Pariser Berichte
Die Gazette de Göbbels
Der neue Ullsteinmann in Paris
Wir sind in der Lage, einige Mitteilungen aus dem Pariser Presseleben zu machen, die geeignet sind, die Methoden eines gewissen Propagandaredners von Genf genügend zu beleuchten.
Vor furzer Zeit wurde in Paris der bekannte Journalist Dr. Richard Lewinsohn , der als Wirtschaftsfachverständiger unter dem Namen„ Morus" Weltruf besitzt, als Vertreter der„ Boff." von Josef Göbbels abgebaut, was längst zu erwarten war. Sein Nachfolger ist der Nationalsozialist Franz Mariaux , früherer rechtsstehender Mitarbeiter der Kölnischen Zeitung" und späterer Berliner Rundfunk
mann.
Dieser Mariaux, der ein Hugenotten - Abkömmling ist und aus einer westdeutschen Kleinbeamtenfamilie stammt, wurde yon Göbbels hauptsächlich auch feines französischen Namens wegen ausgesucht. Dem Auftrag gemäß, den er von Göbbels , dem„ Hagen von Tronje " der deutschen Revolution, empfing, gibt sich Mariaux ob seiner Namensgleichbeit mit einem bekannten französischen General als dessen Better oder Verwandter aus, was mit Rücksicht auf diesen ellatanten Mangel an Taft und Mißbrauch zu politischen Bweden in ernsthaften Pariser Kreisen einen außerordentlich peinlichen Eindruck macht.
Man weiß natürlich in der französischen Hauptstadt sehr gut, daß Mariaux daheim zu dem Kreise derer gehört, aus deren geistiger Nähe das Lied„ Siegreich wollen wir Frank reich schlagen" stammt und zu deren Rüstzeug der Haß gegen bas„ vernegerte“ und„ rassenunwürdige" Frankreich gehört. Nicht genug damit, brüstet sich Mariaux in vertrautem Kreise auch seiner Freundschaft mit einem bestimmten franösischen Abgeordneten.
Mariaux, der sich in Deutschland gerne als Abkömmling mütterlicherseits von einer Hunsrüder Bauernfamilie ausgibt, ist ein besonderer Vertrauensmann von Göbbels . Er hat größere europäische Reisen gemacht und spielt gerne den Gemäßigten". Seine Artikel in der Boffischen Zeitung" beweisen aber das Gegenteil, fie verTaten eine durchaus scharfmacherische Tendenz. Ueberflüssig Bu sagen, daß Mr", der neue Ulsteinmann, auch auf dem
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Die cacahuètes....
A
Die cacahuetes, das sind die Erdnüsse. ca- ca, ca- ca, man hört es immerzu abends auf den Straßen rufen. Araber, die handeln, verhärmte Frauen, die mit den Tüten in die Cafes kommen, sie alle rufen mit flehenden Stimmen, oder auch als Clowns der Armut: ca- ca- huetes....
Jezt haben die lustigen ca- ca eine Frau getötet. Vor den Geschworenen steht der Portier eines Kinos aus der Rue St. Charles. Der Portier hat sich darüber geärgert, daß Nußschalen im Theaterraum lagen. Kannst du denn den Raum hier nicht sauber halten?" sagt er zu seiner Frau. Die Frau sagt, sie hat viel zu tun. Sie streiten sich, er schlägt, sie fragt. Er sagt, er will zum Direktor gehen. Der neunjährige Junge drängt sich dazwischen, schiebt einen Tisch zwischen die Streitenden. Die Mutter wirft dem Vater eine Kindertrommel an den Kopf. Sie rennen um den Tisch. Der Vater, außer sich, zieht seinen Wächterevolver herauseins, zwei, drei Kugeln.
Die Mutter stirbt noch am Abend im Hospital. Die Geschworenen der Seine sizzen über einer Tat des Jähzorns.
Bernhard Thieles Dampferfahrten
Bernhard Thiele, ein engerer Landsmann des erwachenden Deutschlands , sitzt zur Zeit in Marseille in Sicherheit. Die französische Polizei hat ihn als blinden Passagier auf dem Dampfer„ Timgad " entdeckt, der den Dienst nach Algier versieht. Er hatte eine Anzahl Explosivstoffe bei sich, so daß die Behörde von Bordeaux den sonderbaren Fall auch mit dem Attentat auf den„ Atlantique" in Verbindung bringt.
Bernhard leugnet aber frampfhaft. Er hat die Explosiv stoffe bloß aus Vergnügen mitgenommen und ist nach Frankreich gegangen, weil er dort Arbeit zu finden hoffte. Als das mißlang, verklopfte er sein Fahrrad die Zündstoffe fonnte er aber leider nicht für einen angemessenen" Preis losschlagen. Dann schlich er sich mit seinen Mordwaffen auf dem Fahrzeug nach Algier ein. Der Polizeitommissar will jezt hauptsächlich in Straßburg suchen, ob
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Bariser Büro ein großes Hitlerbild angebracht hat, das dort bisher nicht hing.
In republikanischen Seiten bezeichneten die Leute um 85bels dereinst die Bossische Zeitung" gerne wegen ihrer Rontinentalpolitit als„ Gazette de Foch". Daß sie jetzt unter Mariaux französisch getarnt aur" Gazette de Göbbels" werden würde, war nicht zu erwarten. Es ist der gleiche plumpe Versuch zur Anbiederung wie in der ebenfalls getarnten Neuen Pariser Zeitung". Glaubt man einem alten Kulturvolk wie den Franzosen mit solchen neupreußischen Methoden zu imponieren?
Reisenherz ,,, der gute deutsche Soldat"
Merkwürdige Dinge haben sich in Escautpont, einem Orte in der Balencienner Spizen- Gegend, zugetragen. Dort war während des Krieges der deutsche Soldat Reisenherz, der bei der französischen Bevölkerung im Gegensatz zu pielen Offizierstypen, die heute wieder in Deutschland ein Monokel tragen- so beliebt war, daß sie ihn allgemein den guten deutschen Soldaten" und ihren Willy" nannte. Der Fall erregte hier großes Aufsehen in der französischen Presse. Willy blieb nach dem Kriege in Escautpont und heiratete eine Tochter des Landes. Aber was korporativ gesungen war, mißglückte individuell: die Herzlichkeit des Verkehrs stellte sich nicht ein, Willy Hatte dauernd Krach mit seiner Frau und Schwiegervater und Schwiegermutter. Schließlich rückte die junge Frau aus und nahm Stellung bei einem Cafebefizer, mit dem sie befreundet war. Reisenherz erschien bort und knallte ein Loch in die Plante.
Jest fitt er in Valenciennes und kam dort vor die Straffammer. Zahlreiche Zeugen sagten zu seinen Gunsten aus. Aber da die Kammer die Entscheidung um eine Woche vertagte, erschien eine Prozession der Einwohner von Escautpont und forderte die Freilaffung des Deutschen . Ste wollen ihn nach seiner Freilassung mit einem großen Bankett empfangen.
Da sage einer noch: daß es teine Völkerverständigung
gibt!
Der Völkerbund hat bekanntlich die Einseßung eines Oberkommissars für die Verteilung der deutschen Flüchtlinge auf die einzelnen Länder beschlossen.
In Frankreich hat sich, wie das Journal" meldet, eine besondere Kommission gebildet, die sich mit diesem Problem befaßt. Diese Kommission wird am Montag im franzöfifchen Justisministerium unter dem Vorsiz von M. Penancier zufammentreten.
Mar Reinhardt ist in Paris eingetroffen, wo er mit denfelben Ehren wie Toscanini- und sicher mehr Ehren als heutige deutsche Nationalbelden" empfangen wurde, Mar Reinhardt wird seine berühmte Fledermaus" im Theater Pigalle inszenieren. Es ist seine erste französische Regie. Der Aufführung werden weitere Premieren Reinhardts in Paris
jolgen.
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er nicht noch etwas Interessantes über den blinden Passagier zusammenbekommt.
Eigenartiger Selbstmord
In Moulins ( 300 Km. südöstlich Paris ) wollte sich der 26jährige Dreher Rene Thevenin nicht mit seiner Frau vertragen. Die junge Antoinette, 21 Jahre alt, ging wieder nach Haus zu ihren Eltern und reichte wegen dieser und jener Dinge die Scheidungsklage ein.
Eines Tages geht Thevenin, der zur Zeit seinen Dienst bei der Infanterie abmacht, an der alten Wohnung porbei. Die junge Frau ist da und ruft ihn herein- und was geschieht? Das junge Paar öffnet die Hähne eines Gasofens und geht gemeinsam in den Tod. Erst nicht zusammen leben fönnen, dann zusammen sterben: die Wege der Paare sind manchmal wundersam
Hafenarbeiter gegen Hakenkreuz
Nach einer Meldung aus Brest fahren die französischen Arbeiter fort, sich zu weigern, die deutschen Dampfer, die mit dem Hakenkreuz vor Anter gehen, auszuladen, Sie waren nicht zu bewegen, an Bord des Eitel" zu gehen, der mit einer Ladung Tuche einlief. Zwischenfälle sind bislang nicht vorgekommen.
Die Stimmung an Bord des Hitler - Schiffes kann man sich vormalen.
Zwei üble Vettern
Von der Straßburger Polizei wurden nach Pariser Nachrichten zwei deutsche Staatsangehörige Heinrich und Richard Vetter verhaftet, die Vater und Sohn find, beide aus Mann
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heim. Diese beiden Vampire saugten die deutschen Flüchtlinge aus.
Der Vater, ein 56jähriger Geschäftsvertreter, besorgte fich Adressen von Personen, die Titel und Werte in Deutschland befizen. Diese Leute suchte er in ihrem französischen Exil auf und veranlaßte sie, ihm die Titel auszuliefern, die er durch seinen Sohn Richard in Köln verkaufen lassen wollte. Einige Tage später teilte er dann den Flüchlingen mit, die Titel seien bereits verkauft, aber infolge des Kapitalausfuhrverbots der deutschen Regierung fönne er nur 100 Mart pro Monat herausbringen. Nach dieser Mitteilung verschwand er. So erbeutete dieser Halsabschneider mehr als 100 000 Franken.
Eines der Opfer erkannte den Junior auf der Straße und ließ ihn verhaften. Dabei faßte man auch den Erzeuger. Beide ſizen hinter Schloß und Riegel.
Wir hoffen, daß die französische Justiz in diesem Falle fein Mitleid kennt. Was die beiden Lumpen begangen haben, ist die gemeinste Art des Vertrauensbruchs, die schlimmste Art des antisozialen Verbrechens an hilflosen Opfern des Hitler. terrors.
Flax
Flag ist gestorben. Er war der Gründer der„ Hommes du Jour", der„ Männer des Tages", der Mitarbeiter des " Guerre Civile ", ein alter Sozialist, der oft vor Gericht ge
Dr. med. Philippe Czaczkes
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standen hat. Im Hotel Gottes, dem alten Krankenhaus im Angericht von Prefecture und Notre Dame , hat ihn jetzt ein Strafbefehl der Ewigkeit in seinem 58. Jahre erreicht.
Er hieß Victor Meric . Er hat Romane geschrieben wie " Das Verbrechen der Alten"," Die Revolver- Geführten", auch zwei Bände Erinnerungen: Kulissen und Winden" und „ Durch das Dschungel von Politik und Literatur". Ein in seinem Freimut, in seiner menschlichen Aufwallung, seiner Treue gegen das Ideal echter Franzose, ein alter Auflehner, mehr Libertiner als Sozialist.
Einer derer, die das halten, was den meisten deutschen Linken in erhöhtem Maße not tut: Mut!-
Kino- Programme
vom 13. bis 19. Oktober 1933
Agriculteurs( 8, rue d'Athènes). La Maternelle( nach Léon Frapiés Roman).
Aktualitäten- Kino L'Auto( 31, Bd. des Italiens). Ununterbrochen von 10 Uhr bis Mitternacht, Pariser Moden. Match Fieseler- Detroyat.
Bonaparte( Place St. Sulpice). La Maternelle( nach Léon Frapiés Roman).
Cinéma des Champs- Elysées ( 118, ChampsElysées). Jennie Gerhardt( Sylvia Sidney ), amerik. Fassung, franz, Untertitel. Ciné- Opéra( 32 A. de l'Opéra). La Maoternelle( nach Léon Frapiés Roman).
Ciné- Plage Marbeuf( 34, rue Marbeuf). Platinum blonde( Jean Harlow ), französ. Untertitel. Ermitage- Club des Ursulines( 72, ChampsElysées). Cavalcade( engl. Originalfassung, franz. Untertitel).
Lord Byron ( 122, Champs- Elysées ). Privatleben Heinrichs VIII.( Ch. Laughton), engl. Originalfassung, franz. Untertitel.
Paramount . Un Soir de Reveillon( Meg Lemonnier ). Parnasse Studio( 11, rue J.- Chaplain). Destojewsky ( Sowjetfilm), La Terre a soif .
Raspail 216. Prospérité( Marie Dressler ), Originalfassung, franz. Untertitel.
Studio Caumartin. Back Street, franz. Untertitel. Studio Etoile( 14, rue Troyon). Liebelei( nach Arthur Schnitzler ) mit Magda Schneider. ( Deutsche Originalfassung.) Ununterbrochen von 14 Uhr 30 bis 19 Uhr; abends um 21 Uhr.
Studio Diamant( Place Saint- Augustin). Die 13 Koffer des Herrn 0. F.( A. Granovsky), deutsch .„ Das Leben, wenn man 18 Jahre alt ist".
Studio 28( 10, rue Tholozé). La Foire aux illusions( Statefair) Originialfassung, französische Untertitel. Ursulines( 10, rue des Ursulines). The Phantom Prestdent, amerikanische Originalfassung, franz. Untertitel; L'Homme à la barbiche.
Washington Palace( 14, rue Magellan). 42nd Street, franz. Untertitel; ab Mont. 16. Okt. Once in a lifetime. Washington Club( 14, rue Magellan). Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag, 3 Uhr und 9 Uhr 30: Grand Slam( Lor. Young), franz. Untertitel.
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