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Kindernot wandernderLandarbeiter

Die Deutsche Zentrale für freie Jugendwohlfahrt, der auch der Hauptausschuß für Arbeiterwohlfahrt angeschlossen ist, hat eine Brosdyüre veröffentlicht, die ein erschütterndes Bild von den trost Tosen Aufwuchsbedingungen der Kinder von landwirt schaftlichen Saisonarbeitern gibt. Reich, Staat, Kommunen und Wohlfahrtsvereine kennen diese Verhältnisse, ohne bisher zielsichere Maßnahmen zu ihrer Abänderung herbeigeführt zu haben.

Die deutsche Landwirtschaft hat bereits lange Jahrzehnte vor dem Kriege ausländische und inländische Saisonarbeiter beschäftigt, die im Winter in ihre Heimat zurückkehrten. Die Zahl der aus ländischen Schnitter ist von 436 736 im Jahre 1910 auf 146 344 im Jahre 1928 zurückgegangen. Für 1929 betrug das staatlicherseits zugelaffene Kontingent ausländischer landwirtschaftlicher Arbeiter nur 114 000. Da der Bedarf der Landwirtschaft an Hilfskräften aber nicht entsprechend geringer geworden ist, wächst die Zahl der un­ständigen deutschen Landarbeiter immer mehr. Sie wird auf etwa 300 000 geschäßt, ohne daß bisher epakte Zahlen zu nennen find. Ein großer Teil dieser deutschen Landarbeiterfamilien führt ein frauriges Nomadenleben.

Taufende haben keinen festen Wohnsitz. Im Sommer leben sie mit ihren Kindern in den Schnitterkasernen auf dem Lande, im Winter flüchten sie in die Asyle für Obdachlose in den großen Städten. Das Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt, das laut§ 1 jedem deutschen Kind das Recht auf Entwicklung zu förperlicher, geistiger und ge­fellschaftlicher Tüchtigkeit" verbürgt, scheint für diese unglücklichen Kinder noch keine Wirksamkeit erlangt zu haben.. Die Unterkunfts: verhältnisse in den Schnitterfasernen sind vielfach außerordentlich fchlecht. Oft fehlen nach Geschlechtern getrennte Schlafräume, schlecht. Oft fehlen nach Geschlechtern getrennte Schlafräume, es fehlen Defen, Waschgelegenheit, Kochherde, Aborte. Diese Mängel lezen die Kinder großen gesundheitlichen Gefahren aus. Dazu femmt die Aufsichtslosigkeit. Die Mütter müffen tagsüber schwer arbeiten und überlassen ihre Kinder jeden Alters der Bor. schnittersfrau, die neben ihrer sonstigen Arbeit keinesfalls den oft 10 bis 20 fleinen Kindern, die ihrer Obhut übergeben find, gerecht werden kann. Nimmt eine Mutter aber ihr Kind mit aufs Feld, so ist es dort allen Unbilden der Witterung ausgesezt und nicht minder gefährdet. Die von einzelnen Gütern eingerichteten Kindergärten find lange nicht ausreichend und vielfach auch in ihren Einrichtungen abfolut unzureichend.

Aber nicht nur die fleinen Kinder find in ihrer Entwicklung

Baby- Chen.

Das em 1. April in Indien   in Kraft getretene geschliche Ber­bot der Kinderchen, das in den letzten Märztagen noch einmal eine Massenverehelichung von Kindern zur Folge gehabt hat, lenkt die Aufmerksamkeit der zivilisierten Welt aufs neue auf den barba­rischen Brauch der Kinderehen bei einer Reihe von Bölkern. Für Indien   wird die soziale Umwälzung, die sich dort heute unter dem politischen Einfluß fortschrittlich eingestellter Frauen vollzieht, von größter praktischer Bedeutung sein..

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Wenn auch gesundheitlich weniger schädlich, so doch sittlich nicht weniger verwerflich sind die in Indien   vielfach an die Stelle der Kinderehe tretenden Kinder verlobungen  . Der noch un­mündige, unentwickelte Mensch wird hier in eine lebenslängliche Zwangsbindung hineingepreßt, die nur von den elterlichen Inter­eifen diftiert ist. Den Retord im Hinblick auf Frühverlobung stellen Jene Stämme auf, die

das Kind schon im Mutterleibe verloben,

wobel es ihr Geheimnis bleibt, wie sie das Geschlecht des werden­den Kindes erkennen und eingeschlechtliche Mesalliancen vermeiden. Bei den Basutos in Südafrika   werden Ehen schon zwischen u g- fingen und Kleinkindern" gefchloffen bzw. diese Würmchen mit einem Erwachsenen verheiratet". Dann ergibt sich das für unfere Begriffe groteste Bild, daß ein Mann in seinem Harem fo einen Säugling auf den Knien Schaufelt als feine jüngste Gat tin". In einigen tropischen Landstrichen herrscht das mehr volle als fchlante Schönheitsideal. Die sechsjährigen Ehefrauen" werden euf eine Farm zur Mast geschickt, wo sie mit Mehlspeisen, Fett und Rahm zu einer fugeligen Gestalt herangefüttert werden; wenn fie die Gewaltfur nicht vertragen fönnen, dann sind sie das Kauf geld nicht wert, das der Mann an den Schwiegervater zahlen mußte. Auf den Andamanen kann ein Mann eine gefeßte"

Witwe von 20 Jahren und deren findliche Tochter gleichzeitig heiraten.

durch diese schlechten Umweltverhältnisse beeinträchtigt. Für die heranwachsenden Jugendlichen ergeben sich erhebliche fittliche Gefahren durch das enge Zusammenleben von Männern und Frauen jeden Alters in den Kafernen ohne ausreichende Räume zur Trennung der Geschlechter. Eine Umfrage bei 129 landwirtschaft lichen Betrieben ergab 28 Fälle, in denen wahllos Frauen, Männer und Kinder in denselben Räumen wohnten und schließen. Dazu tommt noch das immer noch offiziell gestützte Baschwefen", d. h. für bestimmte landwirtschaftliche Arbeiten wird immer nur eine Bursche vermittelt, wenn er ein Mädchen mitbringt. Diese Paare, die nicht nur zufammen arbeiten, sondern auch zusammen hausen und leben, bleiben zwar oft zusammen, oft genug sind aber diese Verbindungen, die nur aus äußeren Gründen geknüpft wurden, mit der Saisonarbeit auch zu Ende.

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Im Winter wird ein Teil des ersparten, fauer verdienten Lohnes der Schnitterfamilien von Reisen nach Großstädten, vor folchen Asylen besucht und gesprochen haben, um die ganze Troft allem   Berlin, verschlungen. Man muß die Schnitterfamilien in fosigkeit dieses heimatlofen Herumziehens zu erleben, um sich der Schuld der Gesellschaft gegenüber diesen Kindern bewußt au were den. Es wird nicht genügen, diese Kinder in Heimen unter­zubringen. Für die ganze Familie muß in geeigneten Winterhelmen Form eines Obdachlosenasyls, sondern mit Einzelwohnungen für Aufnahmemöglichkeit geschaffen werden, felbstverständlich nicht in Familien. Aber auch diese Heime, für die die Deutsche Zentrale für freie Jugendwohlfahrt Unterstügung von zentralen amtlichen Stellen fordert, und die in leerstehenden Gutshäusern und Kafernen ein­gerichtet werden könnten, sollen nur ein Notbehelf sein, bis es ge­lingt, diese Familien in ländlichen Siedlungen unterzubringen, Saisonarbeit fortgeht, während Frau und Kinder zu Hause bleiben von wo aus einzelne Familienmitglieder, vor allem der Mann, zur fönnen.

Es ist sehr zu begrüßen, daß die Deutsche Zentrale für freie Jugendwohlfahrt ihr Material veröffentlicht hat. Doch muß die Frage der Kindernot im Zusammenhang mit der Gesamtlage der wandernden Landarbeiter aufgenommen werden, denen der wesent lichste Rückhalt, die gewerkschaftliche Organisation, oft noch fehlt. Den Kindern der deutschen wandernden Landarbeiter tann man nur helfen, wenn man die Schnitterfamilien in gefunden Wohnungen anficbelt, die eine geordnete Erziehung ermöglichen.

Zwischen vier und fünf Jahren heiraten die Mädchen in   China,  Brasilien und Ceylon. Allerdings besteht bei den Chinesen die Ein­Eltern schon zu dieser Zeit unterfertigt, die wirkliche Ehe aber ,, erft" Ichränkung, daß zwar der Feiratskontraft von den beiderseitigen im 12. Lebensjahre des Mädchens geschlossen wird. Swischen fünf Aegyptern, bei den Kopten mit acht Jahren, auf Java und   Borneo und acht Jahren heiraten die Mädchen bei den Indianern und den mit sieben Jahren. Bei den Malaien und in   Guatemala wird den Ehemännern zunächst als Ersatz für die gar zu jugendliche Ehefraat eine Slavin ins Haus geschickt. Bei den Tataren und Berfern find weibliche Nachkommen darum besonders erwünscht, well der Berkauf ganz junger Mädchen zu Heiratszwecken dem Vater ein hübsches Stück Geld einbringt. Mohannned wünschte die Kinderehe, damit seine Anhänger sich so rasch wie möglich ver mehrten. In der fleinasiatischen   Türkei heiratet darum das Mäd chen mit zehn Jahren und wird wie cine Sklavin des Mannes ge halten.

Die Folgen frühzeitiger Mutterschaft sind frühes Berwelten und Hinsterben der Frau. Bei den Kopten( in Abessinien) betom men sechzehnjährige Frauen Runzeln und graue Haare. Die dreißigjährigen Aegypterinnen fehen aus wie Greifinnen; auf  Borneo humpeln diese Frauen, auf Stöcke geftüßt, herum. In den Tropen und im Orient können die Frauen vom 10. bis 12. Jahre ab Mutter werden. Bei den Indianern fallen die meisten Erstgeburten in das 12. bis 15. Lebensjahr der Frau. Eine für unsere Bea griffe noch jugendliche Indianerin sieht aus wie eine Urgroß mutter. In   Indien ist ein Massensterben der Frauen im ersten Wochenbette die Folge der Kinderheiraten. In Abessinien

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fferben 30 Prezent der kindlichen Frauen im ersten Wochenbelt, in Neu-   Britannien ein noch höherer Anteil. Ueber folde allgemein auftretenden Erscheinungen fann es kaum hinwegtrösten, dah bel einigen Stämmen( in Madras, auf den   Antillen) die jungen Frauen die Frühmutterschaften ausgezeichnet vertragen und ein blühendes Ausfehen auch in späteren Jahren behalten. Die Absicht, mit der Kinderche die Geburtenzahl hochzutreiben, scheitert an der Tatsache,