Einzelpreis 15 Pfennig 2. Jahrgang

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Donnerstag, den 9. Oktober 1919

Nr. 490/ A 267 Morgen- Ausgabe

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greibeir

Berliner   Organ

der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands  

An das revolutionäre Proletariat!

Das Attentat.

Führer unserer Bartei richten, erhalten. In gewissen Birkeln Darstellung des Genossen Haase.

wird der Gedanke, durch den reaktionären Terror die Ver­

Auf Genoffen Hugo Saase ist gestern nachmittag treter des Proletariats einzuschüchtern, mit Ausdauer und Genosse Haase gab im Beisein feiner Frau, nachdem er vor dem Reichstagsgebäude   ein Revolveranschlag berübt Riebe ventiliert. Dann braucht sich bloß ein geistig minder im Krankenhause   verbunden worden war, folgende Darstell worden. Haase ist am Unter- und Oberschenkel leicht ver- wertiges Individuum zu finden, und das Unheil nimmt lung des Attentats: wundet. Man darf hoffen, daß, wenn feine Komplikationen feinen Lauf. hinzutreten, Haase in einiger Beit wieder hergestellt sein wird.

Es waren furchtbare Minuten, die wir durchlebten, bis wir die Gewißheit erhielten, daß das Leben unseres Freun des nicht gefährdet sei. In schlimmsten Zeiten hat Haase start und treu zur Sache des Sozialismus gestanden. Eine feltene Opferwilligkeit und Uneigennüßigkeit des Charakters paart sich bei ihm mit außerordentlicher politischer Klugheit. Besonnenheit im Rat, Unerschrockenheit bei der Tat zeichnen thn aus, und unerfeßlich wäre für die Partei der Verlust Dieles hervorragenden Mannes gewesen.

Das Attentat auf Haase bedeutet so eine ernste Warnung, und es ist höchste Beit, daß diefe beachtet wird,

Arbeiter, Parteigenossen!

Die Bluttaten gegen Arbeiterführer häufen sich. Unser Parteivorsitzender, Genosse Haase, ist vor dem Reichstage eine Stunde, bevor er seine große Anklagerede gegen die verbrecherische Ostpolitik der Regierung und die Gewalt­afte der Noskegarden halten wollte, von einem Manne

Das Attentat ist mißlungen, der Täter verhaftet. Es durch mehrere Schüsse berleht worden. bat ziemliche Wahrscheinlichkeit, daß der Mann geistig Nur einem Zufall ist es zu verdanken, daß die Kugeln minderwertig ist, und wir, die wir uns stets gegen die po- nicht tödlich trafen, daß Haase noch lebt.

" Ich ging in Begleitung meiner Frau zum Reichstage und wurde durch einen Schuß, der hinter mir fiel, plöglich aufgeschreckt. Als ich mich umwandte, sah ich in geringer Entfernung einen Mann, der erneut auf mich anlegte. Ob der erste Schuß mich schon getroffen hat, kann ich nicht sagen. Bunächst merkte ich jedenfalls von einer Verwundung nichts. Um nun ein weniger gutes Ziel zu bieten, ging ich in ge bückter Haltung nach der Ecke des Reichstagsgebäudes. Der Attentäter feuerte hintereinander etwa fünf bis sechs Schüsse auf mich ab. Ich war vor allem bestrebt, meine Frau in einer der Nischen des Reichstagsgebäudes vor den Kugeln des Mannes in Sicherheit zu bringen, und ging dann mit ihr, während noch weitere Schüsse fielen, in der Richtung auf das Reichstagsportal in der Sommerstraße weiter. Unterwegs brach ich jedoch zusammen. Obwohl mehrere Leute den Vorgang aus nicht allzu weiter Entfernung be­obachten konnten, gelang es dem Attentäter doch, ungehindert fein Feuer auf mich zu richten. Als ich mich nach dem ersten

Schuß umdrehte, bemerkte ich deutlich, wie er nach meinem

litische Ausschlachtung von Irrfinnstaten gewandt haben, Der Täter ist ein österreichischer Lederarbeiter namens sind die letzten, die diesen Menschen irgendeiner Partei anos. Diese Tat entspringt nach den offiziellen Angaben Stopfe zielte. Ich fühlte, daß er dadurch, daß ich mich bückte, die Rockschöße hängen wollen. Allerdings muß mit aller Entschiedenheit gefordert werden, daß die Unter- persönlichen Motiven eines geistig nicht Normalen. Wie das sichere Biel verlor und unsicher schoß, und glaube, daß suchung mit allem Nachdruck geführt und nichts dem immer sei: sicher ist, daß die Tat nur in einer politischen ich es nur meiner schnellen Vorsichtsmaßnahme verdante, unterlassen wird, um restlose Aufklärung zu Atmosphäre, in der die Revolutionäre als vogelfrei gelten, wenn ich vor schwereren Verlegungen bewahrt geblieben bin." und ihre Mörder frei ausgehen, möglich wurde. schaffen.

burg  , Liebknecht, Eisner, Porenbach, daner, Jogisches und viele andere in den Städten des Landes umbringen lassen.

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Genoffe Saase bittet uns, allen Parteigenossen und Lan- Freunden, die sich in ununterbrochener Folge zum großen Teil auch persönlich nach meinem Befinden erfundigen, für ihre warme Teilnahme zu danken. Der Zustand des Er­frankten macht es jedoch wünschenswert, daß er die näch­sten Tage in größter Ruhe verbringt. Wir werden daher, um die vielen Anfragen nach dem Befinden

Diese individuelle Tat eines Menschen, der anscheinend Mörderzentralen der Militaristen haben 2ugem. aus persönlichen Motiven gehandelt hat, die ihm seine franke Einbildungskraft vorspiegelte, erhebt sich aber aus einer Umwelt, die berücksichtigt werden muß, wenn die Verur­fachung solcher Uebeltaten erkannt werden soll. Die Ber  - Gegen Ledebour, Radek und andere Führer des rohung und Verwilderung, die der Krieg bei vielen herbor- Proletariats sind Mordpläne offenbar geworden. gerufen hat, wird seit Monaten systematisch als Grundlage Die Mörder unserer Führer läßt man fliehen oder des Genossen gaaje zu vermeiden, unsere Parteigenossen für eine ganz wüste Setze benützt. Alle möglichen realtio- läßt sie in den Gefängnissen gute Tage feiern. Die Vo- täglich durch eine kurze Nachricht über jede Veränderung in nären Gruppen und Bereinigungen wenden sich an die übel- gel, Rothe und andere sind im Auslande. Der Mörder dem Zustand des Genossen Haase unterrichten. sten Justinkte, bemühen sich systematisch, zu Gewalttätigunge lebt nach eigenen Aussagen bergnügter als je feiten gegen die revolutionären Parteien und ihre Führer zuvor. Der Massenmörder Marloh   ist noch immer widt Begegnung mit dem Attentäter. aufzureizen, fuchen eine Pogromstimmung hervorzurufen zuvor. Der Massenmörder Marloh   ist noch immer night vor Gericht gestellt. Sogleich nach dem Attentat, begab sich ein Mitglied unserer und die Bevölkerung in einen Blutrausch zu versetzen. So Man hezt durch die antibolschewistische Liga, durch die Rebaltion auf das Polizeirebler 3 in der Mittelstraße 39, wo der hoffen die reaktionären Madjer jene Stimmung zu erzeugen, die sie zur Erreichung ihrer Zwecke für notwendig halten. Liga für deutsche Kultur, durch den alldeutschen Klingel Barbrecher in Haft gehalten wurde. Die Wahrnehmungen, die Erleichtert ist ihnen dieses Spiel dadurch worden, daß im und die Offizierskamarilla gegen die Führer des Proleta- unserer Stollcge hier machte, dürften für die Erforschung der, Kampf gegen den Spartakismus, im Stampf gegen die riats, die man zu beseitigen strebt, um die Arbeiterschaft Ursachen des Attentats wichtig sein. Er schildert sie folgender­maßen: Münchener Näteregierung, diese Instinkte sich ungestraft hilflos und direktionslos zu machen. Die niedrige Heye gegen die Juden hat diese Bogrom geöffnet war. Auf meine Bitte um Informationen wies man Ich ging schnurstrade in das Wachlofal, dessen Tür angelweit austoben durften, daß empörende Untaten und Gewalttätig­feilen gar feine oder nur unzulängliche Sühne gefunden stimmung aufs höchfte gesteigert. mich an den Polizeihauptmann, dessen Zimmer sich an die Wach haben. Kein Wunder, daß in franken Gehirnen nachgerade Die Mörderzentralen suchen überall nach Mordbuben, stube anschloß. Er begann gerade, den Bericht aufzunehmen. die Ueberzeugung entsteht, fie dürften ungestraft zur Selbst- Sie sie hoch bezahlen. Degenerierte, wie Runge und ähnliche Nur zögernd gab er mir Auskunft. Als Motiv der Tat habe hilfe greifen, zumal wenn ihr Verbrechen sich gegen die geistig Minderwertige find ihnen willkommene Subjekte. ber Berbrecher angegeben, daß Haase nicht wunfähigemäß den jenigen richtet, gegen die diese üble Hege entbrannt ist. Diese Kreaturen, denen weder Strafe noch Vergeltung angeblichen Schwindel einer preußischen Klassenlotterie aufbedte, droht, wenn sie Führer des revolutionären Proletariats be- worüber der Attentäter ihm Material überwiesen habe. Durch feitigen, sind die freiwilligen aber unfreiwilli- einen öffentlichen Gerichtsprozeß wollte er die Aufmerksamkeit Ben Werkzeuge der Konterrevolution, in auf die Sache lenken. deren Sinn sie handeln.

Deshalb genügt es nicht, wenn die Parteien und die Regierung ihren Abschen vor dem Verbrechen aussprechen. Es ist notwendig, die Quellen all jolder Untaten zu ver­stopfen und die Atmosphäre zu reinigen, indem die Gerech Als ich wieder in das Wachlofal trat, fand ich den Atten­tigkeit, die solange verhöhnt worden ist, von denen, die die Gewalt ausüben, endlich wieder hergestellt und indem der Arbeiter, Varteigenoffen! Es gilt jekt erneut Protest täter hier an einem Tische stehen. Ihm wurden seine baren reaktionären Heze mit der nötigen Energie entgegenge zu erheben gegen die Straffreiheit der Arbeitermörder, ge. Mittel, in Höhe von 5 Mark und einigen Pfennigen, abgenom treten wird. Dazu ist aber nötig, daß die Regierung endlich gen die Bogromhese und die Blutstimmung, die überall men. Der Beamte redete ihn mit Herr Vog" an. Es fiel mir auf, daß der Berbrecher sich völlig frei bewegen wieder sich zur Wiederherstellung der Gesetzlichkeit ent- verbreitet wird. fonnte. Irgendwelche Sicherheitsmaßnahmen gegenüber einem

schließt, daß sie den ungeseglichen Belagerungszustand, der Die Wahrheit über die wirklichen Motive des Atten- Fluchtversuch waren nicht vorhanden. Anfangs wollten die Be­die fortwährend fließende Quelle aller möglichen Gewalt- tats auf den Genossen Haase werden wir unter dem herr- amten es nicht zulassen, daß ich mit dem Attentäter rede. Aber taten darstellt, beseitigt, und daß sie dafür sorgt, daß ein schenden System, bei den planmäßigen Mordvorbereitungen bald fonnte ich ungehindert mit ihm plaudern. Wir nahmen Verbrechen auch seine Sühne findet, wenn es von reaktio- dunkler Reaktionsmächte und den bekannten Vertuschungs- beide auf einer Bank an der Wand Plak. Er gab sich als der nären Offizieren und deren Garden gegen revolutionäre manövern vielleicht nie erfahren. Heimtücke und Hinterlift Arbeiter begangen wird.

Das Attentat gegen Genossen Haase ist heute mißglüdt und dieses Attentat mag wirklich feinen politischen Hinter­grund haben. Aber die Attentatsstimmung liegt in der Luft. Gerade in letzter Zeit haben wir wieder von verschiedenen

waren stets Waffen der Reaktion.

Seid wachsam und bereit! Es steht alles auf dem Spie!! Das Zentralfomitee der

51jährige Leberarbeiter Johann Vo aus und bemerkte mit einem

gewiffen Stola, daß er Wiener sei. Er will sich wiederholt an fozialdemokratischen Versammlungen beteiligt haben. Ueber das Motiv seiner Zat befragt, ergeht er sich in Schimpferelen über Haaje. Er sei ein Voltsverräter. Er habe sich bestechen lassen. Jetzt folle, die Oeffentlichkeit auf die Sache aufmerksam werden. Es ist

en bor Attentaten, die sich gegen bekannte Sinabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  . iver, aus seinen zusammenhangloien abaerlisen

Ebert- S