Vorsicht mit Heroen

Nach Schlageter Herr Schwartz

Genau vor einem Jahre prangte tagelang an den

Reklamefäulen Berlins   die sensationelle Ankündigung durch die Berliner Jllustrirte Zeitung", daß in der Nummer vom 4. Geptember und fortlaufend allwöchent lich die Erlebnisse des letzten deutschen   Kriegsgefangenen Paoli Schwartz veröffentlicht würden. Auf dem illu strierten Plakat sah man den Abtransport französischer Sträflinge ins Bagno. Ein Pfeil bezeichnete aus der Gruppe heraus den Mann, der die seltsamsten Erlebnisse hinter sich hatte: Paoli Schwarz, dreizehn Jahre lang un­schuldig von den Franzosen der Freiheit beraubt!

Mächtig war die nationale Welle nach dem 20. Juli vorigen Jahres emporgeschlagen. Ein solcher, mit echten Papieren versehener Mann kam der Zeitströmung wie ein Glückswunder. Nach dem Fiasko, das die Nationalisten mit dem Hochstapler Daubmann, dem falschen Fremden legionär, hinter sich hatten, erschien Paoli Schwarz wie von einer Vorsehung gerufen auf dem Plan.

Obwohl die französische   Presse sorgfältig die in der Berliner   Illustrirten Zeitung" erschienene Artikelserie beobachtete, schwieg sie.

Erst jetzt hat ausgerechnet der hilterfreundliche L'Ami du Peuple  " eine authentische Stellungnahme vorge­nommen. Wenn man nunmehr den deutschen" Kriegsges fangenen Baoli Schwarz mikroskopiert vorgesetzt erhält, fragt man sich mit Recht: wie sind solche Vorkommnisse möglich? Nur bei Kenntnis der verkrampften Psyche des deutschen   Spießers, angefangen vom Hauptmann von Köpenick   bis zu diesem glorreichen Held, wird alles ver­ständlich.

Schwarz, Alphonse- Emile- Paoli( Paoli benannt nach einem korsischen Helden, der gegen die Franzosen kämpfte), wurde am 9. März 1886 in Corte  ( Korsika) ge­

boren als Sohn des Henri- Emile Schwarz, der später in Paris   Polizeikommissar war. Seine Mutter war eine Deutsche   namens Marie Magdalene Luzz.

Der Vater Schwarz, geboren 1852 in Paris  , kam nach der Annexion des Elsaß   durch die Deutschen   im Jahre 1871 in die zweifelhafte Situation, doppelte Nationalität zu be­fizzen, da er Sohn eines elsässischen Bergarbeiters war. Durch seine Beamtenstellung in der französischen   Polizei wurde aber Vater Schwartz unzweifelhaft wieder Fran­zose. Im Jahre 1895 wurde Henri Schwartz seiner Funktion als Polizeikommissar enthoben, nachdem ein Berfahren wegen Spionage gegen ihn stattge­funden hatte. Er übersiedelte nach Straßburg   und wurde Deutscher  .

Auf jeden Fall war er aber im Jahre 1886, als sein Sohn Baoli in Corte  ( Korsika) geboren wurde, französischer Staatsbürger. Da nach französischem Recht der Geburts ort die Nationalität entscheidet, so trifft es auf Paoli mit vollem Recht zu, daß er trog der veränderten Nationalität seines Vaters zweifelsohne Franzose blieb.

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Am 28. Dezember 1911 wurde Paoli Schwartz seitens der französischen   Militärbehörde in Straßburg   der Befehl zu­gestellt, sich zum Heeresdienst zu melden. Er kam diesem Befehl nicht nach und dadurch wurde er fahnenflüchtig. Vorher, im Jahre 1905, hatte sich Paoli Schwarz in Luxemburg   aufgehalten. Im darauffolgenden Jahre wurde er dort wegen nächtlicher Brandstif tung, Diebstahl und verbotenen Waffen­besiges zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Aber nur einen Teil der Strafe büßte er ab. Am 27. Januar schloß er in Luxemburg   die Ehe mit einer Luxemburgerin. Als dann im August 1914 die deutschen Truppen das Großherzogtum Luxemburg   besetzten, meldete sich Paoli Schwartz zum deutschen Heeresdienst und wurde Feld­polizist. Das Kriegsende erlebte er im Generalquartier der 6. Armee. Nach beendigtem Kriege schlägt er seinen Wohnsiz in Kehl   auf, wo ihn am 18. Februar 1919 die französische   Militärpolizei verhaftet. Ein Gerichtsver fahren gegen ihn wurde wegen seiner seinerzeitigen Fahnenflucht wieder eröffnet und am 18. März 1921 wurde er in Lille   zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde zwar wieder kassiert und in Chalons- sur- Marne   mußte er sich am 15. Juli 1921 wiederum vor dem Kriegsgericht verant. Die einzige unabhängige worten. Mit sechs zu einer Stimme lautete der Urteils­spruch auf dauernde Deportation gemäß Art. 17 des fran­ zösischen   Militär- Strafgesetzbuches. Die Teufelsinsel bes Tageszeitung Deutschlands  

herbergte ihn 13 Jahre lang!

Durch Dekret vom 3. Januar 1930 wandelte der Bräsi­dent der französischen   Republik   die lebenslängliche Ver­bannung in zwanzig Jahre Deportation um. Das deutsche  Auswärtige Amt hatte sich inzwischen der Angelegenheit Paoli Schwartz' angenommen. Es gelingt, am 8. März 1932 die Freilassung des Paoli Schwarz durchzusetzen.

Jm nationalistischen Deutschland   gibt es keine Helden. Die elende Geltungssucht, solche aber dennoch zu besitzen, benebelt selbst klardenkende Geister, die gewollt oder un­gewollt eine derartige Person wie Paoli Schwartz mit einem Glorienschein umgeben. Ob der Mann dann auch schon wegen nächtlicher Brandstiftung fünf Jahre Ge­fängnis abgebrummt hat, bleibt einerlei.

Mosses Abgesang

Vetter erhält eine halbe Million ( UZD.) Berlin, 16. August.

Wir hatten in der Ersten- August- Ausgabe der UZD. mel­den können, daß der Zusammenbruch des Mossehauses auch die Person des gleichgeschalteten Generaldirektors Karl Better nicht unberührt gelassen hat. Seine leitende Po­sition ist, wie wir berichteten, von einem Herrn Otto Meier   übernommen worden. Dieser Herr ist ein be­fannter Sanitätsrat". Er hat in gleicher Eigenschaft den durch betrügerische Manipulationen ihrer Direktion im Jahre 1929 zusammengebrochenen Versicherungskonzern

avag reorganisiert und er hat auch die im Jahre 1930 dicht vor dem Zusammenbruch stehende Frankfurter 3eitung" wieder saniert. Beim Berliner Tageblatt" und bei den ihm angeschlossenen Mossebetrieben liegt nun allerdings der Fall noch viel schwieriger.

Die Auflage des BT." ist auf wenig mehr als 30 000 Exemplare abgesunken. Die Redakteure des Blattes konnten am letzten Ultimo nur ratenweise befriedigt werden: sie wurden, Mann für Mann, vorsorglich gekündigt.

Inzwischen haben wir über die Vorgänge, die anläßlich des bereits besprochenen Besuchs von Better bei seinem früheren, von ihm durch einen privat eingesetzten Staats­fommissar"( Oft) verdrängten Verleger Hans Lachmann­Mosse spielten, einen authentischen Bericht erhalten, aus dem wir folgend einiges wiedergeben wollen.

Es ist unrichtig, wie mehrfach in der Oeffentlichkeit be­hauptet wurde( z. B. Neue Weltbühne", Walter Grimm Brauner Tod bei Mosse Nr. 29), daß Vetters Versuch, von Lachmann- Mosse   einen neuen Zuschuß zu erpressen, resultat­Ios verlaufen wäre. Das Gegenteil ist wahr.

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Karl Better hat Lachmann- Mosse   sogar zweimal im Aus: land aufgesucht, erst im Waldhaus Dolder bei Zürich   und dann in Paris  . Unrichtig ist auch, daß Lachmann- Mosse  den Better herausgeworfen habe. Better verfügte vielmehr über Drohungen, die nicht ohne Eindruck auf Lachmann= Mosse geblieben find. So konnte der nationalsympathische" Better auch das zweitemal, auch von Paris  , eine nicht un= beträchtliche Summe, nämlich 500 000 RM., mit sich davon= tragen.

Helit den Emigranten

Verschiedene Zeitungen des Saargebietes brachten vor einigen Tagen eine Notiz über die Gründung eines Saar­hilfskomitees".

Darin wird mitgeteilt, daß die beiden großen Parteien der Linken, SPD.   und KPD.  , und die verschiedenen anderen lintsgerichteten Organisationen, wie Liga für Menschen: rechte, die Internationale Arbeiterhilfe usw., ein Komitee aus dem Reich Vertriebener" gegründet hätten, daß Geld: und Sachspenden an die Adresse: H. Klein usw. gesandt werden sollen.

Durch diese Pressenotiz hat die Leitung der Sozialdemo: kratischen Partei das erstemal etwas von diesem Komitee gehört. Wir stellen fest, daß das sozialdemokratische Flücht: lingskomitee und auch die Sozialdemokratische Partei   mit diesem Saarhilfskomitee" nichts zu tun hat und daß unsere eigene Flüchtlingsfürsorge schon seit März dieses Jahres besteht. Die verschiedensten Erfahrungen, die wir ge= zwungenermaßen machen mußten, erwiesen es als unmöglich, mit den Kommunisten eine gemeinsame Fürsorgestelle auf­zuziehen.

Wir bitten deshalb unsere Anhänger und Freunde, wie bisher unsere Bestrebungen in bezug auf Flüchtlings  : fürsorge zu unterstützen und solchen unlauteren Machen schaften feinerlei Sympathie entgegenzubringen.

Nun ist es aber offenbar ein Irrtum, zu glauben, daß diese Summe in die Konkurs- Masse geworfen worden wäre. Zu welchem Zweck Vetter das viele Geld gebraucht hat, und, ob er es nicht vielleicht für seine eigenen Zwecke gebraucht hat, das war vorerst nicht zu ermitteln.

Doch für Lachmann- Mosse   wurde jedenfalls der Zweck der Hergabe der letzten Erpressungsrate erreicht. Vetter hat ihn nicht gänzlich preisgegeben. Am 13. Juli schilderte Better, als Leiter der GmbH. Rudolf Mosse  - Stiftung der Presse die Vorgeschichte der Zahlungseinstellung und dort hat er( man vergleiche den sehr instruktiven Bericht der Frankfurter Zeitung  ", Reichsausgabe vom 14. Juli, Nummer 515/517, Handelsteil) zwar seinen früheren Verleger und dessen schlechte Finanzwirtschaft, bitter angeklagt, dessen dem Ver­lagsgeschäft wesensfremden Grundstücksfäufe am Lehniner Play" als nur aus Leichtfertigkeit oder weitgehender kauf­männischer Talentlosigkeit" begehbar bezeichnet, und die Be­willigung, noch im Herbst 1930 des unbegreiflichen Be­trages von 4 Millionen RM." für die Erwerbung des 8- Uhr- Abendblattes" als schweren Fehlschlag charakterisiert aber Vetter hat dann doch seinen früheren Chef in der Hauptsache liebevoll gedeckt und in Schutz genommen:

" Dafür, daß die Inhaber auch für sich selbst Beträge aus dem Firmenvermögen ins Ausland trans  : feriert haben, hätten sich bei der Prüfung keine Be weise ergeben."( Frankfurter Zeitung  .)

Hier liegt der Hase im Pfeffer. Tatsächlich hat Lachmann­Mosse seit Jahren planmäßig Einfünfte der Firma Rudolf Mosse   im Auslande angelegt. Das war, ebenfalls seit Jahren, von jedem Angestellten der Administration zu er­fahren. Das hat Vetter selbstverständlich gewußt. Das war das Objekt und Kernstück feines Erpressungsmanövers. Vetter hat sich seine Deckung der nach deutschem Devisenreht betrügerischen Manipulationen des früheren Verlegers des ,, Berliner Tageblatt" mit einer halben Million RM. be­zahlen lassen. Er hat geliefert. Wenn Lachmann- Mosse   mit dem Geschäft womöglich zufrieden ist, so fragt sich doch, ob auch die regierenden Nazis damit zufrieden sein werden. Soweit der Unabhängige Zeitungsdienst, dem wir die Verantwortung für das Behauptete überlassen müssen.

Geldspenden sind nur auf das Postiched: fonto Nr. 796 der Spd   S. Saarbrücken oder bei den nachstehenden Annahmestellen einzuzahlen: Büro der Arbeiter- Wohlfahrt, Saarbrüden 1, Hohenzollern straße 45,

Buchhandlung der Volksstimme", Saarbrüden, Bahnhofstr., Buchhandlung des Neunkircher Echo", Neunkirchen  , Hütten­bergstraße 43,

Expedition der Volksstimme", Saarbrücken 3, Schützenstr. 5, Parteisekretariat der Spds., Saarbrüden 3, Brauerstraße 6, Bezirksbüro des Bergbauindustriearbeiterverbandes, Saars brücken 2, Sofienstraße 23,

Büro des Bergbauindustriearbeiterverbandes in Fraus lautern, Saarbrüder Straße 47,

Büro des Bergbauindustriearbeiterverbandes in Illingen  , Hensweiler Straße 22,

Büro des Bergbauindustriearbeiterverbandes in Neuns firchen, Hüttenbergstraße 43,

Büro des Bergbauindustriearbeiterverbandes in St. Wendel, Karlstraße 14,

Büro des Bergbauindustriearbeiterverbandes in Sulzbach  , Hammersberg 1.

Helft nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten. Auch Bekleidungsgegenstände, Bettwäsche usw. werden entgegengenommen, sind aber nur bei der Annahmestelle der Arbeiterwohl.

Unterschrift:

Briefkasten

Gerhard Al, Straßburg  . Sie stellen an uns die seltsame Frage, warum wir ausgerechnet in Saarbrücken   erscheinen und nicht in einer viel größeren Stadt der deutschsprachigen Grenzgebiete. Sie haben anscheinend den Kopf der Deutschen Freiheit" nicht genau gelesen. Dort steht: Einzige unabhängige Tageszeitung Deutsch­ lands  ". Wir wollen auf deutschem Boden kämpfen, um die deutsche   Freiheit für Deutschland   zurückzugewinnen.

*

Heinrich 3., Paris  , 15. Arondissement. Ihr Wunsch ist auch unser Wunsch. Wenn wir über die Mittel und über die Leserschaft, des Daily Herald" verfügten, der heute mit einer Auflage von ein­einhalb Millionen die weitaus größte Zeitung Englands ist wahrhaftig, wir könnten alles das tun, was Sie und wir uns vor­stellen. Aber in diesem Aber liegt die Antwort. Helfen Sie und Ihre Freunde mit, wenigstens eine Etappe zu erreichen.

Belgische Grenze. Wir bitten jenen ungenannten Freund, der uns vor einigen Wochen das prächtige Gedicht über die betrogene prole­tarische SA. mit dem packenden Vers:

" Dieweil wir armen Luder erschlagen unsern Bruder" gesandt hat, um genaue Adressenangabe.

*

Anfragerin in Zürich  . Dank für Ihren Brief und Ihre Anteil nahme. Sind wir Ihnen wirklich zu intellettualistisch" und zu jüdisch"? Was das erste betrifft, so hören wir von manchen Lesern das Gegenteil. Sie wünschen noch viel mehr grundlegende Erörterungen und Darstellungen der Problematik des gegenwärtigen Europa  . Was das zweite betrifft, so widerlegen Sie sich selbst wie klug und farbig man schreiben kann, ohne der Rasse oder der Konfession nach jüdisch infiziert zu sein. Wir erwidern Ihre Grüße und Wünsche.

An zwei Kritiker. Es ist richtig, daß wir uns neulich irrten: Gerhart Hauptmann   ist nicht mehr in Rapollo, sondern auf seiner Lieblingsinsel Hiddensee   in der Ostsee  . Von hier aus hat er auch an Mussolini   das Geburtstags telegramm gesandt. In der Sache wird dadurch unsere Beurteilung dieses historischen Dokumentes nicht geändert, im Gegenteil! Er ist also durch Deutschland   gefahren und hat nichts gesehen, nichts erlebt, an seinem Drama Die goldene Harfe" zirpend, das in der nächsten Spielzeit, vermutlich in Anwesenheit der obersten SS.  - und SA.- Führer, in Berlin  uraufgeführt werden soll. Nu ja ja, nu nee nee," sagen wir mit dem alten Hilfe aus den Webern".

Verantwortlich: für die Redaktion Joh. Piz: Inferate Otto Kuhn, beide in Saarbrücken  . Druck und Verlag:, ..Volksstimme" G. m. b H., Saarbrücken  , Schüßenstraße 5.

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abzugeben.

Auskunft daselbst.