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Wunderglaube an die weiße Frau

Von Eva Hrdlicka

Wir folgen dem Bett des Ued zwischen| ebenfalls schlank und groß, mit schönem läng­Jurizen und Tazart( Nordafrika  ). Die Hügel lichen Gesicht, wo zwei dunkle Augen, die durch find fahl und steil und zwischen den Felsen Kohlenschminke riesengroß erſcheinen, leuchten.

suchen Schafe und Ziegen das spärliche Gras.

Meine vier schwarzen Soldaten machen mir große Freude in ihren kurzen Hemden. Um den Stopf tragen sie schneeweiße Lappen funstvoll zu einem Turban gewickelt. Ihre Füße steden in Sandalen, die sie mit Lederriemen am Steig­bügel befeſtigt haben, um sie beim Reiten nicht zu verlieren. Diese herrlichen, schlanken Men­schen singen, lächeln und scherzen. Unter einem folch freien Volfe wird das Leben zur schönsten Freude, denn es sind Menschen, die frei von allem Falschen und Scheinheiligen find.

Uns kommen einige Meiter entgegen. An ihrem Sattel hängt ein Sad aus einem Stüd alten Teppich. Dieser Sad, in dem sich Hafer befindet, dient den Pferden als Futterkrippe, eine Einrichtung, die in Marokko   unbekannt ist. Denn der Maroffaner streut gewöhnlich den Hafer auf den Boden.

Links erscheint bald das schmale Bächlein Uanubiott und der Duar( Dorf) Asfalu. Neben einer Kasbah( Schloßz) blühen einige Kleine Gärten, und zwei einzeln stehende Palmen er­heben ihre smaragdgrünen Kronen in den Tobaltblauen Himmel. Zur Rechien verdeden uns violette Gebirgsketten den Horizont. Dort thront der Diebel( Berg) Sirua.

Bei dieser Kasbah und dem Duar Ait Buhnan verlassen wir das Bett des Ued und steigen links in die Berge, um dann in ein offe­nes Tal weiter vorzubringen. Mitten in diesem liegt auf einem pilzförmigen Hügel die Kasbah Ait Aissa mit hoher Festungsmauer. Am Fuße dieses Hügels sehe ich den Marabut( Mauso­Teum) des Sidi Ali Uamerrh.

Es ist 1 Uhr. Wir reiten in diese Kasbah des Kaid Addu ein. Unser Weg führt zuerst durch einige Tore und ganz enge Gäßchen. Der Neffe des Scheifs Addu, namens Si Brahun, fommt uns mit einem Willkommengruß ent­gegen. Er führt uns in einen Hof, an dessen Seiten Herrschaftliche Häuser stehen. In diesem Hofe müſſen meine Tiere verbleiben, er dient ihnen als Ruheplay. Toch mir wird im Haupt­gebäude ein großer Raum angewiesen, in dessen Mitte eine steinerne Säule zur Dede strebt. Die Wände sind mit wunderlichen geometrischen Zeichen in Blau   und Grün auf rotem Grund geschmückt, Zeichen, die offultische Bedeutung haben. So bin ich in einem Lande, das auf den sogenannten Aberglauben" eingeſtellt iſt.

Mein Gastgeber Si Brahim ist hoch und schlank mit großer Adlernase, schönen schwarzen Augen und schönen Zähnen. In seiner Beglei= tung mache ich einen Gang durch seinen Duar und beschaue mir die engen Gäßchen und die aus Erde aufgeführten niedrigen Häuschen. Ich bin der Gegenstand der allgemeinen Verwunderung der Bewohnerschaft, deren weiblicher Teil un­verschleiert geht.

Jetzt führt mich mein Gastgeber in sein eigenes Haus und stellt mich seiner Familie vor. So gelange ich durch einen dunklen Hauseingana auf einen Lichthof, wo Sklavinnen am Webſinth! fiben und Wolle zu Stoff verweben. Ueber eine schmale dunkle Treppe erreiche ich die weite Hausterraffe, die in Abendstunden den Frauen des Si Brahim zum Aufenthalt dient. Von hier aus kann man den gesamten Duar überschauen, ohne bemerkt zu werden.

Si Brahim stellt mich seiner Schwester el Kebira vor. Sie ähnelt sehr ihrem Bruder, ist

Ueber jedes Auge hat sie von der Nasenwurzel bis zur Schläfe hin mit Kohle einen tiefschwar­zen Bogen geschlagen. Ihre Hautfarbe gehi in Bernſteingelb über und auf den Wangen und dem Kinn sind jeweils drei schwarze Kreuze ein tätowiert. Ihre Arme und Finger sind lang und dünn. Die stolze Frau ist eine wahre Sluguia, eine Schleuin, und spricht zu meinem tiefsten Leidwesen nicht Arabisch. El Kebira hat um ihren braunen Körper einen weißen Baumwoll= stoff geschlagen, der auf den Schultern durch filberne Agraffen festgehalten wird. Vom Kopf wallt ein Stiid roter Samistoff zu den Schul­tern herab und wird durch ein gelbseidenes Stirnband festgehalten. An ihren schlanken Fingern trägt sie einige Siberringe und thre Arme sind mit schweren, breiten Armbändern aus Silber geschmückt, an denen myſtiſche Zauberzeichen eingraviert sind. Um ihren lan gen, schmalen Schivanenhals hat sie zwei Perlenketten geschlungen, die eine aus feinen orientalischen Perlen und die andere aus Silberkugeln und Korallenverlen, deren einzelne durch filberne Gehänge voneinander geſchieden find. Von den Ohren pendelt schwer filberner Schmuď.

Viele Frauen kommen auf die Terrasse und drängen fich zu mir heran, um mich neugierig zu beschauen, weil sie noch keinen Europäer ge­schen haben.

Bis hieher ist Frankreichs   Kolonialmacht noch nicht vorgedrungen. Aber mit diesen Frauen kann ich nicht allzuviel sprechen, da die meisten nicht Arabisch verstehen, sondern die Schleusprache sprechen, eine Sprache, die ich nicht verstehe. El Kebira und Si Brahim stellen mir ihre Mutter Bra   vor. Sie hat noch eine eeesece

andere Tochter namens Faihma. Sie ist eine der Frauen meines Freundes, des allmächtigen El Hadi Thami zu Marakkesch. Die alte Dame

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fie spricht ausgezeichnet Arabisch- freut ſich ſehr, aus meinem Munde zu vernehinen, daß es ihrer Lieblingstochter weit draußen in Dankt sie mir und lobt Allahs   Güte und Gnade Maroffo gut gehe, und mit tränenden Augen mit den Worten: Wo mein Kind ist, da ist auch mein Herz!

Ein fürchterliches Gedränge seit ein. Aus dem Dorfe schleppt man Kranke herbei, damit

ich sie heilen solle. In ihrem naiven Sinn glaus ben die guten Menschen, jeder Abendländer sei, weil er eben Abendländer iſt, imſtande, Kranke

zu heilen. Man bringt mir Säuglinge und hundertjährige Greise. An diesem Unfug sind in erster Linie meine Soldaten schuld. Auch sie

glauben, ich könnte durch Winder alle Krank­

heiten heilen, weil ich durch hygienische Waſchun­gen einen meiner Diener von seiner ägyptischen

Augenkrankheit befreit habe. Und nun be schwatzen meine Soldaten die gesamte Beloh­nerschaft, ich hätte einen Ruf als Tubiba" und vollbringe Wunder auf Schritt und Tritt. Ach, wenn ich das nur könnde! In Horden folgen meiner Starawane, in der Hoffnung, bald mit dieſe armen kranken Menschen schon tagelang

mir zusammenfommen zu können.

Wer durch Südmaroffo einmal reisen will, muß vor allem eine riesige Apotheke mitnehmen.

wie gern hätte ich allen Menschen geholfen, aber meine medizinischen Menniniſſe find gering.

Die meisten meiner Patienten leiden an Augenkrankheiten. Manch Blinder berührt mein Kleid, in der so hoffnungslosen Hoffnung, die Schfraft wieder erhalten zu können. Viele Frauen leiden an Kopfschmerz, manche Männer und Kinder an Magenbeschwerden und an ande ren eigentümlichen Krankheiten. Ihnen allen teile ich Heilmittel aus, gebe ihnen Ratschläge und aufmunternde Worie. Aber noch immer hält das Gedränge an. Zahlreich sind die Frauen, die aus dem Dorfe zu mir herauf­steigen, um ihre Beschwerden dem, cl Mallema

Ein GA- Mann denkt nach

Von Georg Wilman

Zehn Jahre lang habe ich Hitler   gewählt Und schenkte ihm blindes Vertrauen. Ich habe in feiner Versammlung gefehlt, Ich hab' zu den gläubigen Schafen gezählt, Um das neue Deutschland   zu bauen.

Er versprach uns Arbeit und Freiheit und Brot,

Er versprach uns auch höhere Löhne. Er sagte, er mache ein Ende der Not Und bringe den Ausbeutern Elend und Tod Und uns alles Edle and Schöne.

Ich glaubte an alles, was er uns versprach, Ich glaubte an Deutschlands   Erwachen. Ich wartete, daß er die Zinsknechtschaft brach. Ich fämpfte gegen die jüdische Schmach. Ich ließ den Revolver frachen.

Nach zehn Jahren Kampf war es endlich ge­ſchafft.

Hielt der Führer, was er uns versprochen? Ging er an die Arbeit mit ganzer Kraft? Statt der vielgelästerten Zinsknechtſchaft Hat er seine Versprechen gebrochen.

Er brachte nicht Arbeit, nicht Brot und nicht Recht.

Die Bonzen bekamen die Posten.

Wir gingen für ihn in jedes Gefecht. Und heute, da sind wir für ihn zu schlecht Und bezahlen trotzdem die Kosten.

Zehn Jahre versprach er uns Arbeit und Brot, Und doch ist der Hunger geblieben! Wir schlugen für ihn die Proleten tot. Und doch ist geblieben die gleiche Not ind wir müssen Kohldampf schieben.

Jezi dürfen wir Arbeitsdienstpflicht markiern Für sieben Pfennig die Stunde! Wir wollten gegen die Herren marschiern. Jezt sehn wir die Herrn mit dem Führer regiern

Die Herrn und den Führer im Bunde!

Jetzt ist es genug! Jezi weiß ich Bescheid! Der Führerer hat uns verraten! Wir schweigen nicht mehr! Es kommt unfre Zeit!

Dann Kameraden, dann ist es so weit--­Schon gärt's bei den braunen Soldaten!

Jetzt weiß ich endlich, um was es geht! Jetzt Schluß mit dem falschen Vertrauen! Mein Play ist an deiner Seite, Prolet! Die rote Fahne der Zukunft, sie weht! Wir werden die Zukunft bauen!