Deutsche   Stimmen Beilage zur Deutschfien Freiheit" Ereignisse und Gesciicfiten

Die Revolte der Unterwertigen

Von Hans Bauernsohn

In ein kleines deutsches Landesparlament rückten nach der Wahl vom 14, September 1930 sieben nationalsozialistische Abgeordnete ein, die durch ihr unbekümmertes Rowdytum die übrigen dreiunddreißig Abgeordneten des Hauses terrorisierten und jede sachliche Arbeit unmöglich machten. Die Protokolle dieses Parlaments es handelt sich um den Braunschweigischen Landtag weisen aus jener Zeit folgende Zwischenrufe dieser sieben braunen Abgeordneten auf:

,, Ihr seid ja alle verkalkt!"

,, Schaumschläger!"

Schwindler!"

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,, Sie haben ja ein dickes Fell, und wenn das nicht wäre, käme ihre schwarze Seele zum Vorschein!"

,, Sie verwechseln ja die Begriffe!"

,, Mit ihren Köpfen werden die Kinder Fußball spielen!" ,, Halten Sie die Gosch!"

,, Ministerpräsident Braun- Preußen muß zehn Jahre Zucht­haus bekommen!"

,, Sie sind der Wolf im Schafskleide oder umgekehrt!" ,, Sie als Ochse kommen überhaupt nicht in Frage!"

Ihr Orang- Utangs!"

Lassen Sie Hörsing mit dem Schnapsbuddel antreten."

Sie sind eine Brillenschlangel"

,, Sie sind feige!"

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Er leckt schon!"

,, Edelquatsch!"

,, Schweinerei!"

..Die Käufer im Konsumverein sind Dummköpfe!"

,, Sie Schwindler!"

Ich empfehle Ihnen etwas Baldriantropfen!"

Sie haben gelogen!"

,, Unverschämter Geselle!"

,, Sie sind die Partei der Unsauberkeit!"

,, Unverschämter Kerl!"

,, Das ist ja Blödsinn!"

,, Setzen Sie sich hin und schämen Sie sich!"

,, Sie sind ein Schmutzfink!"

,, Unverschämte Bemerkungen!"

,, Er ist ein Spiegelfechter!" And

,, Wir schmeißen Sie da herunter!"

,, Er kriegt eine Tracht Prügel!"

,, Wir können ja hier mal Bürgerkrieg anfangen!" ..Laternenpfahlaspiranten!"

An den Laternenpfahl!"

,, Sie sind ein Lügner!"

Bonze!"

,, Karstadtagent!"

,, Judenknechte!"

,, Mit faulen Eiern müßte man werfen!"

,, Das ist eine lumpige Redensart!"

" Quasselfrite!"

,, Dreckspats!"

,, Gegen solche Brüder wie Sie müßte man noch

ganz

vorgehen!"

,, Sie haben wohl Wachs in den Ohren!"

,, Elender Verleumder!"

,, Faule Pflaumen!"

anders

,, Hilferding   und Genossen haben Geld verschoben!"

,, Heil Heines!"( Fememörder!)

,, Sehen Sie sich vor!"

Demagoge!"

,, Unverschämter Patron!"

..Arbeiterverräter!"

,, Das kann ein Esel nicht verstehen!"

,, Sie sind der größte Giftmischer!" ,, Quasseln Sie nicht dazwischen!" ,, Menschenskind, quasseln Sie nicht!" ,, Sie sind ein Verbrecher!" ,, Schauspieler!"

,, Sehen Sie sich in den Spiegel, dann sehen Sie Ihr ver soffenes Gesicht!".

,, Sie werden noch mit den Beinen schreien!"

,, Sie sind ein Heuchler!"

,, Sie sind der größte Schwindler!"

, Er ist degeneriert!"

,, Ihr habt es mit der Schnauze, Maulaffe!"

,, Feiges Gesindel!"

,, Sie sind ein Kadaver!"

,, Sie sind geistig vernachlässigt!"

,, Jetzt fängst Du an zu schwindeln!"

,, Ein schönes Affentheater ist das!"

,, Sie Abenteurer, rutschen Sie man nicht vom Stuhl!" ,, Sie gehören in den Gorillastall, Herr Doktor!" ,, Die Hohlheit ihres Gehirns!"

,, Ihre Verbrecherpartei!"

,, Sie sind geistig verkalkt!"

,, Sie machen Dienst am Dreckkübel!"

,, I'h. ist die Mensch gewordene Lüge!"

,, Das Lachen ist nur Verlogenheit!"

,, Sie sind ein Mensch, der aus der Zelle entsprungen ist, aber kein Mensch und auch kein Tier ist!"

,, Sie haben Aehnlichkeit mit einem Ochsen!"

,, Sie können mal eine richtige Ohrfeige bekommen!"

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Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen!"

,, Herr Th., Sie werden Clown im neuen Zirkus!" ,, Ihre Dummheit reicht an meine Dummheit nicht heran!"(!)

,, Sie sind einer von den Mördern!" ,, SPD  . heißt Saupack!"

,, Sie haben sich die Ohren nicht gewaschen!"

,, Sie sind der Mensch gewordene dämliche Kerl!" ,, Ich würde Severing   eine Ohrfeige geben!" ,, Sie sind stinkend faul!"

,, Er bleibt der Lügenfreund!"

,, Sie sind schon versteinert!" ,, Der Komiker ist wieder da!"

,, Sie reden doch nur Quatsch!"

,, Sie waren mit den Schweinen nicht gemeint, es waren polnische Schweine!"

,, Du bist in der Abdeckerei!"

,, Sie sind der größte Misthaufen, der existiert!"

Mit dieser Auslese mag es genug sein. Sie zeigt uns klar and deutlich, was alle die ernsten Männer, die ihr Leben lang darauf eingestellt waren, sachliche Arbeiten für ihr Volk und ihre Wähler zu leisten, unter der Invasion dieser braunen Lümmel zu erdulden hatten, die sich als neuge­backene Würdenträger in den Sesseln der Plenarsäle räkelten. Wer waren diese rüpelhaften Schreier? Was ist aus ihnen geworden? An den geschilderten Exzessen beteiligten sich die Naziabgeordneten Schneider- Gandersheim, Groh- Braun­schweig, Alpers- Braunschweig, Schmidt- Bodenstedt, Vahl­dieck- Braunschweig, Zörner- Braunschweig und Bertram­Wolfenbüttel.

Schneider ist heute Bürgermeister von Bad Grund  , Groh hoher Steuerbeamter in Braunschweig  , Alpers Justizminister in Braunschweig  . Schmidt Staatsrat in Braunschweig, Bertram Staatsrat in Braunschweig  , Zörner Oberbürgermeister von Dresden   und Vahldieck Präsident der Handwerkskammer   in Braunschweig  .

In Hitlerdeutschland verboten Werke Gides und Strawinskys im Théatre L'Atelier

Im Jahre 1929 wurde unter Führung Marcel Herrands Le Rideau de Paris" gegründet, eine freie, junge Theater­vereinigung, die in den 5 Jahren ihres Bestehens als eine auf kein Schema und keine ,, Richtung" festgelegte Avantgarde­Bühne dem Pariser   und französischen   Theater manchen inte­ressanten Abend, manches wertvolle Werk und manche viel­versprechende darstellerische Kraft geschenkt hat.

Mit André Gides ,, Rückkehr des verlorenen Sohnes" hat man seiner Zeit in Monte Carlo   den Start gewagt, und mit dem gleichen Werk, ergänzt durch die Geschichte vom Soldaten", von Ramuz   und Strawinsky  , hat man jetzt im intimen Atelier- Theater, oben im Montmarte- Viertel, den Abschluß des ersten ,, 5- Jahr­Planes" gefeiert.

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Die beiden Werke dieses Programms gehören heute in Deutschland   zur verbotenen Literatur. Gides Gesamtwerk steht offiziell auf dem braunen Index, und Strawinskys Opus ist zwar nicht offiziell verboten, aber kein Theater- oder Musikberater des Herrn Dr. Goebbels   wird es jetzt und fürderhin wagen, dieses oder irgend ein anderes der vor­wärtsweisenden Werke der neuen Musik und des neuen Theaterstils aufzuführen, die schon in der kulturbolsche­wistischen Vorzeit dem Kunstspießer Alpträume verur­sachten. Was die An ihren Aengsten sollt ihr sie erkennen! 4 Szenen" Gides, die das republikanische Deutschland   einst in Rilkes Uebertragung kennen gelernt hat, mit der er­zählten. gespielten und getanzten Soldatengeschichte des Welsch- Schweizers Ramus und des französierten Russen Strawinsky   verbindet, ist die Ablehnung des bisherigen pathetischen Theaterbegriffs. Diese Tendenz zur absoluten Einfachheit, weg von aller falschen Feierlichkeit, von aller Weihrauchvernebelung des künstlerischen Spiels ist für die braunen Theaterkommandeure untragbar. Für sie ist Musik und Theater identisch mit dem Bayreuther   Mysterienkult. Daß es auch ohne Wagnersche Verzauberung" religiöses

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Bühnenspiel geben kann wie in diesem klassisch reinen Werk André Gides, daß auch in der Profanierung, in der grotesken Vereinfachung aller Spielmittel große Kunst geschaffen werden kann wie in diesem ,, Soldaten", es ist ihnen unfaẞ­bar, weil es nicht in das System ihrer mystischen Verstandes­vernebelung paßt, weil diese Kunst Waffe wäre gegen ihren Rückschrittskult.

Hinzu kommt das Inhaltliche: Das Bekenntnis sur Un­sterblichkeit menschlichen Fortschrittswillens bei Gide, die primitive Aufdeckung aller Mißstände dieser gepriesenen Ordnungswelt am Wege eines einfachen Soldaten, an seinem Kampf mit Mitmensch und Teufel bei Ramuz  - Strawinsky  ,

Was in Deutschland   heute verboten und verfolgt ist, lockt das beste Theaterpublikum in Paris  : vom versnobten Premierenbummler bis zum Akademie- Professor, vom Kon­servatoristen bis zum jugendbewegten Galeriehesucher, hier gibt sich die Pariser   Theaterelite ein Stelldichein, fernab vom großen Betrieb der Festwochen, wie denn so oft das künst­lerisch Wesentliche weit entfernt und kaum beachtet vom offiziellen Kunstbetrieb Gestalt und Wirkung gewinnt. Paul Walter.

Ein Denkmal für Buddha

Ein Denkmal für Buddha soll in Kushnagar, in der Provinz Benares  , errichtet werden; der Sage nach soll der Ganthama dort gestorben sein. Für die Errichtung des Denkmals, das in reinstem japanischen Stil entstehen soll, hat sich in Japan  ein Komitee gebildet. Präsident dieses Komitees ist Yuki­michi Tamaki, ein bekannter japanischer Politiker, der ge­rade von einer Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten Buddhas zurückgekehrt ist. Die Einwilligung der indischen Autoritä­ten soll bereits erteilt worden sein, und schon in Kürze sollen die genauen Pläne für das Denkmal vorgelegt werden, das mit einem Kostenaufwand von einer halben Million Yen errichtet wird,

Dec SA zum Abschied

Von Theodor Plivier  

Die braunen Uniformen ziehen wir aus, ernüchtert gehen wir nach Haus.

Wir nannten uns der Revolution Garant,

und waren doch nur Hitlers   lange blutige Hand.

Wir zählten nicht die Toten,

die Leichen der Roten.

Vielleicht,

vielleicht waren es Brüder?

Wir haben sie umgelegt,

jegt hat der gleiche Wind uns weggefegt. Adolf Hitler  ,

den wir hochgetragen,

Er hat die braune SA. zerschlagen.

Das Hakenkreuzbanner flattert in Fegen, Uns braunen Soldaten

bleibt das Entsetzen.

Wirths Hinrichtung

Die Urlinda, ein Produkt demokratisch- liberalen Geistes... Den Rassefatken des ,, dritten Reiches" von Dr. Leers bis Wirth ist Saures widerfahren: die von Hermann Wirth   aus gegrabene ,, Friesenbibel" wurde als demokratisch- libera­listische Satire entlarvt. Das geschah in der neuen Aula der Berliner   Universität als Schlußergebnis einer längeren wissen­schaftlichen Auseinandersetzung. Das Juniheft der ,, Literatur" ( Deutsche Verlagsanstalt  , Stuttgart  ) nennt diese Aussprache eine öffentliche Hinrichtung, die unter Aufsicht des Göttinger Rektors, Professor Neumann, vollzogen wurde und berichtet dann weiter:

,, Hermann Wirth   erzählte, was er in früheren Vor­trägen schon seine Jünger gelehrt hatte, daß es nämlich mit den Methoden der zünftigen Altertumsforschung und Germanistik nicht gelingen werde, in das Ahnenerbe der Germanen verstehend einzudringen. Daß sich die Forscher neu orientieren und weltanschauliche Bereitschaft und gläubige Verstehungskraft mitbringen müßten, wodurch ihnen erst das Deuten der Runensymbolik möglich würde. Diese Eigenschaften besige nur er im vollsten Maße, er, Hermann Wirth  .

Nachdem schon Neckel auf den politischen Schaden hingewiesen hatte, den Wirth mit seiner Neuausgabe ge­stiftet hätte, brachte Hübner dazu die entscheidenden Be­weise, indem er zeigte, daß die Chronik eine Fälschung, ihr Inhalt aber eine Ausgeburt rationalistischen Geistes, eine fast wörtliche Uebertragung von Leitsägen der fran­ zösischen   Revolution sei. Getragen vom Geist der Auf­klärungszeit, geschaffen von einem naiven Polhystor, stelle die Fälschung den Traum von einem Idealreich in Ur­zeiten dar. Unter brausendem Beifall wies Hübner an Stellen der Chronik nach, daß der Fälscher ein Demokrat, ein handfester Aufklärer ge­wesen sei, daß seine weltanschaulichen Voraussetzungen nur von einem Laien für germanisches Gedankengut gehalten werden konnten. 24

In der vierstündigen Diskussion' bewies die zünftige Wissenschaft, daß sie durch die Heilslehre eines Hermann Wirth   nicht irritiert werden kann und daß vor allen Dingen in der Wissenschaft nicht der Glaube weise macht, sondern vorläufig noch das Wissen."

Das alles wäre nur zum Brüllen, wenn Leute, wie dieser Halbverrückte Wirth, sich im heutigen Deutschland   nicht als Reformatoren und Führer der Hakenkreuzjugend aufspielen könnten. Zu dem vernichtenden Berliner   Ergebnis schweigt sich die Nazipresse teils aus, teils tobt sie gegen die volks­fremde Wissenschaft", die den Runenprofessor aus Fachneid hingerichtet habe.

Zeit- Notizen

Ein Denkmal für Anna Pawlowa  

Kürzlich ist ein Aufruf zur Errichtung eines Denkmals für Anna Pawlowa   veröffentlicht worden. In diesem Aufruf wurden alle Freunde und Bewunderer der berühmten Tänzerin aufgefordert, durch Geldspenden die Errichtung eines solchen Denkmals zu ermöglichen. Die königliche Kommission der Schönen Künste von England hat den Ent­wurf des bekannten schwedischen Bildhauers Carl Milles   zur Ausführung empfohlen. Das Denkmal soll inmitten von Blumen, die Anna Pawlowa   so leidenschaftlich geliebt hat, errichtet werden, im Rosengarten des Regent's Parks in London  . Der Entwurf des schwedischen Bildhauers sieht für das Denkmal die Form eines Brunnens vor, auf dem in ver­schiedenen Motiven die berühmtesten Tänze Anna Pawlowas symbolisiert sein werden.

Das neue Reichstheatergesetz

wird in den ,, Preußischen Jahrbüchern" warm begrüßt. Es wird hervorgehoben, daß nun alle Theater der Reichs­regierung mit Sorgen und Rechten unterstellt sind. Dem Reichspropagandaminister jeder Einfluß gewahrt. Die Zu­lassungsbewilligung aller Theater ist von ihm abhängig. Wirtschaftliche und ethisch- weltanschauliche Zuverlässigkeit sei die Voraussetzung der Zulassung. Das Geset ändert an dem Zustand, wie er im dritten Reich" bestand, nichts. Der Reichsdramaturg Schlösser hat die Bestimmung ge­troffen, daß Stücke, deren Stoff aus Weltkrieg und NS.  ­Revolution geschöpft wird, für die Aufführung von seiner Genehmigung abhängen." Ueber Eingreifen dieses Schlösser wurde z. B. das Stück ,, Grenadier Felsing" abgesagt. Grund: ,, das Hinkemannthema",

Geburtsort Christi entdeckt?

Der von der englischen   Regierung abgesandte Archäologe William Harvey   hat in der nächsten Umgebung der Ge­burtskirche von Bethlehem   eine Grotte entdeckt, die in den allerersten christlichen Zeiten als der Ort der Geburt Christi   angesehen und verehrt wurde. Er berichtet zugleich über eine Reihe anderer aufsehenerregender Entdeckungen in der Kirche selbst, u. a. des Sarkophags der Kaiserin Helena   und der Mensa vom Hochaltar der Konstantins­Basilika,