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sHreibt nicht eine sozialdeinokraiische Zeitung, sondern die Germania  " vom 21. Mai dieses Jahres. In der Tat ist die Kinderausbeutung eins der schändlichsten, aber zugleich eins der beliebtesten Systeme des kapitalistischen   Staats. Ist sie bis zu einem gewissen Grade auch untrennbar mit der gegen- wärtigen Wirtschaftsordnung verbunden, so wird sich die ilrbeiterschast trotz dieser Einsicht gegen ihre stärksten Aus- wüchse zur Wehr setzen. _ D ora Fabian. Wann lügen Kinöer? Von Sofie Lazarescld- Wien  . Als Definition der Lüge ist bei dieser Fragestellung die b«» wüßt unrichtige, also unwahre Aussage angenommen. Von dieser Voraussetzung ausgehend kann die Titelsrage vielleicht dahin b«< antwortet werden, daß das Kind zu lügen beginnt, wenn es glaubt, r gegen etwas wehren zu müssen. Schwerer zu entscheiden schon, welchen Gefahren das Kind damit zu begegnen wünscht, denn es wehrt sich ja nicht nur gegen objektiv Erkennbares, sondern auch gegen Bedrohnisse, die«» subjektiv als solche wertet. Eine An- zahl von Fällen, auch solche bei sogenanntenGewohnheitslügnern", haben bei genauer Untersuchung ergeben, daß dort, wo scheinbar aar keine Gefahr das Kind bedrohte, dieses die gefürchtete Be- drohung doch empfand, es stand vor einer Einbuße seines Selbst- gefühls. Es ließ sich also tatsächlich in diesen Lügen, auch dort wo man es am wenigsten oermutet hatte, das Gefahrenmoment feststellen, und das erlaubt vielleicht die Frage, ob es nicht bei allen Kinderlügcn so sein könnte? Dann wäre die Lüge immer die Antwort des Kindes auf seine Umgebung in den später an- geführten, durchgearbeiteten Fällen ist es ausnahmslos der Fall und Pflicht der Umgebung würde es dann sein, die Konstellationen vermeiden, die Kinder zur Lüge veranlassen, oder, bedenkt man die psychologische Einstellung des Kindes, das in relativer Macht- losigkeit den Erwachsenen gegenübersteht, sie sogar dazu zwingen. Es gibt vieles was gegen diese Ansicht eingewendet wird, z. B. Tatsachen, daß Kinder oft nicht lügen, selbst wenn sie Grund haben sich zu wehren. Sicherlich lügen Kinder manchmal nicht, obwohl sie bedroht sind, aber auch nicht jeder erwachsene Mann schlägt zurück, wenn er geschlagen wird, ohne daß man daraus schließen dürfte, daß ein Mann sich körperlich nicht wehrt, wenn er körperlich bedroht ist. Der Einwand, daß Kinder manchmal selbst bei Be- drohung nicht lügen, genügt also nicht. Dann wird darauf hinge- wiesen, daß Kinder oft lügen ohne bedroht zu sein. Was diesen Einwand betrifft, so sieht es oft nur so aus, als ob die Kinder keinen Grund zur Abwehr hätten, weil sie sich eben nicht gegen objektive, sondern gegen eingebildete Gesahr wehren wie in jenen oben erwähnten Fällen. Ueberall dort war die Lüge des Kindes aus Fehlern seiner leitenden Umgebung entstanden, sie war der Protest gegen eine, wenn auch nur vermeintliche Einbuße an Geltung. Nehmen wir erst einmal einen Fall, in dem die Abwehr der Strafe al« Lügenmotiv ganz deutlich zutage tritt, und doch hätte gerade hier leicht einJustizmord" geschehen können, wäre die ausiührende Gerechtigkeit, in diesem Fall die Mutter, nicht zusälliger, ungesehener Zeuge gewesen. Zwei Geschwister, das ältere fleben-, das jüngere fünfjährig, bekamen je ein Stückchen Schokolade, während sie miteinander spielten. Das ältere legte sein Stück nieder, da« jüngere seines auf. Nachdem es damit fertig war, es auch das andere, ob irrtümlich oder absichtlich ist nicht festgestellt. Gegen Ende dieser Tätigkeit begann sich auf seinem Gesicht Schrecken auszudrücken, die Folgen schienen ihm sichtlich klar zu werden und um sich ihnen zu entziehen, schrie es nach Verschlucken des letzten Bissens mit verzweifeltem Weinen:Der ch a n s hat meine Schokolade aufgegessen!" Wer hätte hier den wahren Tat- bestand vermutet, wäre nicht ein Zeuge dabei gewesen? Wer hätte dem Aelteren geglaubt, wenn er seine Unschuld beteuert hätte? Ein zweiter Fall, wo das Abwehrmotiv schon weniger deutlich auftritt. Die vierjährige Käte liegt aus den« Dioan, ihr zehnjähriger Bruder ist im Zimmer mit ihr allein. Da kommt die Mutter herein, Käte liegt weinend aus dem Boden nebe» dem Divan und berichtet, der Bruder habe sie hinuntergeworfen. Der Bruder leugnet und da man ihn als wahrheitsliebend kennt, untersucht man den Fall ge- wiuer. Di« Kleine ist inzwischen ganz lustig und fidel geworden und gesteht schließlich, sie habe sich so entsetzlich g e l a n g m e i l t, und da habe sie das gemacht, damit etwas vorgeht. Sensation»- lust? Nein, Angst vor der Langeweile. Di« unterste Altersgrenze der mir bekannten Fällen ist zwei Jahre. Ein zweijähriges Mädchen hatte starken Sonnenbrand an den Beinen bekommen und war während dieser Zeit sehr verhätschelt worden. Das gefiel ihr, und als das Ekzem vorbei war und die Aufmerksamkeit, die man ihr geschenkt hatte, nachließ, begann �sie sie nach Art verzärtelter Kinder durch Bettnässen zu erzwingen. Sie «ar vor dem Sonnenbrand schon ganzstubenrein" gewesen. Wenn man nun den: Bettnäsien durch Strafen begegnen wollte, zeigte sie regelmäßig auf ihre Beine die längst ausgeheilt waren und nicht mehr schmerzen konnten und sagte:'Weh! weh!" Vielleicht kann man hier noch nicht von bewußtem Lügen sprechen, aber jedenfalls ergriff das Kind die zur Abwehr geeigneten Mittel. Ganz klar ausgesprochen hat das der 3'�jährigc Fritz, der bei feine» Großmutter übernachtet und sehr unruhig geschlasen hatte. Auf die Frage, was man denn der Mutter darüber berichten solle, nntwortcte er:N o, n a t ü r l i ch l ü g e n, wozu hat man denn einen M u n d?" Er griff also schon bei dem Gedanken an eine be- orrstehende Unannehmlichkeit sehr bewußt zum Schutz durch Lüge Bei den sozialen Lügen, durch die z. B. ein Geheimnis zur Freude anderer verteidigt werden oder der Kummer eines anderen verhindert werden soll, ist die Lüge die deutliche Abwehrmahnahm« zur Vermeidung von Störungen dieser guten Absichten. Die oft ganz merkwürdigen Phantasielügen haben ihren Grund gewöhnlich im Wichtigtun und damit halten wir bei den Lügen, die in der Abwehr von Beeinträchtigung des Persönltchkeitsgesllhls begründet sind. Der nachstehende Fall ist außerdem auch bezeichnend dafür, daß der erste Zusammenstoß mit der Schule, also mit einem sozialen Gefüge, wie in einem Experiment ergibt, ob die Vorbe- reitung des Kindes für seine Stellung innerhalb der Gemeinschaft eine richtige oder ob sie unzweckniähig gewesen ist. Die siebenjährige Klein« brachte in die Schule wiederholt Bücher mit, von denen sie der Lehrerin und den anderen Kindern erzählte, daß es Geschenke ihres Vaters seien. Da es gewöhnliche Schulbücher einer anderen Klasse waren, siel es der Lehrerin auf, sie ging der Sache nach und das Kind gestand nach anfänglich hartnäckigem Leugnen, daß sie diese Bücher nicht geschenkt erhalten, sondern sieentliehen" hatte, um sie als Geschenke vorweisen zu können. Später gab sie auch zu, daß dasEntleihen" ohne Wissen der rechtmäßigen Besitzer vor sich gegangen war. Sie ist das vorletzte von sechs Geschwistern, der Vater hat gerade dieses Kind aus Kotten aller anderen sehr bevor- zugt und verwöhnt. Auf Vorstellungen der Mutter hin zog sich der Vater von dem Kinde zurück, das Kind litt sehr unter dieser un- gewohnten Zurücksetzung, und scheint nun den dadurch enistandenen Entgang an Prestige auf eigene Faust ersetzen zu wollen, scheint also der typische Positionskämpser zu sein, der nicht für eine Ein- fügung in eine Gemeinschaft vorbereitet wurde. Das wäre also die Lüge auf Grund einer Abwehr gegen die Bedrohung des Selbst- gefühls. Wenn man bei diesem Kind noch vorsichtig sagen muß, es scheint so zu sein, weil noch kein zweiter Bericht seit der Aufnahme de» Falles vorliegt, so ist das bei vielen anderen Fällen nicht mehr nötig. Dort ist die Probe auf das Exempel geglückt, das Kind hat, wenn die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsgesühls behoben wurde, aufgehört zu lügen. Als Beispiel ein achtjähriges Mädchen, das durch rasfiniertes Lügen immer wieder oerstand, der Mutter Geld zu entlocken, sie kauste dafür Süßigkeiten oder Schulrequisiten und verteilte sie an die anderen Kinder, um sich so deren Liebe zu erwerben, sie befürchtete sonst nicht genügend beachtet zu werden. Die Beachtung der Mutter erzwang sie durch ein andere» Lllgensystem, sie erklärte dann:i krieg jetzt an Spreck(verrückter Zustand) und benahm sich ganz wie eine Verrückte. Das Kind wurde ermutigend behandelt, man stärkte sein Selbstvertrauen und es trat nach kurzer Zeit eine entscheidende Besserung ein. Nun wären ncch die Lügen zu untersuchen, die durch Begierde. Naschhaftigkeit entstehen und denen auf de» ersten Blick Abwehr gar nicht zugrunde liegen kann. Erinnert man sich aber eines alten Bolkswortes:E i n Freßsack wird nicht geboren, sondern erzooen" ldiescr Ausspruch befindet sich in Sittenlehren schon vor Pestalozzi), so leitet das sofort über zu Alfred Adlers   Theorie, daß besondere Eßgier und die Sucht, alles Eßbare für sich zu erraffen, auch nur Symptome einer besonders starke» Machtgier sind.�diese selbst aber nur der Ausdruck des Bestrebens, ein erschlltterntes Selbstgefühl über- zukompensieren. Man sindet also auch bei den Begierdclügen die deutliche Abwehrbewegung gegen eingebildete Bedrohungen der eigenen Position. Adler erzählt von der cheilung eines vierjährigen Knaben, der die Speisen seiner älteren Geschwister stets mit gierigen Blicken verfolgte, bis einmal sein sehr verständiger Vater alles Ge- meßbare, das sich im Hause vorfand, vor dem Platze des Jungen zusammentrug. Der Junge konnte natürlich nichts damit anfangen und sah nun ein, daß er ein falsches Ziel verfolgt hatte. So wären wir bei der Frage angelangt, welche Vorkehrungen eine verständige Erziehung zu treffen hätte, um das L ü g e n v o r b e u g e n d zu verhindern, denn nachfolgende Strafen haben kaum je etwas Wesentliches gebessert. Es wird wohl bier wie in allen Erziehungsfragen gut sein, wenn das Minder- wertigkeitsgefüyl des Kindes beachtet, sein Machitrieb planmäßig vom eigenen Erfolg weg auf gemeinnützige Ziele gelenkt und dabei alles vermieden wird, was zum Trotze verleiten könnte. Eine große Anzahl von Lügen wird sich dadurch vermeiden lassen. Ein Frauenkurs in dem Volkshochschulheim Dreißigacker wird vom 1. September bis 15. Dezember d. I. abgehalten. Es sind noch Platze frei. Das Schulgeld, für welche Kost, Wohnung, Heizung und Licht gewährt wird, beträgt je nach den Verhältnissen der Schülerin- nen 40 Tagelöhne(für Thllringerinnen 35 Tagelöhnc), wobei aus ein Mindestschulgeld von 120 M. gerechnet wird. Arbeits- lose können sich wegen Beantragung der Weiterzahlung der Ar- beitslosenunterstützung mit der Heimleitung in Verbindung setzen. Irgendwelche besondere Vorbildung wird nicht verlangt. Meldun- gen mit Lebenslauf(möglichst mit Bild), Staatszugehörigkeitsnach- weis und ärztlichem Zeugnis über das Nichtvorhandensein von an- steckenden Krankheiten send« man an die Heinileitung des Volks- Hochschulheimes Dreißigacker bei Meiningen   i. Thür. Prospekte werden gegen Einsendung von 20 Ps. zugestellt.