hatten sich die Gefichter Mae eingeprägt. Sie lachte. Fand den Ueberfall sehr originell. Er war eine neue Sensation.

Von da an ging fie öfter in die Nacht lokale der New Yorker Verbrecherivelt. Stets mit fostbarem Schmuck behangen und vielem Geld in der Tasche. Nahm man ihr beides, so amüsierte Mae das ungeheuer. Wenn ich nur alles Geld erst los wäre", rief sie einmal. Doch das gelang ihr nicht, auch wenn sie es mit vollen Händen vergeudete. Fünfundzwanzig Millionen Dollars, die sich durch Arbeit zahl­loser Fleißiger ständig vermehrten, waren nicht so schnell zu verringern.

Neues flüchtiges Glück fand Mae im Rausch des Alkohols. Mit der Leidenschaft Ver­atveifelter ergab sie sich dem Genuß von Giften aller Art. Doch am liebsten trant sie. Starf mit Gin gemigte Cocktails, die sie sich nach eigenem Rezept brauen ließ. Bald hieß sie nur noch die Cocktail- Königin", weil sie unermüdlich war im Erfinden nervenaufpeitschender Getränke. Zweimal heiratete sie noch. Beide Männer

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wählte sie sich aus jenen dunklen Kreisen, in denen sie nun schon beheimatet war. Die oberen Zehntausend New Yorks hatten sich entrüstet von ihr abgewandt. Man durfte alles Mögliche tun, wenn man Dollar- Millionen besaß. Doch es durfte nicht an die Oeffentlichkeit dringen. Die großen Gauner tragen eine weiße Weste, und jeder reicht ihnen die Hand. Ihre Betrü­gereien begehen sie leise und geheim. Doch im Gefängnis gesessen zu haben, das galt als shocking". Wer Nacht für Nacht wie Mae, die Cocktail- Königin, betrunken im Rinnstein auf­gelesen wurde, den konnten die Astors und die Vanderbilts nicht mehr einladen. Mae war im Grunde nicht schlechter als sie. Sie war nur hemmungsloser.

Man fand sie eines Morgens tot auf der Straße. Der Polizeiarzt konstatierte Alkohol­vergiftung. Sie hatte die letzte durchzechte Nacht nicht überstanden. Niemand ging zu ihrem Be­gräbnis. Sie war nur 25 Jahre alt geworden. Und genau 25 Millionen Dollars fielen dem Staate zu.

,, Der Du nicht länger

mein Augapfel bist".

Frauen- Emanzipation im Schatten der Pyramiden

Kairo  , Anfang September.

Orientalischer Handel

betreibt sie Sport, nicht dem Sport, sondern Ueber den Abdine- Play in Kairo   flißt ein der schlanken Linie zuliebe, da die jungen niedriger, gelber Sportwagen. Er wird von Effendies von heute rasch von ihrer bisherigen einer jungen, schmalhüftigen Aegypterin in Ansicht abgekommen sind, daß Körperfülle mit modernem Sportdreß gelenkt, auf deren wasser- Schönheit gleichbedeutend sei. gewelltem Bubikopf verwegen ein winziger schwarzer Turban sizt. Einige Bäuerinnen, die schivere irdene Wasserkrüge auf ihren Köpfen balancieren, bleiben stehen und sehen maßlos verwundert hinter dem ägyptischen Sportgirl her. Andere Vorübergehende werfen nur einen flüchtigen Blick auf sie. Noch vor zehn Jahren würden sie von weither gelaufen sein, um eine unverschleierte Frau zu sehen. Heute gibt es deren zu viele, um noch aufzufallen.

Ein auf einem Esel reitender Fellache

macht dem Rennwagen Platz. Er ist in die Stadt gekommen, um Gemüse zu verkaufen. Hinter ihm schleppt sich mühselig seine Frau einher; auf ihrem Nacken ſizt mit gespreizten Beinen ein Kind. Sie ist mager, dunkel- und Tederhäutig. Ihr langes, staubiges schwarzes Baumwollgewand schleift den Boden. Ihre Ver­schönerungsversuche bestehen aus silbernen Arm- und Fußringen und blauen Tätowie­

rungsmarken am Kinn und oberhalb der Lippen. Seit frühestem Morgen trabt sie hinter ihrem Mann einher, der, eselberitten, sich noch kein einzigesmal nach ihr umgesehen hat, um sie zu fragen, ob sie müde sei. Es ist ihm auch nicht im Traum eingefallen, sie mit dem ausge= mergelten Kind für eine Weile auf dem Eſel reiten zu lassen und einstweilen selbst zu Fuß zu gehen. Denn für diese Fellachin ist die Zeit der Emanzipation noch nicht gekommen, wenn­

gleich sie sich vielleicht vorbereitet.

Die schlanke Linie

Für die Aegypterin war der Einkauf eines Stückes Seide noch vor fünfzehn Jahren die Be­schäftigung eines ganzen Vormittags. Einge­wickelt und verschleiert, gewöhnlich von meh schwarzen Dienern begleitet, begab sie sich in reren Familienmitgliedern und einem oder zwei

den Laden.

ses

,, Wieviel, o Tagier, verlangst du für die nichtige, schlecht gefärbte Stückchen Stoff?" Dieser herrliche Brokat, o Dame, kommt aus dem fernen Persien  . Er ist gesponnen aus der Seide der von Allah   gesegneten Seiden­würmer von Isfahan   und mittels eines Ge­heimrezeptes gefärbt, das die Farben der Blumen und den Schimmer kostbarer Steine auf die Gewebe überträgt. Ich will ihn dir für die unbedeutende Summe von drei Pfund das Stück geben."

Was bezweckst du damit, du Betrüger der Weisen," rief dann die Kundin aus einen solchen unerhörten Preis für ein Stück Stoff zu fordern, das zu tragen ich nicht einmal meiner Dienerin zumuten würde? Ich will dir ein Pfund bezahlen und dies als Geschenk!"

Dann nahm die Kundin das Bernstein­mundstück ihrer Wasserpfeife und brachte durch tiefes Einaimen des Rauches ihre Entrüstung zum Ausdruck. Der Kaufmann nahm die Ware, legte sie ins Regal und begann sich ebenfalls angelegentlich mit seiner Pfeife zu beschäftigen. Dann begann neuerdings das Feilschen. Nach mit der Seide der allahgesegneten Seiden­ein paar Stunden entfernte sich die Aegypterin würmer Isfahans, nachdem sie anderthalb

Pfund dafür bezahlt hatte.

Kaufhaus mit Lotterie

Die junge Aegypterin des Bürgertums jedoch ist sich bewußt geworden, daß die jungen Männer ihrer Kreise, die die Ideen des Westens in sich aufnehmen, ein Mädchen von Intelligenz und Bildung zur Frau haben wollen. Sie gibt zwar noch nicht den Gedanken, sich nach der Wie anders vollzieht sich heute das Ein­Ehe in ihrem Harem einzuschließen, auf, aber faufen in Nairo oder Alexandrien  . Nur die sie will nicht mehr die dumpfe Chefflavin von Fellachen und die Touristen besuchen heute die früher fein. Und, obwohl sie körperliche Basare und Märkte. Die modernen Aegypt rin­Uebungen im Innern ihres Herzens verabscheut, i nen besorgen fast alle ihre Einkäufe in den gros

"

Stromlinie

Ex

ßen französischen oder den kleineren syrischen  und griechischen Kaufhäusern. Filialen des Louvre", der Galeries Lafayette" und des Printemps  " verkaufen Kostüme, Mäntel, Schuhe und Wäsche, die in Paris   dernier cri" find. Dort gibt es kein Feilschen mehr; aber viele Kaufhäuſer machen der orientalischen Mentalität ein Zugeständnis in Gestalt einer Lotterie. Allmonatlich wird ein Tag ausgelost; und wer an diesem Tage seine Einkäufe besorgt, erhält sein Geld zurück.

Kino!

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Alles für das Kino

Wer nicht in Aegypten   gelebt hat, kann sich feine Vorstellung darüber machen, welche bes Herrschende Rolle das Kino im Leben der mos dernen Aegypterin spielt. Für die dem Harem entronnenen ägyptischen Frauen ist das Kino die Welt. Aus den Erzeugnissen Hollywoods  lernen sie Geographie, Psychologie, Völkerkunde, Geschichte und Ethik oder besser gefagt den Moral- und Ehekoder der amerikanischen  Filmwelt.

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Denn heute es muß zugegeben werden braucht der ägyptische Ehemann, der seine Frau loswerden will, lediglich die Formel auss zusprechen: Ich scheide mich von dir. Ich scheide mich von dir. Ich scheide mich von dir." Aber bald wird ihm die moderne Aegypterin

antworten:

"

Du hast mir eine dramatische Ansprache gehalten, mein lieber Achmed( oder Said oder Abdullah oder Mohammed  ), aber du bist ein wenig zu unbestimmt. Gemäß meinem Ches kontrakt kannst du dich nur gegen Zahlung eines Drittels deines ganzen Vermögens von mir scheiden lassen. Ueberdies bin ich laut Vertrag berechtigt, mich von dir scheiden zu lassen, wenn ich finde, daß du eines anderen Frau begehrst. gelangt. Und so bin ich gesonnen, dich, der du und solche Nachricht ist in der Tat an mein Ohr nicht länger mein Augapfel biſt, von mir forts

zuschicken. Laut Vertrag hast du mir nämlich auch dann meine Aussteuer zurückzugeben. Denn, wie ich deine geizige Seele kenne, würs dest du es vorziehen, auch ohne Liebe an meiner Seite zu bleiben, statt mir auch nur ein Fünftel meiner Mitgift zurückzugeben. So trolle dich von mir, mein nicht länger Geliebter. Ma­Salaamy!" A. Th.