Bernhard lächelt liebenswürdig, der dicke Mann lächelt auch, die spiegelblanke Tür schließt sich wieder.

Ein Musterpaket unter dem Arm mar­schiert der junge Franzose wieder mit energi­schem Schritt an den schönen, leuchtenden Kanälen entlang. Der holländische Vertreter jagt:

,, Hier liebt man Frankreich  . Ich kenne Paris  ; die Blanchestraße? Hier, an die­sem Hause ist eine Tafel für einen Franzosen angebracht: Hier wohnte René Descartes  " Wer ist dieser Descartes? Sie wissen? Ah! Und Herr Langlois, den Kommissionär aus der Hauteville- Straße wissen Sie auch? Hier treten wir ein Export Mat schapij... Sehr großes bujineß... Aber viel Lager... Wir wollen nur eben mal Guten Tag" sagen: Der Einkäufer, Herr Croninghem, ist ein Freund, mein Regelbruder. Er ist mit einer schönen, Frau verheiratet."

Wij koopen niet," fagte Herr Croninghem, einer freundlicher Biedermann mit kahlem Haupt.., Später".

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Wieder Kanäle, Treppen, behaglich wohl­

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Tuchfachmann, von einer reizend komischen Würde, neigt seine kurzen Favoris und seine Hornbrille über die   französischen Stoffe.

,, Well, Sir... Das hier kann mich in­teressieren, nicht für den Home trade, aber für  Kanada und   Japan."

Er liebt schöne Wollstoffe, wie andere sei­ner Raffe schönes Holz und schönes Leder lie­ben, und befühlt liebevoll einen schmiegsfamen Ratiné.

,, Very fine, indeed. J'am sorry, I can't buy now. Frühstücken Sie in meinem Klub mit mir, Mr. Quesnay." An einem Tisch aus echtem Mahagoniholz( sehen Sie diesen Tisch, Mr. Quesnay, er ist dreihundert Jahre alt"), nötigt er Bernhard, mehrere Glä­fer 1856er Portwein trinken( fehen Sie, Mr. Quesnay, da sind die Bilder unserer Klub­Präsidenten. Das da ist von Reynolds, dieses hier von Sargent"). Durch diese Trankopfer entledigt sich der alte Gentleman ohne gefähr liche Einkäufe dessen, was er der   französischen Freundschaft schuldig zu sein glaubt.

Kannibalismus.

Nach dem Lunch führt der Hauptmann im Heer" Bernhard in den großen Geschäften umber, die bewundernswürdig an Ordnung und Reichtum, wahre Glücksinseln sind. Die Verkäuferinnen, hübsch wie Gayeth Girls, lächeln beim Klange des   französischen Akzents. Die Einkäufer sind ermutigender

,, Serge?... Gabardine? Vielleicht fönnen wir faufen."

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All right.

Auf dem Deck des Dampfers, der ihn nach  Frankreich zurückführt, sieht Bernhard, in ver­gnügter Stimmung,   Dieppe, die Häuser des Pollet", die Türme des Kurhauses, die dün nen Drähte des Semaphors größer werden, aus dem Nebel hervortreten und sich auf der Filmwand des wolkenlosen Himmels abzeich nen. Von der frischen Salzluft angeregt, ber gegenwärtigt er sich lebhaft seine Rückkehr in die Fabrik.

,, Dreihundert Stück!... Ist nicht so schlecht für die jetzige Zeit. Herr   Achill wird geruhen, befriedigt zu knurren. entzückt sein...

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Dieses Moos muß in der Hand erwärmt habende Kontore, Trambahnen, auf die man Medizinischer werden und konnte dann Blutungen stillen. aufspringt.. Reizende Klöster... Leib­Das geronnene Blut half bei Milzstechen und haftige Syndikusse der Tuchwarenindustrie, die Husten, bei Blähungen und beim Ausbleiben mit ihren erfahrenen Händen die von den Aus dem 17. Jahrhundert sind uns einige der Menstruation. Geschmolzenes Menschen normannischen Frauen gewebten Stoffe an- medizinische Werke erhalten, in denen wir Tat- fett half gegen lahme Glieder. Ein Riemen fühlen, mißtrauische, freundliche Kaufleute, die sachen darüber finden, daß vor nicht einmal aus Menschenhaut, als Amulett getragen, ere die minderwertigen Gewebe verächtlich abtun. 300 Jahren in   Deutschland die Verwendung leichterte die Geburt und vertrieb die   Wehen, Hier nur Qualität... Nicht Preis... menschlicher Körperteile zur Herstellung von Und einfache dunkle Muster. Hier muß Arzneien vielfach noch üblich war, eine Er- Knabenbarn machte dünn; gepulvertes Men­man für Heimatmode arbeiten. Ihre   Pariser scheinung, die man als medizinischen Kanni- Ichenherz beseitigte das Alpdrücken; Menschen­blut half gegen die Lungensucht; Menschen Kaufleute schicken uns unterröcke! Die Häf- balismus" bezeichnet.  galle beseitigte die Taubheit, wenn man sie int ten unserer Frauen reißen sie durch... Hier starte Frauen, viel Sport. Wollen Sie einen Curaçao bei Foding mit mir trinken? Dort ist alles, die Bankiers und die Kutscher... Nachher wollen wir Sijthoff besuchen... Ro­lossales Geschäft...

Aus diesem vertrauenswürdigen Lande nimmt Bernhard ehrliche Versprechungen und einige sofortige Aufträge mit. Die Tochter Duval wird ihre Gören ernähren, indem sie Hosen für die Haarlemer Gärtner webt, der Bater Leclerc wird die weißen Flanelle nach prüfen, die die feste Brust der schönen Amster damer Schlittschuhläuferinnen einhüllen werde. Herr   Achill sieht voller Mißtrauen und Unruhe seine Waren an so viele unbekannte Adressen abgehen:

Loewekamp? Croninghem? Sijthoff? Du weißt genau, daß es eingeführte, alte Häuser find?"

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Das bekannteste dieser Medikamente dürfte wohl der Liquor cranii humani gewesen sein. ein alfoholisches Destilat aus der menschlichen Gehirnschale, ein Gehirnschalenlikör". In einem Buche Cour de Chimie" von Nikolaus Lemery werden die Grundzüge seiner Her­stellung behandelt. Man brauchte dazu die menschliche Hiruschale von einem jungen, vigourösen, eines gewaltsamen Todes gestor­benen, noch unbegrabenen Menschen", die noch alle sogenannten Lebensstoffe"( principia activa) enthielt, an die man damals glaubte. Man nahm also in erster Linie die Körper der hingerichteten Personen, die es damals etwas häufiger als heute gegeben hat. Aus dieser Hirnschale stellte man entweder einen Auszug in Alkohol her oder man zerpulverte sie und brachte sie so in den Handel. Beide Medika­mente waren angeblich gut gegen die schwere Not, den Schlag, die Gicht, Schlafsucht, Mut­terbeschwerden" und gut zum Schwißen und dem Gift zu widerstehen."

Bernhard schildert zum zehnten Male diese seinem Großvater so ähnlichen fernigen Rauf Teute. Ueberdies langen auch alsbald die Im Jahre 1663 erschien in   Ulm ein Buch Schecks an. Bei den Namen der ihm vertrau- Parnassus medicinalis illustratus" von Joh. ten Banten besänftigt sich Herr   Achill. Joach. Becher, in dem in dichterischer Form über die Verwendung menschlicher Körperteile in der Arzneikunst berichtet wird und worin 24 Arzneien genannt werden, die man so herstellte:

,, Darf ich nach England gehen?" Gute Geschäfte!"

Das ist eine Art, gute Reise zu wünschen.  London. Die Roten Flecken der Autos, die blauschwarzen der Polizisten( woher kommt nur dieses gange schwarze Tuch? denkt Bern­hard), beleben das Grau der City. Vom Ver­deck eines Buß" aus bewundert er die alten Häufer des Strand". Schwarze und weiße Nebelstreifen, die die schmalen Steinhäuser um bilden, machen aus der Stadt des Handels eine Stadt des Traums. Neben ihm zählt fein ,, Agent", ein Gentleman, ehemaliger Haupt­mann, nicht ohne gründliche Kenntnisse die alten Gasthäuser und die berühmten Wirts hausschilder auf.

In die Geschäfte, die mit Waren noch überfüllter find als die in   Paris, tritt man ein, ohne seinen Hut zu berühren. Ein alter

Der Mensch, das Ebenbild, welchs Gott ist angenehm, hat vier und zwanzig Stüd zur Arzney bequem."

Die einzelnen Arzneien werden dann be schrieben und dabei angegeben, gegen welche Leiden sie helfen; alles natürlich in Versen gehalten.

Die Ohren tröpfelte; die Butter von Frauen Menschentot vertrieb die Schmerzen, die jeman milch wurde bei Augenleiden angewandt; dem angehegt waren; Ohrenschmalz beseitigte die Kolit und heilte Risse und Wunden, und der Speichel heilte Bisse von Hunden, Schlan gen und anderem Getier, wenn er rechtzeitig angewandt wurde.

Diese Beispiele ließen sich noch wesentlich vermehren. Sie geben Einblick in eines der trübsten Kapitel aus der Geschichte der Heil kunde, das heute zwar überwunden ist, das aber zu seiner Zeit mit dem gleichen Eifer ver teidigt wurde, mit dem heute noch Heilmetho den verteidigt werden, die ebenfalls einer längst vergangenen Epoche angehören dürften!

Hansotto Löggow.

Grimaffe der Zeit.  

Gott will es!

Der chinesische Völkerbundsdelegierte hatte gesprochen.

Hatte wieder einmal die Lage geschilders; und verlangt, daß der   Völkerbund endlich gegen  Japan einschreite. eine ablehnende!

Und wieder hatte Antwort erhalten.

er

,, Hätte er sich vorher denken können!" fagte ein wißiger Völkerbundjournalist zu einem Kollegen. Gegen   Japan vorzugehen, ist unmöglich für den Völkerbund. Schon aus religiösen Gründen."

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Aus religiösen Gründen? Was haben denn die damit zu tun?"

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Alles. Der Völkerbund kann doch nicht gegen den lieben Gott vorgehen. Und der ist bekanntlich immer mit den stärksten Bataile lonen."

Danach war gegen Durchfall gut gepul­vertes Menschenbein in Rotwein mit dem Zu­fat bon etwas Bauchflüssigkeit; gegen das Podagra half das Mark aus den Beinknochen Abenteuer in Hildburghassen. und das Del, das man aus ihnen destillierte. Am Marktplay in   Hildburghausen steht Wenn man Totenköpfe an der Luft trodnen ein Gendarm und regelt, was sich dori ams läßt, bildet sich bald ein moosiger Ueberzeug. Verkehr tut.