Bon Frau und Wissenschaft.
Der Raupen wunderbare Verwandelung."
Im Weißen Flügel des Britischen Museums in London ( legen neben unzähligen arderen Kostbarkeiten auch zwei Bände Kupferstiche und Zeid, nungen aus dem 17. Jahrhundert. Sie stammen von ber Hand einer Frau, die heute längst vergessen ist, obwohl sie es ihrer einzigartigen Persönlichkeit und ihrer außergewöhnlichen Begabung wegen nicht verdient hat. Es ist Maria Sybilla Merian , die Tochter des berühmten Frankfurter Kupferstechers, die vor nahe zu drei Jahrhunderten durch ihr Lebensschicksal und ihre wolfsenschaft lichen und künstlerischen Arbeiten Aufsehen und Bewunderung erregte.
Ihre Veranlagung und ihr Lebensweg erinnern an Karoline Herschel , die große Astronomin, die 100 Jahre nach ihr gelebt hat. Wie diese, so hat auch Sybilla Merian schwer unter dem allgemeinen Borurteil, das sich gegen jede über den Haushalt hinausgehende Tätigkeit der Frau mandie, zu leiden. Auch sie war Künstlerin und Wissenschaftlerin zugleich. Auch sie mußte als beranwachsendes Mädchen immer wieder den Widerstand der Mutter bekämpfen, die ihre Tochter zu einer„ tüchtigen Schafferin", einer Hausfrau ihres Schlages, erziehen wollte. Nur mit Hilfe thres Stiefvaters, der sie im Zeichnen und Kupferstechen unterrichtete, gelang es ihr, die engen Schranken zu durchbrechen, die der Frau in jener Zeit noch gesetzt waren. Sie malte Blumen, beobachtete und zeichnete Schmetterlinge, Raupen, Insekten aller Act, die immer stärker thr wissenschaftliches Interesse wachriefen. Mit 19 Jahren heiratete sie den Maler Graff , aber auch als Frau Gräffin", wie sie jetzt genannt wurde, versuchte fie sich unaufhörlich weiterzubilden. Sie lernte Latein, um Natur. wissenschaften studieren zu können, sie sammelte, beobachtete, forschte und hielt ihre Eindrücke und Beobachtungen mit der Reißnadel oder mit dem Pinsel fest. Nach mehreren Jahren intensiven Studiums entschloß fie sich zur Herausgabe eines Buches, das 1679 erschten und Bewunderung und Staunen, aber auch vielfaches Stopfschütteln her. vorrief:„ Der Raupen wunderbare Berwandelung und sonderbare Blumennahrung". Ein kleines Gedicht von C. Arnold leitete es ein:„ Es ist Verwunderns wert/ daß ihrer auch die Frauen/ dasjenige getrauen/ zu schreiben mit Bedacht/ was der Gelehrten Schar soviel zu tun gemacht". Mit dieser einführenden Strophe versuchte der Verfasser, den Leser über das höchst Befremdende hinweg zuführen, daß nun auch eine Frau sich erlaubt habe, wissenschaftlich zu arbeiten. Sybilla Merian schilderte in diesem Buch, dem bald ein zweiter Teil folgte, das Leben der Pflanzen, Raupen und Schmet terlinge, das sie in jahrelangen Beobachtungen erforscht hatte. Die beiden Bände enthalten außerdem 100 Kupferfliche, von denen die überwiegende Mehrzahl von ihrer Hand stammt. Das Wert besitzt heute natürlich nicht mehr den wissenschaftlichen Wert, wie damals. Die Beobachtungen und Forschungen der Sybilla Merian sind durch die neueren wissenschaftlichen Arbeiten längst überholt. Aber für die damalige Zeit bedeute ihr Wert eine hervorragende Leistung. Zum erstenmal wurde das Leben der Insekten in den Kreis der wissen schaftlichen Forschung einbezogen, und zwar von einer Frau, die nach allgemeiner Anschauung ihren Platz im, Haushalt auszufüllen and die Wissenschaft dem Manne zu überlassen hatte. Die Verfasserin fühlte sich deshalb auch verpflichtet, sich in ihrem Schlußwort für thre Kühnheit zu entschuldigen und zu rechtfertigen, indem sie dem ..hochgeehrten Leser" erklärte, daß alles disses zu Gottes Ehre allein von mir geschehen. Sintemal Ich sonst diß mühsam Werklein nie an gefangen/ viel weniger in Drud zu geben mich überreden lassen: Absonderlich/ wann man mir solches als einer Frauen/( die nur neben ihrer Haussorge diß zusammentragen müssen) für eine ungeziemende Ehrsucht halten sollte."
Wir wissen nicht mit Bestimmtheit, aus welchen Gründen die Ehe mit Graff unbefriedigend für sie war. Sicher ist nur, baß Sy billa Merian im Jahre 1684 mit ihren beiden Töchtern ihren Mann verließ und nach Friesland reiste. Graff fuhr ihr nach, um sie zur Rückkehr zu bewegen, es wurde aber, wie ein Chroniſt schreibt, sein gutes Absehen zunichte/ weil sie auf teine Weise von ihm hierzu zu persuadieren war". Sie beschäftigte sich nun weiterhin mit Blumenmalerei. Durch Sammlungen erotischer Schmetterlinge wurde sie zu dem großen Entschluß angeregt, den sie auch unter ungeheuren Stra pazen durchführte, nach Sütemerita zu fahren, um ihre Forschungs. arbeiten dort fortzusetzen. Diese Reise bebeutete damals ein Wagnis, von dem man sich heute, im Zeitalter ho entwickelter Verkehrstechnik, taum eine Vorstellung machen fann. In einem Segler wagte die Forscherin in Begleitung einer ihrer Töchter die ungeheure Reise. leber ein Vierteljahr dauer'e die beschwerliche Fahrt über den Aitantischen Ozean. Was mören die beiden mutigen Frauen ausgehaiten, und mit welchen Empfindungen mögen sie die Küste von Surinam , die das Ziel ihrer Reise bildete, begrüßt haben, als sie
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endlich, endlich am Horizont auftauchtel Etwa 2 Jahre blieben ste in Südamerika , bis das Klima die Rückkehr notwendig machte. Reich beladen mit Sammlungen von Insekten und Pflanzen, mit Zeich nungen, Gemälden und Kupferstichen, traten sie, wieder in einem Segler, die Rückfahrt nach Holland an, die von Juni bis September 1702 dauerte. Das Ergebnis dieser abenteuerlichen Expedition mar das berühmte Wert Metamorphosis Insectorum Surinamenfium", die Verwandlung der surinamejiichen Injetten, das in holländischer und lateinischer Sprache erschien. Das Wert, das von Naturwissen. schaftlern heute noch zu Bergleichen herangezogen wird, erregte über all größtes Aufsehen. Die Verfasserin hatte es mit 60 herrlich folo rierten Kupferstiden Illustriert, und so bietet das Buch nicht mur feines interessanten Tertes, sondern auch der farbenfreudigen, fünftlerischen Anschauungsmittel wegen, auch für den heutigen Lefer einen großen Genuß. Der Tod verhinderte Sybilla Merian an einer weiteren Vervollständigung ihres Werfes. Ihre jüngste Tochter jedoch, d'e das Talent der Mutter geerbt hatte, führte die Arbeit zu Ende und setzte ihre Forschungen teilweise fort.
Wenn wir heute dieser vergessenen Frau gedenten, so geschieht es nicht nur aus dem Grunde, daß der Name der Begründerin der Injettenfunde verdient, wieder einmal genannt zu werden. Mehr noch als thre wissenschaftliche Leistung fesselt uns die starke Persön lichkeit, die sich zu einer Zelt betätigte, in der es einer außergewöhn lichen Selbständigkeit und einer wahrhaft mutigen Seele bedurfte, als Frau sich mit wissenschaftlichen Arbeiten in die Deffentlichkeit zu wagen, ganz abgesehen davon, daß das Gebiet der Insektenkunde an sich schon ats wertlos und überflüssig galt. So dürfen wir Sybilla Merian mit voller Berechtigung in die Reihen der Frauen stellen, die durch ihre Leistungen den Weg für die heutige Stellung der Frau im öffentlichen Leben frelgemacht haben, die bahnbrechend gewesen find für die Forderungen der Frauenbewegung unseres Jahrhunderts. Elfe Möbus.
Bernard Shaw hat seine Meisterin gefunden.
Die Sefretärin einer Frauenrechtler- Bereinigung hatte Bernard Sham gebeten, ihr sein letztes Buch zu schenken. Der Dichter war über diese Zumutung aufgebracht, schlug das Anfinnen rundweg ab und schrieb, daß ein Verein, der noch nicht einmal 15 Schilling für ein Buch ausgeben fönnte, te ne Daseinsberechtigung hätte.
Statt sich über die Abfuhr zu ärgern, ging die Empfängerin bes Briefes in eine Buchhandlung und bot ben von Shaw eigenhändig geschriebenen Brief zum Verkauf an. Sie erhielt zwanzig Schilling dafür, faufte für fünfzehn das Buch Shaws und schickte ben Rest mit bestem Dant an den Dichter zurück
Bernard Shaw war wißig genug, diese kleine Episode einer Londoner Zeitung zur Verfügung zu stellen; bie mit Bergnügen ble Tatsache registrierte, daß Bernard Shaw letzt endlich einmal zwar nicht seinen Meister, aber seine Meisterin gefunden hat.
Die Hyazinthe.
Ilschen, ein Kind aus einer geschiedenen Ehe, hat eine zweite Mutter in ihrer Stiefmama gefunden. Als sie in dem Alter ist, da sich die Frocon nach dem..moher" regen, erklärt ihr die Stief. mutter das Rätsel des menschlichen Werdens an ihrer Hyazinthen. zwiebel, aus der perate ein Reim entsproßt. Wie in den nächsten Tagen Ilschens richtige Mama erwartet wird, sagt Jischen zur Stiefmutter: Mutti, heute tommt meine Hyazinthe."
Fromm!
Klein Hebi ist eines der wenigen christlichen Kinder in einer fast nur von jüdischen Mädchen besuchten Privatschule. Die erste Frage an jede Neue" ist: Seid ihr fromm?"( d. h. seid thr foscher, haltet ihr den Sabbath ein usw.). Auch auf Hadi stürzte sich so eine Fragerei, um sich sogleich zu verbessern:„ Ach nein, ihr tönnt ja gar nicht, ihr seid ja Chriften."
Religionsunterricht.
Irmchen hat in der, Religionsstunde die graufige Geschichte von der von Gott befohlenen Opferung Isaals durch Jakob, bie, wie im Senjationsfilm, erst in der berühmten letzten Minute" verhindert wurde, erzählt bekommen. Ihr Köpfchen kann den gräßlichen Eindruck nicht verarbeiten. Die Mutter versucht ihr flarzumachen, daß Gott . Jakob nur auf die Probe stellen wollte, ob er ihm auch bedingungslos gehorche, felbft mit der Duferung des eigenen Sohnes. Aber Irmchen weiß es besser: Nein, Mutti, wenn der liebe Gott wirklich alles weiß, dann brauchte er die beiden nicht erst so zu quälen, dann weiß er auch das im voraus, daß Jakob ihm gehorchen würde."