soFür unsere Kinderrecht fühlbar, aus der Landstraße jedoch konnleich mich nur mit größter Anstrengung vorwärtskämpfen. Deshalb bog ich in einen Waldwegein und kam dadurch—„aus dem Regen indie Traufe". Jeden Augenblick krachte es übermir, von Sturmesgewalten geknickte Äste undZweige prasselten zu Boden. Mit scharfenTrompetenstößen brauste der Orkan durch denWald. Schnell verließ ich die ungastliche Stätteund lief auf die Straße zurück. Hier peitschtemir der Sturm stechende Schnee- und Eis kristall» ins Gesicht, und aufatmend fand ichendlich unter einem vorspringenden Felsenetwas Schutz. Ein Schauspiel, wie ich es niegesehen, bot sich mir in den Augenblicken, woder Schnee weniger dicht herabwirbelte. Bormir lag der Fichtenwald gleich einem grau grünen See, der zahllose weiße Wellenkämm-chen trug und im Sturme auf und ab wogte.Lautes Krachen verkündete von Zeil zu Zeitdie Macht des Orkans. Meist verhüllte dasSchneetreiben die Landschaft. Es war, als obdie Natur vor den Augen der Mensche» denKamps der Waldriesen verbergen wollte, derfür so viele von ihnen zum Todeskampf wurde;als wenn sie wüßte, daß ein großes, scheinbarunnötiges Sterben dem Beobachter die Freudeam Walten der Nalurlräfle mit bitteremSchmerz vermischt. Stärker wurde der Sturm.Heulend umtobte der wilde Geselle die Stämmealtehrwürdiger Fichten, zerzauste ihre langen,grauen Flechtenbärte und knickte die Trotzigenwie schwache Stecken. Grausig klangen ihreTodesschreie durch die Luft, und im Nieder fallen hüllte der Schnee sie wie in ein Leichen tuch ein. Ich benutzte«ine eintretende Wind stille, um in das Dorf zurückzugelangen. Kaumhatte ich die ersten Häuser erreicht, als dasUnwetter wieder losbrach. Brüllend stieß derSturm an die Dächer und warf Ziegel vonihnen herab, er klapperte tolllärmend mit denFensterläden und ließ Schornsteine bedrohlichhin und her schwanken. Schrill kreischten dieWetterhähne, und die Fahnenstange auf demRathaus stöhnt« zum Erbarmen. Als sichmein Hut aufmachte, ihr seine Aufwartungzu erweisen, steuerte ich so schnell als möglichaus das„Goldene Roß" los, das mich baldwieder gastlich aufnahm.------ Lindern Tags schneit« es nicht mehr, aberdas Dorf war völlig im Schnee vergraben.Von einer Bergkuppe aus, die ich in rascherSchneeschuhfahrt erreichte, bot es einen selt samen Anblick. Aus der weißen Hülle lugtendie beschneiten Dächer Hügeln gleich hervor,denen schmale Säulen bläulichen Rauches ent stiegen. Das Kirchtürmchen schien verächtlichauf die zu seinen Füßen liegenden Häuserherabzuschauen. Die Straßen waren zu Hohl wegen geworden, die man eiligst durch denSchnee gebahnt hatte. An manchen Pfadenwurde noch fleißig geschaufelt. Zuweilen glittmit Peitschenknall und Glockengebimmel einSchlitten in schneller Fahrt vorbei. Die Kinderstrebten der Schule zu. Fröhliche Juchzer er schollen. Schneebälle flogen durch die Luft.Ein Kranz von Bergen umrahmte das hübscheBild. Erst am folgenden Morgen setzte ich meineFahrt fort. Schon früh war ich auf einemHügelnahe dem Dorfe: ich wollte den Sonnen aufgang erleben! Als ich das Haus verließ,hatte Mutter Erde noch ihr dunkles, stern-bestickles Nachtgewand an. Das klare Lichtder Sterne warf einen zarten, bläulichenSchimmer in das Dunkel. Die unbestimmtenFormen, die man mit Mühe unterscheidenkonnte, veränderten sich fortwährend. Daswar sehr reizvoll: man sah und wußte nichtwas. Zuweilen zog eine Sternschnuppe ihrerasche, leuchtende Bahn, eine Botin der ewigschaffenden und vernichtenden Natur. Ausdem Walde tönte ein leises, geheimnisvollesRauschen und Raunen.Fast zu schnell für mich mußte die Nachtdem Tage weichen, der allmählich hinter denöstlichen, vielzackigen Bergen als ein grauerSchein emporstieg, der wuchs und Heller undHeller wurde. Nicht lange, und eine rötlicheDecke mit violetten Streifen breitete sich überden Himmel aus. Allmählich übergössen diesenPurpurfluten, auf denen kleine Wölkchen, voneiner leichten Brise getrieben, lustig dahin-segelten. Ein rötlicher Schimmer überhauchtedie verschneite Landschaft, und glühend leuch tete das östliche Gebirge auf. Bald wich dasDunkel, das noch an dein Fuße der Bergekauerte, und verkroch sich in die tiefsten undverstecktesten Abgründe. Lichlspenderin Sonneflieg in voller Herrlichkeit am Firmamentempor. Die Schneekrislalle erfunkelten in un zähligen Farben wie Diamanten. Das Tages-geslirn hatte die wiedererrungene Herrfchastüber die Nacht angetreten.Froh der erschauten Schönheit und nach denklich zugleich schnallte ich die Schneeschuhsan und fuhr weiter. Ein Kirchhof am Berges hang hingelehnt erinnerte mich daran, wie nahezusammen Tod und Leben sind. Der im Morgen licht blitzende Schnee verdeckte die erstorben«