du gehst. Kein Geld, lein Goldstück, kem Silberstück, leine Kupfermünze— nur, daß dugehst.„Ich aber verlange Djamileh, deine Tochter", sagte der Lasse. Grinste mich an, derFrechling, und drehte mir den Rücken zu. Istdas erlaubt, nach dem Gesetz des Propheten,Hochweiser Richter?Der Kadi: Mirza scheint deine Tochtersehr zu lieben, Abdullah, daß er ihretwegendrei Tage hungert und sein Leben aufs Spielsetzt. Aber ich begreife noch immer nicht, warumdu Omar, Mirzas Vater, des Diebstahls beschuldigst?Abdullah: Ein dreifacher Dieb istOmar, ein zehnfacher! Wenn Omar nicht wäre,wäre Mirza nicht, und wenn Omar seine bäuerliche Gewalt gebrauchte, läge Mirza nicht vormeiner Schwelle. Meine Ruhe hat Omar gestohlen, den Frieden meines Hauses, nidnun sogar das Stück Boden vor meiner Tür.Denn gehört ein Stück Erde, das ich nicht betreten kann, noch mir? Ein Dieb ist er, undich verlange, daß seine rechte Hand vom Henkerabgehauen wird!.Der Kadi: Nach dem Gesetz darf niemand verurteilt werden, ehe er gehört wordenist. Ruft Omar ibn Huffein, den Melonenhändler!Abdullah: Die Speisen, die ich Mirzaunter die Nase hielt, waren gut, hochweiserRichter. Mein Koch kann Hammelkotelets braten wie kein anderer im Land. Und Zuckerwerk IIch wäre glücklich, wenn ich dir eine Probe senden dürfte, nur ein klein'wenig, zum Kostenin einer goldenen Schale, denn bei mir wirdZuckerwerk immer in einer goldenen Schale ausden Tisch gebracht...Der Kadi(streng): Das darfst dunicht. Abdullah ibn Ali.Abdullah(zögernd): Ich dachte nur,du solltest es kosten, damit du ermeffen kannst,mit welchen Köstlichkeiten ich Mirza lockte, und-Wie friedfertig ich bin...Der Kadi: Dort konunt Omar ibnHuffein.Omar: Friede sei mit dir, erhabenerRichter!Der Kadi: Friede mit dir. Du bistOrnckt ibn Hussein, Melonenhändler im Basar?Omar: Der bin ich.D e r K a d i: Abdullah ibn Ali, der Kaufmann, klagt dich an, seine Ruhe, den Friedenseines Hauses und das Stück Boden vor seinerTür gestohlen zu haben, indem du deine MachtWer Mirza, deinen Sohn, nicht auiübtest.Habe ich dich richtig verstanden, AbdullahsAbdullah: Vollkommen richtig, hochweiser Richter. Die Macht über seinen Sohn.Dar ist es.Omar: Ich kenne das Gesetz, erhabenerRichter. Es gibt mir Mach: über das Lebenmeines Sohnes. Aber gibt es mir auch Machtüber sein Herz? Wenn der Kalif die Fahne desPropheten entrollen läßt, zum heiligen Krieg,kann ich meinem Sohn sax-en: Nimm dasSchwert, ziehe in"den Kampf für deinen Glauben, dann gehst du ein in das Paradies. Wennaber sein Auge auf ein Mädchen fällt, und ir>seinem Herzen die Blume der Liebe erblüh»,kann ich dann sagen: Mirza, liebe das Mädchen nicht, dann gehst du ein in daS Parad eS?D e r K a d i: Gewiß kannst du seinemHerzen nicht gebieten. Aber du kannst ihm befehlen, den Platz zu verlaffen, auf dem er l'cgt.Omar: Als ich hörte, daß er sich vor dieTür Abdullahs gelegt hat und von dort nrchtwieder fortgehen will, ging sch zu ihm undsprach ihm zu. Steh auf, sagt« ich, und geb nachHause. So wirst du den Willen des alten, gei-Gigen Abdullah nicht brechen.Abdullah: Des alten, geizigen Abdul-!Iah! Hörst du, Richter, ste find im Bunde!Der Kadi: Und was tat Mirza?Omar: Er blieb liegen und sah mich mitso traurigen Augen an. daß mir der Befehl, denich ihm.erteilen wollte, auf den Lippen erstarrte.Ich weiß, sein Herz hängt an Djamileh, undwenn er ste nicht zur Frau bekommt, wird ersterben. Steht im Gesetz, daß ich meinen Sohntöten muß, weil er nicht von dem Fleck Erdeavfstehen will, auf dem er liegt, i nd der ihmallem Anschein nach gut gefällt?Abdullah: Jetzt verhöhnt er mich noch.Muß ich mir das bieten laffen, Hochweiser Richter, von einem Melonenhändler, einem Nichts,einer elenden staubigen Schnecke vom Srraßen»rand?Der Kadi: Groß ist die L^ebe Mirzaszu Djamileh, Abdullah. Willst du ihn: deineTochter nicht doch zur Frau geben?Abdullah: Niemals! Nie! DiesemBettler? Sieh ihn dir doch an. Richteri Verhungert, die Wangen eingefallen,:.icht rasiertseit Tagen, voll Staub und Straßenschmutz.Paßt dieser Landstreicher zu Djamileh, meinerTochter?Omar: Wenn du sie ihm nicht gibst, Abdullah, wird Mirza hinsterben vor deinemHause, ärmer als ein Bettler, und du trägstdie Schuld an seinem Tode. Dann magst duvor Allah verantworten, was du getan hast,in der Härte deines Herzens.(Schluß folgt.)Maten— ein VergnügenIch habe zum Sonntag einen Abstecher überden Bodensee gemacht. Mit Grenzschein und einwenig Herzklopfen natürlich! Jenseits desschwäbischen Meeres habe ich gute Bekannte; siefreuen sich immer, wenn ste Besuch von derschweizerischen Seite bekommen. Es gibt allerleizu erzählen, wenn wir unter uns sind.Diesmal blieben wir nicht lange beisammen. Die Freunde luden mich zu einer Autotourins„innere" des Landes ein. Wir berührtenauch den Ort A. Dort lebt«in Maler, mit demmeine Freunde sehr vertraut sind. Er ist einEingänger in jeder Beziehung; solche Leute sindmeist schwer unter den allgemeinen StaatShmzu bringen. Auch was er malte, litt unter diesemliebel.Das erste, was er uns zeigte, war einDokument, auf deffen linker oberer Seite einprägsam das Wort„Reichskulturkammer" stand.Er las es uns vor; es enthielt die Mitteilung,daß dem Maler N. N., der nach wie vor einerentarteten Kunstübung fröne, das Malenuntersagt werde.Unser Freund lachte. Er hat einen Humor,den auch dr« ewig gereizte Laune des Nazi-regimeS nicht umbringen kann. Auf sein Geheißsetzten wir uns zunächst einmal, denn, wie ersagte, war mit dem Dokument seine Bekanntschaft mit den neuen Kunftpolizeivorschriften desDritten Reiches noch nicht zu Ende.Einige Zeit nach-Einhändigung deS Verbotdiploms saß er im HauSgarten vor seinerHeimweg ins Emigranten-AsylIch schlepp« mich durch die Straßen mit meinerLa»Kein Mädchen, wa ich Berderrter fänd' kurzeBo» der Emigration Raft.Nie ein anderes ZielAls da» Stroh im Asyl.Alle» ift dumpf in mir wie totDrauf reimt meine Seele: Morgenrot.Und e» wird nicht rot fei» von Fahne«Auch nicht rot von der Sonn« i« Osten—Strömend wird das Blut sich ergießenAu» Leibern, dir heute noch frech genieße«Was die Böller ächzend im Frondienst schaffe«.Wir»erden nicht geize« und nicht erschlaffe»Beim Opfern träger Kapitaliftenhrrze«Wir»erden für diefeSmal gründlich ausmerze«—Vielleicht wird lange kein Lache« sei«.Hallo, Kameraden, laßt den WtSkaji rein!W es k a j i.Staffelei und malte munter Blumen und Gemüse. Plötzlich kam der Ortspolizist hereinspaziert und es entspann sich folgender Dialog:„Grüß Gott, Herr N.I Ei, ei, Siemalet ja!"„Gewiß, ich male, Herr Landjäger!"Verlegenes Räuspern.„Ja> hm, das ischtaber oagnehm l"-„Wieso, Herr Landjäger!"Der greift in seine Tasche, zieht ein Papier hervor, entfaltet eS umständlich und zeigtes. Es enthält die Aufforderung einer'vorgesetzten Amtsstelle an die Landjägerei, den MalerN. N. zu beobachten, ob er auch das Malverbotinnehalte.Der Maler und der Landjäger schauen sichan. Der eine, weil er über die weise Wachsamkeit der hitlerischen Kunstpolizei doch etwasperplex ist, der andere, weil ihm bei Ausübungdes Auftrages durchaus nicht wohl ist. Denn erkennt den Maler seit vielen Jahren und hatden etwas schrullenhaften alten Herrnganz gern.Nach einigem Ueberlegen meint er dennauch, er könnte den eigentlich verbotene« Tatbestand gar nicht gesehen haben, daS Malerhausliege ja abseits und damit wäre beiden geholfen.Aber unser Freund erwidert ihm, erwünsche nicht, daß er seinetwegen sein Amts-gewiffen mit einer Lüge belaste. Er solle alsoruhig, den Uebertritt des Verbots berichten.’Der Landjäger verzieht ein wenig enttäuscht und unwillig das Gesicht.„Ja, dannmüeß i e Protokoll uffnähl"„Ja, natürli müeffet Sie das!" Der Malerist belustigt und das versteht der gute alte Landjäger schon gar nicht. Man sieht ihm an, et hätteviel lieber einen Holzdieb erwischt.Sie gehen ins Haus und nehmen in derkühlen Stube am Tische Platz. Der Landjägerseufzt hörbar; er nimmt bedächtig sein Amtsnotizbuch heraus und räuspert sich. Der Malerwartet auf seine Fragen und lächelt. Der Landjäger lächelt nicht. Hinter seiner faltigen Stirnwälzt er schwere Gedanken. Sein« Augen sindins Leere gerichtet, sie haben einen hilflosen,irrenden Ausdruck. Auf einmal werden sieruhiger, die Stirn glättet sich, er fragt:„Herr R., jetzt saget Sie mir au, warummalet Sie überhaupt?"Unser Freund antwortet ohne Zögern undschmunzelt dazu:„I han immer zu meinemVergnüge gemalt!"Die Züge de» Landjägers heitern sich vollends auf.„Ra ebe, das kann Ihne doch niemand verbiet«! Und daS werd ich angebe!"Damit war das Verhör beendet, das Protokoll fertig.Richt bekannt ist unserem Freund geworden, ob es im Dritten Reich schon verboten ist,zu„seinem Vergnügen" zu malen. jz.