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Jagd nach Kaviar

Schwarzes Gold unter Eisschollen von Wladimir Lydin

Moskau, im Feber.

Im Frühjahr, in den festlichen Zeiten der Liebe, strömen die Fische wie ein Orkan. Das Kaspische Meer, ihr uralter Wohnsitz, speit sie in das Delta der Wolga  , wo sie in den Schlupf­winkeln der vielen Adern und Kapillaren, die dieses Delta zu einem fast anatomischen Gebilde machen, laichen.

Bei beginnender Dämmerung besteigen wir in Saratow   den Eisbrecher, der uns stromab­wärts zum Fischfang bringt. Noch bevor das Schiff die eigentliche Fundstätte erreicht, sieht man zwischen den Eisschollen, von den scharfen Messern des Schiffes und den noch schärferen Kanten der Schollen zerschnitten, die ersten Fischleichen. Die Fische stehen so nah unter dem Eis, ihr Schwarm ist so dicht, daß der Bug des Schiffes durch ihn hindurch geht, wie durch eine feste Masse.

Auf dem Schiff stehen, Schulter an Schul­ter, Tausende von Schultern eng aneinanderge­brängt, die Fischer. Sie stehen und frieren. Die Tage des frühen Frühjahrs locken sie aus ihren warmen Häusern in den Sturm über den schnee­bedeckten Steppen, in den Sturm der Fische in den Wassern der Wolga  . Unter dem Schiff springt klingend das Eis, über dem Deck steht das Summen der tausend Stimmen, von unter heraus tönt ein eintöniges Lied, das kein Ende

· nimmt.

Nachts schläft man wie im Eismeer, Decken und Mäntel über dem Kopf, damit der eigene Atem einen wärmt. Die Wolga   ist schwarz und finster, die Eisschollen glänzen unwirklich wie Kristalle. In der Morgendämmerung des drit­ten Tages legen wir an. Die Luft riecht nach Meer und nach Fisch. Hier unten, im Delta   der Wolga  , ist das Eis schon gesprungen, stellenweise sieht man große Löcher, und darin kocht das Wasser in lebendigem Wirbel; man sieht die Fische stromauf ziehen.

Wo liegt

Weiter südlich, wo man nicht mehr weiß, ob man noch inmitten des Stromes ist, der un­übersehbar geworden ist, oder schon im freien Meer, wo die offenen Stellen groß sind und die Schollen frei auf ihnen schwimmen, wie kleine bertriebene Inseln, da seßen die Fischer sich in Marsch. Sie treten an den Rand der Schollen,

man weiß, daß das gefährlich ist, jährlich meldet die Statistik von Dußenden, die abge= trieben wurden und nicht zurückkehrten. Sie haben Knüppel in den Händen, ihre Finger frieren an die Knüppel an, bei jeder Betwegung reißt die Haut, diese Knüppel sausen wie ein tödlicher Strahl durch die Luft, durch das Wasser, durch den Fischschwarm, kein Schlag geht fehl. Allmählich häufen sich die Leichen, der schnelle Fluß der Fische stockt, bleibt endlich ganz stehen an diesem Wall der Gefallenen. Im Eisloch, dessen Ränder von den niedersausenden Schlägen der Keulen zittern, sterben die Fische unentrinnbar.

Die ersten, die nach Norden schwärmen, um zu laichen, sind Hechte und Zander; sie läßt man hindurchgehen. Dann kommen Weißfische, sie beachtet man nicht. Dann Rotbarsche, auch die läßt man davonschwimmen. Aber dann, endlich, nach langem, manchmal tagelangem Warten, kommen die Störe. Das schwarze Gold, das auf dem Boden des Meeres liegt, das man graben muß, wie man Gold aus den Schachten der Berge gräbt, das man mit Händen greifen muß, damit es nicht davonströmt, mit Händen, die erstarren im kalten Wasser, sich blutig reißen an den scharfen Rändern der Schollen, das schwarze Gold strömt, das man heben muß, so­lange der Strom nicht versiegt ist: Kaviar!

Von Rom   bis Addis Abeba  ( 1000 in jeder Stadt)

Von Peter Sloth

Tausend unbekannte Frauen irren bis zum Morgengrauen in den Nächten krank herum tausend müde Frontsoldaten find nach letzten Heldentaten mit zerfekten Gliedern stumm.

Tausend Mütter sind hochschwanger und sie tragen immer banger ihre schwere Last einher, tausend Kinder werden klagen und nach ihrem Vater fragen ob und wann er wiederkehr.

spruchslos, die Bewohner der Steppen, und auch noch heute ahnen viele nicht, wie groß der

eigentliche Wert ihrer Beute ist.

Der Versand ist heute vollständig in den Händen der Kooperative. Es gibt Kooperative von deutschen Siedlern und welche von Kals  mücken. Beide haben es gleich weit, bis in die fruchtbaren Gefilde des Wolgadeltas zu fahren. Die am weitesten entfernt wohnen, pilgern durch die falten Nächte mit dem Kompaß in der Hand durch die weglose Steppe, um nur zurecht zu kommen, wenn am Rande der aufbrechenden Schollen die Fische gesichtet werden. Die Koopes Tausende von Zentnern werden in einigen rative leben natürlich nicht nur von der Aus­Tagen erbeutet. Tausende von Menschen haben beute an Kaviar. Aber die Grundlagen ihrer ein volles Jahr zu leben, wenn sie Glück haben. wirtschaftlichen und technischen Entwicklung vers Das ist keine Uebertreibung, denn sie sind an- I danken sie dem schwarzen Golde, das sie aus den

Seine Hauptstadt sollte der politische und ful- in der Hoffnung, einmal das Goldland zu ents turelle Mittelpunkt auch der Nachbarstaaten decken.

das Goldland Ophir? werben und er sparte feine Mittel, um seinem

Von Marius

Als die Oeffentlichkeit vor einem Jahr be­gann, sich eingehender mit der Geschichte Aethio­ piens   zu befassen als es jemals zuvor geschehen war, tauchte in diesem Zusammenhang wieder holt der Name des alten Goldlandes Ophir auf, das man im heutigen Abessinien wiederge­funden zu haben glaubte. Dieser Glaube fand bor allem in der Tatsache Nahrung, daß die äthiopischen   Könige behaupten, direkte Nachkom­men der Königin von Saba zu sein, deren prunk­voller Zug zum König Salomo im Alten Testa­ ment   geschildert wird. Aber ist das Reich der Sabäer oder das alte Aethiopien identisch mit dem Goldland Ophir? Wo lag es, was weiß man von ihm, worin bestand sein sagenhafter Neichtum?

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Der berühmte Zug der Königin zu Salomo  foll um das Jahr 750 v. Chr. stattgefunden haben und wahrhaft fürstlich waren die Ges schenke, die der weiße" König seinen Schat­tammern übergeben konnte. Neben Edelsteinen, fostbaren Gewürzen und edlen Holzarten brachte die riesige Karatvane 120 Talente Gold nach Jerusalem  . Ein Talent griechischer Gewichts rechnung waren etwa 150 Kilogramm. Es war also ein sehr ansehnliches Morgengeschenk, aber die vrunkvolle Hofhaltung Salomos   verschlang auch ungeheure Mittel. Er hatte den Ehrgeiz, den reichsten Hofstaat der Welt zu besitzen.

Ehrgeiz Genüge zu tun. Sein Harem umfaßte 700 Frauen und 300 Nebenfrauen. Aus Elfen­bein ließ er einen prachtvollen Thron erbauen und diesen dann mit Gold überziehen. Auch das geringste seiner Hausgeräte war aus Gold ver­fertigt. 200 Schilde ließ er aus dem Edel­metall herstellen und brauchte zu jedem ein­zelnen 600 Sädel Goldes. Kein Wunder, daß seine reichen Einkünfte nicht ausreichten, den ungeheuren Aufwand zu decken, und so sandte er gemeinsam mit dem König Hiram von Thirus Schiffe in das ferne Land Ophir, um Gold zu holen. Drei Jahre blieben die Schiffe aus, dann kamen sie wieder und brachten Salomo  allein 420 Talente an Gold.

Noch öfters fuhren die Schiffe und brachten immer wieder Gold, Silber, Edelholz Pfauen und Affen nach Hause. Es ist kaum anzunehmen, daß sie. diese Schäße aus dem Lande der Sabäer holten, das sich im südlichen Teil Arabiens   aus breitete und vor allem von dem Handel zwischen Afrika   und Indien   reich und mächtig geworden war.

Im Mittelalter suchte man es in Vorders asien  , französische und italienische Forscher glaubten, es an der Sofalaküste in Afrika   wies dergefunden zu haben. Der Forscher Lassen be­hauptete, Ophir, das sei das Land an der Indusmündung. Tatsächlich gibt es dort einen Stamm, der sich Abhira nennt. Der Engs länder Keane suchte es in Südarabien  , in der Nähe von Tsafar, es ist wieder das alte Gebiet der Königin von Saba. Der Deutsche Karl Peters   verlegte es nach Südostafrika. Neuerlich tippt man auf Abessinien und die Länder am oberen Nit.

Zweieinhalb Jahrtausende suchen die Mens schen vergebens.

Ob Mussolini   an Ophir dachte, als er sein afrikanisches Abenteuer begann, wissen wir nicht. Aber zweifellos dachte er an Gold, Kupfer, Baumivolle, an geivonnene Schlachten und erobertes Land. Kaum mag er an die uns zähligen Menschen gedacht haben, denen sein Raubzug das Leben kosten wird.

Der ungeheure afrikanische Erdteil sah manches Despoten Aufstieg und Ende. Er wird Das Reich Salomos brach an der inneren weiter in der Sonne brüten und Jahrtausende Unfreiheit zusammen, das Reich der Königin alte Geheimnisse hüten, wenn längst niemand von Saba zerfiel, doch auch in den kommenden mehr den Namen des italienischen Diktators Jahrtausenden bedeutete der Besitz von Gold den fennen wird, aber dafür werden die Menschen Besitz von Macht, und so suchten immer wieder die große Erkenntnis gewonnen haben, daß Könige und Abenteurer das Wunderland Ophir. nicht der Besiz von toten Metallen, sondern die Immer wieder durchfurchten Schiffe die Meere felbstgewählte Ordnung der Freiheit und Ges und tasteten sich an den Küsten Afritas entlang, rechtigkeit ihnen das Glück verbürgt.