Ein Frauenwerk.
Der Mißerfolg mit der Durchführung des Gemeindebe. stimmungsrechtes fürzlich im Reichstag, bei dem einzig die Sozialdemokratische Fraktion in dieser das Bolkswohl und die Boltsgefundheit eng berührenden Frage nicht versagte, hat vor allem die Interessen der Arbeiterfrau und Mutter aufs schwerste verlegt. Denn fie, ihr Hausstand und ihre Kinder leiden vor allem unter der Ueber. zahl der Kneipen in den deutschen Städten, die den Mann zum Trinken verführen, ihn der Familie entfremden. Alle Mittel und Wege zur Bekämpfung dieses Lasters liegen daher im Interesse der Frau, werden auch häufig aus eigenem Antrieb von Frauenorgani fationen angewendet und begangen. Besonders wertvoll ist solche Selbsthilfe dort, wo sie sich nicht erschöpft in bloßer Gegnerschaft und Berneinung, in der reinen Anti einstellung zur Alkoholfrage, fondern anregt zu aufbauender, schöpferischer Tat. Ein leuchtendes Beispiel solcher positiver Aufbauarbeit gibt der Züricher Frauenverein für altoholfreie Wirtschaften, schon die Bufammenstellung des Namens mit für" gibt ein treffendes Sprech symbol für die aufbauende aktive Arbeit des Vereins. Gleichzeitig ift sein Wert ein Zeugnis für den Sozialismus, wie er als praftische Wirtschaftspolitit im Gegensatz zu abstrat. tem, dogmatischem Denken verstanden und verwirklicht wurde.
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Bor nunmehr 32 Jahren wurde die Tätigkeit des Vereins mit einer fleinen bescheidenen Kaffeeftube eröffnet, heute führt er 13 alkoholfreie Betriebe, darunter zwei große, prachtvoll gelegene Kurhäuser, die für je über 100 Gäste eingerichtet sind, das Boltshaus der Sozialdemokratischen Partei und der Gewerkschaften und außerdem die Büfetts an der Universität, dem Polytechnikum und dem Sportplay. Zur Bewirtung fast aller großen Freiluftveranstaltungen wird der Verein aufgefordert und sorgte 1914 auf der Schweizer Landesausstellung in Bern für täglich 4600 Besucher. Von der laufenden Tätigkeit des Vereins geben nachstehende Zahlen ein Bild: der Tages durchschnitt der Besucher der Gaststätten beträgt 12 000, der Jahress umfah war zuletzt über 4 Millionen Franken, d. h. täglich über 10 000 Franken. Der Verein beschäftigt etwa 50 Angestellte. Ein Beweis für die faufmännische Solidität der Geschäftsgebarung liegt darin, daß es für die Geldgeber als eine besondere Sicherheit gilt, wenn der Berein die Bewirtschaftung eines Lokales übernimmt.
Das Geheimnis des geschäftlichen Erfolges des Vereins besteht außer Billigkeit, Sorgfalt, stilvoller, behaglicher Aufmachung der Gaststätten, tadelloser, freundlicher Bedienung, einem faufmännisch und technisch vorzüglich funktionierenden Unterbau ufw. usw. vor ellem in der Qualität der gebotenen Ware. Da ist nichts von den facharingefüßten, wenig vertrauenerwedenden, bonbonroten und giftgrünen Flüssigkeiten, die dem Antialkoholiker in den deutschen Gastwirtschaften seine Konsequenz verleiden sollen. Eisgefühlte pracht volle Obstfäfte, zum großen Teil selbst hergestellt, daneben guter alkoholfreier roter und weißer Traubensaft und der zunehmend zum Bolfsgetränk werdende alkoholfreie Most sind wirkungsvollere Waffen gegen den Altoholteufel als alle noch fo gut gemeinten Befehrungspredigten. Wenn man diese köstlichen Getränke dann noch genießen fann zu einem billigen, schmackhaften und gefunden Effen, 48 Bfg. für eine Mittagsmahlzeit, vegetarisch oder auch nicht, fo fehlt es an nichts, um die Anziehungskraft der gaftlichen Stätten vollkommen zu machen, zumal sich die Herstellung von Konditorwaren, Marmeladen, Obst- und Gemüsekonserven im eigenen Haufe einer besonderen Sorg. falt erfreut.
Und diese Anziehungskraft der Gaststätten erstreckt sich restlos auf alle Schichten der Bevölkerung. Zu den Kurhäusern pilgern allfonntäglich die Züricher zu Fuß, mit Kinderwagen, zu Rad oder im eleganten Auto, alle find gleich willkommen und wohl empfangen. Dem bescheidenen Gaste, der nur eine Tasse Kaffee bestellt, begegnet nicht die bekannte eisige Kellnerverachtung, sondern im Gegenteil, man sucht gerade diese Bevölkerungstreife heranzu ziehen. Weder fapitalistischer Gewinn, noch hochnäfige Wohltäterei, fondern sozialer Nußen ist der einzige Maßstab. Zwei Bauarbeiter, die in der Nähe des einen Kurhauses an einem Brunnen ihr Mittagsmahl verzehrten und auf die Frage, warum sie nicht ins Kurhaus gingen, antworteten, in einem so feinen Haus tönnten sie sich in ihrer schmuzigen Arbeitskleidung nicht blicken laffen, wurden freundlich eingeladen und mit besonderer Aufmerksamkeit bedient. Der einzige Unterschied in der Aufmachung besteht darin, daß ein Teil der Tische mit Leinen, ein anderer Teil mit Wachstuch gedeckt ist, wo es dann für einige Pfennige billiger ist. So brauchen die Arbeiter im Werktagskittel und das alte Mütterchen fich nicht durch fritische Blicke beim Essen geniert zu fühlen.
Abgesehen von allen anderen Borzügen dieser dem Allgemein wohl dienenden Gaststätten sind sie auch vorbildlich in der Besoldung und Behandlung der Angestellten. Selbstverständlich ist das Trintgelb beseitigt durch aus. reichende Bezahlung. Gleichzeitig wird für jede Angestellte ein Sparkassenkonto eingerichtet, das bei Ausscheiden vor dem 45. Lebens Jahre ausgezahlt wird, bei Dienst nach dem 45. Lebensjahre zum Anfauf einer Altersrente verwendet wird. Zehnstündige Arbeitszeit, wöchentlich ein ganzer freier Tag, 21 Tage Ferien für die Ser viererinnen, Stellung von Dienstkleidung, hygienische Einrichtungen, zwei große Angestelltenwohnhäuser, dazu gemeinsame Ausflüge, Lefeabende, Borträge, Renzerte und Feste erleichtern und verschönen das Leben der Angestellten. Für die Leiterinnen besteht ein be sonderer Schulungsfurs in hauswirtschaftlichen, faufmännischen und organisatorischen Kenntnissen.
Wenn froß dieser erheblichen Höherbelastung in sozialen Ausgaben die Gaststätten des Vereins fich aus eigenen Kräften gegen
über dem Privattapital glänzend konkurrenzfähig erhalten, fo fiegt dies vor allem an der durchdachten, streng rattonellen Ar beitsweise. Dauernd werden arbeitsparende Maschinen eingeführt, neue Serviersysteme erprobt ufw.; feine ungenaue Wage, tein stumpfes Meffer oder falsche Handhabung wird geduldet. Alle Ueberschüsse werden zu Wirtschaftsreformen verwandt.
So ist die Arbeit des Züricher Frauenvereins eine Quelle der Freude und Gesundheit für breite Massen geworden und ein weithin 5. S fichtbares Wahrzeichen fraulicher Tatkraft und Fähigkeit.
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Sintender Sonne leises Verblassen Schließt den Blumen die Kelche zu Rofiger Schein auf Dächern und Gaffen letzter Tagschein. ertrinkt im Ru
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Graue Schleier sich niederlassen, Vögel, die lauten, gehen zur Ruh Ach! Ich möcht' dich mit Händen faffen, Ewig entgleitendes Leben, du!
Elend im Frankfälscherlande.
Interview mit einem ungarischen Bauernmädchen. leber die gegenwärtige Lage Ungarns habe nicht einen nam haften Politiker interviewt, sondern ein einfaches Bauernmädchen aus dem Komitat Zala . Das Mädchen Hausangestellte bei Wiener Bekannten von mir hutte seinen Urlaub in der ungarischen Heimat verlebt. Ich stellte also meine Fragen wie üblich, fie aber antwortete entgegen den Naturgesehen der Politik wahr und aufrichtig.
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Wie hat es Ihnen denn zu Hause gefallen, Margit?" „ Schlecht. Ich habe mir vorgenommen, nie wieder heimau fahren. Dabei habe ich so großes Heimweh gehabt, denn hier kann ich mich so schlecht verständigen."
Haben Sie sich daheim nicht wohlgefühlt, Margit?" " Das will ich meinen! Meine Schwester, mein Schwager, ble haben sich dauernd gezankt. Sie sind nie vorher so nervös gewefen. " Was fehlt ihnen denn?"
" Sie müssen in den Laden gehen, Mehl kaufen. Ist denn fo war dagewesen, daß wenn jemand vier Morgen Land hat, wie die unseren, daß er dann nicht vom eigenen fochen kann und Meht taufen muß? Jawohl! Sie zahlen so viel Steuer, und es hat fich so angesammelt, daß sie letzten Winter zwei Säcke Mehl vers tauft haben, weil sie die Steuer bezahlen mußten.
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Wie tommt es denn, daß sie soviel Steuer zahlen müssen?" Weiß der Himmel! Sie nennen das Kriegsschulden! Dabet haben wir doch nie im Leben Schulden gemacht, im Krieg nicht und auch nicht nachher, aber sie sagen doch, die Steuer ist wegen der Kriegsschulden so hoch. Und dann muß auch ziemliche Unordnung in den Steuerbureaus sein."
Wieso den?"
" Wir haben einen Nachbarn, Beres Kiß Mihaly heißt er. Der hat zwei Morgen von dem aufgeteilten Land gekauft. Plößlich tommt da ein Schreiben vom Steuerbureau, er soll zwei Millionen Steuer zahlen. Da tann man fich denten, daß ihn faft der Schlag gerührt hat. Aus dem Stück Land kann er faum seine zehn Mi lionen Kronen herauswirtschaften; wie soll er denn zwei MIL lionen Steuer zahlen? Bon zehn Millionen fann sich eine Familie mit drei Kindern nur mit Mühe und Not durchbringen. Und wo bleibt dann noch die Tilgung? Denn mit diesem Aufteilungsland ist das so, daß man es auf Ratenzahlung tauft und zu jeder Nate kommen noch die Zinsen. Veres Riß ist ein thuger Bauer. Er ging gleich nach der Stadt, nahm fich einen Adwokaten und verklagte die Steuerbehörde. Ein ganzes Jahr lang zog sich der Prozeß hin, und zum Schluß ftellte sich heraus, daß ein Irr tum vorlag, denn er braucht nur 200 000 kronen zu zahlen. Er ist also doch noch zu seinem Recht gekommen, wenn der Rechtsanwalt ihm auch 600 000 kronen gekostet hat. Das ist bloß er Fall vom Veres kiß, wieviele von den Bauern find zu felge und trauen sich nicht, zu mucksen, wenn ihnen auch noch soviel Steuer aufgebrummt wird! Sie zahlen, so lange fie fönnen, und wenn fie nicht mehr fönnen, dann wird ihnen der Boden unter den Füßen versteigert, und sie machen sich auf die Wanderschaft oder hängen fich gleich auf."
Na, na!"
Glauben Sie mir nicht? Es find nie so viele Selbst. morde vorgekommen, wie jetzt. So lange ich daheim war, in den drei Wochen, haben sich vier alte Bauern aufgehängt. Denn, was follen Sie auch beginnen auf ihre alten Tage? Das Dorf gibt nur zwei Bettelerlaubnisse aus, und bis die beiden Bettler nicht gestorben sind, wird teine weiter ausgegeben."
Wie ist denn das mit den Nationalschuhhelden"" Ach, du lieber Gott ! Ich hätte beinahe was gelagt. Ber fümmert sich um die? Bei uns in der Gegend ist bloß ein einziger, ein Advokat. Jeden Monat tommt er mit einem Wagen vor jedes Haus gefahren und holt in Weizen feinen Beitrag. Bon zehn Kilo aufwärts geht der Beitrag, so viel er von jedem friegen fann."
Wozu zahlen sie denn?"