Unmenschliche Quälereien

Ein Augenzeuge, dem es gelungen ist, sich der Gewalt der braunen Sadisten zu entziehen, und dessen absolute Zuver­lässigkeit bekannt ist, teilt der Inpreß" mit:

Im Militärgefängnis Berlin- Tempelhof werden zur Zeit wöchentlich etwa 200-300 Gefangene eingeliefert. Diese Un­glücklichen werden fast durchweg in der unmenschlichsten Weise gequält. Manche Gefangene werden dauernd gefesselt gehalten. Andre müssen- an ihren Zellentüren ist das aus­drücklich vermerkt den ganzen Tag stehen. Gefangenen mit schwachen Augen werden die Gläser weggenommen, so daß sie ganz hilflos sind.

In dieser Folterfammer befinden sich auch die führenden Leute der Sozialistischen Arbeiterpartei Max Köhler und Karl Baier, sowie Edith Baumann   vom Sozialistischen Jugendverband. Die Genannten sind am 22. August ver­haftet worden. Bis heute hat die Nazipresse darüber noch fein Wort verlauten lassen. Das versteht man, wenn man er­fährt, unter welchen Bedingungen die Menschen leben müssen.

Sie müssen auf bloßer Erde ohne Bettzeug schlafen, sie sind ohne Seife, ohne Handtuch, ohne genügende Wäsche. Die Ernährung ist so unzureichend, daß die Gefangenen ständig hungern.

Die Vernehmungen finden in dem Staatlichen Polizei-=- amt Prinz Albrecht- Straße statt und dauern bis zur völligen Erschöpfung( von 7 Uhr früh bis 2 Uhr nachts ohne Essen  ). Ständig erfolgen bei der Vernehmung Mißhandlungen durch Kriminalbeamte und SA.- Leute. Zum Zwecke beson­ders schwerer Mißhandlungen werden die Vernehmungen unterbrochen und die geschundenen Menschen in den Keller geschleppt. Auch Frauen, die anderswo untergebracht sind, merden hier bei der Vernehmung mißhandelt, darunter ein noch nicht 17jähriges Mädchen. Sein Name ist Lilly Adel. Ein anderes Mädchen, von dem gesagt wurde, daß es Kommunistin sei, ist mit einer Peitsche ins Gesicht geschlagen worden.

Die Gefangenen werden zu alledem sadistisch verhöhnt.

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Man schneidet ihnen die Haare ab, läßt aber ein paar Büschel BRIEFKASTEN

stehen, damit sich die vertierten SA.- Leute amüsieren und die wehrlosen Gefangenen an den Büscheln zerren können. Wüstes Schlagen mit Gummifnüppeln ins Gesicht und auf die Hände ist an der Tagesordnung.

Während einer der Nazis den oder die Gefangenen be­fragt, tommt ein anderer, um die Befragten zu Boden zu werfen. Steht der Betreffende nicht schnell genug auf, so wird er getreten. Am schlimmsten von den SPD.  - Leuten ist Mar Köhler mißhandelt worden. Er wurde so zugerichtet, daß ihn der Arzt als nicht vernehmungsfähig erklärte; er wurde aber trotzdem auf einer Tragbahre zur Vernehmung geschleppt.

Chemischer Krieg wird populär gemacht

In Riesenauflage( soeben erscheint die 4. bis 6.) wird ein populär geschriebenes Buch Die chemische Waffe im Welt­frieg einst und jetzt" von Ulrich Müller, Kiel  , verbreitet, um der ganzen Nation die Grundsäße des chemischen Krieges beizubringen. Luftschuß- und Wehrorganisationen, natio­nale Verbände, Kommunalbehörden, Schulen, Spitäler, Feuerwehren und Industriewerfe erhalten das Werk mit hohem Rabatt.

Arbeitslosenzählung

Durch eine 5. Durchführungsverordnung vom 12. 9. 33 gelten Wohlfahrtserwerbslose vom Tage ihres Eintritts in den Freiwilligen Arbeitsdienst ab nicht mehr als solche.

2. B. W.  , Bukarest  . Das Bild mit dem Grabstein Adolf Hittler" auf dem jüdischen Friedhof zu Bukarest   ist uns von mehreren Freunden zugegangen. Allen besten Dank. Sehr interessierte uns auch der deutsche   Geschäftsbrief.

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Kurgast Lugano  . Armer Mann, geben Sie sich keine Mühe: Alles nas Journalisten an Grobheiten, Unverschämtheiten, dummer, bös­williger und unwissender Kritik überhaupt gesagt werden kann, haben wie schon seit vielen Jahren hinter uns: Ihr Brief ist gerade­zu zärtlich im Vergleich zu dem, was wir oft genug schon über uns gelesen haben: Abgebrüht, meinen Sie? Nein, Sie feindlicher Tol­patsch: Menschen- Kenntnis! Wenn Sie jemals von einem ge­wissen Goeihe etwas hören sollten bis zum Sturmführer hat er es nicht gebracht dann lesen Sie bei ihm nach: Die Menschen fürchtet nur, wer sie nicht fennt..." Noch in Ihrer Grobheit steckt viel mehr Freude- für uns! als Sie armer Schächer ahnen.- Steigen Sie mal auf den Monte Bre und sehen Sie weit über di Tessiner Landschaft in all die Schönheit, die Sie unverdient ge­nießen. Vielleicht hilft Ihnen das. Sonst sind Sie wirklich be­dauernswert.

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Dr. S., Paris  . Sie teilen uns pikar ste Einzelheiten aus den Aften eines Alimentenprozesses mit, der vor einigen Jahren gegen einen jezigen nationalsozialistischen Polizeipräsidenten ge­führt werden mußte. Lieber Herr, das sind Beiträge für ein Werk über Sexualpathologie, nicht für unsere Zeitung. Wir wissen längst, daß die spätere Geschichtsschreibung bei der Würdigung zahlreicher nationalsozialistischer Führer der psychiatrischen und medizinischen Wissenschaft nicht wird entraten können.

Rue... Paris  . Warum wundern Sie sich, daß der hohe natio nalsozialistische Würdenträger mit der deutschen Rechtschreibung auf gespanntem Fuße lebt und z. B. das Wort Wechsel so schreibt: " Bäcksel". Ein SA.- Führer hat Orthografie nicht nötig. Es ge nügt, wenn er mit dem Revolver umgehen kann und weiß, daß Juden und Marristen Schweine sind, die ausgerottet werden müssen.

R. R., Holland  . Diese nationalsozialistische Denkschrift haben wir auszugsweise veröffentlicht. Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Cato in Brüssel  . Sie und andere machen uns dankenswerte Propaganda- Vorschläge. Leider überschäßen Sie unsre finanziellen Mittel. Wir müssen uns aus eigenen Kräften durchkämpfen.

R. M. Anvers. Sie schreiben uns: Glauben Sie, daß mit der Tatsache, daß die Mutter von Göbbels   mit einem Arier verehe­licht war oder ist, auch der zoologische Beweis erbracht ist, daß Göbbels   bzw. seine Vorfahren von arischen Menschenheroen ge­zeugt worden sind? Seit wann beweist die Ehe die Vaterschaft?" Ihre Frage feßt uns in Verlegenheit. Aus angeborener Diskretion haben wir uns über Zeugungsakt, der die Geburt Göbbels   herbei­führte, nicht einmal nachgedacht. Wir geben Ihnen aber zu, daß ein Porträt von Göbbels  , veröffentlicht in der bekannten Nazi­Heßschrift Juden sehen dich an" einem antisemitischen Lava- Aus bruch erzeugen würde- wenn eben nicht Göbbels   Kamerad der SA. wäre und die rassische Idee mit dem Munde propagierte. Daß er heftiger Judenfeind ist, ist in diesen Zeiten fein Beweis für sein Ariertum. Wäre Sigmund Freud   nicht so entsetzlich abge­graft, so könnte man sagen, daß Göbbels   mit seiner wilden Judenfeindschaft das ahnungsschwere Bewußtsein irgendeines dunklen Punktes in seiner Stammtafel abreagiert oder über­kompensiert.

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Frau M. R., London  . Sie schreiben u. a.: Ausgerechnet Göbbels redet gegen Inflationsschieber. Gerade er aber hat sich durch einen Inflationsschieber gesund gemacht. Seine Frau ist eine geschiedene Quandt, und dieser Quandt hat sein Vermögen während Krieg und Inflation erworben. Vorher hatte er nichts. Von diesem Quandt bezieht Frau Göbbels   eine jährliche Abfindung, die höher ist als das Göbbelssche Ministergehalt. Göbbels   ist der Fachmann in der Beurteilung von Inflationsschiebern."

Binder. Besten Dank für Ihren Beitrag. Wir haben aber schon zwei Aufsätze zu dieser Rede veröffentlicht. Das genügt.

R. M., Paris  . Sie schreiben uns: Deutsche   Spitzel find seit voriger Woche auch als Momentfotografen" tätig. Sie haben u. a. die jüdischen Cafe Gäste an den Champs- Elysees  fetografiert, auch trieben sie diesen Unfug zwischen Opera und Madeleine. Die Fotospizzel suchten sich besonders typische Gruppen" aus, wie sie sagten. Vorsicht und Abwehr ist geboten!" Freund am Niederrhein  . In einem uns indirekt übermittelten Briefe beklagen Sie sich bitter über die amtlichen Zahlen, die einen wesentlichen Rückgang der Erwerbslosigkeit errechnen. Hier sind nur wenige in Arbeit gekommen, und dafür sind andere ent­lassen worden. Es findet nur ein Austausch, höchstens eine Ar­beitsstreckung statt. Ich bin noch ohne Arbeit. Der junge R. ebenfalls und sein Vater auch, wir alle schon seit Jahren. Dazu ist jetzt noch die Tochter der Familie R. bei der Stadt entlassen worden, weil männliche Kräfte eingestellt werden sollen, die aber nicht höher bezahlt werden als die weiblichen. Das Baugewerbe liegt noch ganz danieder. Es fehlt das Geld und das Vertrauen." Beides wird wohl noch eine lange Zeit nicht vorhanden fein. Zeitungsausschnitte, insbesondere aus deutschen Provinz blättern, find immer erwünscht und werden von uns aufmerksam gelesen, auch wenn sie nicht immer gleich verarbeitet werden. Wir danken allen, die uns unterstüßen. Jeder Ausschnitt sollte den Namen und die Nummer und den Erscheinungsort der Zeitung tragen.

Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Piz in Dud­ weiler  ; für Inserate: Otto Kuhn in Saarbrücken  . Rotationsdruck und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH., Saarbrücken 3, Schüßenstraße 5.

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