Für uns«re Kinde?„Ich glaube, du schläfst wohl? Schnell auf gewacht!Das könnte uns grade noch laugen.�„Ach, Mutter, wir nähten bis drei heute nacht,Nun stechen und brennen die Augen."„Und wenn schon! Man hat sich doch noch inGewalt,Du wirst noch so manches ertragen!Und rührst du die Äände zur Arbeit nicht bald,So rühren sich meine zum Schlagen:Denn Not macht hart."Und doch war das Kerz dieser Mutter nicht tot,Wie wußte sie Schmerzen zu lindern!Wie teilte sie gerne das letzte Stück Brot,Wie lachte sie mit ihren Kindern!Erzählte Geschichten die lange NachtUnd lehrte uns alte Gesänge,Doch neben ihr hielt die bittre Not WachtUnd herrschte mit eiserner Strenge:Und Not macht hart.Wie lang ist das her! Doch sehe ich heutVerkümmernde Kinder sich plagen,So Nagt meine traurige JugendzeitNoch heut wie in früheren Tagen.Und doch nicht wie einst! Aus dem IugendleidWard lang schon der Kampfruf erschaffen,Die Not ruft laut ihre Kinder zum StreitUnd schmiedet uns Wehr und Waffen:Und Not macht hart! o o oEine Floßfahrt auf dem Main.V. Karlstadt— Gemünden— Lohr.Am Vormittag nach unserer Abfahrt vonWürzburg kam unser Floß an Karlstadl vor über. Das ist ein freundliches kleines Städt rhen am rechten Mainufer und mutet zumgroben Teil noch wie ein Stück Mittelalteran. Scharf am Wasser steigt die alte Stadt mauer auf. Sie ist aus rotem Sandstein er baut und wird an den Ecken von festen Türmenflankiert. Der Weg zur Stadt führt durch dieMauerlore. Die meisten Gebäude des Ortessind aus leuchtendem rotem Sandstein erstellt,den die gewaltigen Brüche im nahen Spessartbillig liefern. Gar malerisch ist das Bild desanmutigen Städtchens im Sonnenschein. Semerote Stadtmauer, seine festen Türme und diekleinen Häuschen mit den glänzenden Ziegel dächern spiegeln sich im Strom. Malerischnehmen sich auch die jungen Fischermädchenin ihrer bunten Tracht aus, die schwatzendund singend am Fuße der Stadtmauer in denklaren Wellen Wäsche waschen, wie dies nachdem griechischen Dlchicr Homer die Königs tochter Nauükaa mck ihren Gespielinnen amStrande des Meeres zu tun pflegte. Eine derFleißigen kam in ihrem schmalen Nachen fröh lich aus unser Floß zugerudert und bot demvergnüglich schmunzelnden Koch gegen eineKanne Bier ein Dutzend srischgcfangener Fischean. Unser„Dicker" ging gern aus den vorteil haften Tauich ein, als er aber dem Mädchenzu der Kanne Bier noch einen schmatzendenKuß geben wollte, kam er schön an. Patsch!da hatte er einen derben Schlag aus demschon gespitzten Mund. Mit einem Satze wardie forsche Flscherin wieder in ihrem Kahn undruderte lachend davon. Drüben am Uferschwangsie lustig die Bierkanne zu uns herüber undwünschte samt ihren lachenden Genossinnen unseine gute Fahrt. Der verblüffte Koch fuhr sichüber den Mund und hatte außer dem Nach sehen auch noch den Spott seiner Kameraden.Karlstadt gegenüber, aus dem linken Main user, blickte die düstere Ruine der einstigenKarlsburg mit ihren zerfallenen Mauern undleeren Fensterhöhlen auf uns herab. Sie istals echtes mittelalterliches Raubnest hoch obengelegen, aus einem Ausläufer des Spessart,der von Wald gekrönt ist. Von da oben auskonnten die Herren Raubritter gut die Schiffekapern, die mit reicher Fracht beladen den Mainhmuntersuhren. Die Zeugen der Vergangenheithalten friedliche Nachbarschaft mit dem fort geschrittenen Leven der neuen Zeit. UnterhalbKarlstadt liegt ein Unternehmen, das uns dentechnischen Fortschritt kündet. Ich meine die„Karlstadler Zementwerke", die zu den be deutendsten und größten ihrer Art in Deutsch land zählen. In den gelbgrünen Felsen ausdem linken Ufer werden tagsüber unaufhörlichSprengungen vorgenommen, um die Steine zugewinnen, aus denen der Zement hergestelltwird. Weithin ist der gewaltige Donner derSprengschüsse vernehmbar, deren Echo»n denBergen widerhallt. Ein starkes Drahtseil spanntsich hoch über dem Strom, daran laufe» die Roll kästen, welche die zur Herstellung des ZementsdienendenSteine nach den Mahlmühlen schaffen,die am anderen Ufer bei der Stadt gelegen sind.In den Mahlmühlen werden die Kästen raschentleert und kehren auf einem anderen Draht seil ebenso schnell wieder zum Steinbruch zu rück. Unaufhörlich schwirren die Drahtseile,unaufhörlich sausen die Rollkästen beladen hin über und unbeladen zurück. Alles erzählte da-