hospital gebracht. Die Verletzungen scheinen dem jc. Arndt durch Schlage mit einem stumpfen Instrument beige» bracht zu sein und ist ein der That verdächtiger Heizer ver» haftet worden. An demselben Tage Mittags fiel dem Bierfahrer Reichert beim Bierabladen auf dem Grundstück Ackerstr. 132 eine Tonne Bier auf das Bein, so daß er einen Bruch des rechten Unterschenkels erlitt und behufs Anlegung eines Verbandes nach dem Krankenhause in Moabit   gebracht werden mußte. Am 18. d. M. früh stürzte sich erne an Geistesschwäche leidende Almosen-Empfängerin aus dem Fenster ihrer in der Prinzenstraße, 3 Treppen hocd belegenen Wohnung auf den Hof hinab und verstarb auf der Stelle. Am Vor­mittag desselben Tages fiel ein Arbeiter in der Reichenberger- Zeit, die Ueberzieher abzulegen, und wenn e» unseren Dame» in ihren künstlichen Gebäuden von Reifen, Spange«, Gummibändern und Volant» glücklich gelungen ist, in flu- dirter Nachlässigkeit an einen Stuhl zu lehnen kann man'» etwa noch sitzen nennen? so dauert diese Pose höchsten» fünf Minuten, dann rauschen die Reiftöcke wieder auf und davon, um bei anderen lieben Freunden die Rund« mache» zu können und keinen zu kurz kommen zu lassen. Denn wenn man noch nur wenige Wochen mit dem Besuche zögerte, so könnte der neue thurmhohe Hut schon nicht mehr ganz Nouveaut« sein und dann käme man um de» Ruhm, die erste gewesen zu sein, die statt eine» Vogel  » nun drei bunte beinahe unmögliche Schnabelthiere auf dem Kopfe gettagen habe. Welch ein Gefühl der Ruhe und de» beseeligende« Alleinsein» empfand sonst ein junge» Pärchen auf der Hoch- zeitSreise; wie ließen sich die Zungvermählten keinen Augen- blick dieses geweihten Ausruhen« von der Allraglichkett durch indiskrete Freunde kürzen; vier Wochen sollte da« Dolce far niente dauern, aber wie gern machte man acht darau»..... Heute eilt man mit Rundreifebillet« in vierzehn Tagen durch halb Europa  ; nicht da« beglückende Alleinsein wird aufgesucht, sondern der Hauptzweck ist, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel zu sehe«. Da passtrt e» denn oft, daß wir ein junges Menschenpaar, da» gester» hochzeitlich geschmückt und bewegten Antlitze» im Gottes- hause Hand in Hand vor dem Priester stand, heute oder morgen wiedersehen, wie sie eilenden Schritte» die Gemälde- auSstellunge« durchwandern, die Börse besichtigen, oder fich in den Menschenstrom einer Parade oder eine» Garten« konzert» mischen; da»Carpe diem" ist auch ihr Wegweiser geworden, und der junge Ehemann, dessen Hand in den ersten Wochen de» Ehestandes fast eben so häufig auf dem Portemonnaie wie auf den weichen Locken seine» jungen Weibe» geruht hat, zitirt aus alter Gewohnheit, wa» er sich ebenso gut auf Deutsch   sagen könnte:Time is money'1. I» jenen Zeiten, wo noch die alte..... aber wer stört mich denn in meinen Betrachtungen? Ach, der Metteur! Wa» wollen Sie denn? Entschuldigen Sie, Herr Doktor! ich muß da» Manu» skript haben; ich kann nicht länger warten; bitte schließe« Sie, ich habe keine Zeit mehr!